Höflichkeit

Obwohl sie im Straßenverkehr rücksichtsloser nicht sein könnten sind die Argentinier im direkten Umgang mit Anderen ein sehr höfliches und super hilfsbereites Völkchen! Da ich totaler Spanischanfänger bin, kann ich zwar meistens sagen was ich will, versteh aber nicht alles was man mir antwortet. Ich bin immer sehr dankbar wenn mein Gegenüber dann die Geduld hat, zusammen mit mir rauszufinden was ich denn jetzt eigendlich genau wollte :). Die nettesten Begegnungen habe ich mit sämtlichen Verkäufern, die mich immer sofort fragen woher ich komme und was ich hier machen etc. Die größte Mühe hatte wohl der nette Mann der mir immer mein Zugticket verkauft. Am Anfang konnte ich grad mal sagen wo ich hinwollte (und das auch nur von einem Zettel abgelesen). Jede weitere Frage (ein Ticket oder zwei? hin und zurück?) wurde von mir mit einem verständnislosen Gesichtsausdruck beantwortet. Worauf er dennoch immer versuchte ein Gespräch mit mir anzufangen was leider immer kläglich scheiterte. Er wurde allerdings nicht müde es immer wieder zu versuchen, sodass mich ein schlechtes Gewissen ob meiner Sprachlosigkeit plagte und ich mir immer schon auf dem Weg zur Bahn mögliche Fragen seinerseits und mögliche Antworten (eher Wörter) meinerseits überlegte. Aber mittlerweile verstehe ich das er mir z.b. öfters mitteilt, dass der Zug zu spät kommt :), mich fragt wie es mir geht, was ich hier mache usw.

Keine Tür die mir nicht aufgehalten wird, ein Mann lässt einer Frau immer den Vortritt und in der Bahn wird sich kein Mann auf einen freien Platz setzen, solange eine Frau noch steht. Da ist der Machismus doch noch zu etwas gut 😉  Für alte Leute, Schwangere, Frauen mit Kindern  und auch Männern mit Kindern wird generell aufgestanden! Allerdings steht eine Frau nicht für einen Mann mit Kindern auf.

Das sind die kleinen ungeschriebenen Regeln, die ich erst nach ein paar Wochen mitbekommen habe. Ich genieße es fast jeden Tag mit dem Zug fahren zu müssen, weil ich da immer so gut die Leute um mich herum beobachten kann. 😉

Die Gassi-Geher

Buenos Aires ist ja bekanntlich das Paris Südamerikas, aber auch einen weiteren Titel würde die Stadt mit Würde tragen. Die Stadt der Hunde, oder wie bösen Zungen behaupten die „Stadt der Hundekacke„…In Buenos Aires leben ca. 500.000 Hunde, dazu kommen ca. 50.000 Wach-und Schutzhunde und noch ca. 100.000 nicht registrierte Straßenhunde. Es ist schick einen Hund zu haben je größer desto besser. Natürlich braucht der Hund auch jemanden der mit ihm Gassi geht, denn das übernimmt selbstverständlich nicht der Halter des Hundes. Da kommen die „Gassi-Geher“ ins Spiel. Sie sind von BsAs Straßen nicht mehr wegzudenken und verdienen teilweise mehr als ein studierter Mittelständler. So gehen sie denn mit mindestens 4 bis zu 12! Hunden gleichzeitig spazieren. Es ist eigentlich verboten mehr als 8 Hunde gleichzeitig auszuführen, aber es ist auch verboten die Hunde auf den Gehweg kacken zu lassen…Regeln sind da um gebrochen zu werden und wehe ein Hundehalter (der seinen Hund selbst ausführt, pfui) erdreistet sich den Kot seines Hundes von der Straße zu sammeln. Pfui, pfui! Das erhöht den sozialen Druck und ist verpöhnt. Lustig wird es wenn jeder der 12 Hund in eine andere Richtung laufen will. 😀

La Boca

La Boca wird in jedem Reiseführer als DAS MUSS für jeden BsAs Besucher beschrieben. Hier liegen die Wurzeln des Tangos, gibt es die bunten Häuser und natürlich die Bombonera, das Stadion der Boca Junior. Das Hafenviertel war in der Mitte des letzten Jahrhunderts die Anlaufstelle für viele Immigranten, vorallem Italiener, die ihre Kultur, Sprache und Lebensart mit in diesen Stadtteil brachten. Sie gründeten außerdem viele Vereine und Gewerkschaften um sich in dem fremden Land ein Stück Heimat und Gemeinschaft zu bewahren. Die bunten Häuser wurden aus Holz und Blech zusammengezimmert, billig und schnell musste es sein, und mit übriggebliebener Schiffsfarbe bunt angemalt. So stehen sie nun da und alle Touristen kommen, dem vermeintlichen Insider Tipp folgend in Scharen nach La Boca. Das was touristensicher von La Boca übriggeblieben ist, heißt Caminito. Caminito besteht aus zwei Straßenzügen, die touristischer, klischeehafter und gestellter kaum sein könnten! Das Einzige was es hier gibt sind Restaurants, die mit Tangomusik und Super-Sonderangeboten für Asado locken. Dazwischen dutzende Tangopaare, Maradonna-Doppelgänger und andere „Straßenkünstler“, die alle gerne dazu bereit sind mit dir Fotos zumachen, für das richtige Kleingeld versteht sich. Dazu kommen Läden und Stände, die alle das Gleiche verkaufen, Yerba-Mate, Kalebassen, Karten, Kitsch, Trikots etc. Vom Flair vergangener Tage lässt sich hier leider nichts mehr spüren. Es empfiehlt sich NICHT am Wochenende nach La Boca zu gehen aus offensichtlichen Gründen…

Um etwas mehr von der Boca Atmosphäre mitnehmen  zu können, müsste man in die nicht touristischen Teile vordringen, was allerdings zu gefährlich ist. Auch die Einheimischen raten davon ab, da La Boca als gefährlichstes Viertel von BsAs gilt. Die einzige Möglichkeit, dies dennoch zu tun, ist mit dem gelben Touribus durchzufahren (es sollte der Gelbe sein, da es noch einen Blauen gibt, der allerdings weitaus teuer ist). Auf der 3 stündigen Busfahrt(hop-on, hop-off) für umgerechnet ca. 11 Euro bekommt man einen super Eindruck von ganz BsAs und fährt nicht nur durch die netten Teile der Stadt.

Wir ihr sicher schon bemerkt habt 😉 kommt La Boca in diesem Artikel nicht besonders gut weg. Obwohl es tolle Street Art und Graffiti zu sehen gibt. Es wäre bestimmt ein tolles Viertel ohne die Millionen Touristen, die sowieso nur die Klischees sehen wollen!!! Es ist auch allerseits bekannt, dass sollte die Regierung die Kriminalität in Boca irgendwann in den Griff bekommen, es wohl eines der angesagtesten Viertel von BsAs werden würde.

Allen BsAs Touristen in spe empfehle ich deswegen, nehmt euch eine halbe bis Stunde Zeit für Boca nur ums „mal gesehen zu haben“ und dann doch ein paar Fotos fürs Fotoalbum zu schießen und dann nix wie raus da. 🙂

BsAs hat soviel mehr zu bieten als gestellte Wirklichkeit! und JA, ich habe mich bereits Hals über Kopf in diese Stadt verliebt!