Die Austauschschüler

Als ich letzten Montag auf der Suche nach meinem jeweiligen Lehrer (da meine Betreuerin Montags nicht arbeitet, wurde ich in jeder Stunde einem anderen Lehrer zugeteilt) durch die Schule irrte, kam Mariá, die Schulleiterin, auf mich zu und erzählte mir von der großartigen Idee, mich mit auf die Ausflüge zunehmen, die die Schüler in den kommenden Tagen mit den polnischen Austauschschülern unternehmen würde, die an diesem Abend ankommen würden.
Ich war natürlich total begeister von der Idee, da ich erstens die Umgebung ein bisschen besser kennen lernen würde und zweitens die Schüler der 8c näher kennen lernen könnte, mit denen ich im kommenden Jahr viel zusammen arbeiten werde.
Gesagt, getan. Am nächsten Tag stand ich fünf vor halb acht vor der Schule, da mir gesagt wurde, dass es pünktlich um halb losgehen sollte und da wir hier in der „schwäbischen Türkei“ sind, nahm ich das wörtlich. Nicht so wörtlich nahmen es die Schüler, denn als wir endlich losfuhren war es viertel vor acht. Was ich jedoch nicht als sonderlich schlimm empfand. Anders jedoch Kata, die neben mir um Bus saß und alles organisierte, ich erhielt den Eindruck, dass alles sehr eng getaktet war. Der Eindruck täuschte. Während der kommenden drei Tage kam es oft vor, dass wir uns eine(!) Stunde lang eine kleine Kirche anschauten oder 1 ½ Stunden zu Mittags aßen, was viel zu viel Zeit war. Die freie Zeit, die dadurch entstand, wurde jedoch nicht genutzt um sich mit seinem Austauschschüler zu unterhalten und so sein Deutsch zu verbessern, sondern man blieb bei seinen Freunden und quasselte auf der jeweiligen Landessprache. Die einzigen deutschen Wörter die fielen waren die Wörter von Kata oder den polnischen Begleitlehrern oder ausnahmsweise die Wörter des jeweiligen Guides, wen mal eine Führung auf Deutsch stattfand, was nicht oft vorkam. Dies führte bei mir dazu, dass ich meistens alleine neben der Gruppe umherstreifte und versuchte möglichst viel der freien Zeit mit Kata und den anderen Lehrern zu verbringen, um mir alles nochmal auf Deutsch erklären zu lassen.
Die drei Tage liefen wie folgt ab:

Dienstag:
1. Besichtigung einer „Tropfsteinhöhle“ in Abaliget, klar, es gab dort auch ein paar Tropfsteine, doch wer in Malta oder Spanien schon mal in einer Tropfsteinhöhle war, fand es nicht sehr beeindruckend, was die Anzahl der Tropfsteine angeht. An sich war die Höhle sehr schön, mit weiten Hallen und engen Gängen. Die Hauptattraktion waren ganz klar die echten Fledermäuse die vereinzelt an der Decke hingen. Was auch schon zu Punkt zwei führt.
2.Das Fledermausmuseum direkt neben der Höhle, was laut Prospekt den Menschen die Angst vor den Fledermäusen nehmen sollte. Wohlgemerkt sollte, denn da ich weder Angst vor Fledermäusen habe, noch irgendwas in dieser Ausstellung verstanden habe, hatte das Museum wenig Eindruck auf mich.
3. In Pécs fuhren wir zuerst mit einem Bimmelbähnchen durch die Altstadt, welches uns dann auch direkt vor dem Restaurant absetzte, wo es Mittagsessen gab. Hierbei traf das erste Mal merklich auf einen Kulturunterschied. Ich wurde von Kata total entsetzt angeschaut, als ich sagte, dass ich kein Fleisch essen würde, es mir aber nichts ausmacht, die Grundlage (ich habe keine Ahnung was es war, irgendwelche Kügelchen aus Mehl, was ich aber erst später erfuhr) ohne Fleischbeilage zu essen. Nach einer kurzen Diskussion, war jedoch auch dies geklärt und ich bekam meinen Teller nur mit Mehlkügelchen, welche nach Kata zwar nicht schmecken, meiner Meinung nach jedoch durchaus essbar sind.
4. Anschließend besuchten wir eine „Zaubershow“, bei welcher ein Physik- und Chemielehrer auf Deutsch (!) verschiedene Experimente vorführte. Die Schüler und Lehrer waren total begeistert.
5. Als letzter Programmpunkt des Tages standen 1 ½ Stunden shoppen im Arkád an, einem großen Shoppingcenter, gegenüber des Busbahnhofs.

