Heute erzähle ich euch davon,
- wie man eine Dreiviertelstunde zu spät kommen kann, obwohl man eine halbe Stunde zu früh da war
- wie unser Abend im SOFITEL anlässlich der Einladung des Deutschen Generalkonsulats Kanton zur Feier des 21. Jahrestages der Deutschen Einheit war und
- wie aus einem sonst 30minütigen Heimweg ein fast 3stündiger wurde.
Dabei fing alles so gut und harmlos an…
Wir Freiwilligen hatten über Herrn Peter Jandok, dem ExU vom Goethe-Institut Peking und auch über den DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst, für den Franzi hier ja arbeitet) die Einladung bekommen, mit dem Deutschen Generalkonsulat Kanton zusammen 21 Jahre Deutsche Einheit zu feiern. Am 13. Oktober (anstatt des 3.) um 18.30h im Sofitel-Hotel. Unsere Schule hatte auch eine Einladung bekommen, an den Vizedirektor adressiert, aber der war leider schwer krank und deswegen gingen wir (Gu Yihan, meine Mentorin und ich) an seiner statt. Wir sind überzeitig aufgebrochen, obwohl wir noch die ganze Mittagspause fieberhaft versucht hatten, etwas Passendes zum Anziehen zu finden… schließlich wollte man gerade nicht wegen seines nicht angemessenen Auftritts auffallen!
Als wir jedoch eine gefühlte Ewigkeit und zweimal Umsteigen später aus der U-Bahnhaltestelle 体育西路 (Tiyu Xilu) gestiegen sind, erwartete uns ein furchtbarer Platzregen. Wir hatten keinen Regenschirm, keine Regenjacke, nur mein Blazer, und Gu Yihan ihre Strickjacke. Also kauften wir schnell noch beim 7eleven einen großen Schirm und versuchten ein Taxi zu finden – es war nämlich noch ein ganz schönes Stück zum Hotel.
Um die Sache ein bisschen abzukürzen, und dich armen Leser von der grausamen Empathisierung à la Aristoteles zu erlösen: Wir haben kein Taxi gefunden, weil es uns entweder sofort weggeschnappt wurde, aber vor allem weil es keine freien mehr gab. Es war absoluter Ausnahmezustand. Also liefen wir. Oder, ich sollte eher sagen: Wir wateten. Und das Gute war: Sobald die Schuhe eben einmal nass waren, also so spätestens nach 5 Minuten eben, da war es auch schon egal. Man musste sich überhaupt keine Gedanken mehr machen. Es war ein unglaublicher Platzregen, und jede Erhöhung auf dem Weg wurde als Steg genutzt. Bald gab es auch diese nicht mehr, denn das Wasser hörte nicht auf.
Als wir dann endlich das Hotel gefunden hatten, waren wir natürlich bis auf die Knochen durchnässt. So konnten wir uns nicht zeigen! Zumal ich zum Beispiel auch ein weißes T-Shirt anhatte. Deswegen konnte ich den klitschnassen Blazer auch nicht ausziehen. Das Sofitel gestattete uns aber freundlicherweise uns erst im 洗手间, dem restroom, frisch zu machen, und dann durften wir sogar in den SPA-Bereich in die Umkleiden und uns fönen. Meine vor Wasser sabbernden Stiefel konnte ich vor weiterem Quietschen allerdings nicht bewahren. – Tja, und deshalb waren wir zu spät. Obwohl wir eben schon um 18h im Hotel eintrafen.
Also verpassten wir offenbar die chinesische und deutsche Nationalhymne, und die Begrüßungsworte, und kamen erst, als schon ein großes Schmausen im Gange war. Es gab deutsches Brot (!) in mehreren Farben und Größen :D, Knödel, Pumpernickelhäppchen, Roastbeef, Würstchen, Strudel,… alles, was das Herz begehrt. Und Bier. Tja. Also hab ich mehr gegessen, als ich eigentlich gemusst hätte 😉 Aber es gab auch ein paar chinesische Spezialitäten, wie die Peking-Ente. Ansonsten dauerte der ganze Empfang eigentlich nur zwei Stunden, in denen man versucht hat, mit so vielen Leuten wie möglich zu reden…. Und natürlich unbedingt Fotos zu machen. So entstanden dann auch jene, die ihr unten seht. (Alles Fotos von Gu Yihan! Copyright liegt bei ihr!)
