”Please exit from the left(er) side”

Werte LeserInnen, ich sitze gerade ganz unschluessig vor meinem quadratischen Computer im Lehreroffice und ueberlege mir, wovon ich euch nun zuerst berichten soll. Bisher – man beachte, dass ich erst seit zehn Tagen hier bin – hat mein Leben (wie theatralisch) noch keine wirkliche Alltagsstruktur bekommen. Man fuehlt sich wie bei einem aufregenden Urlaubstrip, der nie enden wird. Doch fangen wir ganz chronologisch an:
Das Hostel “LeTour”, in dem die sechs Freiwilligen untergebracht wurden, lag gut versteckt in einer Seitengasse in der Naehe des “Jin An” Tempels. Zu Fuss oder auch mit wenigen Metrostationen konnte man die beruehmte “Nanjing Road” oder auch den “People’s Square” gut erreichen.

Es ist der 4.September 2012. Anders als bis vor zwei Tagen, war die komplette letzte Woche vom Goethe Institut durchgeplant. So stand an diesem Tag eine Sightseeing Tour durch Shanghai auf der Matte. Schon ganz aufgeregt, fragte ich mich, ob die ganzen Bilder und Dokumentarfilme, die ich mir ueber Shanghai in Deutschland reinzog, wirklich denselben Eindruck vermitteln werden, den ich mir in wenigen Stunden selber ausmalen konnte.
Punkt neun standen wir wie verabredet alle vor dem Hostel und warteten auf “Bonnie” – unseren ganz persoenlichen Stadtfuehrer. Nach einer halben Stunde Verspaetung trottete Bonnie uns entschuldigend entgegen und wir zogen wie Pilgerer auf dem engen Buergersteig gen Metro. Anders als in Berlin, wo die Strassenbahn, S-Bahn, U-Bahn und der Bus gleichermassen das Stadtbild praegen, ist hier die Metro –neben den Bussen- wohl das wichtigste oeffentliche Verkehrsmittel schlechthin. Aehnlich wie in London hat man in Shanghai vor dem eigentlichen Metrosteig eine Sperre wodurch nur Gaeste mit gueltigem Fahrausweis gelangen, um somit – wie allen klar- Schwarzfahrer von vornherein zu meiden. Das man trotzdem hier und da Menschen erblickt, die ueber die Schranken hindurchkriechen, rueberspringen oder einfach zu zweit durchlaufen, gehoert wohl schon zu den trivialsten Situationen dazu.
Anders als Robin, Anton und Theresa werden Carl-Jahn, Christina und ich fuer eine etwas laengere Zeit in Shanghai ausharren, sodas Bonnie uns eine kleine lilane Metro-Prepaidcard empfahl. Diese kann man an einem Metroschalter oder auch an einem Automaten aufladen und je nachdem wie oft und wielange man faehrt das Geld von dieser Karte abgezogen wird. Bei jeder Eingans- und Ausgangsschranke wird das verbliebene Geld auf einem integrierten Monitor angezeigt – Kostenueberblick garantiert. Kurzstrecken (Umsteigen innerhalb der Metro mitinbegriffen) kosten 3 RMB (derzeit ca. 40 Cent) und Langstrecken 4 RMB (derzeit ca. 50 Cent). Hierbei ist es wohl falsch “Metro-Prepaidcard” anzugeben, weil dieses Stueck Plastik ebenfalls fuer den Bus, den Zug und sogar universell fuer das Taxi einsetzbar ist!

Der erste Touristenpunkt den wir ansteuerten, war das fuer jeden zugaengliche und kostenlose “Shanghai Museum” am People’s Square. Wer sich vor allem fuer die Kunsthistorie Chinas interessiert, wird sich hier wohlfuehlen. Auf vier vollklimatisierten Etagen gibt es viel zu begutachten. Von aeusserst detaillierten Stempeln, ueber feinverziertes Porzellan, bis hin zur verblueffender Kalligrafie. Fuer eher pragmatisch oder empirisch veranlagte Menschen ist dieses Museum jedoch abzuraten, sonst sitzt man wie ich schnell auf den einladenden Sitzbaenken vor den Ausstellungsraeumen, nachdem man angestrengt und sich selbstmotivierend gezwungen hatte, pro Raum wenigstens drei Infotexte durchzulesen.

