Und, was hab ich gesagt?!
Ein Plan für’s Wochenende bedeutet nicht, dass es dann genau so auch passiert.
Ich bin am Freitag noch sehr lange im Büro gewesen, habe Geschenke gezählt, sortiert, und abgehakt… Dann hab ich noch etwas für Gu Yihan kopiert und in Kärtchen geschnitten…. Und versucht, aller Aufgaben Herr zu werden.
Um 21h ließ sich der Hunger dann nicht mehr beherrschen, und mit Chika beschloss ich, nach Jinzhou zu fahren (Endstation, ihr wisst schon.) Wir kamen aber nicht zur Taxigesellschaft durch! Durch Zufall sahen wir vom 5. Stock aus, wie ein Taxi zum Hintereingang fuhr. Wir stürzten die Treppen hinunter, legten einen Endspurt hin – und es wartete! Was für ein Glück.
In dem koreanischen Restaurant trafen wir uns mit Leah und Nordan, und hatten wieder mal ein famoses Essen, das vor uns zubereitet wurde: Ich dachte, es wäre für Hotpot, aber das Loch im Tisch war diesmal für eine Art Kohlestelle, auf die ein kovexes Gitter gelegt wurde, und auf diesem wiederum wurde dann Fleisch gebraten. Das bekamen wir, zusammen mit einer köstlich wärmend-stärkenden Misosuppe und einem leckeren Glasnudelsalat. Danach kauften wir auf der Straße noch Obst und fuhren wieder in die Schule.
Ausschlafen am Wochenende war diesmal wirklich nicht.
Um 7.30h kroch ich schwerfällig aus den Federn, startete noch schnell eine Wäsche, schnürte mein Ränzlein, hing die Wäsche auf, und fuhr gen Guangzhou.
Wie in der vorigen Ausgabe berichtet, hatte Gu Yihan mich eingeladen, mit mir in einer Bäckerei zusammen – einen Kuchen zu backen.
Wir trafen uns in Xiaogang, im Westen der Stadt, denn dort sollte sich die Bäckerei befinden. Ihr Freund Michael sollte uns auch begleiten; mit ihm stießen wir später zusammen. Zunächst waren wir lange auf der Suche nach der richtigen Hausnummer. Die Straße hatten wir ja endlich gefunden, aber die Nummerierung der Gebäude machte augenscheinlich keinen Sinn: Da gab es eine 1 neben der 205-2 und 205-3, und daneben gab es die 18. Nach mehreren telefonischen Auskünften unseres Zielortes und Michaels Hilfe fanden wir unsere gesuchte Bäckerei – in einer Seitenstraße.
Selbst im Gebäude wäre ich mehrmals wiederum umgekehrt; denn es sah einfach nicht so aus, wie ich erwartet hatte. Eigentlich handelte es sich nämlich um eine Kunstgallerie und einen Tanzsaal. Nur 2. Stock, hinten durch, – da gab es zwei Räume, ein Vorzimmer als Wartebereich und Einkaufsladen zugleich; das zweite Zimmer war die Küche, mit zwei langen Tischen als Arbeitsflächen und Öfen und einem Kühlschrank und einer Spülecke. Yihan hatte für uns einen Käse-Mango-Kuchen ausgewählt, und den würden wir backen. Wir bekamen rote Schürzen, sollten uns die Hände waschen, und los ging es.
Alle Zutaten waren schon fein säuberlich abgepackt, durften aber von uns noch unter sorgfältiger Anweisung vermengt werden. Ich schlug Sahne, Yihan rührte die Mangomarmelade unter das Buttergemisch.
Als wir fertig waren, wurde uns der Kuchen abgenommen, wir bekamen die Zahl 333 und warteten eine halbe Stunde im Vorraum. Dann war der Kuchen fertig – und das große Dekorieren und Verzieren begann.
Dazu wurden uns eine halbe Kiwi, ein halber Pfirsisch, Weintrauben und – Kirschtomaten gegeben.
Der Koch führte uns vor, wie man aus einer Tomate ein Herz und aus einer anderen ein Hase schnitzen konnte, und dann verwandelte er die Weintraube in ein kunstvoll gestapeltes Figürchen. Ich weiß, das sagt alles… aber ich lasse einfach später die Bilder sprechen 😀
Natürlich machten wir ihm eifrig nach, was er da vorführte.
Neben uns war beinahe noch ein ganzer Kindergeburtstag in der Stube, wer weiß… Jeder dieser Sprösslinge hatte seine Mutter oder seinen Vater hinter sich stehen, die ihm beim Schneiden und Verschönern halfen.
Dann wurden die Kuchen ausgegeben, und zeitgleich Lebensmittelfarben in den Trichtertüten. Der Koch hatte seine eigene und füllte Schlagsahne in die Tüte. Jetzt kamen die Kinder, eins nach dem anderen, zu ihm und ließen sich ihre Torte mit einem hübschen Rand und mit Tupfern aus Schlagsahne verzieren.
DANN durften wir endlich das Obst und die Tomate auf den Kuchen legen, und – tadaaaaa! fertig war er.
