Alles nur geträumt?

dahoam is dahoam…

Liebe Leute!

Jawoll, ich bin gut gelandet, gut angekommen, wurde liebevoll begrüßt und vom Flughafen abgeholt, und bemühe mich jetzt wieder in den Alltag zu kommen!
Das ist auch gar nicht so schwer. Nur an kleinen Dingen, die anders sind, (Schnee. Eis. Die Kälte, die einen in die Wangen zwickt. Heißgeheizte Wohnungen. Barfuß laufen im Haus ist wieder möglich ohne Kälteschmerzen. Es zieht nicht; wenn die Tür zu ist, ist sie auch zu. W-Lan, warmes Wasser satt, auch bei der Waschmaschine. Ich bin sofort satt, auch wenn ich nicht viel gegessen habe. Käse, Kohlensäure und Kaffee ist irgendwie noch merkwürdig. Die Menschen sind so ruhig und langsam. Im Supermarkt ist alles klinisch sauber und das Fleisch muss beschriftet werden, damit man erkennt, was es ist. Und wenn die Ampel rot ist, muss man tatsächlich stehen bleiben!) – daran merkt man, wie lange man eigentlich weg war.
Und an der wilden Freude, mit der ich immer noch begrüßt werde, wenn ich nach Hause komme. Den langen Umarmungen. Dem riesigen Schokoladenkuchen zur Ankunft.
Aber ansonsten kommt es mir vor, als sei es erst gestern gewesen…. Und das halbe Jahr in China wirkt wie ein nebliges Parallelleben.

Übermorgen (Donnerstag) geht es noch einmal für fünf Tage nach Berlin und an den Werbellinsee zum Nachbereitungsseminar, von dem ich mich dann wieder melde!

Ansonsten möchte ich mich schon einmal bei euch allen, meiner fleißigen Leserschaft bedanken, danke, für euer Interesse und eure vielen Kommentare, danke, dass ihr euch durch meine Schachtelsätze und chronologischen Aufzeichnungen gewühlt habt, auch, wenn ihr nur mal vorbei geschaut habt – das bedeutet mir schon sehr viel!, danke, dass ihr auch den zehnten Artikel übers köstliche chinesische Essen noch ertragen habt und ich kein Murren vernehmen konnte, und danke, weil ihr mir dadurch sehr nah wart und ich das Gefühl hatte, mit euch China zu entdecken.

Bis bald!

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Alle Zeichen stehen auf Abschied

Zum letzten Mal: Alles clärchen in China

[Anmerkung der Autorin:] Bitte versucht NICHT, jedes „letztes Mal“ in diesem Artikel zu zählen.

 

Es ist langsam wirklich nicht mehr zu leugnen: Meine Zeit hier geht zu Ende!

Indiz Nr. 1) Abschiedsessen mit allen Fremdsprachenlehrern in 金州
Nach dem Fremdsprachenlehrermeeting am Donnerstag erfuhr ich über mehrere Umwege, dass abends noch ein großes Abendessen in Jinzhou geplant war. Von Xiao Yang konnte ich erraten, dass dieses hauptsächlich wegen mir stattfand, weil ich nicht mehr lange an der Schule sein würde. Mit einem Bus der Schule fuhren wir dorthin, und ehrlich – wer hätte gedacht, dass die Endhaltestelle der Metrolinie 4, das Ende der Zivilisation, südlichster Zipfel von der Infrastruktur Guangzhous, so ein Juwel bereithalten würde? Auf Chinesisch sagt man dazu 龙头, long tou = Drachenkopf. Im übertragenden Sinne ist das: Die Crème de la Crème, das Beste vom Besten.
Seht selbst.

Auch die Gerichte waren Gedichte.
Noch während des Essens führte ich mein Rezeptbuch fort, das versucht zu statuieren, wie man sowas nachkochen könnte. Allerdings muss ich mich dabei allein auf meinen Geschmackssinn verlassen und auf meine Brocken Chinesisch, um bei Nachfragen zu verstehen, was da noch diese Geheimzutat sein könnte…
– Es stellte sich dann heraus, dass ich Xiao Yang nicht nur richtig verstanden hatte, sondern auch Xiao Yang richtig verstanden hatte: Wir waren wegen mir hier.
Und so musste ich alle Ehrengast-Pflichten erledigen: Ich saß gegenüber der Tür, ich musste das Essen beginnen, also, als erste probieren, und, auch alles probieren. Vor allem die Spezialitäten. Naja, und ihr wisst… Spezialitäten sind nicht nur besonders, sondern sind auch noch in Zubereitung, Form, Farbe, Textur speziell.

