Nach dem Jahreswechsel standen direkt die Abschlussprüfungen des ersten Semesters an, nur um danach in die beinahe zweimonatigen Ferien überzugehen, anlässlich des chinesischen Neujahrs. Laura und ich fuhren am letzten Unitag noch los; um 18h saßen bzw lagen wir im Zug in Richtung Guangzhou! Meine chinesische Heimat! Der Plan war, es gab keinen Plan. Zum ersten Mal in meinem Leben fuhr ich ins Blaue, ohne zu wissen, wie es danach weitergehen sollte, mit nichts als dem Ticket nach Guangzhou. Was danach kommen würde, war uns beiden nicht klar. Es war … eine Herausforderung, aber hat erstaunlich gut geklappt!
Nach viel Schlafen im Nachtzug wurden wir von meiner lieben Gu Yihan abgeholt, meiner Deutschlehrerin vom kulturweit Freiwilligendienst. Die Freude war mehr als groß allerseits, und es war ein herrlicher Auftakt und einzigartige Erinnerung an eine Zeit, die mich so geprägt hat. Wir durften erst bei der Spanischlehrerin Leti in der Stadt Guangzhou selber wohnen, die einigen von euch vielleicht auch noch in Erinnerung ist…? Wir teilten uns eine Luftmatratze im Wohnzimmer und unternahmen viel mit dem jetzigen Freiwilligen an der Guangzhou Foreign Language School, Toni. Auch ein ganz netter Nachfolger von mir, hehe. Yihan hat inzwischen ihren Michael geheiratet und die beiden haben uns unwahrscheinlich viel Gastfreundschaft entgegen gebracht. Wir unterhielten uns auf Chinesisch, Deutsch und Englisch und es war wie in alten Zeiten.
Überhaupt, als ich Laura in „meiner Stadt“ herumführte, war alles wie damals und irgendwie auch nicht. Gebäude wo vorher nichts war und auch sonst ist die Stadt natürlich weiter gewachsen, aber ich habe alles wieder erkannt und brauchte weder Stadtplan noch Metro-Nachhilfe! Ich, sonst ja eher kein Orientierungsgenie, habe alles wieder gefunden, ohne Probleme! Die Luft war mir so vertraut und voller Feuchtigkeit, herrlich nach der Shanghai Stadtluft. Dementsprechend waren diese Tage in Guangzhou ein Rausch von Déjà vus und ein erneutes Nacherleben der schönsten Momente und Orte, die ich während der sechs Monate, die ich dort verbracht habe, sammeln und bewahren durfte.
Dann war es Zeit weiterzuziehen, und wir fuhren mal wieder mit der Metro in das Hinterland Nansha, zu den Bananenpalmen und als es hieß „Bun ze li zey hoi wang Gamzau“ („Dieser Zug endet in Jinzhou“ auf kantonesisch) war ich wieder zuhause. In Nansha durften wir bei Gu Yihan unterkommen und hatten wirklich tolle Ferien für fünf Tage. Nach dem Städtetrip war die Weite der Vororte einfach erfrischend. Und die Nudeln im Dörfchen!!! <3 – Auch an der Schule, an der ich beim Deutschunterricht mitgeholfen hatte, waren einigen Veränderungen unternommen worden. Die gigantische Brücke, die damals angefangen wurde zu bauen, war kurz vor ihrer Fertigstellung und Laura und ich unternahmen lange Spaziergänge auf ihr. Wir waren frei.
Dann war es Zeit weiterzuziehen, und wir fuhren mit der Fähre in mein geliebtes Hong Kong. Erst kurz vor Verlassen des Festlandes und Ausreise aus China fiel mir ein, dass meine Mitbewohnerin von letztem Jahr in Leeds, Natalie und ihr Freund Billy, in Hong Kong wohnt. Sie wussten also sprichwörtlich fünf Minuten vorher Bescheid. Ein Hostel hatten wir auch noch nicht, als wir anlegten, aber nachdem es mir schlussendlich glückte, Geld abzuheben, setzten wir uns im Terminal selber noch in ein Café und nutzten das WLAN, um das billigste Hostel Hong Kongs zu finden. Dieses Hostel war wirklich… besonders. Die Dame wollte niemals unsere Pässe sehen und obwohl wir wie gesagt keinen Plan hatten, und dementsprechend immer nur für eine Nacht verlängerten, war ihr das alles recht und sie hat uns nie gebeten, zu bezahlen oder uns zu entscheiden.
In Hong Kong erkannte ich auch alles wieder. Es war ein erneutes extremes Vergnügen. Straßenmusik mit Laura, Harfenkonzert an der Avenue of Stars, Gänsehaut Musik- und Tanzvorstellung direkt am Hafen, Ed Sheeran, Sonnenaufgang auf dem Peak, Sonnenuntergang am Strand im Meer bei Shek O, Helikopterspektakel, Star Ferry, und unverhofftes Zusammentreffen mit Freunden.
Auf dem Peak trafen wir auf British housewives, die uns den Tipp gaben, auf fanfares.com nach billigen Flügen zu gucken. Die Airline Cathay Pacific hat jeden Dienstag eine Art Auktion für Ziele jeglicher Art und das kam uns ja wie gerufen, weil wir keinen Plan hatten! Am nächsten Tag buchten wir uns also um 7h morgens auf die Webseite ein und wollten uns inspirieren lassen. Leider wollte das Internet aber nicht so ganz wie wir wollten, und nach einer allerersten Überlegung dieser Reise und ein bisschen Kopfrechnen wurde uns klar, dass wir uns vielleicht maximal noch einen weiteren Flug leisten konnten, aber dann hätten wir kein Geld mehr. Deswegen fällten wir die allererste vernünftige durchdachte Entscheidung für einen Rückflug nach Shanghai, und diesmal glückte uns sogar die Buchung über Cathay Pacific!
Es war ein wundervoller fast zweiwöchiger Urlaub mit unzähligen glücklichen Fügungen und Laura und ich möchte nichts davon missen 🙂