Der Kuchen wurde eingepackt, die Schürzen wieder abgegeben, und wir suchten zu dritt und zu Fuß ein Café in Changgang, eine U-Bahnstation weiter, wo wir den Kuchen verzehren könnten. Ich hatte mittlerweile auch einen Bärenhunger.
Wir gingen aber ausgerechnet in ein westliches Restaurant, was ich perplex daran bemerkte, dass ich plötzlich nur noch Messer und Gabel auf den Tischen liegen sah, und Gläser mit heißem Wasser, stehend.
Das mag nicht so erwähnenswert sein, aber es war in dem Moment wirklich merkwürdig anzusehen!! Wie im sprichtwörtlich falschen Film. Und ich weiß auch nicht, ob es so eine komisch anmutende Situation war, weil ich damit überhaupt nicht gerechnet hatte, oder, weil ich den Anblick einfach nicht mehr gewöhnt bin….!
Ich bestellte – aus Protest? – japanisches Gemüse und extra Stäbchen, Michael aß Spaghetti Bolognese mit Gabel und Messer. „Hmm, das schmeckt gut!“, sagte er.
Als Nachtisch öffneten wir unser Kuchenpäckchen.
..Er war nicht schlecht, unser Kuchen, aber wirklich kein Käsekuchen. Eher aus Sahne. Deswegen machten wir auch schon nach dem ersten Stück – allesamt schlechte Schwiegermütter – schlapp, nur die tapfersten schafften ein zweites.
Danach fuhren wir nach Tiyu Xilu, mal wieder, und kauften schon mal einige Zutaten für noch einen Zitronenkuchen in der Deutschwoche, die inzwischen zur Französisch-Spanisch-Deutschwoche geworden ist, kurz, „Kulturwoche“.
Außerdem erstand ich einen roten Pullover, da es in Shanghai ja deutlich kälter sein soll als hier! Mit diesem wichtigen Zeug beladen fuhren wir dann schon wieder heimwärts; das heißt, zu Gu Yihan. Ohne Michael. Ich durfte wieder bei ihr übernachten, und sie musste mir ihr eigenes Bett zur Verfügung stellen, während sie in einem anderen Zimmer nächtigte.. Aber zuvor sahen wir uns noch zusammen eine neue amerikanische Serie namens Revenge an, besuchten ihre Schwester, und ich hatte mein erstes komplett chinesisches Gespräch mit ihrer 2jährigen Nichte, – denn deren gesamtes Vokabular konnte ich auch! Das ist doch beruhigend! Das Geheimnis meines geistigen Alters wäre nun geklärt!
Wie schon einleitend gesagt, war dies kein Wochenende für Langschläfer… sodass der Wecker auf ein Neues um 7.30h klingelte.
Die Vocational Business School of Tourism and Travel, also die Berufsschule für Tourismus und Reise, also die Schule, an der Alex tätig ist, hatte ihr 30jähriges Jubiläum.
Dazu hatte mich deren Schulleiter auf dem Konsulatstreffen zum 3. Oktober schon eingeladen, und dazu machte ich mich eben auch so früh auf den Weg.
Ich war selber überrascht, die Schule nach nur einmaligem Fragen zu finden, aber wahrscheinlich hat mich der Lärm einfach geleitet.
Vor der Schule waren nämlich 8 Partylöwen am Tanzen, also, chinesische Löwen, rot und gold, und schlugen die Trommel, und dahinter standen viele chinesische junge Frauen, alle im rosa Kleidchen und einem Blumenstrauß in jeder Hand, die dazu noch tanzten.
Es gab Hostessen in eleganten chinesischen Kleidern, in rot und gold, die Ehrengäste zu ihrem Platz geleiteten. Jeder Gast bekam eine Tüte am Eingang, mit Programm und Sticker, so weit ich das beurteilen konnte.
Schließlich doch orientierungslos spielte ich Herdentier und folgte den Massen in die HALL. Dort waren viele Stühle aufgestellt, in einer Art Aula, aber ich war verwirrt. Auf der Bühne stand ein riesiges Podium mit mehreren Reihen und Rednerpult.
Doch meinen Informationen nach sollte dort Walzer getanzt werden. Konnte ich mir platztechnisch schlecht vorstellen. Zudem strömten immer wieder Menschen rein und raus. Das alles führte dazu, dass ich sehr lange daran zweifelte, hier richtig zu sein.
Ich war aber richtig, und nachdem ich mit meinen dauernd wechselnden Sitznachbarn ein bisschen Smalltalk gehalten habe, fing die große Show auch an.
Wieder eröffneten die Löwen von draußen die Veranstaltung, und dann wurde fast eine Stunde lang von diversen Leuten begrüßt und geredet. Sie alle saßen auf dem Podium.
Es wurden Tafeln enthüllt und beklatscht, und immer wieder zeigte die Leinwand hiner dem Podium die deutschen Austauschschüler der Schule im Publikum.
Dann ging es los. Vorhangwechsel, 1. Aufzug…. Die Bühne wurde betreten von einem Moderatorenpaar in schillernden Kleidern. Später wurde mir gesagt, dass die beiden aus dem örtlichen Fernsehen bekannt sind. Wieso ich die denn nicht erkannt hätte?!