Mittags fuhren wir zum Mittagsessen zur Nanjing Road. “Bei Kummer und Einsamkeit fragen Sie nach der schnellstmoeglichen Verbindung zur Nanjing Road…”, dieser Eindruck prasselte auf mich hinab, als ich mich durch die Menschenmassen durchschlaengelte und den “Adventure-Zuegen” ausweichen musste, die Touristen durch die lange Strasse kutschierten. Jedesmal als ich zur Nanjing Road fuhr, kam es mir vor, als waere jedesmal ein anderer Feiertag, jedesmal ein anderes Fest. Deine Sinne werden ueberflutet und allmaehlich verstopft. Von ueberall toent laute Popmusik, Werbeschilder hypnotisieren und der von den Strassenstaenden austretende Geruch schmeichelt deinen Geruchsknospen.
Erst als wir die Treppen zu dem Fastfood Restaurant runterhopsten, schnitt die pochende Reizueberflutung ab und wir musterten neugierig den erreichten Ort. Irgendwie erinnerte der Laden an eine Imitation unserer altbekannten amerikanischen Fastfoodrestaurants – aber ebend nur mit chinesischen Spezialitaeten. Hinter der Theke konnte man das Geschehen in der Kueche zum Teil beobachten, ueber der Servicekraft davor, thronte im grellen Licht die Speisekarte. Da wir alle – wenn ueberhaupt- nur sehr gebrochenes Chinesisch sprachen, musste Bonnie gezwungener Massen zum Bestellungsaufnehmer mutieren.
Anschliessend lenkte er uns Richtung “Bund”, von der man eine atemberaubende Aussicht auf die Pudong Skyline hat. Seit dem Moment bin ich der felsenfesten Ueberzeugung, dass Fotos und Videos diesen Anblick paradoxerweise optisch nie wiedergeben koennen, weil alles doch viel gigantischer und pompoeser erscheint, als es auf nationalen Postkarten aufgedruckt ist

Bevor wir jedoch die Promenade erreichten, liefen wir noch kurz am Goethe Institut vorbei und bekamen bereits einen kleinen Einblick von dem Ort, an dem wir uns die kommende Woche ueberwiegend aufhalten werden.

Nachdem uns die Sonne bei wolkenlosem Himmel gnadenlos auf Kopf und Koerper peitschte, entschieden wir uns fuer eine Verschnaufpause im Park. Obwohl der Begriff “Park” hier wohl etwas sehr uebertrieben gewaehlt ist. Eher glich alles einem open Air Museum, wo wohl alles ausgeschildert verboten, ausser gucken und auf dem Gehweg laufen, scheint. Tatsaechlich durfte man den Rasen nicht betreten, geschweige denn sich hier sportlich betaetigen. Nach dem Motto: Das Auge isst mit – und nur aussschliesslich das Auge.

Voller Tatendrang besichtigten wir anschlissend die “Altstadt” (am Yuyuan Garden), mit Vorbehalt, zumal hier nichts “alt” ist, da die Haeuser originalgetreu nachgestellt wurden. Tradition meets Kommerz lautet hier die Devise. Verkaeufer prangern ihre Fake-Uhren, -Taschen an und aehnlich wie in der Nanjing Road wirst du in Trance versetzt und laesst die Umweltreize auf dich wirken. Verwirrt musterst du die Umgebung ausdruckslos. Wanderst du mit deinem Blick gen Himmel, erkennst du die trdaitionellen Haeuser – schirmst dir das blendende Licht mit der Handflaeche ab und verharrst. Naehert sich das Kinn der Brust beginnt der tosende Ameisenkrieg in deinem Gehirn: Prospektverteiler klatschen dir die Blaetter bis an den Hals, jeder versucht den anderen zu ueberschreien, durchdringende Blicke von rechts und links.
Wobei meinetwegen die “Gaffenstarre” nicht annaehrnd so schlimm wie bei den Anderen ist, die phaenotypisch aus der Masse herausblitzen. Ich fuer meinen Teil, habe das Leid nicht als Auslaenderin aufzufallen. Nicht, dass mir bohrendes Gaffen gefallen wuerde, nur scheint es Landsleute zu beleidigen, wenn sie mich auf chinesisch, z.B. am Strassenstand ansprechen und ich aufgeregt nuschel, dass ich nicht Chinesisch sprechen kann oder manchmal vor Ueberforderung perplex kein Wort rausbringe. Allein aufgrund meines Aeusseren werden an mich spezielle Erwartungen gestellt.

Am Abend klang der Tag noch in einem “Hot Pot”-Restaurant (Feuertopf-Restaurant) aus. Hier hat mein ein koechelnden kleinen Topf mit Bruehe vor sich, wo man von der Drehplatte rohes Fleisch und Gemuese reinschaufelt und dann geminsam mit selbst zusammenstellbaren Saucen verzehrt.

 

(Entschuldigt bitte meinen schrecklichen Schreibstil! Ich komme nie wirklich dazu meine Geschehnisse zu verfassen und wenn ich mal derzeit in der Schule sitze und Zeit habe, kann ich nirgendwo ins Internet, um die Texte hochzustellen. Hoffentlich kommt morgen jemand und regelt mir das mit dem Internet in meinem Office, wuenscht mir Glueck :))