Das Gefühl nach Hause zu kommen – endlich ist es da. Nach einem emotionalen Tief am Flughafen, steigt nun die Vorfreude auf die Heimat. In meiner Wartezeit auf den Zug konnte ich das Gefühl endlich wieder in Deutschland zu sein völlig auskosten. Ich habe schöne Dinge erlebt und schwierige Zeiten hinter mich gebracht. Neue Menschen kennengelernt, das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, von Liebe und von Schwermut. Doch fühle ich mich innerlich gereinigt. In meinem Kopf herrscht nur noch minimales Gefühls- und Gedankenchaos. Ich kann abschließen und neu anfangen. Ich kann beginnen und beenden. Ich kann ich sein – allein und mit anderen. Ich habe gelernt was es heißt zu genießen und in Bitterkeit zu ertrinken. Der Zug trägt mich immer weiter in meine geliebte Heimat, zu meinen geliebten Menschen, Tieren und Wesen. Was die neue Reise wohl mit sich bringt? Wird sie einfacher? Ich glaube nicht, dass das Leben einfacher wird, je mehr Erfahrungen man sammelt, desto umsichtiger ist man. Was bedeutet es hier loszulassen? Aber Erfahrungen sind auch dafür da, sie weiter zu geben.
Edit: Entstanden auf meiner Heimreise am 16.08.2016
Ich bin über alle Maße dankbar für dieses Jahr. Für jede Lektion, für jedes Lachen, für jedes gute Wort und gute Gespräch. Danke an meine Freunde die geblieben sind und die, die neu gekommen sind. Ihr seid ein riesengroßer Schatz und es ist toll, euch in meinem Leben zu wissen. Danke an meine Familie, die mich unterstützt und begleitet hat. Ich wüsste nicht, was ich ohne euch wäre und wo ich heute stände. Danke für die Erziehung die ich genießen durfte und mit der ich zu einem vernunftbegabten Menschen gereift bin. Danke, dass mir durch euch eine großartige Zukunft offen steht.
Ich wollte schon etwas länger diese Gedanken aufschreiben. Doch das ist mir nie so wirklich gelungen. Doch will ich noch einen letzten Eintrag in Belarus verfassen, bevor ist meine Reise antreten werde.
Das Kapitel Belarus schließt sich also in meinem Leben und ich sehe dem mit gemischten Gefühlen entgegen. Ich freue mich wie verrückt auf meine Familie, meine Freunde und deutsche Vorzüge (eigene Mülltonnen, deutsches Brot) aber ich werde Belarus auch vermissen in vielerlei Hinsicht. Dies gründet auf einem Gefühl, das sich nur schwer beschreiben lässt. Ich musste mich von vielen lieben Menschen verabschieden, doch kommen ein paar auch wieder mit zurück.
Die Zeit in Belarus ist eine Zeit, die ich mit sehr viel Einsamkeit verbinden werde. Ich empfand es als sehr positiv ganz oft meine Ruhe zu haben. Doch manchmal war ich ebenso schwierigen und zerstörerischen Gedanken ausgeliefert, mit denen ich mich heftig auseinander gesetzt habe und an denen ich gewachsen bin. Ich fühle mich persönlich gefestigt und habe Strategien entwickelt negative Gedanken und Gefühle zuzulassen und in positive umzuwandeln. Auch fällt es mir jetzt leichter in Diskussionen die einzelnen Seiten genauer zu beleuchten, zu bewerten und abzustufen – so wie es mir meine Erfahrungen und mein Wissen erlaubt.
Durch meine Arbeit in der Schule hat sich auch in mir der Wunsch bestätigt weiterhin mit Kindern zusammen zu arbeiten. Ich kann mir nichts schöneres vorstellen, als Heranwachsenden dabei zu helfen eigenständige, liebevolle und reflektiere Menschen zu werden.
Meine FSJ-Zeit ist ein riesengroßes Geschenk. Vor allem menschlich wurde ich um so große Schätze bereichert. Ich habe neue Freundschaften geschlossen und Freunde und Freundinnen behalten von denen ich das nicht so erwartet habe. Aber ich glaube das ist gut. Unerwartetes hat nochmal einen anderen Stellenwert.
Und nun will ich gar nicht mehr so viel erzählen, sondern einfach ein paar Bilder von vergangenen Erlebnissen zeigen.
Den Rest werde ich erzählen, wenn ich wieder zu Hause bin.
Ich entschuldige mich schonmal für die hervorragende Quälitat der Bilder. 🙂
Ich habe lange überlegt ob und wie ich diesen Beitrag veröffentliche. Der folgende Text ist nun schon fast zwei Monate alt. Immer wieder habe ich mit mir selbst diskutiert, ob ich das so veröffentlichen kann. Deswegen setze ich dem Ganzen ein kleines Statement vorne weg. Mein Beitrag richtet sich nicht gegen Männer, sondern gegen Sexismus. Ich habe viele wundervolle Männer in meinem Freundeskreis auf die keine meiner Anklagen zutrifft – im Gegenteil. Ich selbst möchte mich auch nicht als Opfer hinstellen, obwohl ich das wahrscheinlich bin. Besser gesagt: Ich möchte kein Mitleid, weil das hilft weder mir noch anderen. Was ich möchte ist eine Diskussion fern von „Wir müssen allen Männern den Schwanz abschneiden.“ und „Feministinnen sind Frauen, die nur mal richtig durchgenommen werden müssen.“ Beide Aussagen sind wenig hilfreich und diskriminierend, aber wem sag ich das? Also: Was du jetzt liest, sind meine Gefühle und Gedanken die ich Anfang März festgehalten habe. Ich will daran nicht viel ändern. Und vielleicht schreibst du mir ja deine Gedanken dazu. An dieser Stelle möchte ich auch nochmal den lieben Lukas erwähnen, der viele meiner Blogartikel quer gelesen hat und meine katastrophale Kommasetzung ausbügelt 😀 Danke, dass du dir das immer wieder antust 😉
Lieber unbekannter Mann,
es macht mich unglaublich an, wenn du mir in der Öffentlichkeit zwischen die Beine fasst. Wie scharf es mich doch macht, wenn du meine Tritte ignorierst und voller Stolz über deinen eben gelungenen Beutezug von dannen ziehst. Es ist für mich immer wieder unglaublich erbauend, wenn ich durch dich die Bestätigung bekomme, dass mein Wert nicht über den von einem Stück Fleisch hinausgeht.
