Diwali – Festtagsstimmung mit kriegsähnlichen Zuständen

Ich weiß, es hat ein wenig gedauert, aber dafür kriegt ihr jetzt wieder eine geballte Ladung Indieneindrücke von mir: Deshalb rufe ich euch allen ein fröhliches „Vannakam“ zu.

Die Zeit vergeht hier wie im Fluge. Zwei Wochen ist es schon wieder her, seit ich in Banaglore all die anderen Freiwilligen aus Indien und Bangladesh beim Zwischenseminar getroffen habe.

So idyllisch wars bei meinem Zwischenseminar

Wir hatten eine ziemlich entspannte Zeit in der „School of Ancient Wisdom“, einem spirituellen Zentrum etwas außerhalb von Bangalore. Dort haben wir die Ruhe und das viele Grün genossen und unsere bisherigen Erfahrungen ausgetauscht. Zwischendrin hatten wir dann noch eine Session mit dem selbsternannten Guru of Lachyoga. Wie nicht anders zu erwarten war das Ganze ziemlich lachhaft…

Prozessionswagen

Trommeln für die Götter

Zeitgleich zu dem Seminar wurde in Indien das Lichterfest Diwali gefeiert. Es handelt sich dabei um einen hinduistischen Feiertag, der irgendwie eine Mischung aus Weihnachten und Neujahr ist. Für einige die Hindus beginnt mit Diwali das neue Jahr. Die Straßen werden mit Lichterketten geschmückt, die Menschen kleiden sich neu ein, weshalb  der Goldpreis um Diwali auch beträchtlich steigt und immer wieder ziehen religiöse Prozessionen mit Trommelrhythmen durch die Stadt. Die Inder besuchen sich gegenseitig, bringen Nüsse und Süßigkeiten mit und wünschen sich „Happy Diwali“. Der ganz normale Feiertagswahnsinn also.

Wir hatten die Chance Diwali auf der Dachterrasse  in Bangalore zu feiern. Ganz traditonell haben wir Dias angezündet, das sind kleine Tonschälchen, in die ein Baumwolldocht und Sesamöl gefüllt werden. Eine ungerade Anzahl an angezündeten Dias soll übrigens Glück bringen.

Dass wir auf der Dachterrasee sitzen konnte, war unser Glück. Denn sobald die Dunkelheit über Bangalore eingebrochen war, hat das traditionelle Diwali Feuerwerk begonnen. Das Feuerwerk am Himmel war auch sehr schön und farbenreich, die Böller am Boden waren jedoch so explosiv, dass ich eher an kriegsähnliche Zustände als an ein friedliches Feuerwerk erinnert war. Immer

Und wenn das fünfte Kerzlein brennt…

wieder haben Böller die Stromleitungen getroffen und dadurch die Stromzufuhr unterbrochen. Irgendwo müssen die Massen an Böllern jedoch auch hin. Schließlich gab es an jeder Ecke Verkaufsstände, an denen die Feuerwerkskörper meterhoch in Form einer Pyramide aufgebahrt wurden.

Docht und Sesamöl in das Tonschälchen und fertig ist das Dia.

In der vergangenen Woche hatte ich in der Arbeit sehr viel zu tun. Zum einen gab es ein Weltpremierenkonzert bei der deutsche, schweizer und indische Musiker eine Fusion aus tamilischer Musik und Jazz gespielt haben. Andererseits hatten wir eine deutsche Kinderbuchautorin und Illustratorin, Nadia Budde, zu Gast, die verschiedene Workshops für Kinder und Studenten gegeben hat. Deshalb war ich ziemlich viel unterwegs.

 

Am Wochenende habe ich es gewagt zum Friseur zu gehen. Die meisten Inderinnen haben sehr lange Haare, weshalb ich ein wenig bedenken hatte, ob irgendjemand kurze Haare schneiden kann, insbesondere wenn man bedenkt, dass normalerweise  strikte Geschlechtertrennung beim Friseur herrscht. Männer haben einen Raum, Frauen einen anderen. Frauen werden von Frauen bedient, Männer von Männern. Bei mir haben sie da aber eine Ausnahme gemacht. Ich hatte tatsächlich einen Friseur.

