Grenzer, die Superman spielen – oder das Zwischenseminar

Wenn ich jetzt darüber nachdenke, was zu berichten erwähnenswert sein könnte fällt mir nichts ein. Es kommt mir banal vor über meinen Alltag zu schreiben, ist er doch das, was ich jeden Tag erlebe. Ich versuche also den letzten Monat zu raffen und mich möglichst auf interessante Begegnungen zu beschränken.

Wochenende in Minsk

Das erste Wochenende im November ist definitiv erwähnenswert. Es war der 7. November. Erinnert euch an den Geschichtsunterricht! Anfang 20. Jahrhundert? An diesem Tag wird in Belarus die Oktoberrevolution gefeiert. Zu diesem Anlass haben wir vier Belarusmädels der Herbstausreise beschlossen uns in Minsk zu treffen. Mit der Hoffnung auf eine Parade, die es aber leider nicht gab.
Einen ausführlichen Bericht findet ihr auf Marianas Blog. Von mir gibt es Bilder:


Wir waren also das zweite Mal gemeinsam in Minsk und was passiert uns auch bei diesem Besuch? Wir werden wieder einmal auf Deutsch angequatscht und gefragt, ob wir aus Deutschland kommen – Dieses Mal mitten auf der Straße von einem Programmierer, der in Deutschland studiert hat.  So haben wir eine schöne Bar gefunden und noch eine Nummer im Telefonbuch gesammelt, die wir im Notfall oder zum Übersetzen anrufen können. 😉

Die zwei Wochen danach vergingen jetzt im Rückblick wie im Flug. Ich war noch einmal in Minsk für ein Seminar, habe bei einem Sprachwettbewerb zugeguckt, endlich das Paket aus Deutschland bekommen, das 6 Wochen vorher abgeschickt worden war. Und begonnen Körperteile auf russisch zu lernen, um den Anweisungen der Yoga-Lehrerin folgen zu können. Noch wurde ich im Kurs nicht enttarnt. 😉

(Reise zum) Zwischenseminar

Riga

Und dann?
Naja, kein Alltag mehr.
Aber, kann man das Reisen nicht mittlerweile zum Alltag zählen? Wahrscheinlich schon.
Für das Zwischenseminar durften wir uns auf den Weg nach Tallinn machen. Und da das recht weit ist und nach Riga ein praktischer Nachtzug fährt, haben wir  die Gelegenheit genutzt, dort das Wochenende zu verbringen.

Normalerweise sind die Nachtzüge hier super komfortabel. Schade nur, dass man eine Grenze überqueren muss. So wurden wir um vier Uhr morgens von den Grenzern geweckt, die unsere Pässe einsammeln wollten. Dann kam ein älterer Mann zu uns, wohl ein Zöllner. Er begann uns auf russisch zu befragen und ließ sich von unseren verständnislosen Blicken nicht stören. Mit gemeinsamer Anstrengung konnten wir „Rauschgift“ und „Waffen“ verstehen und haben einfach mal nein gesagt. Der Herr wirkte leicht belustigt, redete noch ein wenig mehr und ging dann weiter.
Der dritte Herr setzte der Prozedur die Krone auf. Er kam mit einer verspiegelten Sonnenbrille (um vier Uhr morgens!!) und einer überdimensionierten Taschenlampe in den Zug und begann jede versteckte Ecke auszuleuchten und abzusuchen. Wir mussten uns wirklich zusammenreißen nicht laut zu lachen, so absurd waren diese Begegnungen.

In Riga angekommen, brachten wir erst einmal unser Gepäck zum Hostel und gingen Frühstücken.
Unser erster sehr positiver Eindruck wurde im Laufe des Tages an jeder Ecke bestätigt. Riga ist wunderschön. Sei es die Altstadt, das wunderbare Jugendstilviertel, die vielen unterschiedlichen Kirchen in der ganzen Stadt, die Kaffees, die kleinen Geschäfte. Leider haben wir nicht daran gedacht, dass Museen montags meist geschlossen sind. Deshalb ist das Okkupationsmuseum ein weiterer Grund noch einmal nach Riga zu kommen.

Die ersten weiteren Kulturweitler trafen wir dann abends in einer sehr entspannten Bar, in der man ungewohnterweise überall deutsch hört. Scheint wohl gut von den vielen Medizinstudenten aus Deutschland besucht zu sein.
Ein paar unvollständige Eindrücke aus Riga:

Tallinn und das Seminar

Am Dienstag ging es weiter nach Tallinn. In unserem Bus saßen zufälligerweise drei weitere Freiwillige. So wurden wir immer mehr, bis wir dann in einem Hotel am Bahnhof die ganze Gruppe aus Russland, dem Baltikum und Belarus kennenlernten.

Ich möchte jetzt nicht das Seminar detailliert beschreiben. Grob gesagt: Wir haben zurückgeblickt, gemeinsam Anregungen für Projekte gesammelt, über Schwierigkeiten, Unterschiede, Gemeinsamkeiten geredet,… Ich kann nicht alles aufzählen, das nur als Orientierung.
Dazwischen hatten wir auch Zeit auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, die Stadt zu erkunden und einfach Zeit miteinander zu verbringen.
Und so schnell wie sie gekommen war, war die Woche auch wieder vorbei. Eine sehr schöne Zeit mit tollen Menschen, einer wunderbaren Gruppe und anregenden Gesprächen.
Inspirierend. Vielleicht ist das das richtige Wort für das, was ich fühle, wenn ich an die 5 Tage zurückdenke.
Es ist unglaublich, wie nah man sich in 5 Tagen kommen kann, so war der Abschied etwas wehmütig. Zum Glück bin ich mit Mariana im gleichen überdurchschnittlich komfortablen Bus zurückgefahren. So konnten wir noch ein bisschen gemeinsam lachen, uns gegenseitig Angst bei der nächsten nächtlichen Grenzkontrolle machen und uns über den Schnee in Minsk freuen.

Kleiner Ausblick

In Gomel wieder angekommen hat mich der Alltag mittlerweile wieder eingeholt. In der Schule gibt es immer mehr zu tun, am Wochenende treffen wir uns wieder zu viert in Витебск (Vitebsk) bei Gina. Außerdem versuche ich ein Visum für Russland zu ergattern, um eine kleine Weihnachtsreise mit Jana machen zu können. Das als kleinen Ausblick auf die nächsten Wochen.
Ich hoffe euch etwas öfter zumindest mit Bildern an meinem, vielleicht für euch nicht immer banalen Alltag teilhaben zu lassen.