Mittwoch:
1. Als erstes besichtigten wir in Siklós eine Burg.
2. Danach ging es weiter nach Kisharsány, wo wir die Vylyan Kellerei besichtigten und den Chardonnay –Most(total süß) probieren durften.
3. Der nächste und für diesen Tag auch letzte Programmpunkt war, ist und bleibt mein absoluter Favorit: Es ging auf den Reiterhof! Dort gab es zuerst Mittagsessen. Mir wurde gesagt Spagetti Bolognese, da kann man ja die Soße einfach weglassen. Es stellte sich jedoch heraus, dass es Spagetti-Bolognese –Auflauf gab. Da konnte man das Fleisch schon wieder nicht so einfach weglassen. Also gabs für mich einfach schon mal den Nachtisch, habe ich eigentlich nichts dagegen, außer es handelt sich dabei um Zwetschgenkuchen… aber was sollst, ich hatte Hunger!
Es gab jeweils vier Station fürs Nachmittagsprogramm: Strohpuppen basteln, Geschicklichkeitsspiele, Kutsche fahren und reiten. Nachdem die Kinder in vier Gruppen aufgeteilt waren ging es los. Ich hielt mich, was für keinen eine große Überraschung sein dürfte, bei den Pferden auf und ging mit der letzten Gruppe Kutsche fahren. Als jede Gruppe einmal an jeder Station gewesen war, war der Tag offiziell beendet. Ich konnte mir noch eine Handynummer sichern, die ich anrufen kann, wenn ich reiten möchte. Bingo!

Donnerstag:
1.Im Busóhof besichtigten wir das Busómuseum und konnten anschließend eigene Busómasken basteln. Mohács ist berühmt für seinen Busójárás (Fasching). Wer mehr darüber wissen möchte, frage wikipedia (leider nur auf Englisch): https://en.wikipedia.org/wiki/Bus%C3%B3j%C3%A1r%C3%A1s .
2. Essen gab es in einem Restaurant, leider war schlechtes Wetter und so konnten wir nicht auf der Dachterrasse mit Blick auf die Donau essen. Doch für mich gab es sogar statt nur der Beilage Pommes auch panierten Käse. Juhuu.
3. Gestärkt ging es zur Szent Miklós Wassermühle, welche die letzte, der früher 12 Wassermühlen, an dem 15 (ich hoffe, ich habe es richtig verstanden) Kilometer langen Bach ist. Die Mühle selbst war bis 2007 dem Verfall preisgegeben und wird seit 2008 wieder restauriert. Ich muss sagen zum Glück, denn die kleine Mühle liegt, meiner Meinung nach, in einer idyllischen Umgebung!

Und so endete das dreitägige Programm für mich. An allen drei Tagen kam ich glücklich, aber auch total fertig wieder im Kolpinghaus an und fiel quasi in mein Bett. Auch wenn sich manche Stellen nicht sehr positiv anhören, muss ich sagen, dass ich die drei Tage sehr genossen habe. Ich bin sehr froh, dass ich die Ehre hatte, an den Ausflügen teilnehmen zu dürfen.

Danke!

Die ersten 7 Tage

Nun bin ich schon fast eine ganze Woche hier in Bóly und habe so viel Neues erlebt, dass ich gar nicht alles aufschreiben kann. Also versuche ich es mit einem kleinen Abriss:

An den ersten Tagen in der Grundschule wurde ich mit sehr vielen neuen Namen bombardiert, gut, dass mein Namengedächtnis so spitze ist. Aber mit Maria oder Ester liegt man bei Frauen immer gut im Kurs.
Die Schulklingel der Schule ist mir ebenso ein Rätsel, habe ich sie in den ersten Tagen überhaupt nicht wahrgenommen und vermutet, alle Lehrer-innen und Schüler-innen gehen wie von Geisterhand in die Klassenräume, beginne ich langsam ein kurzes, leises Schellen wahrzunehmen.
Fast genauso verhält es sich mit dem Feueralarm, diesen höre ich zwar, vergleiche ich ihn aber mit dem meiner Schule in Deutschland, bei dem einem fast die Ohren abgefallen sind, ist dieser hier fast ein Schlaflied. Auch die Evakuierung der Schule läuft anders ab als gewohnt. Die Schüler verlassen bedächtlich langsam jedoch vor dem Lehrer den Klassensaal und schließen sich dem Sog Richtung Pausenhof an, dem ich ahnungslos gefolgt bin. Fenster und Türen werden offen gelassen. Auf dem Pausenhof ist es uns nach einigem Umschauen gelungen unsere Klasse zu finden. Nach einer kurzen Ansage der stellvertretenden Direktorin ging es dann auch schon wieder zurück ins Gebäude. Keine Kontrolle der anwesenden Schüler, keine Meldung, kein Zeitstoppen der ganzen Aktion. Ob dies ein Probealarm war oder nicht, weiß ich immer noch nicht. Nach Rauch gerochen hat es auf jeden Fall.
Zu meinem Nachteil ist es hier die Woche noch einmal richtig warm geworden mit Temperaturen bis zu 36° Celsius, eigentlich ja super, doch ich habe mich nach dem Wetter in Deutschland gerichtet und kaum kurze Sachen eingepackt. Dafür zum Glück eine Handwaschtube, die auch kräftig benutzt wurde/wird. Nach einem sehr heftigen Gewitter gestern kühlt es jedoch langsam ab. (Heftig ist Definitionssache, für mich „gemäßigteswetter“-verwöhntes Mädchen aus dem Oberrheingraben ist fast jedes Gewitter heftig bzw. stark!) Dass es Herbst wird merkt man auch an den Bäumen. Bei meiner Ankunft hingen noch fast alle Blätter in sommerlichem Grün an den Bäumen, nun gibt es fast einen Laubregen.

Am Donnerstag war ich mit meiner Mentorin zusammen bei einem Bekannten von ihr um mir verschiedene Fahrräder anzuschauen. Die Garage voller Fahrrädern bestand aus 5 Fahrrädern, von denen 4 bedingt einsatzbereit und nur 2 für mich geeignet waren. Doch wenn alles gut läuft habe ich ab Dienstag ein Fahrrad, welches ich einfach nur zurückgeben muss, wenn ich zurück nach Deutschland gehe. Anschließend wurden wir noch auf einen Drink in eine Kneipe eingeladen, was länger gedauert hat, als geplant. Wie schön die Einwohner doch von ihrem Dorf schwärmen können. Was, sehr wichtig!, für Ungarn schon eine Stadt ist.
Sehr praktisch ist hier, dass die Menschen fast alles deutsch oder englisch sprechen können und wenn man dann doch einmal auf ein seltenes Exemplar trifft, welches beider Sprachen nicht mächtig ist, so ist entweder jemand dabei, der mich versteht oder Hand und Fuß dienen als Kommunikationsmittel.

Am Samstag ging es, nach dem erfolglosen Versuch auszuschlafen, mit dem Bus nach Pécs um einzukaufen, denn so schön Bóly auch ist, wirklich viel gibt es hier nicht (zum Überleben würde es reichen). In Pécs gibt es zur Zeit ein 10-tägiges Fest zu irgendeinem 30jährigem Jubiläum (mehr konnte ich nicht in Erfahrung bringen) und Freitag, Samstag & Sonntag war Straßenkarneval angesagt. Nach Besichtigung der Altstadtstraßen und des mehr oder weniger erfolgreichen Einkaufens, traf ich meine Betreuerin mit ein paar Bekannten wieder, zusammen mit zwei kulturweit-Freiwilligen ging es dann zu acht Pizza essen.

Heute (Sonntag), gelang das Ausschlafen dann schon besser (nachdem ich einen Großteil der Nacht durch das Gewitter wach lag), aber ich wette morgen könnte ich dann wieder jeden verfluchen, da ich wieder früh aufstehen muss.
Um 14 Uhr traf ich meine Betreuerin und sie zeigte mir zu Fuß die Kellerreihen. Die Kellerreihen bestehen aus Häusern, die mehr oder weniger nur einen Keller beherbergen. Dieser dient zur Lagerung von Wein (Bóly liegt an der Weißweinstraße). In den Häusern wird auch oftmals noch der Wein selbst hergestellt.
Auf dem Rückweg gingen wir auch über den Friedhof. Deshalb erwähnenswert, da ich es sehr amüsant fand, dass auf dem Eingangsschild vor Wespen gewarnt wird, meine Betreuerin mir jedoch erzählte, dass es im Sommer vor Schlangen dort nur so wimmeln würde (ich fände es wichtiger vor den Schlangen zu warnen!).
Zurück in ihrer Wohnung gab sie mir noch jede Menge Infomaterial über Bóly und die Umgebung.