Indiz Nr. 2) Terminus Abschiedswochenende in 广州
Am Freitag fuhr ich zum letzten Mal zu Franzis Wohnung an der Sun Yat-sen-Universität. Nuri kam am Samstag nach, und abends war die große Abschiedsparty, die mit einem sehr spaßigen und langen Karaoke-Abend eingeleitet wurde. Karaoke heißt hier KTV, in unserem Fall handelte es sich um sehr edle Hallen mit dem Namen Gold Mine (金矿= jin kuang). Auch das Buffet war hervorragend.
Alle waren gekommen: Irene (Alex‘ Mentorin), Ilona (meine Mentorin), Leti (die Spanischlehrerin), Adriana (die neue chinesische Spanischlehrerin), Nordan (der Französischlehrer), Alex (der chinesische Französischlehrer), Ralf mit seiner Freundin Tracy, Xiao Yang (die chinesische Japanischlehrerin) mit ihrem frisch angetrauten Ehemann, Chika (die Japanischlehrerin), sogar Connie, auch eine Lehrerin, die ich erst zweimal getroffen, aber sehr schätzen gelernt habe, und natürlich Franzi, Alex und Nuri.
Später stießen noch Leah (AP-Lehrerin) und ihr Freund Kledy dazu, sowie noch ein Freund von ihnen, den ich auch zu Beginn meines Aufenthaltes kennengelernt hatte.
Wir sangen uns von halb 7 bis um halb 11 durchs nicht erschließbare Repertoire von chinesischen und 外国唱歌 = wai guo chang ge (ausländische Lieder). Darunter fielen nicht nur die verbotene Lady Gaga, Beatles, Shakira und David Guetta, sondern auch koreanische, spanische, japanische und taiwanesische Lieder. Und wir haben nicht alle durchforstet. Und so kamen wir in den Genuss von anspruchsvollen kantonesischen Liedern, unangefochtene Queen war dabei Irene, von gefühlvollen chinesischen Balladen, zu erwähnen Xiao Yang und ihr Mann oder Ilona und Alex, und die von der Lautstärke am gewaltigsten Lieder von der europäischen Truppe. Es wurde nicht langweilig!
Danach zogen wir weiter in die Bar „wunderbar“ – einem bayerischen Restaurant, von dessen Existenz ich nichts geahnt hatte. Man hätte ordentliches Bier, Brezn, Schweinshaxe und noch mehr bestellen können! Natürlich mit einem kleinen Aufpreis.
Gleich nebenan befand sich der grandiose Club „Cat Walk“.

Doch Sonntag, nach dem wieder umwerfenden Essen beim Araber, meinem Stammlokal ;), hieß es tatsächlich auch schon für lange Zeit Abschied nehmen von meiner lieben Nuri…
Und das war bitter schwer!

Indiz Nr. 3) To-Do-Listen werden erstellt
Was unbedingt noch dran ist.
KTV ist abgehakt.
Genauso wie der Canton Tower, der Fernsehturm der Stadt, der höchste der Welt.


Fehlt nur noch chinesisches Kino. Das wird am Donnerstag in Angriff genommen.

Indiz Nr. 4) Clara ist eine Geschenkesammelstelle
Ich weiß nicht, woher der Irrglaube kommt, ich könne alles mitnehmen, was ich wolle, und mein Koffer unterläge keiner Gewichtskontrolle.
Allen Protesten zutrotze kommen inzwischen jeden Tag mindestens zwei Chinesinnen und wollen mir etwas zum Abschied schenken. Oder sie murmeln im Vorbeigehen, ob ich denn wirklich übermorgen losfahren würde. Und wie schnell doch die Zeit vergehe.
Es ist total lieb, aber schwierig, alles unterzubekommen.
Vielleicht zeigt irgendein unsichtbarer Pfeil auf mich, den ich nur noch nicht lokalisiert habe?