Ich vermute jedoch, dass er zuvor als Heckentrimmer gearbeitet hat, zumindest hat er meine Haare mit dieser Schere zum Ausdünnen so bearbeitet als würde er eine Hecke kürzen. Mein Pony ist seitdem ein wenig licht. Aber alles noch im grünen Bereich. Bevor mein Friseur sich an die (Garten-)Arbeit gemacht hat, habe ich versucht zu erklären, was ich möchte. Konnte aber keiner so richtig verstehen, weshalb mir ein Katalog mit Schnittmustern gebracht wurde – einer dieser Kataloge in dem wahllos Bilder aus dem Internet aneinander gereiht werden. Leider gab es nur drei Bilder von Kurzhaarfrisuren  und eines davon war von Prinzession Di. Hochaktuell also. Nachdem dann aber noch der Männerkatalog zu rat gezogen wurde, konnten wir uns ungefähr darauf einigen, was gemacht werden sollte. Und ja das Ergebnis ist in Ordnung, ich hatte zwar schon durchdachtere Haarschnitte, aber zumindest wars günstig.

Ich hoffe ich konnte euch auch dieses Mal wieder mit ein paar kleinen Geschichten aus Indien unterhalten. Stimmt bitte auch für diesen Artikel fleißig ab. Tatta, eure Anna

Wickelkleid deluxe oder Als ich (fast) auf einer indische Hochzeit war

Eine Art Volkssport hier in Indien scheint das Ansprechen von hellhäutigen Menschen wie mir zu sein: Polizisten sprechen mich am Strand an und unterhalten sich mit mir über Musik aus den 80ern. Kleine Jungen fragen mich an der Bushaltestelle oder im Kaufhaus, ob ich ihnen nicht ein bisschen Geld aus meinem Land gebe (gibt’s natürlich nicht, aber fragen kostet nix). Und einmal wurde mir sogar schon angeboten mich auf einem Motorrad durch die Gegend kutschieren zu lassen.

Schürze an, Haarnetz auf und schon haben wir munter bei der Teigproduktion mitgemischt.

Eines der amüsantesten Erlebnisse war jedoch als ich am Wochenende mit zwei Freundinnen in einer Bäckerei einen Kaffee trinken war. Wir hatten uns gerade gesetzt und waren dabei unsere Croissants zu verspeisen, als plötzlich der Chefbäcker des Ladens an unseren Tisch kam und uns darum bat mit in die Backstube zu kommen. Dort wurde nämlich soeben ein neuer Teig angemischt. Und für die indische Bäckermannschaft gab es offenbar keine größere Ehre, als uns drei Ausländerinnen bei der Zubereitung dabeizuhaben. So kam es also, dass wir uns schon wenige Momente später Schürzen umbanden, Haarnetze aufsetzten und unsere Hände in Plastikhandschuhe steckten. Unsere Aufgabe war es jeweils eine Flasche Rum über einem Gemisch aus kandierten Früchten zu verteilen und das Ganze fröhlich zu vermischen. Natürlich wurden wir dabei fotografiert – wie sollte es auch anders sein. Aber schön, wenn man Menschen so einfach glücklich machen kann.

