Nun bin ich schon fast eine ganze Woche hier in Bóly und habe so viel Neues erlebt, dass ich gar nicht alles aufschreiben kann. Also versuche ich es mit einem kleinen Abriss:
An den ersten Tagen in der Grundschule wurde ich mit sehr vielen neuen Namen bombardiert, gut, dass mein Namengedächtnis so spitze ist. Aber mit Maria oder Ester liegt man bei Frauen immer gut im Kurs.
Die Schulklingel der Schule ist mir ebenso ein Rätsel, habe ich sie in den ersten Tagen überhaupt nicht wahrgenommen und vermutet, alle Lehrer-innen und Schüler-innen gehen wie von Geisterhand in die Klassenräume, beginne ich langsam ein kurzes, leises Schellen wahrzunehmen.
Fast genauso verhält es sich mit dem Feueralarm, diesen höre ich zwar, vergleiche ich ihn aber mit dem meiner Schule in Deutschland, bei dem einem fast die Ohren abgefallen sind, ist dieser hier fast ein Schlaflied. Auch die Evakuierung der Schule läuft anders ab als gewohnt. Die Schüler verlassen bedächtlich langsam jedoch vor dem Lehrer den Klassensaal und schließen sich dem Sog Richtung Pausenhof an, dem ich ahnungslos gefolgt bin. Fenster und Türen werden offen gelassen. Auf dem Pausenhof ist es uns nach einigem Umschauen gelungen unsere Klasse zu finden. Nach einer kurzen Ansage der stellvertretenden Direktorin ging es dann auch schon wieder zurück ins Gebäude. Keine Kontrolle der anwesenden Schüler, keine Meldung, kein Zeitstoppen der ganzen Aktion. Ob dies ein Probealarm war oder nicht, weiß ich immer noch nicht. Nach Rauch gerochen hat es auf jeden Fall.
Zu meinem Nachteil ist es hier die Woche noch einmal richtig warm geworden mit Temperaturen bis zu 36° Celsius, eigentlich ja super, doch ich habe mich nach dem Wetter in Deutschland gerichtet und kaum kurze Sachen eingepackt. Dafür zum Glück eine Handwaschtube, die auch kräftig benutzt wurde/wird. Nach einem sehr heftigen Gewitter gestern kühlt es jedoch langsam ab. (Heftig ist Definitionssache, für mich „gemäßigteswetter“-verwöhntes Mädchen aus dem Oberrheingraben ist fast jedes Gewitter heftig bzw. stark!) Dass es Herbst wird merkt man auch an den Bäumen. Bei meiner Ankunft hingen noch fast alle Blätter in sommerlichem Grün an den Bäumen, nun gibt es fast einen Laubregen.
Am Donnerstag war ich mit meiner Mentorin zusammen bei einem Bekannten von ihr um mir verschiedene Fahrräder anzuschauen. Die Garage voller Fahrrädern bestand aus 5 Fahrrädern, von denen 4 bedingt einsatzbereit und nur 2 für mich geeignet waren. Doch wenn alles gut läuft habe ich ab Dienstag ein Fahrrad, welches ich einfach nur zurückgeben muss, wenn ich zurück nach Deutschland gehe. Anschließend wurden wir noch auf einen Drink in eine Kneipe eingeladen, was länger gedauert hat, als geplant. Wie schön die Einwohner doch von ihrem Dorf schwärmen können. Was, sehr wichtig!, für Ungarn schon eine Stadt ist.
Sehr praktisch ist hier, dass die Menschen fast alles deutsch oder englisch sprechen können und wenn man dann doch einmal auf ein seltenes Exemplar trifft, welches beider Sprachen nicht mächtig ist, so ist entweder jemand dabei, der mich versteht oder Hand und Fuß dienen als Kommunikationsmittel.
Am Samstag ging es, nach dem erfolglosen Versuch auszuschlafen, mit dem Bus nach Pécs um einzukaufen, denn so schön Bóly auch ist, wirklich viel gibt es hier nicht (zum Überleben würde es reichen). In Pécs gibt es zur Zeit ein 10-tägiges Fest zu irgendeinem 30jährigem Jubiläum (mehr konnte ich nicht in Erfahrung bringen) und Freitag, Samstag & Sonntag war Straßenkarneval angesagt. Nach Besichtigung der Altstadtstraßen und des mehr oder weniger erfolgreichen Einkaufens, traf ich meine Betreuerin mit ein paar Bekannten wieder, zusammen mit zwei kulturweit-Freiwilligen ging es dann zu acht Pizza essen.
Heute (Sonntag), gelang das Ausschlafen dann schon besser (nachdem ich einen Großteil der Nacht durch das Gewitter wach lag), aber ich wette morgen könnte ich dann wieder jeden verfluchen, da ich wieder früh aufstehen muss.
Um 14 Uhr traf ich meine Betreuerin und sie zeigte mir zu Fuß die Kellerreihen. Die Kellerreihen bestehen aus Häusern, die mehr oder weniger nur einen Keller beherbergen. Dieser dient zur Lagerung von Wein (Bóly liegt an der Weißweinstraße). In den Häusern wird auch oftmals noch der Wein selbst hergestellt.
Auf dem Rückweg gingen wir auch über den Friedhof. Deshalb erwähnenswert, da ich es sehr amüsant fand, dass auf dem Eingangsschild vor Wespen gewarnt wird, meine Betreuerin mir jedoch erzählte, dass es im Sommer vor Schlangen dort nur so wimmeln würde (ich fände es wichtiger vor den Schlangen zu warnen!).
Zurück in ihrer Wohnung gab sie mir noch jede Menge Infomaterial über Bóly und die Umgebung.
Glücklich zurück sitze ich nun an meinem Computer und versuche meine ganzen Stichpunkte zu vergangener Woche in einen möglichst anschaulichen Text zu verwandeln. Ich hoffe, es ist mir wenigstens halbwegs gelungen.
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