Wie schön, dass du die Fahne der Sexisten hochhältst. Es braucht Leute wie dich, die den Feminismus, die Frauenrechte und die Menschenwürde mit ihren Füßen auf ein unterirdisches Niveau stampfen. Genau da, wo sie hingehören. Ich freue mich, dass es anscheinend noch richtige Männer gibt, die sich nicht umgarnen und verweichlichen lassen von dem ewigen Gleichberechtigungsgesülze. Wer braucht denn Gender–Mainstreaming und wer braucht denn Feminismus? Keine Ahnung. Ich zumindest nicht. Denn ich finde es wundervoll, begrabscht zu werden, auch wenn ich schon fünfmal „Nein“ gesagt habe. Ich bin eine Frau und weiß nicht sehr viel. Besonders wenig weiß ich über die Dinge Bescheid, die mich betreffen. Ich habe mich dem Mann unterzuordnen, denn das ist meine Bestimmung als Frau. Hiermit unterwerfe ich mich offiziell dem männlichen Geschlecht. Das nächste Mal werde ich auch um Erlaubnis fragen, wenn ich etwas sagen möchte. Hierfür nochmal Entschuldigung.
Mit untergebenen Grüßen
Ich
Wie fange ich an, bzw. mach ich weiter?
Ich hatte es schon viel länger vor, einen Eintrag in dieser Art und Weise zu verfassen, aber ich habe es sein gelassen, weil ich dachte, dass es ein Einzelfall gewesen ist. Einer unter 10.000… Aber meine Erlebnisse bringen mich dazu, auch darüber zu berichten, Stellung zu nehmen und meine Rage nochmal konstruktiv zum Ausdruck zu bringen.
Aber was ist überhaupt passiert und was bewegt mich dazu diesen obenstehenden „Brief“ zu verfassen? Also zurück zum Anfang…
Am 8.März ist hier offizieller Frauentag, deshalb wurde das Wochenende nach hinten verschoben. Und da wir uns als Belarusfreiwillige schon länger nicht mehr gesehen haben, aber ein ganzes Wochenende wegzufahren nicht wirklich möglich war, haben wir uns für einen Sonntag in Minsk verabredet. Es war auch ein wundervoll entspannter Tag, an dem wir ein Café nach dem anderen und liebevolle „Hipsterläden“ besucht haben.
Abends auf dem Weg zum Bahnhof kam von hinten ein Mann auf mich zu, den ich erst bemerkt habe, als er mir exzessiv zwischen die Beine gefasst hat. Mein Glück war es, dass mein Mantel relativ lang und eng anliegend ist, sodass er nicht sehr weit kam, bevor ich ihn geschlagen habe und er mich völlig verwundert über meine Reaktion angeschaut hat. Völlig perplex und vollkommen angeekelt über so eine Dreistigkeit fing ich an zu weinen. Und leider ist es nicht das erste Mal, dass mir so etwas passiert. Auch wenn ich weiß, dass es hier nicht diejenigen lesen werden, für die der folgende Satz gedacht, schreibe ich ihn trotzdem auf: „KEIN MANN AUF DER WELT HAT DAS RECHT MICH ANZUFASSEN!“
Frauen sind in vielen Bereichen der Gesellschaft noch immer nicht wirklich gleichgestellt und Sexismus ist immer noch weit verbreitet. Gut, die Frau von heute darf wählen gehen und einen Beruf ausüben ohne vorher ihren Mann um Erlaubnis zu bitten. Doch es gibt immer noch Unterschiede bei den Löhnen und es soll unter anderem auch vorkommen, dass bevorzugt Männer eingestellt werden, weil Frauen ja eventuell schwanger werden könnten und der Firma weniger Gewinn bringen als Mann. Auch sind fast nur Frauen von, wie oben geschilderten, sexuellen Übergriffen oder häuslicher Gewalt betroffen. Mir ist natürlich auch bewusst, dass Frauen Männer, Frauen Frauen und Männer Männer vergewaltigen können bzw. sexuell belästigen. Und ja, das ist nicht weniger schlimm.
Frauen dienen als Verkaufsstrategie – sehen sie gut aus und zeigen ein bisschen Haut, so verkauft sich das Produkt wahrscheinlich besser. Eine gute Frau ist die, welche eine Jungfrau ist, wenn sie das erste Mal mit einem Mann zusammen kommt, ihn trotzdem hervorragend befriedigen kann und dabei noch eine gute Mutter abgibt. Warum diese Erwartungen? Hat eine Frau nicht das Recht, selbst zu entscheiden, wie sie gesehen werden möchte – ohne dafür verurteilt, oder schief angeschaut zu werden?
Ich hatte vor ein paar Monaten eine Diskussion mit Freunden, in dem meine Gegenüber mich davon überzeugen wollten, dass Feminismus unglaublich überflüssig ist und mir auch sagten, was sie vom „Genderwahn“ halten. Damals hat mich die Situation total überfordert und nun möchte ich meine Gedanken noch einmal festhalten.