Indiz Nr. 5) Es regnet -> Wenn wichtige Menschen auf die Straße gehen
sagt ein chinesisches Sprichwort. Nun gut – aber kann ich nicht auch einfach trockenen Fußes wieder heimwärts tuckern? Ist doch so schon so traurig genug, da muss der Himmel nicht auch noch weinen!

apropos:
Indiz Nr. 6) Die steigende Frequenz von Tränenattacken
Xiao Yang ist plötzlich in Tränen ausgebrochen, letzten Freitag, und immer, wenn sie mich mal wieder gedankenverloren ansieht, schwimmen ihre Augen in Tränen.
Aber schlimmer noch ist es mit Ilona.
Sie ist wirklich tieftraurig, will nicht, dass ich gehe, meint, sie komme ohne mich nicht klar.

Indiz Nr. 7) Mein Koffer ist fertig gepackt
Ich weiß, das ist ein Schock. Für alle von euch. Für mich auch.
Clara, die notorische Zu-Späterin?
Tja. Ich dachte mir, dann kann ich meine letzte Zeit noch besser nutzen, wenn diese Aufgabe schon erledigt ist. Außerdem muss ich noch mein letztes Handgepäck zusammensuchen, also, keine Sorge, ich bin nicht völlig fertig.

Trotzdem: Übermorgen verlasse ich diese Schule, und überübermorgen dieses Land!

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Like Summer*

Das neue Semester beginnt.

你回来了吗?
Ni hui lai le ma?
Bist du zurückgekommen? = Da bist du ja wieder!

你去了那个地方?
Ni qu le na ge di fang?
Wo warst du? Wo hast du deine Ferien verbracht?

香港好玩儿吗?
Xiang gang hao wanr ma?
War es spaßig in Hong Kong? Wie war’s?

Überall freuen sich die Menschen, Schüler oder Lehrer, dou keyi, einander wiederzusehen.
Überall hört man die gleichen Fragen und noch einige verspätete Neujahrsglückwünsche.

Das so lang verlassene Schulgebäude füllt sich wieder mit Leben und Kindern, alle albern herum und sind voll motiviert. Natürlich wollen sie sich auch viel austauschen, und man muss sie ein bisschen bändigen in ihrem Übermut. Aber man tut das noch lächelnd und nachsichtig.

Doch in jedem neuen Semester gibt es auch einige Änderungen.

Unser Klassenraum für den Deutschunterricht wurde einfach für andere Zwecke besetzt, und nur auf Nachfrage erfuhren wir, wohin wir ziehen dürften.
Das neue Zimmer war mit französischen Emblemen und Farben geschmückt, sodass erst einmal eine große Putzaktion gestartet werden musste. Nicht nur der „falschen“ Nationalität wegen, sondern auch, weil ja über einen Monat lang niemand diesen Raum betreten hatte! Und dementsprechend sah er auch aus.

Außerdem war der Boden mit einem resistenten Feuchtigkeitsfilm bedeckt. Das gleiche Bild auf dem ganzen Gelände, bis zum 3. Stock meistens. Die Luftfeuchtigkeit hat mal wieder zugeschlagen! Und es trocknet einfach nicht.

Leti hat jetzt eine chinesischsprachige Kollegin, Adriana, und nur noch 3 Stunden / Woche,
am Donnerstag haben wir alle ein Meeting, mit ALLEN Fremdsprachenlehrer,
und neuen Verantwortlichen im Fremdsprachenbereich,
und neue Stundenpläne.

Außerdem haben wir plötzlich Sommer, mit Sonne und mal wieder 27 Grad.
Clara hat wieder ein hochrotes Gesicht, der Heater wurde gegen die Klimaanlage ausgetauscht, – wenn diese denn nur funktionieren würde! – also ist alles so, wie es sein sollte.
Jedoch nur zur Erinnerung: Vorgestern hab ich noch bitterlich gefroren, eingepackt in alle warmen Kleidungsstücke, die ich gefunden hatte in meinem Kämmerlein!
Und heute ist mir selbst in meinem kurzen T-Shirt zu heiß.

Bei all den Veränderungen und der damit einhergehenden Energie kommt es mir extrem unwirklich vor, dass ich die Schule in genau einer Woche verlasse.

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