Wie versprochen nun ein Beitrag zu chinesischen Hochzeiten bzw. zu der einen chinesischen Hochzeit meiner Shanghaier Freunde, da ich vor zwei Wochen (oh mein Gott, ist das schon so lange her?) die Ehre hatte, als Brautjungfer hautnah alles mitzuerleben.
Anstatt viel um den heißen Brei zu reden, lasse ich einfach mal die Bilder sprechen, die doch so viel mehr zu sagen haben, als tausend Worte – und auch weil ich zu faul bin, mehr zu schreiben.
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Die Hochzeit begann zunächst in der Elternwohnung der Braut. Dort wurden Braut und Brautjungfern ab 7 Uhr morgens geschminkt. 3 Stunden später waren wir immer noch nicht fertig…
Danach kam die Herrenmannschaft bestehend aus Bräutigam und Trauzeugen, denen wir den Weg versperren mussten. So leicht darf Mann es nicht haben, die Braut abzuholen!
Dafür haben die Mädels nächtelang Pläne geschmiedet und furchtbare Aufgaben überlegt, die absolviert werden mussten. Für jede Tür und jede Aufgabe musste natürlich ordentlich bezahlt werden in Form von kleinen Hongbaos (红包; wörtlich: Roter Umschlag). Das sind kleine Umschläge , in denen Geldgeschenke zu chinesischen Festen wie dem Chinesischen Neujahrsfest oder der chinesischen Hochzeit verschenkt werden.
Zu den Aufgaben gehörten:
1) Der Braut in einer Planking-Position auf altertümliche Weise die Liebe gestehen.
2) Den jüngsten und schüchternsten Hund der Familie anlocken ohne in seine Nähe zu kommen.
3) Aus Toastbrot „Ich liebe dich“ kauen.
4) Sich vor den Augen der Gäste zum Affen machen (und viel Geld verschenken).
Dann wurde ganz traditionell ein (extrem süßes) Hochzeitsgetränk mit Eiern, Nüssen und vielen anderen Dingen, die irgendeine symbolische Bedeutung haben, mit den Eltern und allen Gästen getrunken.
Dann fuhr die ganze Kolonne mit Sack und Pack, unter Tränen und mit viel Krach ins neue Haus des Brautpaars, wo auch schon die Familie des Bräutigams wartete. (Und das Filmteam…)
Gleich im Anschluss fand eine aufwendige, und totaaal spontane Fotosession mit professionellen Fotografen und Kamera-Leuten statt.
Nach einer kurzen Mittagspause fuhren wir in einer Volkswagen-Kolonne (die Automarke ist wichtig!) zum House of Roosevelt direkt am Shanghaier Bund, einem neoklassischen Gebäude (Jahrgang 1920), wo auch das Hochzeitsbankett stattfinden sollte.
Auch hier wurden wir zwei Stunden lang mit einem Fotoshooting malträtiert…
Alle zwei bis drei Stunden bekam die Braut ein Rundum-Retouch, wofür zwei Stylistinnen gebucht wurden für den gesamten Tag.
Danach wurde fleißig für den großen Moment geprobt!
Die Prozedur an sich dauerte höchsten 20 Minuten (wir haben mind. die doppelte Zeit geprobt) und anstatt eines Pastors hatten wir einen MC, der wortgewandt die Zeremonie moderierte und das Brautpaar traute. Im Hintergrund lief Filmmusik aus Herr der Ringe und der Hobbit… (außer mir fand das aber sonst keine anderer befremdlich…)
Danach kamen die 200 geladenen Gäste, die aus Familienmitgliedern beider Parteien, Freunden und Mitarbeitern bestanden und das Bankett konnte beginnen. Jeder Gast musste natürlich einen Geld-Umschlag mitbringen, angepasst an die Beziehungsverhältnisse zu dem Brautpaar.
Es gab sogar eine Bühne, wo der MC, die Familien und das junge Brautpaar einige Auftritte zwischen den einzelnen Gängen hatten.
Essen, Essen, Essen!
Das Paar entschied sich für das teurere französische 8-Gänge-Menü. Exquisit, in gemäßigten Portionen…
Übrigens habe ich gelernt, dass man in China nur als unverheiratete Frau und das nur dreimal Brautjungfer sein darf, sonst bekommt man keinen Typen mehr ab… Zum Glück war es ja das erste Mal für mich!