„Mariana, hab dich doch nicht so. Was willst du schon gegen Sexismus und der Degradierung von Frauen zu Sexobjekten tun?“
„Hab dich nicht so.“ Ich behaupte das jetzt vollkommen undifferenziert, aber wer „Hab dich nicht so“ zu einer Person sagt, die sexuell belästigt wurde oder zum Sexobjekt degradiert wurde, der/die weiß nicht, wie sich das anfühlt. Es ist kein Preis, den frau/man bekommt und der dann aussagt: „Siehs positiv, du bist doch gar nicht so unattraktiv.“ Nein, das einzige was frau/man bekommt, ist Scham, Ekel und den Vorwurf an sich selbst nicht achtsam genug gewesen zu sein. Ich habe es erlebt, dass Männer eine gewisse Macht gegenüber Frauen ausüben können. Ich glaube sehr viele Frauen haben sich schon oft den Satz anhören dürfen: „Geh abends nicht mehr allein auf die Straße.“ Oder: „Pass bloß auf, dass dich niemand wegfängt.“ Jede/r weiß was damit gemeint ist. Aber warum sollte ich aus Angst meine Freiheit einschränken? Oftmals tue ich es doch, einfach um schlimmen Dingen aus dem Weg zu gehen. Ein Beispiel hierfür haben wir in Grodno erlebt. Wir wurden, wie so oft, von einem belarussischen Mann angesprochen, als wir auf dem Weg ins Museum waren. Er hat sehr viel geredet und dann auch irgendwann seine Freunde her gewunken, die unübersichtlich betrunken waren und anscheinend auch dieses Museum besuchen wollten. Einer von ihnen kam auf Lea zu, irgendetwas von „Ich liebe Deutschland“ lallend, und wollte sie umarmen. Absolutes No–Go! Aus Angst und auch zum Selbstschutz haben wir erstmal das Weite gesucht. Nach hundert Metern und einer Diskussion über das eben Geschehene, haben wir den Entschluss gefasst uns nicht einschüchtern zu lassen, sondern das ersehnte Museum aufzusuchen, egal ob sich dort nun auch diese Männer befinden oder nicht. Warum sollten wir darauf verzichten?
„Feminismus ist nicht die Lösung. Feminismus ist frauenfeindlich.“
Und Vegetarismus richtet sich gegen Tiere. Man muss nicht mit allen Strömungen einverstanden sein. Für mich ist Feminismus die Bewegung oder der Ausdruck dafür, dass eine Frau machen kann, was sie will. Doch darüber hinaus ist es der Einsatz für mehr Rechte für Frauen, die gesellschaftliche Gleichstellung dem Mann gegenüber und der Kampf gegen die Degradierung und Reduzierung der Weiblichkeit.
„Die gegenderte Sprache geht mir auf den Geist. Vorher hat es doch auch ganz gut ohne funktioniert. Warum jetzt?“
Die deutsche Sprache bietet die Möglichkeit wundervoll an, beide Geschlechter in der Sprache zur Geltung kommen zu lassen. Warum sollte frau/ man es nicht nutzen? Es ist doch schön, wenn die Sprache von Vielfalt gesäumt ist und manche fühlen sich nicht von der männlichen Form eingeschlossen. Es gibt auch Leute, die sich keinem Geschlecht so richtig zugehörige fühlen. Vielleicht kommen wir irgendwann einmal dahin, in unserer grenzenlosen Kreativität uns auch eine Form für diese Leute zu überlegen. Und wenn frau/ man sich schon dazu entscheidet, auch die eigene Sprache zu überdenken, dann werden vielleicht auch das Handeln und die gesagten Dinge überdacht.
Machen wir einfach mal unsere Augen auf. Nehmen wir einfach mal ein bisschen mehr Rücksicht auf die Taktzonen anderer. Helfen wir, wenn Menschen öffentlich diffamiert oder angegriffen werden. Das schlimmste Gefühl ist nämlich – zumindest für mich – nicht, dass frau/ man gepeinigt wurde, sondern dass frau/ man in solchen Momenten oft sehr allein gelassen wird. Ach ja: Und wir fassen die anderen nur an, wenn diese es auch wollen und wenn sie es nicht wollen, lassen wir sie los und entschuldigen uns. Und falls du dich die ganze Zeit nicht angesprochen gefühlt hast: Danke für dich. Es gibt Hoffnung, dass es vielleicht irgendwann selbstverständlich wird.
Ein Dankeschön geht raus an Lea und Vicky. Danke für das Halten meiner Hand, danke für das Umarmen, als die Hilflosigkeit mich wieder überfiel. Danke für das wundervolle und erbauende Gespräch und dafür, dass ihr mich eben nicht allein gelassen habt. Danke für euch <3
Es ist wohl schon etwas länger her, als ich das letzte Mal geschrieben habe. Es ist irgendwie viel passiert und irgendwie auch wieder nicht, auf jeden Fall gibt es viele Dinge, die ich gerne aufschreiben möchte. Wenn ich dann aber anfange mit schreiben, entfallen sie mir oder ich halte sie für irrelevant. Manchmal erinnere ich mich zurück und reflektiere meine Gedanken und Erlebnisse. Ca. vor einem Jahr habe ich eine Email von kulturweit bekommen, dass meine Bewerbung an den PAD und die ZfA weitergeleitet wurde und ein paar Tage später wurde ich auch nach Bonn zum Bewerbungsgespräch eingeladen. Vor einem Jahr habe ich, wenn ich an meinen Freiwilligendienst gedacht habe, immer an ein besonders exotisches Land im klassischen Sinne gedacht und gehofft ich würde eine Sprache lernen, die der romanischen Sprachfamilie angehört. Jetzt darf ich Russisch lernen (yayhay!) und bin in Belarus gelandet. Das Land zwischen Polen und Russland, das viele Menschen – falls sie es kennen und nicht fälschlicher Weise zu Russland zählen – als letzte Diktatur Europas in ihren Köpfen einordnen. Im Endeffekt habe ich jetzt alles in meinem Freiwilligenjahr vereint, was ich nicht haben wollte: Russisch lernen, kein warmes Land und ein politisches System, das ich nicht gut heiße.
