Begriffsklärung: Der von Ihnen gesuchte Begriff ist mehrdeutig. Meinten Sie
- das Kinderlied „Backe backe Kuchen“, welches u.a. gerade von Clara und den Schülern für die Deutschwoche einstudiert wird, zusammen mit anderen Liedern
oder
- das wohl erstmalige Ereignis des Kuchenbackens in einer chinesischen Mensa – deutscher Zitronenkuchen mit chinesischen Zutaten und Gerätschaften
Na gut, ich weiß ja aus eigener Erfahrung: Entscheidungen sind nur etwas für Menschen mit viel Zeit. Da wir die alle diese Tage nicht mehr haben, nehme ich euch diesmal die Wahl ab, und lasse diesen Artikel DOCH von beiden Themen handeln. Irgendwie haben sie ja doch miteinander zu tun!
Kurz noch zum Wochenende: Ich bin diesmal mit Nordan (dem Französischlehrer) nach Guangzhou gefahren und wir mussten ein anderes Hostel nehmen – das ich unglaublich heimelig fand, weil alles so einen IKEA-Familienflair hatte. Wir hatten ganz kurzfristig eine schon länger ausstehende Einladung zum Essen von einer Schülermutter angenommen, und Ralf und seine Freundin sowie ein Österreicher mit seiner kroatischen Frau und deren Zwillingen waren auch dabei. Der Schüler hat einen deutschen Vater und spricht dementsprechend auch hervorragend Deutsch. Das Essen war eine Wucht: Pilzsuppe, Steak (! jawohl!), gebratener Reis mit Gemüse, kleiner Fisch, großer Fisch, Scampis, Gemüse in Salzsauce, Sashimi, Wassermelonen und Sternfrüchte und eine sehr leckere Süßspeise aus Reisteig und Mohn.
Nach dem Essen waren wir noch in der Ping Pong Bar und haben dort ein paar Freunde von Nordan getroffen; vertretene Nationalitäten waren Belgien, UK (Manchester), Spanien, Bulgarien, Ukraine, China, Deutschland, Frankreich…
Am nächsten Morgen gab es zum ersten Mal ein chinesisches Frühstück für mich (Aubergine, meine Wahl) und wir kauften bei einem Uiguren eine Art Fladenbrot, nur flacher und härter. Außerdem probierte ich den sehr gesund schmeckenden Saft des Zuckerrohrs.
Dann musste ich auch schon los, denn es war wieder Zeit für den Deutschunterricht. Diesmal war es die Anfängerklasse und Alex und ich gaben ihn zusammen. Es ging um deutsche Adressen (wie schreibe ich einen Brief?) und wir brachten ihnen „Stadt, Land, Fluss“ mit den Kriterien „Land“, „Stadt“, „Beruf“ und „Name“ bei.
Montag dann hieß es früh aufstehen für mich, weil ich ja den chinesischen Lehrern in unserem Lehrerzimmer zeigen wollte, wie ein echter Kuchen schmeckt!
Meine Eltern hatten mir netterweise Uromas Rezept für den ganz schnellen Zitronenkuchen mitgebracht, und die Zutaten hatte ich nach langem Hin und Her auch alle gefunden (Puderzucker musste ich mir bei Taobao, dem chinesischen Ebay bestellen und schicken lassen). Mit der Mensa hatten wir im Vorfeld gesprochen, und diese hatte mir erlaubt, dort meinen Kuchenteig anzurühren, ihn in eins ihrer immensen Backbleche zu füllen, und dann 20 min. zu warten, bis der Kuchen aus dem Ofen kam.
Ich hatte Glück, dass es überhaupt einen Ofen gab, denn das ist hier gar nicht so üblich.
Meine liebe Gu Yihan half mir, wo sie nur konnte, – sie erklärte den neugierigen Köchen, was ich da so machte, veranlasste, dass meine Butter geschmolzen wurde, trieb für mich eine Raspel für die Zitronenschale auf, und unterstützte mich auch noch beim Rühren und Saubermachen. Einen Schneebesen gab es nicht, deswegen vermengten wir den Teig nur mit Stäbchen! Aber die sind ja echte Allround-Talente. Die können sogar Kronkorken aufmachen. Doch das ist eine andere Geschichte.
