Kapitel 4: Was mache ich hier überhaupt?

Ein bis zwei Monate vorher hatte ich, trotz meines Entschlusses (und bereits unterschriebenen Vertrags) immer noch so gut wie keine Ahnung, was ich in meiner Einsatzstelle überhaupt machen sollte. Denn ich bin mit Laura die erste Freiwillige, die in Sardarapat tätig wird. Und die Aufgaben der einzelnen Freiwilligen variierte von Einsatzstelle zu Einsatzstelle so dermaßen, dass ich beschloss, einfach mal hinzukommen und zu schauen, was sich dort so alles machen lässt. Es stellte sich schnell heraus, dass es gut so war, da die Niveaus und die Ausstattung in den einzelnen Schulen sogar innerhalb Armeniens sehr unterschiedlich ist. Beispielsweise hat Sardarapat eine schöne Turnhalle, in einer Schule in Yerevan gibt es nur einen kleinen „Gymnastikraum“ ( / Abstellkammer).

Auch die Direktorin meiner Einsatzstelle war in dieser Hinsicht sehr verständnisvoll und gab uns von vornherein gleich eine kleine Aufgabe und viel Zeit, den Unterricht der einzelnen Deutschlehrern beizuwohnen und die Schule erst einmal zu erkunden und kennenzulernen.

Unser erstes Projekt war eine Aufführung anlässlich der Deutschen Wiedervereinigung. Wir sollten einen ca. 20 – 30 minütigen Beitrag dazu leisten. Da Laura und ich weder russisch noch armenisch sprechen, half eine Deutschlehrerin, uns mit der Musiklehrerin und den Kindern zu verständigen. Diese blieb während sämtlicher Nachmittagsproben an unserer Seite und unterstützte uns bei sämtlichen Problemen. An dieser Stelle vielen Dank dafür!

Auch die Kinder gaben sich richtig Mühe und übten den Text, den sie größtenteils nicht verstanden (die Deutschlehrerin erklärte ihnen den Inhalt), so dass sie die Lieder, die wir ausgesucht hatten, fast ohne Akzent singen konnten. Wir übten mit den Kindern „Über sieben Brücken“, „Kleines Senfkorn Hoffnung“ und auf Wunsch der Direktorin den „Kleinen grünen Kaktus“, der übrigens am besten ankam. Und am Schluss ließ sich das Ergebnis wirklich hören.

Bei der Aufführung klappte alles wie am Schnürchen. Das war auch sehr gut, denn das Fernsehen kam (für uns ziemlich spontan, uns wurde das erst kurz davor mitgeteilt) vorbei und filmte das Ganze. Wir entschieden uns, am Anfang eine kleine Demonstration zum Thema „Mauerfall“ zu zeigen: Die Kinder sollten in zwei Gruppen aufgeteilt sein und ein Tuch stellte die Mauer dar. Dann wurden verschiedene Texte gesprochen, dass beide Parteien sich wünschten, wieder zusammenzukommen (es gibt so ein Lied, bei dem der Text um Träume geht und nur, wenn alle den gleichen Traum haben, kann er Wirklichkeit werden und der war wirklich treffend und perfekt für das Thema). Und dann wurde das Tuch fallen gelassen und die Lieder gesungen. Ich habe zwar die Aufzeichnung noch nicht gesehen, aber ich bin wirklich zufrieden mit dem Ergebnis.

Unser zweites Projekt war eine Hausaufgabenbetreuung der 8. und 9. Klasse im Fach Deutsch. Denn diese wurde regelmäßig von der Hälfte der Klasse vergessen und das geht ja mal gar nicht. 🙂

Lustigerweise war zur ersten Hausaufgabenbetreuungsstunde nur ein einziges Mädchen anwesend, außerdem der geschlossene männliche Teil der 9. Klasse. Ich muss sagen, damit hatte ich überhaupt gar nicht gerechnet. Und das beste war, sie waren richtig bei der Sache und gaben sich Mühe. Außerdem blieben sie freiwillig länger, damit wir noch das Perfekt üben konnten. Übrigens sind diese bis jetzt, meistens regelmäßig, am Start (3x in der Woche!).

 

 

Dann wurden wir von der Direktorin gebeten, einen „Konversationszirkel“ in der 6. (Laura) und in der 7. (ich) Klasse zu organisieren. Leider fehlen den Kindern so ziemlich alle Vokabeln für richtige Gespräche. Also beschloss ich, einfach mit sämtlichen Vokabeln, die sie seit Anfang des Jahres gelernt hatten, Spiele zu spielen und so Sachen wie „Magst du“ oder „Warst du schon“ anzuwenden. Das sieht jetzt so aus, dass ich das Spiel „Mein rechter, rechter Platz ist leer“ mit Berufen gespielt habe (den Satz konnte sich aber auch nach der 20. Runde keiner merken, also habe ich ihn angeschrieben); Hangman und Pantomime klappte auch recht gut. Das fällt natürlich nicht unter Konversation, aber immerhin wenden sie die Vokabeln an und wenn sie eine Frage zu irgendetwas haben, dann müssen sie es auch auf deutsch versuchen. Denn das geht ja mal gar nicht, wenn ich inzwischen schon mehr armenisch kann wie sie deutsch…^^ Natürlich ist beides noch ausbaufähig, aber das wird noch, wie gesagt, ich will erst mal sehen, wo´s hapert, bevor ich irgendetwas mache, was ich nicht soll / darf / kann.

Außerdem sind immer ein paar Projekte außerhalb der Reihe, wie zum Beispiel die Buchlesung von Tamara Bach, zu der wir ein paar interessierte Schülerinnen begleiteten. Ich denke nicht, dass sie irgendetwas davon verstanden haben, aber mir persönlich hat die Lesung wirklich super gefallen und danach bummelten wir noch zusammen in den Kaskaden, was der krönende Abschluss des Tages war.

Also zusammenfassend kann man wirklich sagen: Ich mag die Arbeit hier und habe viel Spaß! Natürlich ist es sehr anstrengend (v.a. das Sprachenproblem ist wirklich nervig) und ich bin froh, wenn ich um 3 – 4 Uhr aus der Arbeit komme und dann mit Laura bei einer DEUTSCHEN Folge Cobra 11 relaxen kann.  Ich muss auch sagen, dass ich den Entschluss, hierher zu kommen schon öfter verflucht habe, aber jeden Tag gibt es  kleine Erfolge, die mir zeigen, dass es voran geht und dass meine Entscheidung vollkommen richtig war. Mir würden so viel Erfahrungen abgehen – ja, schon nach diesen 5 Wochen – die ich nur hier machen kann und ich kann jedem empfehlen, das auch mal auszuprobieren!

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