Aber jedes Mal, wenn ich morgens zur Arbeit fahre, verspüre ich ein unglaubliches Glücksgefühl. Eine Mischung aus Freude und Stolz (den ich jedoch nicht einordnen kann), so als hätte ich einen Jackpot gewonnen. Da ich über Weihnachten zu Hause war, wurde ich des Öfteren ausgefragt, wie es denn so sei und was ich eigentlich so mache. Wie ist also Belarus? Unbeschreiblich. Etwas, was man erleben muss. Ich glaube, immer wenn ich es beschrieben habe, habe ich es sehr abschreckend geschildert, was unter anderem aber auch meiner Laune kurz vor meinem Urlaub geschuldet war. Da hatte ich es richtig satt hier zu sein und wollte nur noch weg. Ich mochte es nicht, mich in der anonymen Öffentlichkeit prüfenden Blicken auszusetzen. Außerdem ist in Pinsk nicht allzu viel los und obwohl ich mich eingelebt hatte, war ich doch noch nicht richtig angekommen. Als ich jedoch nach Weihnachten und Neujahr wieder angekommen bin, hatte ich dann ein anderes Gefühl. Die Blicke sind mir jetzt mehr oder weniger egal und ich entdecke auch immer mehr wunderschöne Ecken von Pinsk. Ich habe einen Arbeitsplatz, an dem ich mich sehr wohl fühle und meine Kolleginnen kümmern sich sehr um mich und helfen mir, wenn ich irgendwelche Probleme habe. Am Wochenende bin ich dann entweder mit Lea, Gina und Vicky unterwegs oder gehe in den Deutschklub. Die Menschen dort habe ich auch unglaublich ins Herz geschlossen und durch den Klub bin ich auch immer motiviert, mich sonntags aus meinem Bett zu bewegen. Dort habe ich auch Anna kennengelernt. Mit ihr gehe ich gerne unter der Woche spazieren oder essen, je nach dem. Letztes Wochenende hatte ich Vicky bei mir zu Besuch und Olga (die Leiterin des Klubs) hat uns liebevoller Weise im Rahmen des Klubs eine Führung durch das städtische Museum ermöglicht. Seitdem hat sich bei mir endgültig der Schalter umgelegt und ich fühle mich wohl und anerkannt. So viel zu „Wie ist eigentlich Belarus?“ Jetzt zu der Frage, was ich eigentlich genau hier mache: Ich unterstütze die Lehrer*innen und helfe den Schülern*innen. Manchmal erzähle ich auch etwas im Unterricht, aber das ist eher selten der Fall. Detailliert bedeutet das, dass ich die Aussprache, das Lesen und das Schreiben außerhalb des Unterrichts mit den Schülern übe. Außerdem überarbeite ich Aufsätze der Schüler*innen, bevor sie diese an ihre Lehrer schicken oder auswendig lernen. Mit den Lehrerinnen übersetze ich manche , d.h. die Lehrinnen übersetzen und ich helfe dabei, das in ein „gutes“ Deutsch zu bringen. Manchmal kommt es vor, dass es Texte mit Militär-Vokabeln sind und ich mich dort überhaupt gar nicht auskenne. Das ist dann weniger angenehm. Zusätzlich habe ich noch mit der sechsten und siebten Klasse einen Emailaustausch mit deutschen Schülern. Das Projekt läuft gerade an und ich hoffe, dass es nachhaltig wird. Genau. Das war’s eigentlich soweit von meiner Seite. Danke fürs Durchlesen, du hast es nun geschafft 🙂
Anmerkung: Dieser Beitrag ist wohl schon seit Ende Januar fertig. Ich war immer etwas demotiviert zu schreiben. Und es ist auch für mich weniger passiert und ich hatte keinen Grund, Dinge schriftlich fest zu halten. Ich möchte mich bessern, denn es gibt wieder einige Dinge, die ich gerne aufschreiben möchte. Mein nächster Beitrag ist schon am entstehen und ich wollte nicht, dass er völlig nackt nach dem letzen Eintrag (13.12.2015) da steht. Jetzt gibt es noch ein paar random Bilder, die ich die Tage aufgenommen habe. Leider keine hervorragende Qualität, aber ja… der Smiley in der FB-Vorschau ist so gruselig.
Das Gymnasium Nr. 2 an einem wundervollen Wintertag
Es gibt Tage, an denen bin ich, aus Hilflosigkeit heraus, wütend oder auch traurig. Ich wollte darüber später einen Eintrag verfassen. Hier möchte ich euch meine Erfahrungen mitteilen indem ich positive Momente aus den letzten Wochen zusammengefasst habe.
Wenn sich nicht materielle Wünsche sich erfüllen.
Treffen mit Lea, Gina und Vicky bei denen man sich ganz natürlich geben darf und einem auffällt dass man doch ähnliche Meinungen und einen ähnlichen Humor vertritt.
Jeden Morgen Umarmungen von einer Drittklässlerin zu bekommen.
Mit einer älteren Dame sich auf Deutsch verständigen und dabei zu sehen, wie sehr sie sich freut, wenn ich sie verstehe und ihr meine wenigen Russisch-Brocken zu sagen.
Wenn ich Komplimente für meine wohlklingende deutsche Sprache bekomme.
In ein Einkaufszentrum gehen, dass einen H&M besitzt.
Quarkriegel, Siffir, Smetana ,schwarzer Tee, eine gelungene Tomatensoße, selbst gemachte Chips und Blutorangensaft.
Wenn ich das Müllauto oder den Bus nicht verpasse.
Wenn ich mich aufraffe aufzuräumen.
Der Duft von Räucherkerzen und den Klang von Weihnachtsmusik.
Wenn ich Gedanken mit meinem Füller aufschreiben kann.
Wenn ich an einem Tag keinen Fuß vor die Tür setzen muss und ich 50% verschlafe und die anderen 50 % chillen kann.
Spaziergänge mit guten Gesprächen oder guter Musik.
Regentage.
Gute Gespräche mit Belarussen in denen ich ihre Weltsicht erfahre.
Im Nachtzug unten schlafen zu dürfen.
Wenn ich mein Visum und meine Aufenthaltsgenehmigung bekomme ohne lange zu warten und ohne, dass ich mit jemanden telefonieren muss, dass er/sie übersetzt.
Vögel füttern.
Die Schönheit zwischen den Zeilen entdecken.
Süßigkeiten von Schülern geschenkt bekommen.
Gemeinsames Frühstück mit Schülern.
Smetana kaufen.
Neue Leckerein im Backwarenregal finden.
Überraschungen.
Soziale Kontakte im Gastland.
Gute Witze und wundervolle Insinder.
Wenn ich mir bewusst werde, wer meine Lieblingsmenschen sind.