Nachdem wir jeden wichtigen Menschen mit uns abgelichtet haben… machten wir uns wieder auf den Heimweg. Gu Yihan hatte mich eingeladen, in ihrer Wohnung in Guangzhou zu übernachten. Leider hatte der Regen keine Pause eingeplant, sodass das Wasser inzwischen noch höher stand. Wir begannen unsere Busreise mit sonst 30min. und ergatterten zum Glück noch zwei Plätze im oberen Bereich, was sich als SEHR nützlich erweisen sollte. Denn die meiste Zeit rührte sich nichts auf den Straßen: Durch die Regenfälle und das immer höher steigende Wasser sprangen viele Autos nicht mehr an. Der Verkehr kam eigentlich völlig zum Erliegen, und man konnte dem Pegelstand wirklich beim Steigen zusehen. An einer Haltestelle öffnete der Bus seine Türen, um Fahrgäste aus- und einsteigen zu lassen – und plötzlich mussten alle Leute im unteren Bereich schauen, dass sie ihre Füße in die Luft hielten: Der Bus war unter Wasser. Draußen sahen wir Menschen mit Regenschirm knietief durch die Straße waten, die nun eher einem Fluss galt. Während ich schon überlegte, ob ich mich irgendwie meiner Strumpfhose und Schuhe entledigen könne, um barfuß „nach Hause“ zu laufen, verließen wir zum Glück endlich nach 3 Stunden das tiefergelegene Stadtviertel und die Fluten.
Gu Yihans Schwester erwartete uns schon mit heißem Ingwertee, einer Reissuppe und Rührei. Es war wunderbar wärmend, und hat mich, glaube ich, vor einer ordentlichen Erkältung bewahrt. Obwohl ich ECHT nicht mehr hungrig war.
Dann mussten wir ein letztes Mal in die Sintflut, und waren dann endlich in Yihans (Ilonas) Wohnung angekommen. Sie bot mir an, meine nassen Sachen zu waschen und zu trocknen, gab mir ein Handtuch und ließ mich heiß duschen. Das war auch guuuuuuuuut.
Inzwischen war ich echt fertig mit der Welt und freute mich schon auf „mein“ Bettchen.
Das war so lieb von ihr, mit welcher Gastfreundschaft sie mich dort eingeladen hat!
Als ich dort an der Matratze horchte, war es immer noch heftig am regnen. Insgesamt schüttete es wohl acht Stunden lang wie aus Kübeln. Kein Wunder, dass nichts abfloss. Es handelte sich tatsächlich um einen Taifun, der mit jahresüblichen Regenmassen aufwartete.
Am nächsten Morgen wollten wir um 9h im Deutschen Generalkonsulat sein, um Materialien für unsere Deutschwoche abzuholen, in erster Linie Plakate. Es wurde dann doch eher 10, weil ich auch noch ein Frühstück (so Art dumplings mit 牛奶 = niunai = „Kuh“milch) gekocht bekam. SO LIEB! Und die Krönung war echt das Angebot, jederzeit „mein Zuhause in Guangzhou“ in Anspruch nehmen und übernachten zu können.
Wir fuhren also wieder zurück zu Tiyu Xilu, diesmal wirklich in 30 min., und die Regengüsse waren auch wieder in der Erde verschwunden.
Dort angekommen, nach Besucherpass und im 14. Stock, wurden wir in einen Art Lagerraum geführt und konnten uns wild alle Plakate aussuchen, die wir wollten. Es waren hauptsächlich welche zu „Deutschland, Land der Ideen“ mit auch vielen Städtebildern wie Köln, der Arroganz-, Verzeihung, Allianzarena, Frankfurt am Main und natürlich Berlin.
Außerdem nahmen wir einige Taschen mit der Aufschrift 德国 = Deutschland, einmal so, einmal so, hinten und vorne; und auch noch die Freundschaftspins mit der deutschen und chinesischen Flagge, mit.
Ich bot mich an, das Material wieder mit nach Nansha zu nehmen, und wurde dafür, nach einer kurzen Beratung für ein Geschenk für ihren Freund, auch noch zum Mittagessen eingeladen. Also war ich zum ersten Mal im Kungfu, so etwas wie ein chinesischer McDonald, aber ein wenig gesünder!
Dann trat ich die Heimreise an, schließlich war ja Freitag = eigentlich noch ein Arbeitstag.
– Ganz ehrlich – hätte ich schon früher von der Einladung gewusst, dann wäre dieser Artikel hier der mit der Überschrift „Der Tag der Visitenkarten“ geworden. So viele! Jeder hatte eine! Und wir wurden teilweise schräg angeguckt, weil wir Freiwilligen keine hatten.
– Jetzt aber viel Spaß mit den Fotos von Yihan, und danke für eure Geduld!!
Dieser Name ist einfach schwer zu merken ! Guanzgjack, Guangzjim, Guangzjoe – wen schert das schon ? 🙂
Schätzelchen, siehst immer noch so fröhlich aus in all dem Wasser und die Haare wellen so sehr! Wohl habt ihr euch gestaltet in den Spas des Sopitels, wofür das alles gut ist. Weiter so, Kuß aus dem goldenen München, wo der Gingko seine grünen Blätter fallen läßt vor Kälte, ohne das sie gelb färbten
Liebe Clara, Danke für die tollen Fotos ! Jetzt wissen wir besser, wie es bei Dir aussieht. Für alle, die länger mal nicht in China waren: da müsst Ihr unbedingt mal hin ! Es lohnt sich !! Guangzhoe ist eine pulsierende Metropole , vereint modernes mit traditionellem China und die Menschen dort sind sehr sehr freundlich ( die meisten jedenfalls ..)
Guangzhoe?? Kenn ich nicht… 😉