Es klappte alles gut, obwohl die Butter ganz anders roch, ich keinen Vanillezucker hatte, und das Weizenmehl irgendwie eine etwas andere Konsistenz hatte, als ich das gewohnt war. Wir hatten einen Heidenspaß! Als wir das Blech zur Hälfte ungefähr gefüllt hatten, brachten wir es zur Durchreiche und gaben an, wie lange es bei wieviel Grad backen sollte. Währenddessen spülten wir die Utensilien notdürftig ab, rührten schon einmal den Zuckerguss an und fischten die Zitronenkerne daraus.
Als der Kuchen fertig war, nach 20 Minuten, meinte der Koch sogar, wie gut der denn rieche, was da alles drin sei. Wir schütteten den Zuckerguss über den warmen Kuchen und trugen das Blech vorsichtig ins Lehrerzimmer. Das war aber ein Hallo!
Auf der Lehrerzimmertür stand in großen Lettern 生日快乐, und ich konnte das Blech kaum abstellen, da wurde ich schon von Leti überrannt, umarmt.
Mein Platz war von den Lehrern mit Luftballons geschmückt, und auf der Wand dahinter stand in vier Sprachen „Alles Gute zum Geburtstag“ (auf Spanisch, Englisch, Japanisch und Französisch). Der Schrank war mit neonfarbenen Blättern überklebt, auf denen stand „Happy Birthday“ und „Clara“ und „19“.
Auf meinem Schreibtisch wartete schon ein Brief und ein Teddybär von Gu Yihan. Alle waren total lieb und gaben sich große Mühe, mir einen schönen Tag zu machen.
Deshalb wollte ich sie auch alle zum japanischen Abendessen nach Jinzhou einladen. Es kamen Leah, ihr peruanischer Freund Kledy (ihr erinnert euch vielleicht), Nordan, Chika, Leti, Alex, der chinesische Französischlehrer, und sogar Franzi und Alex, extra aus Guangzhou angereist! Sie beschämten mich auch noch mit Geschenken, und davon nicht genug, sogar ihre Mentoren hatten ihnen etwas für mich mitgegeben!
Es war ein schöner Abend, wir haben geschlemmt, geschmaust und getrunken, und das alles ohne Schuhe. (Wir saßen in diesen extra Räumen, in denen man knien sollte. Wir hatten aber zum Glück eine abgelassene Fläche unter dem Tisch auf dem Boden.)
Doch als ich dann bezahlen wollte, ließ man mich einfach nicht! ICH wurde eingeladen!
Danach gingen Leti, Leah, Kledy und ich noch Banana Split essen – das hätte ich mal lieber lassen sollen, weil ich ja weiß, wie es eigentlich schmecken sollte – aber es war trotzdem sehr nett. Und ich wurde auf Spanisch beschallt. So sehr, dass ich zum Schluss sogar ein paar Sätzelein versuchte. Und es dann lieber schnell wieder ließ 🙂
Wieder in „meinen“ vier Wänden angekommen, nahm ich noch einige Anrufe entgegen und las so viel liebe Geburtstagspost von euch! Danke!
Das alles hat es mir leichter gemacht, meinen Geburtstag fernab der Heimat zu feiern.
Aber auch der ist jetzt schon wieder vorbei, und ich konzentriere mich jetzt voll und ganz auf die Deutschwoche, die im Dezember stattfinden wird. Dafür habe ich unter anderem eine Powerpoint-Präsentation entworfen mit vielen deutschen Liedern – nicht nur Volkslieder wie „Backe backe Kuchen“, sondern auch moderne Stücke, und auch die Comedian Harmonists sind vertreten. Momentan studiere ich mit den Kindern aber „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“ ein. Sie haben viel Spaß an dem „Klipp klapp“ und haben toll mitgesungen!
Der Kuchen war übrigens ein ziemlicher Erfolg, und, obwohl er nicht genauso geschmeckt hat wie zu Hause, war ich von dem Ergebnis doch positiv überrascht.
Es ist kein Krümel mehr da, und das Blech ist schon wieder in der Mensa.
Heute saß ich allerdings an einem Vortrag über deutsche Festtage und ihre Bräuche. Natürlich dürfen Ostern, Weihnachten und Silvester nicht fehlen, aber was ist noch unbedingt wichtig? Man muss sich ja aufs Wesentliche beschränken.
Außerdem habe ich heute zum allerersten Mal in der „Music and Dance Hall“ Klavier spielen dürfen!! Das hat mich echt gefreut, und ich habe es sehr genossen.