Besuche und Ausflüge.
Wenn ich mir bewusst werde, mit welchen großartigen Privilegien ich aufgewachsen bin und welche ich noch eine ganze lange Zeit besitzen werde.
Wenn ich Emails beantworte, die schon lange auf eine Beantwortung warten.
Emails zu bekommen.
Neue Musik zu entdecken.
Dinge unter Dach und Fach bringen.
Schülern zu helfen, wenn sie an der deutschen Sprache verzweifeln.
Fortschritte bei eben diesen feststellen und gesagt bekommen, dass sie aufgrund meiner Arbeit gute Noten bekommen.
Wenn ich beim Busfahren träumen kann, weil der Bus mehr oder weniger leer ist.
Beim Busfahren einen freien Platz bekommen.
Nikolaus wie in Deutschland zu feiern und sogar noch schöner.
Eigene Gedanken bei anderen wiederfinden.
Ausschlafen.
Fortschritte beim Erlernen der russischen Sprache.
Reibungslos über die Grenze zu kommen. Und witzige Begegnungen mit Grenzbeamten.
Wenn mein Reisepass das Prdikat „Sehr gut“ erhält.
Lange Zugfahrten.
Ich wollte euch diese wunder- und geschmackvolle Tüte nicht vorenthalten. Jeder möge sich seinen Teil denken. Ich habe sehr gelacht, als ich sie bekommen habe. Danke Lea 🙂
„Hey, was haltet ihr eigentlich davon vom 6. bis zum 8. November ein Wochenende in Minsk zu verbringen? Da ist grad Nationaler Feiertag und man gedenkt der Revolution von 1918.“
So oder so ähnlich die Worte im Gruppenchat als Idee um sich wiederzusehen und das Land noch näher kennenzulernen.
Gesagt – getan! Jedoch ist in Belarus Feiertag nicht gleich Feiertag, wie man ihn sich in Deutschland vorstellen würde – so mit geschlossenen Geschäften und Ruhe im sonst so hektischen Alltag und man hat vielleicht etwas Zeit für seine Familie. So waren zumindest meine Feiertage bis jetzt. Man hat am Tag zuvor weniger Unterricht. Also musste ich am Freitag nur bis zwei in der Schule sein, was dann ganz praktisch war, weil meine машрутка um 16.35 Uhr fahren sollte.
In Minsk angekommen (es war mittlerweile schon mein viertes Mal, dass ich diese Stadt besucht habe und somit ist Minsk jetzt gleichrangig mit Berlin) traf ich erstmal nur auf Lea. Wir sind zeitgleich am Hauptbahnhof eingetroffen und konnten uns dann gemeinsam auf den Weg zum Hostel machen.
Das „Revolucion“-Hostel hielt dann auch so einige Überraschungen bereit. Zum einen haben mich die Bilder an der Wand doch mehr oder weniger verstört. Hierzu der Link. Ich hoffe ihr könnt verstehen was ich meine http://r-ec.bstatic.com/images/hotel/840×460/339/33994434.jpg Und wir waren nicht allein in unserem Zimmer. Soweit kein Problem, aber ich war nicht darauf eingestellt und im ersten Augenblick gewöhnungsbedürftig. Ich hätte gern Leas Blick mit der Kamera eingefangen, als wir freundlich beim Betreten des Zimmer begrüßt wurden. Aber die Leute waren in Ordnung. Einer kam aus Deutschland und hat polnische Wurzeln und der andere aus Polen. Sehr cool und eher selten. (also in Belarus). Direkt vor dem Hostel hat sich dann auch noch ein Gaststätte befunden in der man wohl Essen aus der deutschen Küche bestellen konnte. Wir haben es aber leider nicht geschafft sie von innen zu besichtigen.
Zwischen 22.00 und 22.30 Uhr kamen dann auch noch Vicky und Gina, während wir neben dem Hauptbahnhof in einem Shoppingcenter auf sie gewartet haben. Es ist für mich immer wieder ein schönes Gefühl, wenn wir uns treffen.
Danach sind wir wieder ins Hostel um die Sachen von Vicky und Gina wegzubringen und haben uns danach auch unverzüglich auf die Suche nach einer Bar begeben. Nach kurzer Zeit haben wir auch etwas ansprechendes gefunden, wo wir auch den Abend verbringen konnten. Aus dem Vorsatz, sich darüber Gedanken zu machen, was wir am nächsten Tag genau tun wollten, wurde nichts. Irgendwie hat man immer so viel zu erzählen und man entdeckt immer so viele „alltägliche“ Gemeinsamkeiten.
Gegen zwei in der Früh sind wir dann auch wieder im Hostel angekommen und haben uns Mühe gegeben leise zu sein, weil die Jungs morgens etwas zeitiger raus mussten. Wir wurden dann auch chamanterweise sehr früh am Morgen geweckt. Konnten uns aber glücklicherweise noch einmal rum drehen und weiter schlafen – so bis zehn oder elf. Dann haben wir mittags gefrühstückt und sind ziellos durch Minsk gestreift. Wir sind U-Bahn gefahren bis zur Traktorfabrik und wollten mit der Straßenbahn zurück, hatten aber leider keine Tickets und sind eine Station inoffiziell mit der Bahn gefahren. Jedoch aufgrund des schlechten Gewissens wieder ausgestiegen und haben den Bus benutzt, wo man die Tickets im Bus lösen kann. Aus der Parade ist nichts geworden. Dafür haben Gina und ich unsere lang ersehnten Kartoffelschäler bekommen. Den Rest des Tageslichtes haben wir genutzt um zu essen und noch ein bisschen einzukaufen und um durch Minsk zu streifen. Am frühen Abend sind wir dann zurück ins Hostel um etwas auszuruhen um dann wiederum später noch einmal weggehen zu können (wer hätte es gedacht 😀 ). Als Ortsunkundige haben wir uns bei der Rezeption erkundigt, wo man denn hier gut feiern gehen kann und haben prompt auch zwei Adressen bekommen. Wir entschieden uns für die erste und waren frohen Mutes endlich tanzen zu können. Angekommen bei der Location wollten wir natürlich hinein, doch der Türsteher wies uns ab. Er wollte nicht einmal unsere Ausweise sehen. Höchstwahrscheinlich sahen wir einfach zu jung aus. Oder nicht (weiß)russisch genug. Oder aber, es war ein Club den man erst mit 21 betreten darf. Ich bin mir da nicht sicher. Jedenfalls haben wir uns lautstark darüber aufgeregt, weil wir anscheinend nicht aufreizend genug gekleidet waren. Auf dem Weg zurück oder wo anders hin, ich weiß es gar nicht mehr genau, dreht sich ein Mann um und fragt uns ob wir aus Deutschland kommen. Verneinen konnten wir das ja nicht. Es stellte sich heraus, dass er in Deutschland studiert hat und er sprach auch ein sehr gutes Deutsch. Er kam gerade vom Einkaufen und bot an, sich mit uns in eine Bar zu setzen, wenn er vorher noch schnell seine Einkäufe nach Hause schaffen durfte.
