Vannakam,
es weihnachtet schon sehr in Chennai und zwar auf die schrill-bunte Art. Dort, wo vor zwei Wochen noch Feuerwerkskörper und Diwalizubehör verkauft wurden, gibt es jetzt Weihnachtskitsch vom Feinsten: Quietschbunte Plastikkrippen, Weihnachtsgirlanden, die an der Reeperbahn ganzjährig als Körperschmuck dienen könnten und all den anderen Weihnachtsschmuck, den man auch aus westlichen Gefilden kennt. Nur halt alles aus Plastik. Natürlich darf auch der Polyethylenchristbaum in keinem Geschäft fehlen. Die Kirchen sind vor diesem bunten Schmuck ebenso wenig sicher und so werden Schnüre mit riesigen bunten Weihnachtssternen vom Kirchturm bis zum Boden gespannt. Halleluhja.
In meinem Büro wird es ebenfalls von Tag zu Tag weihnachtlicher. Zuerst stand da nur mein Adventskalender, den mir meinen Mama geschickt hat, auf dem Schreibtisch. Doch nur kurze Zeit später haben Melani (die neue Praktikantin) und ich schon Haken in die Wand gehämmert. Girlanden mit Schmuck behängt und ein kleines nadelbaumähnliches Etwas vor der Tür geschmückt. Leider hatten wir an diesem Punkt kaum noch Schmuck , weshalb das kleine Bäumchen im Garten des GI ein bisschen armselige in der Gegend rumsteht. Immerhin leuchtet es ab Sonnenuntergang im Takt der Autohupen. Seit dem Nikolaustag gibt es nun sogar in jedem Büro einen selbstgebastelten Adventskalender mit Bonbons.
Die vergangenen zwei Samstage habe ich mich mit den Sprachschülern des GI getroffen und deutsche Weihnachtslieder einstudiert. Besonderen Gefallen haben sie an Klingglöckchen Klingelingeling gefunden. Und auch ich habe noch Neues gelernt, zum Beispiel, dass Schneeflöckchen Weißröckchen tatsächlich vier Strophen hat (mir waren nur zwei bekannt) und dass von den deutschen Übersetzungen von Jingle Bells eine Version schmalziger ist als die andere. Ihr seht, ich bin in bester Weihnachtsstimmung, mehr noch als ich vermutlich in Deutschland wäre. Allein Plätzchen, Lebkuchen und Glühwein fehlen mir zu meinem Glück.
Vor einer Woche war der deutsche Regisseur Walter Steffen zu Besuch und hat im GI seinen Dokumentarfilm München in India vorgestellt. Darin geht es um einen deutschen Künstler, der in der Zeit des zweiten Weltkriegs indische Maharajas portraitiert hat. Im Januar läuft dieser Film in den deutschen Kinos an – lohnt sich auf alle Fälle reinzugehen! So genug die Werbetrommel gerüht. Auf was ich eigentlich hinaus wollte ist folgendes: Ich habe den Regisseur und seine Frau zu einem Ausflug nach Mamallapuram begleitet. Wir waren gerade auf dem Weg zu einem der Tempel als wir eine Gruppe indischer Schüler (200 an der Zahl) getroffen haben. Innerhalb weniger Sekunden wurde ich von einer Menschentraube aus Schülern umzingelt. Und dann ging es los: Jeder wollte mir die Hand schütteln (und das nicht nur einmal), jeder wollte wissen wie ich heiße und woher ich komme und manche haben sogar meinen Arm gestreichelt (vermutlich um zu testen, ob sich weiße Haut anders anfühlt). Nebenbei habe ich für einen der Lehrer in die Kamera gegrinst und Fotos von mir mit seinen zahllosen Kindern gemacht hat. Irgendwie habe ich es dann aber doch geschafft mich aus dem Menschenbad zu befreien. Natürlich nicht ohne der Hälfte der Kinder noch einmal die Hand zu schütteln und auf Wiedersehn zu sagen. Nach diesem Erlebnis kann ich definitiv behaupten: Ich war mitten in Indien.
So viel erstmal wieder von mir. Ich freue mich natürlich wieder riesig, wenn ihr für diesen Artikel abstimmt (und auch für die vorherigen, falls ihr das noch nicht gemacht habt).
Bald schon, bald melde ich mich wieder.
Parkalam, eure Anna

Liebe Anna, dann wünschen wird dir doch ein fröhliches Weihnachtsfest und alles Liebe für das Jahr 2013. Wir rutschen im Montafon ins neue Jahr und denken im Schnee an dich.
Silke