2012!
Frohes neues Jahr allen lieben Lesern noch einmal.
Ich hoffe, ihr hattet einen ebenso schönen Jahreswechsel wie ich…?
Aber ich vermute mal, keiner war so weit südlich.
Bei der lieben Nuri in Shenzhen habe ich 2011 ausklingen lassen und 2012 begonnen.
Meine Reise fing am 31. Dezember 2011 nach einem halben Arbeitstag an. Ich hätte eigentlich einen ganzen gehabt, am letzten Tag des Jahres, aber Gu Yihan warnte mich beim Mittagessen vor dem heftigen Verkehrsaufkommen, das wegen der Menschen entstehen würde, die alle in ihre drei Ferientage starten wollten.
Also organisierte ich in Windeseile einen Shuttle von der Wohnung einer befreundeten Lehrerin (Leah), der mich zur Fernbusstation bringen würde, und wurde tatsächlich auch von einem klapprigen, in die Jahre gekommen kleinen Bus abgeholt. Dieser stoppte noch ein paarmal für andere Mitfahrende, sodass wir äußerst knapp vor Abfahrt des Reisebusses an der Station ankamen. Schnell kaufte ich mein Ticket nach Shenzhen, ließ meinen Rucksack durchleuchten, mein Ticket abstempeln, stieg in den Bus – und er fuhr los! Schon bald standen wir im ersten Stau – also hatte Yihan Recht mit ihrer Vorsicht. Dafür konnte ich ausgiebig die Aussicht auf den Hafen von Nansha und das weite Meer, das offenbar sehr nah bei mir schon beginnt, genießen!
Dann nickte ich ein, und wachte erst wieder auf, als wir den ersten Zollposten Shenzhens erreichten. Shenzhen ist ja eine Sonderwirtschaftszone, also eine Zone, in der andere Steuern erhoben werden als normal, und deswegen sehr beliebt zum Shoppen.
Dass 深圳 eine Sonderwirtschaftszone ist, liegt wiederum an der Nachbarschaft zu Hong Kong.
Der Verkehr wurde immer zähflüssiger, und für den letzten Teil der Reise, also die letzten 15km brauchten wir 45min. Ich freute mich nichtsdestotrotz schon riesig auf Nuri, und deswegen ärgerte ich mich nicht zu sehr. Irgendwann kam ich dann am Hauptbahnhof Shenzhens an, und suchte die Metro. Man musste nämlich echt aufpassen, nicht aus Versehen nach Hong Kong zu laufen – ihr wisst ja, hin geht es sozusagen problemlos, nur – ich würde nicht mehr zurück in die Volksrepublik kommen 😀
Nein, ganz so leicht ist es nicht über die Grenze nach Hong Kong zu kommen, aber…… ihr wisst doch, was ich meine! =D
Dank Nuris guter Beschreibung war ich dann nach einmal Umsteigen an ihrer U-Bahnhaltestelle und da wartete sie auch schon auf mich!!! =)
Es war so schön, sie wiederzusehen, dabei hatten wir uns ja gerade erst letztes Wochenende bei Franzi getroffen – das kam einem schon wieder wie eine halbe Ewigkeit vor! Erst einmal gingen wir etwas essen.
Nicht das letzte Mal in diesen Tagen, das kann ich euch sagen.
Sie zeigte mir einen unwahrscheinlich köstlichen Japaner, und es gab Sushi vom Feinsten. Zuletzt bestellte sie noch Schokoladen-Daifuku, das waren Reisbällchen mit Schokomousse gefüllt…. klingt wie der Gourmet-Himmel? War es auch!!
Wir fühlten uns wohl wie im Schlaraffenland.
Dann zeigte sie mir ihren Obstmann, der ihr immer ihre Pomelos verkaufte…
Und schon waren wir auf ihrem Nachhauseweg. Auch Nuri wohnt in ihrer Schule, der Shenzhen Middle School. Zusammen mit ihrer weißhaarigen Mitbewohnerin, die mal Deutsch, mal Englisch spricht und aus Cuxhaven kommt.
Die verbleibende Zeit bis Mitternacht verging wie im Fluge beim Reden, Lachen, und Zuhören. Dann war es so weit. Doch es schien, als ob die Welt eine Nacht wie jede andere erlebte. Da! Plötzlich sahen wir auf einer Häuserfassade den Wiederschein eines Feuerwerks, und es klang auch so!
Jetzt waren wir nicht mehr zu halten. Wir stürmten die Treppen hinunter, banden uns ungefähr im Laufen die Schuhe, und starrten in den Himmel.
Doch es war schon vorbei. Hatten wir es uns nur eingebildet?
