Postchaos in Bolivien: Ich will jetzt mein Paket!

Dass die deutsche Post die organisierteste und beste der Welt sein soll, war mir irgendwie klar. Aber dass es eine so furchtbar unorganisierte Post wie die in La Paz geben koennte, habe ich nicht zu Traeumen gewagt (und glaubt mir, nach knapp fuenf Monaten in Bolivien erscheint mir nichts mehr unmoeglich).

Die Post habe ich in den letzten zwei Monaten zweimal besuchen duerfen. Schnell verflog da die Freude ueber Pakete, die mir meine Familie oder Freunde aus Deutschland geschickt haben. Das erste Paket, das ich im Oktober bekam, wurde ohne Probleme zu mir auf die Arbeit geliefert. Doch bei den letzten drei Paketen Anfang Dezember und Januar erreichten mich nur noch Abholscheine – hat das Weihnachtstreiben die Post ueberraschend getroffen und saemtliche Organisation (die evtl vorhanden gewesen sein koennte) durcheinander gebracht? Es scheint so!

Die unglaublichste Geschichte passierte mir Anfang Dezember mit dem zweiten Paket. Ich kam tiefenentspannt aus dem Hare Krishna Yogacenter zurueck zur Arbeit und haette vor Freude fast angefangen zu weinen, als mir meine Kollegin einen Abholschein von der Post in die Finger drueckte! Yeah, ein Weihnachtspaket von zuhause, wie schoen. Da konnte ich ja noch nicht ahnen, was mich die naechsten zwei Stunden erwarten wuerde. Pauls Warnungen, dass das Paket lieber nicht mehr als zwei Kilo wiegen sollte ignorierend, machte ich mich auf zur Post. Ich stellte mich an den Schalter, an dem sogar bereits nach kurzem Warten die Postangestellte auftauchte, gab meinen Abholschein und Perso fuer Auslaender, den ich hier beantragen musste, ab und wartete freudestrahlend, bis die Dame mir mein Paket gab. Das gab sie mir auch. Allerdings mit dem Hinweis, ich muesste erst zum anderen Schalter, zur Aduana, gehen und dann wuerde sie mir auch den Ausweis wieder geben. Ok, nichts ahnend (ich hatte keine Ahnung, wer oder was Aduana sein koennte), ging ich zum besagten Schalter. Es stellte sich heraus, dass Aduana den Im-und Export in Bolivien regelt, und es stellte sich auch heraus, dass Paul mich nicht umsonst gewarnt hatte. Die ueberaus unfreundliche Aduanafrau oeffnete mein Paket unliebevoll vor meinen Augen. Ein Adventskalender, kleine Geschenke und Lindt-Weihnachtsmandeln lachten mir entgegen. Haette ich zuhause in Ruhe auf meinem Bett gesessen, waere ich voll Glueckseeligkeit gewesen. Angesichts der Aduanafrau, des grauen Kellers der Post und meiner aufsteigenden Wut gegenueber der bolivianischen Buerokratie war von Glueckseeligkeit leider nichts zu spueren. Sie wog mein Paket, 3,1kg, sie tastete die Geschenke und den Inhalt ab und kam dann mit ihrem Kollegen zu dem Schluss, dass ich mich mit meinem Paket erst bei Aduana registrieren muss, bevor ich das Paket mit nach Hause nehmen koenne. Mit einem Zettel, auf dem die Online-Aduana-Registrierung beschrieben stand, machte ich mich auf zum naechsten Internet-Café. Aufgrund einer absurd unuebersichtlichen Internetseite fand ich mich 45 Minuten spaeter im Hauptbuero der Aduana wieder, damit die mich registrieren. Das ging ueberraschend problemlos, und somit stand ich wieder der Aduanaperson gegenueber. Sie nahm die Registrierung und ermittelte damit und mit dem Paketgewicht, dass ich 100 Bolivianos (etwa 12Euro) zahlen muesste. Wieso? Weil es in Bolivien nicht erlaubt ist, mehr als 2kg Lebensmittel oder Medikamente, oder was ihnen gerade sonst noch so einfaellt, zu importieren. Ebola spielte da dann ploetzlich auch noch eine wichtige Rolle… Mit boesen Augen sah ich der Frau ins Gesicht, ich wollte doch einfach nur mein Paket abholen. Doch erst musste ich dann noch zur Bank und das Geld ueberweisen (nein, das kann man nicht direkt vor Ort bezahlen) und eine Kopie meines Persos machen (den hatte ich mittlerweile schon bei dem ersten Schalter abgeholt). Nachdem ich auch davon wieder kam, merkte die Dame langsam meine anschwellenden Aggressionen und war deswegen etwas freundlicher. Nachdem ihr aufgefallen war, dass sie die ganze Zeit das falsche Paket in den Haenden hatte, durfte ich dann noch handschriftlich eine Erklaerung schreiben, dass mein Paket etwa 40 Dollar wert ist (wie sie diesen Wert ermittelt haben ist mir unklar, da fast der gesamte Inhalt in Geschenkpapier eingewickelt war). Tatsaechlich durfte ich das Paket (nachdem sie es sorgfaeltig wieder zugeklebt hatten) mitnehmen und tatsaechlich verabschiedete sie mich mit einem von mir nicht zurueck erwiderten peinlich beruehrten Laecheln. Da lernt man die deutsche Post und alles andere wertzuschaetzen!

Nachdem ich dann in meinem Bekanntenkreis verbreitet habe, dass ich bitte unter keinen Umstaenden ein weiteres Paket mit mehr als 2kg bekommen moechte, kamen Anfang Januar noch zwei kleine Pakete an – abgeschickt Anfang Dezember, gestempelt in Bolivien 2. Januar, benachrichtigt, dass ein Paket auf der Post liegt: 8. Januar. Und dann war es ganz wichtig, dass ich genau am 8.1. noch zur Post fahre, da so viele Pakete auf der Post liegen. Ach nein, Pakete auf der Post? Welch seltene Begebenheit. Aber aus Angst, dass die Pakete sonst in den Weiten des chaotischen Raumes verloren gingen (Elisabeths Paket fand man nach halbstuendiger Suche zu dritt unter einem Schrank wieder), machte ich mich quasi sofort auf den Weg. Und nachdem die Frau an die zehn Pakete aus den Faechern raus-und wieder reingeraeumt hatte und ihren Kollegen um Hilfe bat, hielt ich meine zwei Pakete ohne weitere Probleme in den Haenden.

Doch man fragt sich, wieso man benachrichtigt wird (oder auch nicht, wie im Falle eines anderen Deutschen) und einen Abholschein fuer kleine Pakete erhaelt. Kann der Postmann die Pakete nicht gleich nach Hause bringen? Nein, da die bolivianische Post keine Notwendigkeit in Postautos sieht, und der Postbote unmoeglich alle Pakete zu Fuss austragen kann, ist damit auch diese Frage geloest.