Vor einer Woche war ich auf einer indischen Hochzeit eingeladen, was sich als perfekte Möglichkeit zum Tragen meines blauen Seidensaris entpuppte. Für alle, die keine Vorstellung haben, was ein Sari ist, möchte ich das kurz erläutern: Es handelt sich um ein überdimensionales Stoffstück, das wie ein Wickelkleid über einem langen Unterrock und einer auf den Leib geschneiderten Bluse getragen wird. Kushboo, eine indische Bekannte, hat Veronika, Luisa und mir beim Ankleiden geholfen. Als Sari-Neuling ist das nämlich gar nicht so einfach. Erst muss ein Teil des Stoffs in den Unterrock gesteckt werden, dann wird der restliche Stoff sorgfältig in Falten gelegt und so um den Körper gewickelt, dass es danach ansprechend aussieht. Das Werk wird dann mit drei Sicherheitsnadeln fixiert – et voilà. Hübsch ist es auf alle Fälle, aber bis ich das Stoffmonstrum alleine anziehen kann, brauche ich noch etwas Übung.

Falten, falten und nochmals falten. Sarianziehen will geübt sein.

Die Hochzeit selbst war leider etwas ernüchternd. Zum einen war es eine südindische Hochzeit, d.h. es wird nur selten so ausgelassen getanzt wie man das aus den Bollywood-Filmen kennt. Eigentlich wurde gar nicht getanzt. Bei dem Hochzeitsempfang am Sonntagabend hat zwar eine Band gespielt, bewegen wollte sich dazu aber keiner. Nur das Brautpaar hat auf der Bühne gestanden und so lange gelächelt bis sie mit jedem Gast mindestens ein Foto gemacht haben. Die anderen Gäste haben währenddessen auf Plastikstühlen Platz genommen oder sich das südindische Abendessen einverleibt, wobei ich mir beim Essen eher wie bei einer Uni-Prüfung vorkam. Es gab zwar eine Tafel, an der wurde aber immer nur auf einer Seite Leute platziert. Wir haben also wie Hühnchen auf der Stange nebeneinander gesessen und brav die verschiedene Gerichte, die auf einem Bananenblatt serviert wurden, verspeißt. Währenddessen ist die Brautmutter um uns herumgewuselt und hat jedem freudig erzählt, dass wir aus Russland kämen. Und das, obwohl wir ihr erst wenige Minuten zuvor unsere eigentliche Herkunft verraten hatten. Nach knapp eineinhalb Stunden war der ganze Hokuspokus vorbei und wir wieder in unserem Hotelzimmer.

Und so sieht das dann aus, wenn der Sari fertig gewickelt ist.

Die eigentliche Hochzeit am Montagmorgen haben wir leider verpasst, weil Kushboo sich verspätet hatte. Die Hochzeit hätte um 7:30 Uhr begonnen, wir waren aber erst um 8:15 Uhr da. Deshalb gab es für uns nichts weiter zu sehen als das nun verheiratete Brautpaar, das – mal wieder – Fotos gemacht hat. Nachdem auch wir müde in die Kamera gelächelt haben, gab es südindisches und unnötig fettiges Frühstück. Wie schon am Vorabend wurden wir eifrig von einem Kameramann gefilmt wie wir mit unseren Händen Dosa, Iddly und andere Gerichte in unseren Mund verfrachteten. Das Licht, dass er zu diesem Zweck auf seiner Kamera geschraubt hat, hat uns dabei nur „minimal“ geblendet. Was dem Brautpaar nun von unserem Besuch bleibt? Fotos von Weißen im Sari, Fotos von Weißen in Salwar Kami und Filmmaterial von Weißen die südindisches Abendessen zu sich nehmen und am nächsten Tag verschlafen ihr südindisches Frühstück verspeisen. Wir wissen nun zwar leider immer noch nicht, was bei einer Hinduhochzeit genau passiert, aber eines ist in Indien ja glücklicherweise sicher: Die nächste Hochzeit kommt bestimmt.

 

P.S: Euch sind bestimmt schon die Abstimm-Buttons zu Beginn und Ende meiner Artikel aufgefallen. Tut mir doch den gefallen und stimmt für diesen Artikel und am allerbesten noch für alle anderen bisher erschienen Artikel ab. Mit etwas Glück wird mein Blog dann nämlich ausgezeichnet. Ich danke euch :). Bis bald.

Zur Werkzeugleiste springen