Die nächste Überraschung jedoch wartete schon auf uns. Auf dem Schulhof hatten sich Unmengen von Schülerinnen und Schülern getroffen, die sich gerade alle in die Arme fielen, um sich ein Frohes Neues zu wünschen. Das heißt auf Chinesisch 新年快乐! und wird „xin nian kuai le!“ ausgesprochen.
Nuri und ich staunten. So eine geringe Bedeutung hat die Umstellung von 2011 auf 2012 also doch nicht….
Nach einer Weile des dämlich breit Grinsens unsererseits beschlossen wir, die Gegend zu erkunden, und zu sehen, ob es nicht vielleicht doch noch irgendwo so etwas wie ein Feuerwerk gab. Dann rief meine liebe Familie an, die mittlerweile sogar 8 Stunden von mir getrennt ihren Urlaub genießt, und freute sich mit mir, dass ich schon im neuen Jahr war – und sie noch längst nicht.
Die Hoffnung mit dem Feuerwerk wurde allerdings bald zerstreut, aber dafür fanden wir die Spieße-Männer!
Also, da ich finde, dass dieser hervorragende Snack bisher noch viel zu kurz gekommen ist, hier eine kurze Lobhymne: Bei dieser banalen Köstlichkeit handelt es sich um Spieße, die gespickt mit Pilzen, Auberginen, Kartoffeln, Lauch, Bohnen, oder Fleisch einfach über offenem Feuer gegrillt werden und je nach Geschmack auch mit scharfer Soße bestrichen werden. Wenn man Glück hat, werden sie an jeder Ecke verkauft, vor allem des Nachts (Shanghai und Hangzhou), wenn man Pech hat, wird dieser Genuss einfach in den Kochtopf geworfen und so völlig zweckentfremdet (Guangdong Provinz). Tja. In jener Nacht hatten wir Glück!! Und schlugen noch einmal ordentlich zu, obwohl wir keinen Hunger hatten 😀 Hehe, es sollte nicht das letzte Mal sein.
Wir streunten noch ein wenig umher, Nuri zeigte mir ihre Gegend, und es war was los auf den Straßen, sag ich euch!! Wir trafen eine Art Inline-Skater-Gruppe, so etwas wie die Blade Night, falls euch das etwas sagt…. Und alle schienen sich über 2012 zu freuen.
Dann kehrten wir wieder zu Nuri zurück, aber gingen wegen der unfreiwillig komischen Heroes-Serie erst um halb 5 zu Bett.
Aber wir konnten ja ausschlafen!! Und das taten wir auch. Beim Aufwachen freuten wir uns noch einmal und wünschten uns zum zehnten Mal Froh Neujahr – dann gingen wir endlich wieder was essen. Doch wir verloren nicht viel Zeit, denn auf Nuris Schulgelände fand an diesem Tag eine Art Flohmarkt statt; die Schülerinnen und Schüler hatten Stände aufgebaut und verkauften CDs, T-Shirts, Tassen, Schmuck, Postkarten und Traditionelles – größtenteils selbst gemacht, bedruckt oder gemalt! Bezahlt wurde mit Coupons, die man vorher gegen Geld eintauschte. Der Markt war schon in vollem Gange, als wir losgingen, also beeilten wir uns, wieder zurückzukommen. Vor den Toren der Schule profitierten auch einige fahrenden Händler von den Menschenmassen, und so konnten Nuri und ich einer Art Waffelbrot in Bienenwabenform nicht wiederstehen. Bei genauerem Durchstöbern des Angebots der Shenzhen Zhongxue fanden wir noch Spielstationen, Bananenmilch, einen Umweltschutzstand (!), mehrere Zuckerwatten- und sonstige Essensstände und Informationen für englische Sprachdiplome. Die Schüler konnten alle! ziemlich gut Englisch, und waren sehr offen und kontaktfreudig. Es war auch eine Bühne vor Ort, auf der mehrere Bands und andere Darbieter auftraten. – Das Wetter meinte es äußerst gut mit uns, es war richtig heiß! Also beschlossen wir nach einigen Einkäufen (ich erstand zwei CDs von dem japanischen Soundtrackgenie Joe Hisaishi) unsere Jacken wieder zu Nuri zurückzubringen. Dort blieben wir dann auch wieder ne Weile. Und redeten und redeten. Dann zogen wir aber noch einmal los, in die Dunkelheit. Nuri zeigte mir ihren Lieblingspark in der Nachbarschaft, den Park der Menschen, 人民公园, ren min gong yuan. Wir sahen drei Gruppen und einen Lehrer beim Standardtanz – ein Bild für sich, Chinesen beim Rumbatanzen:) -, trafen einen Mann, der sang, und wir fanden neue Wege am Bachufer entlang. Fernab vom Laternenschein traf man so einige Pärchen, denen der idyllische Park wohl auch so gut gefiel wie mir. Er strahlte viel Ruhe aus…
Wo kam diese Müdigkeit her?? Wir schliefen bis um 14h! Dann packte ich meine Sachen, und nach unserem Frühstück/(Nach-)Mittagessen bei „Grandma Curry“ wollte ich eigentlich wieder nach Hause fahren. Jedoch befanden wir es für schöner, wenn ich noch eine Nacht bliebe. Gesagt, getan! Wir kämpften uns zurück durch die völlig überfüllte Einkaufsstraße, an der Nuri wohnt, um meinen Rucksack wieder zurück zu ihr zu bringen. Jedoch blieben wir erst bei dem Japaner hängen, weil wir den göttlichen Daifuku wieder nicht widerstehen konnten (diesmal in allen Geschmacksrichtungen Sahne, Grüner Tee und der einzigartige Schokolade). Dann zeigte mir Nuri noch den anderen Teil ihres Viertels, wir kauften Briefmarken und suchten vergeblich nach den Spieße-Männern.
