Beijing, du schillernde Matschbrühe!

Eine Freundin von mir hat einmal nach ihrer Rückkehr aus Beijing Deutschland mit „kaltem, klaren Wasser“ verglichen. Seit gestern Abend kann ich nun endlich vollends nachvollziehen, was sie damals mit diesem Vergleich meinte.  Um bei der Wasser-Metapher zu bleiben, sollte man Beijing parallel dazu als „Matschbrühe“ bezeichnen. Zugegeben, das klingt sehr einseitig und wird der Stadt nicht wirklich gerecht, weswegen ich den Zusatz „schillernd“ beigefügt habe. Ich bin aber nunmal der Meinung, dass man die Dinge beim Namen nennen sollte, und die Wahrheit ist, dass der Smog in dieser Stadt mittlerweile ein katastrophales Level erreicht hat. Meine Air Quality – App hat eine recht hübsche Bezeichnung für den gestrigen Zustand gefunden: Hazardous. Gefährlich.

Am Ende stand  die Anzeige bei 354.

AQI Stand
AQI Stand 16.03.2015, 00:00 Uhr

Zum Vergleich: An schlechten Tagen im Ruhrgebiet misst die App ca. 50, und das ist schon nicht besonders gut für deutsche Verhältnisse.

Der Blick aus meinem Bürofenster zu drei verschiedenen Tageszeiten veranschaulicht diese abstrakte Zahl nochmal deutlicher:

photostrip-2015-03-17-1
Nebliger Smog

 

Ich frage mich, warum man die Leute hier noch nicht evakuiert hat. Überhaupt wundere ich mich über die Coolness der Beijinger angesichts dieser verheerenden Luftverhältnisse. Nur jede zwangzigste Person, die mir auf der Straße begegnet, trägt eine Gesichtsmaske, wobei es sich meist lediglich um leichte Stoffmasken handelt, die den eigentlichen gefährlichen Feinstaub nicht wirklich zurückhalten. Meine Kollegin entgegnete mir, dass sie erst bei Werten von über 500 eine Maske mitnimmt. Eine chinesische Freundin kommentierte meine leichte Panik mit: „Die Beijinger würden sagen: 这算好的了.“ (übersetzt: Das  geht noch als gut durch.)

Dabei sind die Folgen für die Gesundheit nicht zu unterschätzen. Immer mehr Menschen erkranken an den Folgen der gravierenden Umweltverschmutzung. Dass sich immer mehr Chinesen mit dieser Problematik beschäftigen, beweist die breite Rezeption der Dokumentation „Under the Dome“, die sich Millionen von chinesischen Netizens online angeschaut haben. Aus Sorge um den nationalen Frieden hat man die Smog-Doku kurzerhand aus dem Netz verbannt. Wer noch eine Möglichkeit kennt, sich die Dokumentation online anzuschauen, der möge sich doch bitte bei mir melden.

Paranoia und belustigte Blicke hin oder her. Ich für meinen Teil habe mir meine Baumarkt-Ration an FFP2 und FFP3-Masken* besorgt und werde wohl für die nächsten Wochen noch so rumlaufen.

DSC_0922

Prost!

* Zur Information: Es gibt drei Stufen für Atemschutzfilterhalbmasken, FFP1, FFP2 und FFP3. Sie bestehen meist aus Vliesstoff mit Gummibändern. Bei der Maske auf dem obigen Bild handelt es sich um eine FFP2, deren Schutzwirkung bei ca. 95 % liegt (Schutz gegen gesundheitsschädliche Stäube, Nebel und Rauche). FFP1-Masken verfügen über Filtermaterial, welches mindestens 80% Filterleistung erzielt. FFP3-Masken verfügen über einen speziellen Luftfilter und filtern ca. 99% der Schadstoffe (Schutz vor giftigen Stoffen sowie vor Tröpfchenaerosolen, krebserzeugenden Stoffen, radioaktiven Stoffen, Enzymen, Mikroorganismen (Viren, Bakterien, Pilzen und deren Sporen). Solche sind aber auch am teuersten und kosten zwischen mind. 6 EUR pro Stück (bei der Apotheke sogar 12 EUR). Solche Halbmasken bieten allerdings keinen Schutz vor Gasen und Dämpfen!

 

3 Gedanken zu „Beijing, du schillernde Matschbrühe!“

  1. Bei uns im Masterstudium haben wir immer die Möglichkeit einmal im Jahr an einer International Week teilzunehmen. Letztes Jahr war die wie gesagt in China. Und wann kommt ein durchschnittlicher Mitteleuropäer schonmal nach China. Also habe ich mir das nicht entgehen lassen.

    Shanghai fand ich im Vergleich wesentlich besser. Wobei man der Stadt natürlich den starken europäischen Einfluss anmerkt (teilweise dachte ich, ich würde in Hamburg am Wasser langlaufen). Aber es war spürbar weniger Smog, so dass man die Skyline richtig gut genießen und fotografieren konnte.
    Ich hoffe das auch nochmal mit Anna zusammen erblicken zu können.

    Ansonsten fand ich natürlich den kompletten Kulturunterschied in Peking super spannend. Vor allem das Essen 😀 Habe leider immer noch nicht rausgefunden, wo man hier in der Umgebung leckere chinesische Dumplings herbekommt.. 🙁 Für leckeres Essen die klare Empfehlung von mir: nimm eines der siffigsten Fressgeschäft, das gut besucht ist. Da haben wir in der Zeit immer am besten gefuttert.

    Ich freue mich darauf weiter von dir hier zu lesen, und nach deiner Rückkehr auf ein baldiges Wiedersehen 🙂

  2. Hey Phuong,

    bei deinen Ausführungen fühle ich mich direkt wieder 1 Jahr zurückversetzt. Letztes Jahr war ich 10 Tage mit ein paar Studienkollegen in China (erst Peking, dann Shanghai).

    Ich erinnere mich noch genau, wie wir nach nur 5 Tagen in Peking danach alle am Husten und Röcheln waren, aufgrund dieser Smog-Belastung. Viel von der April-Sonne hat man da auch nicht mitbekommen.. Von daher finde ich deine Anschaffung der Atemschutzmasken sehr gerechtfertigt. Das Zeug schlägt so schnell auf die Lunge, das kann man kaum fassen. Alleine beim Betrachten deiner Bilder kratzt mir schon wieder der Hals.

    Viele Grüße aus dem fast schon sommerlichen Uetersen
    auch von Anna und Amrei, von Django-Wuff ja sowieso 🙂

    1. Hallo Daniel,

      Ich freu mich riesig, von euch zu hören!
      Weswegen warst du letztes Jahr in China? Auf Reisen? Wie fandst du Shanghai im Vgl.?
      Ich hoffe, eurer Gesundheit hat der Aufenthalt keinen dauerhaften Schaden zugefügt. Schade, dass das euer erste Eindruck von China war.

      Grüß mir die drei Süßen! Einen dicken Bussi an euch alle!
      Ich komme euch hoffentlich denn mal nach meinem Stay endlich besuchen! Wird echt mal wieder Zeit 🙂

      Liebe Grüße aus dem Großstadt-Moloch! 😉

Kommentare sind geschlossen.