Also warteten wir vor seiner Haustür und schlug uns vor, als er wieder kam in eine Rockbar zu gehen. Dort konnte man auch tanzen, wenn man denn Lust dazu hat. Auf dem Weg dorthin kam uns die Umgebung immer bekannter vor und landeten dann nur ca. 75m von unserem Hostel entfernt in der besagten Bar. Wir sind also gefühlt durch halb Minsk nur um dann in ein Bar zu gehen, die sehr nah an unserem Hostel ist. Wenigstens haben wir uns somit das Taxi gespart.
In der Bar konnte man dann sogar auf Englisch bestellen und die Speise- und Getränkekarte war auch auf Englisch, sodass man es nicht mühsam entziffern musste. Ich habe dann meine lang ersehnten Dranicki bekommen und war sogar mit Gina zu einer Rockcoverband die sich „Tomato-Jam“ nannte tanzen. Ein schöner Abend… wirklich!
Am Sonntag sind wir dann wieder ins Einkaufszentrum um zu Frühstücken… so gegen zwölf… Der Kellner machte uns freundlich aber sehr bestimmt auf die Uhrzeit aufmerksam und dass es wohl ein bisschen zu spät für das Frühstück sei. So haben wir dann gleich Mittag gegessen und den Frühstücksgelüsten nach Eis und anderen Sachen dann im Nachtisch freien Lauf gelassen. Aus unerfindlichen Gründen war der Kellner ziemlich angepisst von uns. Ich hab aber nicht ganz gecheckt warum. Es fällt mir aber auch in letzter sehr schwer mich zu konzentrieren und alles aufzunehmen was in meiner Umwelt passiert (zumindest das Wesentliche).
Gina, Lea und Vicky haben sich dann noch die Nägel machen lassen, doch leider konnte ich das Endergebnis nicht bewundern, weil ich meine машрутка nach Pinsk bekommen musste. Ich habe mich auch nach einer richtigen Winterjacke umgesehen und sogar ganz annehmbare gefunden, jedoch wollte ich mir für den Kauf etwas mehr Zeit lassen.
Leider kann ich keine Bilder zeigen, da ich keine gemacht habe. Ich habe meine Speicherkarte zu Hause vergessen. Und ich muss zugeben, dass ich jetzt schon vierten Mal in Minsk war und immer noch keine Bilder von dieser Stadt gemacht habe.
Ich versuche den nächsten Eintrag von etwas alltäglichem handeln zu lassen. Doch weiß ich nicht, wen das interessieren sollte… Nein Scherz 😀 Ich schreibe das hier ja auch ein Stück für mich selbst.
Achja… In Belarus gibt es keine Füllerpatronen und demnach auch keine Füller. Ich habe sage und schreibe acht Stück inklusive Füller in Minsk gesichtet. Ich wollte aber den Füller nicht mitkaufen… Wer mir also kleine Füllerpatronen senden möchte, kann dies tun. Aber ich weiß meine Adresse immer noch nicht. Ich finde aber mein Haus trotzdem 🙂
jetzt, da ich einiges über meinen ersten Tag erzählt habe, will ich die ersten paar Wochen zusammenfassen.
Den ersten Monat habe ich bei Ludmilla verbracht. Eine warmherzige Frau, mit einem ebenso warmen Herd. Sie wollte, dass ich immer satt bin und hat für mich so viel gekocht. Manchmal hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht alles essen konnte was auf dem Tisch stand. Aber es war immer lecker. Ich habe sogar angefangen Paprikas zu essen. Wie vielleicht der ein oder andere weiß, habe ich diese immer abgelehnt und jetzt frage ich mich, wie ich 19 Jahre meines Lebens, ohne Paprikas ausgekommen bin. Ludmilla hatte bei sich daheim kein Internet, deswegen habe ich in den ersten Wochen auch nicht so viel schreiben können. Aber ich hole es nun nach.
Also… Die ersten zwei Wochen standen unter dem Motto: „Schüleraustausch mit dem Burggymnasium Altena“. Altena ist eine Partnerstadt von Pinsk und unter den Schüler ziemlich angesagt.