Deshalb wurden wir erneut bei unserem Stammrestaurant vorstellig und suchten uns Sushi für unser späteres Abendessen aus. – Liebe Leute, ja, wir haben geschlemmt!
Nur mit dem Wasabi mussten wir mal wieder aufpassen – dieselbe Schärfe wie auf Chikas Geburtstag. Es war köstlich!
Nur mit Wecker standen wir diesmal ein wenig früher auf, gingen zur japanischen Kette Ajisen Ramen, und dann begleitete mich die liebe Nuri zum Bahnhof. Dort war ich ja mal gespannt, war ich doch noch nie mit dem Bus auch wieder zurück nach Nansha gefahren. Nuri kam gleich mal mit, weil sie ja in Zukunft vielleicht auch mal den Katzensprung wagt:) Wir fanden die Parkplätze für all die Fernbusse, mannomann, waren das viele! Ich ließ meinen Rucksack durchleuchten und suchte dann nach den Schriftzeichen 南沙 = Nansha, das Viertel von Guangzhou, in dem meine Schule liegt. Nach nur kurzer Zeit wurden wir fündig. Ich entlohnte den Busfahrer mit meinem Fahrpreis, drückte Nuri noch einmal ganz fest, und dann schlossen sich auch schon die Türen! Heimwärts gings!
Wir kamen besser voran als auf dem Hinweg, glaube ich jedenfalls, denn – ey, keine Ahnung warum, aber ich döste schon wieder ein. Ich wachte auf der Brücke wieder auf, von der man auf das riesige Meer von Nanshas Hafen und seine Containerschiffe blickt. Jetzt waren wir fast da!
An der Fernbusstation Nansha wartete ich erst einmal orientierungslos wie die meisten anderen Fahrgäste, worauf, wusste ich selber nicht genau. Denn den Shuttle sah ich nirgendwo. Doch gerade da bog er um die Ecke und sammelte doppelt so viele Leute ein, wie für die Klapperkiste gesund gewesen wäre. Ich kam als Letzte hinzu, doch ein netter Mann machte mir einen Sitz frei und setzte sich selber auf die Armlehne zwischen Fahrer und Beifahrer, das muss man sich mal vorstellen! Dann machte ich den Versuch, den Fahrer zu bitten, mich zu meiner Schule zu fahren. Ich bekam zwar keine Antwort, war mir aber sicher, dass er mich verstanden hatte. Und tatsächlich! Mittlerweile waren wir nur noch zu dritt in dem Bus, da sah ich das unverkennbare „Backstein“gebäude auftauchen. Er fuhr mich bis zur Straße, die zum Haupttor führte, und ich war wieder da!
Heute am 4. Januar war auch wieder der erste Schultag.
Die armen Kids haben ja jetzt den ganzen Tag lang Prüfungen bis zum Ende der Woche, und die armen Lehrer müssen ja auch die ganze Zeit Aufsicht machen, und, danach, korrigieren. Dementsprechend ist das Lehrerzimmer im Moment eher unbelebt.
Heute Mittag hat uns der Schulleiter zu einem Essen eingeladen. Wir waren in einem separaten Raum und speisten fürstlich. Es gab Fisch und Huhn, eine exzellente Hühnersuppe, die nach Zuhause schmeckte… und natürlich Gemüse.
Alle Fremdsprachenlehrer bekamen einen 红包 = hong bao = roter Umschlag, eine chinesische Neujahrstradition. In dem roten Umschlag befindet sich Geld. Außerdem wurde jeder von uns mit einem großen Nuss-/Kerne-Sortiment beschenkt.
Es war eine nette Runde!
…Und jetzt werde ich mich mal an meine Vorsätze machen,
1) weiter Chinesisch lernen
2) Frühlingsfestreisepläne schmieden
3) früher schlafen gehen! 🙂
Euch das Beste zum Jahresbeginn, ich freu mich, es mit euch zu beginnen!