Glücklich zurück sitze ich nun an meinem Computer und versuche meine ganzen Stichpunkte zu vergangener Woche in einen möglichst anschaulichen Text zu verwandeln. Ich hoffe, es ist mir wenigstens halbwegs gelungen.

Mein erster Tag

Der 15.September war mein erster „Arbeitstag“.
Ich hatte nach der anstrengend Reise acht Stunden Schlaf gefunden und wachte schon um 6 auf, da vor meinem Fenster Metall klapperte. Als ich dann runter in die Küche ging, sah ich, wer den Lärm veranstaltete.
Der große Raum im Erdgeschoß des Kolpinghauses kann gemietet werden und in eben diesem Raum bauten gerade mehrere Personen Kleiderständer auf.
Kurz nachdem ich mein sehr ausgiebiges Frühstück, bestehend aus zwei Schokopuddings, einer Banane und einer heißen Zitrone, beendet hatte, wurde ich von Frau Jansen abgeholt und wir machten uns gemeinsam auf den extrem langen zweiminütigen Weg zur Schule. Dort wurde ich der Pförtnerin, den Sekretärinnen, den Lehrern (alle die da waren) und der Schulleitung vorgestellt.
Die Schuldirektorin zeigte mir die Schule und erklärte mir, wo ich was finden kann.
Anschließend ging es für mich mit Frau Jansen in die 2c, wo ich viele selbstgebastelte Drachen bewundern durfte.
Es folgte ein weiteres Mal basteln (eigentlich Technikunterricht) in der 6c, wo die Kinder aus mitgebrachten Steinen Figuren bauten.
Danach begleitete ich Kata (ich hoffe, ich habe es richtig geschrieben) in ihre 8c, mit denen ich im Laufe des Schuljahres viel zusammen arbeiten werde. Ich stellte mich kurz vor (woher ich komme, wieso ich in Ungarn bin, was ich sonst so mache) und die Schüler erzählten etwas über sich, nachdem sie mich noch einige Dinge fragen konnten, waren auch schon 45 Minuten rum.
Damit war mein erster Tag beendet und ich konnte Bóly erkunden, Einkäufe erledigen und mich ausruhen bzw. lesen.
Zur Erklärung, wieso ich in so vielen c-Klassen war:
An meiner Schule gibt es pro Jahrgang in der Regel drei Klassen (a,b & c). In den Klassen a und b gibt es 5 Stunden Deutschunterricht. Die Klassen c haben auch 5 Stunden Deutschunterricht und zusätzlich noch Fächer wie Technik, Kochen, Geographie etc. auf Deutsch.

Die Anreise oder eher eine kleine Odyssee

Warte mal, Odyssee? Ungarn grenzt doch direkt an Österreich, welches wiederum ein Nachbarland von Deutschland ist. Die Reise müsste doch eigentlich fix gehen?!
Das dachte ich mir auch, als ich mich für den railjet von Mannheim nach Budapest entschied, welcher knapp 10 ½ Stunden für die Strecke braucht. Dann noch einmal 3 Stunden für die Strecke von Budapest nach Pécs, wo ich abgeholt werden sollte.
Doch Pustekuchen! Das merkte ich, als mich am Freitagabend (11.9) eine andere kulturweit-Freiwillige, die auch nach Ungarn geht, fragte, ob mein Zug fährt. Ich schaue total verwirrt bei der Bahn nach und entdecke, dass bis zum 15.9 kein Zug nach Ungarn fahren wird.
Alles klar. Durchatmen, sacken lassen und nach Alternativen suchen. Fliegen? Bus? Blablacar?
Meine Entscheidung fiel dann auf einen durchgehenden Bus von Mannheim nach Budapest, welcher knapp 16 Stunden brauchte und in dem, wie ich auf der Fahrt feststellte, alle nur Bulgarisch konnten. Doch von Budapest musste ich ja noch irgendwie nach Bóly kommen. Das ist auch noch eine ganz schöne Strecke. So kam es, dass ich circa 23,5 Stunden unterwegs gewesen bin, bis ich mein Zimmer im Kolpinghaus in Bóly betrat.
Ich hatte das Glück, dass meine Betreuerin mich ab Budapest begleitet hat und ich nicht den Weg alleine finden musste, sonst wäre ich bestimmt noch länger unterwegs gewesen.

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