„Woher kommst du? Etwa aus Altena?“ oder „Meine Lieblingsstadt in Deutschland ist Altena.“
Solche oder ähnliche Sätze höre ich öfters. Doch dann muss ich offenbaren, dass ich aus einem kleinen Dorf nahe der tschechischen Grenze komme und die nächst größere Stadt, die sie vielleicht kennen, Dresden ist. (Mega cool, eine Schülerin hat mir erzählt, dass ihre Tante ihr 3 Städtereisen geschenkt hat: Berlin, Paris und Dresden)
Aber zurück zum Schüleraustausch. Das Thema war: „Zusammenwachsen gegen die Verachtung des Menschen.“ Sehr cool und sehr aktuell, wie ich finde. Doch blieben wir in der Vergangenheit. Die Schüler mussten viel über den zweiten Weltkrieg, oder wie er in Belarus heißt, den „Großen Vaterländischen Krieg“ recherchieren. Unter anderem waren wir dazu auch in Minsk und haben die Gedenkstätte „Maly Trostenez“ und das Museum des „Großen Vaterländischen Krieges“ besucht. Und wir hatten ein Zeitzeugengespräch mit Maja Krapina, die das Minsker Ghetto überlebt hat. Mein Herz für Geschichte ist übergelaufen in den Tagen. Das Beste war vor allem die Sichtweise. Im Geschichtsunterricht hat man ja auch immer über das dritte Reich und den zweiten Weltkrieg geredet und die Stimmung im Raum war negativ (bedrückt, verständnislos, gelangweilt, usw.). Ist ja auch verständlich, denn es gibt nichts zu feiern, wenn man den Krieg anzettelt, ihn dann auch noch verliert und im Unterricht immer wieder darauf eingegangen wird. Hier hat man das Ganze mal aus der Gewinner-Opfer-Perspektive sehen dürfen (Kommentar meines Vaters: „Endlich weißt du, wie der Geschichteunterricht bei uns ablief.“). Wir haben unzählige Blumenkränze vor Soldatendenkmälern niedergelegt und ich habe das erste Mal etwas von den Partisanen gehört. Das waren Leute, die im Untergrund die faschistischen Pläne manipulieren wollten, der Roten Armee wichtige Hinweise geliefert haben und auch gegen die Nazis gekämpft haben. Ich habe noch nie einen Soldaten, der im zweiten Weltkrieg gekämpft hat, meine Ehrerbietung entgegengebracht oder besser gesagt, entgegenbringen müssen. Es fühlte sich für mich sehr komisch an. Die einzige Person, der ich Ehrerbietung aus ganzem Herzen entgegenbringen konnte, war Maja Krapina. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich ihre Geschichte oder ihr Einzelschicksal kenne. Sie ist eine wahnsinnig starke Frau. Sie hat mit ansehen müssen, wie ihre Mutter und ihre Schwester am Galgen hingen. Eine ihrer Schwestern erstickte und ihr Großvater wurde erschossen. Und sie war noch ein Kind. Es ist einfach brutal und ich kann es nicht verstehen, wie man solche Grausamkeiten verantworten kann. Maja Krapina konnte jedoch mit ihrem Bruder fliehen und wurde von Partisanen aufgenommen. Sie hat überlebt, doch würde ich es nicht als Happy-End bezeichnen.
So viel dazu. Zusätzlich durfte ich in Minsk auch in den Geschmack des Lehrerdaseins auf Klassenfahrt kommen. Auch das wollte ich eigentlich nie erleben. Aber ich habe mich mit den deutschen Lehrerinnen angefreundet, was ziemlich toll war.
Am Mittwoch in dieser Woche waren wir dann auch noch in Brest und haben die Festung besucht. Ich habe leider bei der Führung weniger aufgepasst, weil ich einfach so mit der Landschaft beschäftigt war. Was mir jedoch in Erinnerung geblieben ist, war ein riesiger Stein, unter dem man hindurch laufen konnte. In dem Durchgang waren Lautsprecher installiert, durch die erst eine Ansage kam, dass der Krieg nun in Belarus angekommen sei und danach wurde ein Lied angestimmt. Ich habe es nicht verstanden. Aber die Melodie war so aufgebaut, dass sie „Vaterlandsgefühle“ und Heldenmut hervorrufen konnte. Feierlich und bedrückend zugleich.
Galina, meine Ansprechpartnerin meinte zu mir, dass so eine Woche mit vielen Ausflügen ein großes Geschenk für mich ist. Und das war es auch. Ich habe Minsk und Brest gesehen und ich habe einfach unglaublich viel gelernt. Aber es hat bei mir auch wieder die üblichen Fragen aufgeworfen: Wenn Menschen wissen, wie grausam der Krieg sein kann, warum führen sie ihn trotzdem? Ein Menschenleben lässt sich nicht mit dem Machtzuwachs eines anderen ersetzen. Das ist kein fairer Tausch. Und wie kann man Menschen, die offensichtlich genauso sind wie alle anderen auch, ausrotten wollen? An dieser Stelle muss ich wohl oder über meine Geschichtslehrerin aus der Oberstufe zitieren: „Mariana, du musst es nicht verstehen. Man kann es auch nicht verstehen. Versuch es lieber auch gar nicht.“
Auf dem Weg zu Maly Trostenez
Ein weiterer Teil der Holocaust-Gedenkstätte
Dieser Kopf begrüßt dich,sobald du durch das Tor der Festung Brest schreitest.
Ich weiß es ist schon einen Monat her, aber es kam immer wieder etwas dazwischen. Einerseits mein kaputtes Laptopkabel, fehlendes Internet oder der Umzug des kulturweit-Blogs. Aber jetzt ist das alles kein Thema mehr. In den nächsten Tagen werden dann auch noch weitere Erzählungen und Beiträge folgen. Einen lieben Gruß in die Heimat!
„Guten Tag“,
so werde ich mittlerweile von den Schülern begrüßt. Es verwundert mich im ersten Moment immer noch, dass kein „Hallo“ oder „Hey“ von ihnen kommt. Naja, Macht der Gewohnheit eben.
Belarus, da bin ich nun endlich angekommen. Und wider meinem Erwarten, hält es sich mit dem Heimweh in Grenzen. Eigentlich ist das ganze Gegenteil der Fall. Ich fühle mich wohl und das Einleben war demnach auch kaum ein Problem. Zur Zeit wohne ich noch bei Ludmilla, bis wir eine Wohnung für mich gefunden haben. Ich glaube Es war mehr als gut, dass ich am Anfang noch ein wenig Gesellschaft hatte. Es hat mir geholfen, mit den neuen Umständen besser zurecht zu kommen. Und ich bin in den Genuss der weißrussischen Küche gekommen. Ludmilla war Köchin bevor sie in Rente ging und kocht vorzüglich.
