Reisen hab ich euch versprochen, Reisen soll es geben!
Nach zwei Monaten in meiner Blase hier in Shanghai, hatte ich, ziemlich spontan ehrlich gesagt, am 21. November beschlossen, dass ich mal aus der Stadt rausmüsse. Ein paar Leute aus meiner Klasse hatten eine Wanderung geplant, auf einem Bambuswaldberg in der Nähe von Hangzhou, und da Hangzhou ja nur eine Stunde weg ist von Shanghai, und der Moganshan von Shanghai 200km, dachte ich mir, warum nicht?
Sobald ich das entschieden hatte, fing ich an zu packen und musste dann auch schon zum Bahnhof. Ich gebe zu, ich hatte nicht die beste Tasche mit für eine Wanderung…
Philippe, Carlos und Alejandro hatten schon einen Tag in Hangzhou verbracht, und Javier und ich wollten jetzt für den Moganshan (shan 山 heißt Berg :)) nachkommen.
Jeden Un-Falles, war es schon relativ spät. Diese ganze spontane Aktion wäre beinahe gescheitert, weil der letzte Zug nach Hangzhou um halb neun fährt, aber der letzte Bus zu dem Berg schon um 7! Man sollte meinen, wenn man sich um 15h am Bahnhof in Shanghai trifft, ist das genügend Zeit… – Aber ich hatte nicht mit eingeplant, dass Javier, der andere Nachzügler, seinen Reisepass nicht mitgenommen hatte. Als das dann ans Tageslicht kam, blieb uns nichts anderes übrig, als ein Taxi zu nehmen, er ist hoch in seine Wohnung geflitzt, wieder runter, und zurück ging es den Weg zum Bahnhof. Es sollte nicht das letzte Taxi sein für den Tag. (foreshadowing…) Man braucht nicht viel in China, aber zum Reisen ist der Reisepass essentiell wichtig. Den braucht man, um Zugtickets zu kaufen und um ins Hostel einzuchecken. Ich dachte, das wäre klar… 😉
Mittlerweile war es dann schon halb 8. Entgegen der Empfehlung der anderen, die schon beinahe angekommen waren, nahmen wir den nächstbesten Zug, aber den Bus zum Berg hatten wir natürlich verpasst.
Deswegen stellte sich die Frage, was tun?, sobald wir um halb 9 in Hangzhou angekommen waren. Es war übrigens echt lustig, da wieder zu landen, nach zwei Jahren. Ich hab alles wieder erkannt! Die anderen meinten jedenfalls, wir sollten in Hangzhou ein Hostel suchen und am frühen Morgen zu ihnen stoßen, aber da wir es schon wider aller Erwartungen so weit gebracht hatten, wollten wir jetzt nicht aufgeben. Also suchten wir uns mal wieder ein Taxi. Die ersten zwei Taxifahrer hatten keine Ahnung, was für einen Ort wir da als Ziel angaben, und fuhren dementsprechend weiter. Der dritte Taxifahrer hatte von dem Berg außerhalb Hangzhous gehört, rief aber erstmal einen Kollegen von ihm an, um sich zu vergewissern, wie viel Geld er denn dafür verlangen sollte. Wir einigten uns dann auf 300 Yuan (!) und waren froh, endlich unterwegs zu sein. So fuhren wir also durch die Gegend… Aber es wurde schon klar, der Fahrer wusste auch nicht mehr ganz genau, wo lang. Also blieb er an einem verlassenen Kreisel neben dem Highway stehen und beratschlagte sich mit einem anderen Taxifahrer, der aber ein Einheimischer war. Der erklärte sich dann bereit, uns Fahrgäste in sein Taxi zu laden und uns für nochmal 100 Yuan dorthin zu fahren. Da er sehr zuversichtlich war und den Eindruck machte, als ob er wüsste, was er tut, und wir wirklich ankommen wollten, stiegen wir also um. Bald danach ging es eindeutig in die Berge… Es hat mich ein bisschen an das Elsaß erinnert, aber die Zivilisation wirkte so weit weg… Zudem häuften sich die Bambusstauden. Wir konnten nichts weiter tun als hoffen, dass das so seine Richtigkeit hatte – und wurden nicht enttäuscht! So gegen 11h nachts hatten wir tatsächlich das Bamboo View Guest House gefunden, in das der Rest der Truppe auch gerade erst eingecheckt hatte…! Wider aller logischer Kalkulationen und Erwartungen hatten wir es tatsächlich geschafft. Nach einem erleichterten Zuprosten ging es dann aber auch schlafen, schließlich hatten wir am nächsten Morgen die Wanderung vor uns.
Wir wurden mit einem echten chinesischen Frühstück verabschiedet, Reissuppe, Banane, Milchbrot und sauer eingelegtes Gemüse. Dann zeigte uns die Dame vom Hostel noch den Aufstieg zum Berg, und los ging es mit Sack und Pack!
Das Dörfchen um den Berg herum verrichtete seine normale Arbeit, Bambus hacken und Gemüse ziehen, und fünf Ausländer, Carlos, Philippe, Alejandro, Javier und ich brachen auf zu einer Wanderung, die mich mehr schaffen sollte, als ich dachte. Bergsteigen in China, das ist meistens Treppensteigen. Es waren wahnsinnig viele Stufen in den Berg eingelassen, und das fand ich das eigentlich schwierige daran. Die Landschaft des nur 719m hohen Berges war aber wirklich wunderschön und entschädigte daher absolut. Wir wanderten größtenteils durch Bambuswälder, und der Bambus war riesig, wunderschön grün und hatte gewaltige Stämme. Ich war noch nie umringt von Bambus und nicht nur deswegen war ich atemlos.
Wir verbrachten eine Weile damit, eine Pagode zu finden…
… und fanden interessante Felsformationen und eine Hängebrücke und noch mehr Pavillions.
Anscheinend wird der Moganshan vor allem von Menschen aus Hangzhou und Shanghai frequentiert, aber was mich wirklich verwundert hat, war, oben am Gipfel in einem ausgestorbenen Tourismusort gab es Ausschilderungen zu ehemaligen Behausungen von sowohl Chiang Kai-shek, als auch von Mao Zedong, und zu sagen, dass die beiden politische Rivalen waren, wäre eine große Untertreibung! Komisch, dass die dann sozusagen Nachbarn waren!
In dem Tourismusort hatten wir aber die Möglichkeit, mit einem Freund des Tourguides zur Bushaltestelle am Fuße des Berges zu fahren. Dort kauften wir erst Busfahrkarten nach Hangzhou, bis uns dann auffiel, dass das ja Quatsch ist, wenn wir direkt nach Shanghai fahren können…! Also tauschten wir die Tickets um und der Bus fuhr uns gemütlich zum Südbahnhof Shanghais, von wo aus ich nur noch vier Stationen mit der U-Bahn fahren musste, bis ich wieder zuhause war. Ein schöner Kurztrip, nur meinen Waden ist er noch ein bisschen schmerzhaft in Erinnerung geblieben.
Great journey, great pictures ! Lucky you