Wie wir einen Tag vorher befunden hatten, war es besser in aller Frühe die gelben Berge in Angriff zu nehmen, und nicht, wenn der halbe Tag schon vorbei ist.
Dies wurde uns auch immer wieder von mehreren Seiten bestätigt.
Dementsprechend wollten wir am Sonntag, den 24. November um 5.30h aufstehen und hatten dafür extra ein English Breakfast gebucht für 6h. Das war so naja. Um 6.30h sind wir mit dem ersten Bus auf den Berg gefahren, außer uns waren übrigens nur chinesische Touristen an Bord. Nach zahlreichen Serpentinen durch den Nationalpark waren wir so weit oben, wie man fahren konnte. Dort kauften wir Tickets für eine Seilbahn, die uns auf einen der 72 Gipfel bringen würde.
Unsere Seilbahnstation hieß Mercy Light Station und ist die westlicher gelegene. Die meisten beginnen ihre Wanderung bei der östlichen Seilbahnstation und laufen dann nach Westen, aber Laukje und ich wollten so bald wie möglich den schwersten Teil hinter uns bringen, das Erklimmen des Lotus Peak mit seinen 1864m.
Links hier findet ihr eine Übersichtskarte, in die ich unsere ungefähre Route dick und fett in Rot eingezeichnet habe. Wir sind wie gesagt links losgelaufen. Ein großer roter Pfeil kennzeichnet unseren Ausgangspunkt.
Während unserer Reise löste sich eines der Rätsel, das ich seit meiner Kindheit immer schon wissen wollte: Kann es in Wolken eigentlich auch regnen? Ja, die Antwort ist, ja, es kann in Wolken regnen, und wie. Das weiß ich jetzt.
In Worten war unsere Route ungefähr wie folgt: Wir sind mit der Seilbahn von der Mercy Light Station zur Jade Screen Station gefahren und von da aus losgelaufen. Die Welcoming Guest Pine, eine Pinie, konnten wir leider nicht sehen, weil es zu nebelig war. Die Sicht war unglaublich schlecht. Das war einerseits schade, weil die Aussicht bestimmt atemberaubend gewesen wäre, aber andererseits gab das dem Ganzen eine sehr mysteriöse Atmosphäre. Man konnte die vielen Menschen hören, aber nicht sehen. Ja, das hat das Klettern natürlich auch ein bisschen schwieriger gemacht.
Über das Jade Screen Hotel sind wir dann auf direktem Weg zum Lotus Peak gegangen. Für den mühevollen Aufstieg wurden wir auch mit einem tollen Ausblick ins Weiße belohnt.
Nach einer kurzen Verschnaufspause sind wir weiter gegangen, hinunter und wieder herauf, auf und ab, über Stationen mit klangvollen Namen wie Ladder on the Clouds, Turtle Peak, Hai Xin (Meeresherz) Pavillion, Quartz Well, The Baiyun Hotel und dem Brightness Top mit dem Meteorologischen Observatorium.
Es wurde immer voller, es gab viele chinesische Reisegruppen, aber wegen der schlechten Sicht hat man die Leute eigentlich nur gehört und nur dann gesehen, wenn man sich aneinander am Fels vorbei gedrückt hat. Die Stufen in den Bergen waren gewiss nicht für Schuhgröße 42 gemacht, aber so war es umso spannender 🙂
Das Wetter war zunächst erträglich, es gab Nieselregen und es war grau und feucht, aber es ging. Doch auf dem Brightness Top (1840m) fing es dann plötzlich an zu schütten… Also suchten wir nicht mehr viele Umwege, sondern liefen zur anderen Seilbahnstation „White Goose Ridge Station“, die zur Yungu Temple Station hinunter fuhr.
Zu unserer großen Verwunderung waren wir schon um 13h mit der ganzen Tour fertig. Ich verstehe bis heute nicht, wieso man so viel Respekt hat vor der kurzen Ost-West-Strecke, das war wirklich weder sehr anstrengend noch sehr lang!
Es war aber gut, dass wir so früh wieder vom Berg zurückkamen, weil so hatten wir den Nachmittag Zeit, im Hostel unsere klitschnasse Kleidung trocken zu föhnen, bevor wir abends zum Bahnhof Huangshan aufbrachen.
In dem Bus zum Bahnhof hatten wir noch eine schicksalshafte Begegnung.
Durch eine glückliche Fügung hielt der Mini-Transporter extra noch für uns an, als wir zum Busbahnhof gerannt kamen und wir durften noch einsteigen. Untypischerweise saßen in dem Bus noch zwei andere Ausländer, und wie ich so mit Laukje sprach, meinte die eine plötzlich zur anderen: „Ey, das ist schon so lange her, dass ich mal eine englische Muttersprachlerin gehört habe.“ Schmunzelnd überlegte ich eine Weile, ob ich was sagen sollte, und dann drehte ich mich doch um und meinte so: „Also, eigentlich komme ich ja auch aus Deutschland.“ Wer hätte gedacht, dass aus diesem lustigen Zwischenfall so eine enge Freundschaft und überhaupt Kontakt zu einer wahnsinnig netten deutschen Gruppe in Shanghai entstehen würde? Bei der Kommentatorin handelte es sich nämlich um Helena und Christina, die derzeit ein Praktikum bei Siemens in Shanghai absolvierten, so wie viele andere von der Sorte, die ich alle bald kennenlernen würde….
Doch das wusste ich da noch nicht, wir tauschten nur Nummern und Gummibärchen aus und genossen unsere Fahrt zum Bahnhof, unsere Wartezeit mit Tee in einer kleinen Jugendherberge am Bahnhof, und sahen uns nach der Fahrt im Nachtzug noch einmal im Bahnhof von Shanghai. Ein wundervoller Ausflug!
Clari, deine Reiseberichte sind sooooo schön ! Toll, was du alles erlebst.. ! Auch wenn ich nicht wissen will, wie gefährlich das so alles war….