Es folgte noch ein Moderatorenpaar. Und noch eins. Das letzte bestand aus zwei Schülern. Alle hatten sich sehr herausgeputzt und wechselten sich im Laufe des Programms immer wieder ab.
Und dann ging es los: Es wurde jongliert und getanzt, gesungen und ein Sketch auf Kantonesisch gespielt. Der neuseeländische Lehrer Chris war mit Alex in einem…. weißen Anzug mit Schößlingen (?) die ausländische Attraktion auf der Bühne, vor allem, als er mit der deutschen Austauschschülerin Walzer tanzte.
Ich saß sehr weit hinten und konnte deswegen nicht so viel sehen, aber das ooooo der Mädchen war Indiz genug, dass er gerade auf der Bühne war.
Der ganze Auftritt war aber schnell über die Bühne gebracht.
Nach wirklich vielen tollen Darbietungen wurde ich zu den Lehrern und Austauschschülern und Ehrengästen in das schuleigene Restaurant mit eingeladen, bei dem sowohl das Essen als auch der Service ganz allein von den Schülern geschmissen wurde!
Und es war sehr gut!
Ich saß am Tisch mit Irene, Alex‘ Mentorin, Chris, und Steffi, die Frau vom Goethe-Institut, die gerade eine kleine Qualitätsprüfung des Deutschunterrichts in den Schulen durchführt, und der Schulleiter ließ uns von einer Bühne alle den Wein auf einmal austrinken („gangbei!“). Hab ich auch noch nie gemacht.
Es gab Shrimps, Tauben mit Kopf, Ente, eine Pilzsuppe, Hühnerfüße, „morning glory“ und zum Nachtisch wieder Obst und eine Art Speckmuffin. Es war hervorragend.
… Den restlichen Tag wurde noch einmal geshoppt, schließlich soll es in Shanghai wirklich kalt werden. Und so erstand ich tatsächlich noch zwei weitere langärmlige Oberteile.
Außerdem erstattete uns das Spracheninstitut unser Geld zurück, und wir waren ein weiteres Mal umsonst am Bahnhof.
Das war auch der Grund, wieso ich am selben Abend persönlich darauf bestand, die Zugtickets jetzt im Internet zu bestellen und zuschicken zu lassen. Netterweise sorgte Alex, der Französischlehrer dafür. Und tatsächlich kamen sie einen Tag später mit der Post an! Endlich geschafft! Vier Mittelbetten für Nuri, Alex, Franzi und mich.
Freitag gehts los!
Montag war dann noch eine andere Frau vom Goethe-Institut da, die eine Studie an verschiedenen Schulen durchführt und darüber ein Buch schreibt, woher die Motivation kommt, Deutsch zu lernen. Sie war schon in Indonesien und ist jetzt in China.
Anlässlich dessen durften ich Ilona im Deutschunterricht unterstützen, bei einer Partnerübung. Eine bestand darin, das Echo seines Gegenübers zu sein („Ich habe eine Katze. Ah, du hast eine Katze!“), die nächste war, einander Fragen zu stellen und der Partner musste sie beantworten, nur um die nächste Frage zu stellen.
Und gestern war ein langer Tag…. Am letzten Novembertag nämlich war wirklich Annahmestop für die Geschenke für den Adventskalender.
Doch bis abends trudelten noch munter welche ein….
Ich bereitete die Bescherung in dem Klassenzimmer neben unserem „Deutschraum“ vor, ein kleines… Abstellkämmerchen, muss man wirklich so sagen. Ich kam kaum in das Zimmer hinein, weil so viele Tische und Stühle den Weg versperrten. Also räumte ich erst einmal auf, putzte das notdürftigste, entfernte den Müll und fegte einmal ordentlich durch. Dann begann ich damit, das Klassenzimmer mit Schleifen und Bändern und Luftballons zu dekorieren, wobei ich bei letzterem zum Glück Hilfe von dem Schüler mit dem deutschen Vater bekam. Ich nenne ihn jetzt einfach Georg. Zum Glück, weil ich immer noch nicht in der Lage bin, einen Luftballon zu verknoten. Ich schnüre mir da immer meinen Finger ab. Dann ging es aber erst richtig los. Jedes Geschenk bekam eine Nummer, bei der ich aber doppelt aufpassen musste: 1) Nur die Leute, die ein Geschenk abgegeben haben und 2) nicht die Geschenke von einer Klasse derselben Klasse zurückgeben, sondern tauschen! Also brachte ich kistenweise die Geschenke ins Kämmerlein, jede Klasse bekam seinen Platz, und heute habe ich noch einmal alles kontrolliert, ob auch jeder Schenker etwas zurückbekommt.
Aber ich würde sagen, die Heinzelmännchenarbeit hat sich gelohnt!
Die ersten zwei Kinder haben heute auch schon ihr Geschenk bekommen.
Jetzt muss ich nur noch schauen, dass ich alle Projekte für die Deutschwoche fertigstelle, die ja beginnt, sobald ich wiederkomme, – denn morgen geht es ja schon los nach Shanghai! Oh, und packen sollte ich vielleicht auch noch!