Busfahren – Der ganz normale Wahnsinn

Hallo,

hier bin ich wieder mit meinem neuesten Bericht aus Indien.

Um gleich mal da anzuschließen, wo ich das vergangene Mal aufgehört habe: Der Sim-Karten-Wahnsinn hat noch lange kein Ende genommen. Nachdem unsere Unterlagen endlich angenommen wurden, hat uns Vodafone eine seiner berüchtigten „Drei-Uhr-nachts-SMS“ geschickt und uns aufgefordert einen ID und Address-Proof vorbeizubringen. Daraufhin haben wir (so zur Abwechslung) einen Ausflug zum VF-Shop gemacht und die SMS dem „Mitarbeiter unseres Vertrauens“ gezeigt. Der meinte dann: „Don’t worry about this message. I am your proof.“ Joaaaah…was soll ich sagen…die VF-Zentrale wollte das auf alle Fälle nicht so sehen und hat uns, wieder einmal mitten in der Nacht, mitgeteilt, dass wir schleunigst unsere Nachweise vorbeibringen sollten, weil uns ansonsten die Karte gesperrt würde. Und so wars dann auch. Die Karte ist gesperrt, zumindest für alle ausgehenden Anrufe und SMS. Die vieltausenden Werbe-SMS (meist sogar auf Tamil) erreichen uns trotzdem weiterhin. Nun warten wir also auf die Mietbescheinigung unseres Vermieters und dann wollen wir doch mal sehen, ob VF uns dann gnädigerweise unsere Karte wieder entsperrt (das soll angeblich innerhalb von einer Stunde möglich sein – wobei, Zeit ist ja sehr dehnbar in Indien).

Natürlich erlebe ich aber auch sehr viele schöne Dinge in Indien, so zum Beispiel die grenzenlose Hilfsbereitschaft der Menschen. Diese ist besonders bei Busfahrten auch bitter nötig. Zwar gibt es Busfahrpläne im Internet, doch Abfahrtszeiten sucht man dort vergeblich. Außerdem gilt bei den angegebenen Haltestellen, ähnlich wie beim Lotto: Alle Angaben ohne Gewähr. So etwas wie Haltestellen gibt es auch nur in seltenen Fällen. Mit sehr viel Glück gibt es ein Busstop-Schild und mit noch mehr Glück gibt es sogar ein Bushäuschen auf dem die Busnummer stehen, die dort halten. Mit dem Glück ist es ja aber immer so eine Sache, deshalb hält man sich am besten an die Menschenmassen, die am Straßenrand stehen. Dort beginnt dann das Rumgefrage. Dabei ist vor allem wichtig das Stadtviertel zu kennen, in das man möchte, damit man erst mal in den richtigen Bus verfrachtet wird. Im Bus kauft man sich dann beim Kontrolleur eine Karte. Wie viel man für eine Fahrkarte zahlt, ist davon abhängig, wie weit man fährt und ob der Bus die Türen offen lässt (zur Rush-Hour hängen die Leute wirklich halb aus den Busses), die Türen schließt oder sogar eine Klimaanlage hat. Alles in allem sind es aber meist nur Cent-Beträge. Im Bus gibt es übrigens, ebenso wie in der MRTS (einer Art S-Bahn) eine strikte Trennung zwischen Plätzen für Männern und Frauen und selbst wenn man stehen muss, macht man das auf der Männer- bzw. Frauenseite.

Sobald man dann im richtigen Bus ist, sucht man sich am besten jemanden, der einem sagen kann, wann man aussteigen muss. Meist diskutieren dann alle Fahrgäste teils auf Englisch, teils auf Tamil miteinander, wo wir am besten aussteigen sollten, um möglichst nah zu unserem Zielort zu kommen. Ganz oft gibt es auch jemanden, der an der selben Haltestelle aussteigt und einem Bescheid gibt, wenn die „Haltestelle“ gekommen ist. Für den ungeschulten Blick ist es nämlich, gerade nachts, unmöglich zu erkennen, wo man sich befindet. Falls es keinen Anschlussbus gibt, geben die Passanten auch gerne Auskunft darüber, wie viel man für eine Rikscha maximal zahlen sollte. Das rundum Wohlfühlpaket also, bei dem man nebenbei noch gut ins Gespräch kommt, weil die Leute immer daran interessiert sind, wo wir herkommen, was wir in Chennai machen und wie lange wir bleiben. Das mag wohl auch daran liegen, dass es kaum Ausländer in Chennai gibt. Weiße sind eher die Ausnahme auf den Straßen, wenn man einmal von den wenigen touristisch interessanten Plätzen hier absieht.

Seit kurzem lernen Luisa und ich jetzt auch Tamil, die Regionalsprache hier im indischen Bundesstaat Tamil Nadu. Tamil wird übrigens auch in Singapur als Amtssprache gesprochen. Das erklärt vielleicht auch das interessante Englisch dort…zumindest zu einem gewissen Teil. Wir haben einen sehr netten Lehrer, der hier am Goethe Institut Deutsch unterrichtet und uns gerade einen Grundlagenwortschatz für den Alltag beibringt. Ganz einfach ist Tamil natürlich nicht. Aber immerhin können wir jetzt – zumindest theoretisch- uns vorstellen, nach dem Weg fragen und Essen bestellen. Mein mühsam erarbeitetes spanisches „R“ kommt mir dabei aber zu Hilfe, weil man das wirklich häufig braucht. Die schöne Schnörkelschrift können wir bisher noch nicht, aber damit fangen wir bald an. Wobei natürlich die Frage ist, wie viele der über 200 Zeichen ich mir überhaupt merken kann.

 

Das war‘s für heute aus dem Land der Gewürze, aber ich melde mich bald wieder.

One response to “Busfahren – Der ganz normale Wahnsinn

  1. opa gerd+ oma ilse

    wir haben deinen blog gelesen und sind sehr an weiteren Nachrichten interessiert.oma+ opa

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