Natascha, eine Deutschlehrerin am Gymnasium Nr. 2 hat mich gebeten von meinem ersten Tag in Belarus zu erzählen. Nun, dann will ich der Bitte einmal nachkommen. Also ich bin ganz normal mit dem Bus von Warschau aus Richtung Brest gefahren und die Grenze war auch kein Problem. In Brest musste ich dann ein Ticket für den Bus nach Pinsk lösen, das hatte ich im Voraus nicht getan. Gar nicht so einfach, ohne Russischkenntnisse. Zum Glück konnte die Stewardess des Busses, mit dem ich gefahren bin, deutsch und hat mir geholfen Geld umzutauschen und ein Ticket zu kaufen. Ich musste also nur noch in den Bus einsteigen. Der fuhr aber erst später, also setzte ich mich an den Busstand. Ich stieg dann in irgendeinen Bus ein, von dem ich vermutete, dass er der richtige war, jedoch hatte ich keine 100%-tige Sicherheit. Ich wusste es die ganze Fahrt über nicht, bis der Bus endlich in Pinsk einfuhr. Unterwegs plagten mich Bauchschmerzen, weil ich den ganzen Tag nichts außer einer Semmel gegessen hatte und mich tagsüber natürlich nicht getraut habe, aufgrund fehlender Sprachkenntnisse, irgendwo etwas zu kaufen. Jedoch durfte ich die Landschaft bestaunen und wir fuhren durch größere und kleinere Ortschaften, alles wurde von (weiß)russischer Volksmusik untermalt. Irgendwann hielten wir an einer Haltestelle und es stiegen Leute aus – wie das halt so üblich ist. Und als der Busfahrer den Motor anlassen wollte, zeigte der Motor wenig Einsatz seinerseits. Das erstreckte sich über einen längeren Zeitraum. Es war nicht wirklich ungewohnt für mich, dass Busse an Haltestellen stehenbleiben mussten, weil die Technik nicht so funktionieren wollte. Meistens rief der Busfahrer einen Techniker an, der sich dann der ganzen Sache annahm. In Belarus ist die ganze Infrastruktur etwas weitläufiger als im Erzgebirge, deswegen legte man einfach selbst Hand an und schob den Bus an, bis der Motor sich wieder regte und der Bus von allein fuhr. Ein wahrhaft schönes Gefühl. Zuhause wäre es ärgerlich gewesen, hier hatte ich dann schon einen klitzekleinen Anflug von Panik. Irgendwo wartete man auf mich, ich wusste nicht wo ich war und verständigen konnte ich mich auch nicht.
Kurz vor Pinsk fragte man mich dann, wo ich überhaupt hin möchte… Gute Frage… Nach Pinsk auf jeden Fall. Vielleicht an den Busbahnhof, weil dort vielleicht jemand auf mich wartet. Bloß wie sollte ich das ausdrücken? Es gab keine Sprachschnittmengen zwischen mir in den anderen Insassen und meine Ansprechpartnerin konnte ich aufgrund meiner deutschen Simkarte auch nicht erreichen. Clever gelöst wurde dieses Problem, indem einer der Passagiere, eine Bekannte anrief, die Englisch konnte. Ich schilderte ihr meine Lage und sie übersetzte für mich. Sehr toll. Der Satz der bei mir hängenblieb: „You’re cary, man!“Ich finde, dieser Satz beschreibt das Ganze ziemlich gut. Doch klang es nicht negativ, sondern positiv und bewundernd. Und das ist auch, was mein erster Eindruck von Belarus ist.
Ich stehe jeden Morgen auf und sobald ich aus der Haustüre trete, fange ich an mit Staunen.Belarus ist nicht Deutschland und ich bin dankbar, dass ich das hier erleben darf und aus meiner gewohnten Umgebung heraus gekommen bin.
Nun geht es endlich los. Ich sitze gerad im Bus, der immer weiter nach Osten fährt. Mein Abenteur beginnt jetzt nun endgültig und ich weiß immer noch nicht, ob ich aufgeregt bin.
Das Vorbereitungsseminar, war völlig anders, als ich es erwartet habe. Meine anfängliche Demotivation, hat sich schon nach der ersten Home-Zone in Luft aufgelöst. Home-Zone ist ein anderes Wort für Kleingruppe. Kleinere Gruppen sind bei 240 Leuten auch äußerst sinnvoll, um über solche Themen wie Identität, Rassismus, Bildung, Projektplanung usw. zu unterhalten und sich auch auszuprobieren. Wir haben oft sehr intensiv diskutiert, jedoch waren es keine Diskussionen, die zu keinem Ergebnis geführt haben, sondern jeder konnte sich daraus etwas mitnehmen. Eine angenehme Abwechselung 😉
Ich habe auch endlich die Mädels kennengelernt, die mit mir nach Weißrussland ausreisen werden. Ich bin begeistert! Sie sind wirklich toll und sehr engagiert.
Ansonsten bestand das Vorbereitungsseminar aus dem Treffen mit meiner Partnerorganisation, Botschaften von meiner Vorgängerin in Pinsk, verschiedenen Workshops, guten Gesprächen am Abend und ein paar Partys. Ich weiß gar nicht was der Höhepunkt des Seminars war. Es war so viel, so gut.
die letzten paar Tage zu Hause sind nun auch angebrochen. Irgendwie ging das alles schneller, als ich gedacht habe. Die Tage waren durchzogen von wunderschönen Herzens-Momenten mit den tollsten Herzens-Menschen, die ich bisher kennenlernen durfte. Danke für euch!
Jetzt heißt es noch einmal Gedanken zusammen nehmen und To-Do-Listen erstellen, Wäsche waschen, Russisch üben, Musik für die lange Fahrt sortieren und noch ein paar Abschiedsbesuche rein quetschen.
Wenn man mich fragt, ob ich etwas aufgeregt bin, kann ich das immer nur mit einem Schulterzucken beantworten. Ich weiß es wirklich nicht, aber ich bin sehr gespannt wie mein neues „Zuhause auf Zeit“ wird, auf die Menschen die ich dort kennenlernen darf und darauf, was sich alles verändern wird.
Ich werde mich das nächste Mal vom Vorbereitungsseminar melden.
Stay blessed!
P.S. Wer mir Musikvorschläge machen möchte, die ich noch mit auf meinem MP3-Player legen kann, darf dies gerne tun 🙂
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