Hin und weg

(M)ein halbes Jahr am anderen Ende der Welt

Theaterwochenende in Asunción

Freitagmorgen, 03:21, der Wecker klingelt, in der Nacht vorher habe ich kein Auge zugetan.

Ich stehe auf, putze mir die Zähne und haue mir doch noch ein bisschen Farbe ins Gesicht (schminken kann man das an diesem Morgen nicht nennen). Um Punkt 4:00 Uhr steht dann mein Remis (mein Taxi) vor der Tür. Ich schnappe mir meine Jacken, mein Gepäck und die Riesentüte Kekse, die uns eine Mutter als Proviant mitgegeben hat.

Um 4:10 komme ich an der Shell Tankstelle an, unser Treffpunkt, und muss mit großem Erstaunen feststellen, dass so gut wie alle schon da sind. Argentinische Unpünktlichkeit hin oder her. Ich bin beeindruckt. Meine Ansage „kein Alkohol, pünktlich um 4 an der Shell, alle denken an ihren Pass, keine Drogen (Mate erlaubt, aber nur wenn sie auch für mich welchen mitnehmen, zum Glück, denn sonst hätte ich das Wochenende nicht überlebt) wurde also voll und ganz umgesetzt.

Um viertel vor 5 kam der Bus aus Eldorado und Montecarlo schon angefahren und die Reise konnte beginnen. Einziger Wehrmutstropfen, die Tankstelle hatte vergessen meine Spinat-Käse Empanadas zu machen und so ging es auch für mich, zwar empandaslos, übermüdet, aber trotzdem voller Anspannung und Vorfreude, auf in ein neues Abenteuer.

Um 7 Uhr passierten wir die Grenze und kamen um 15:30 h (paraguayische Zeit) in Asuncion an. Es war eine lustige Hinfahrt, es wurde viel gesungen, geredet und gegessen (ich glaube unsere Mütter hatten wirklich Angst, dass ihre Kinder unter der Fuchtel der geizigen Deutschen verhungern:D). Jedoch war diese Fahrt für uns Betreuer auch nicht ganz stressfrei, denn ich weiß jetzt was es heißt 40 aufgeregte Schüler unter Kontrolle zu halten, das ist gar nicht so einfach. Ein paar Male merkte ich auch, dass ein kleiner Ansatz deutscher Spießigkeit, ach nennen wir es Verantwortungsbewusstsein auch bei mir vorhanden ist.

Dann gab es im Hostel erstmal Zimmerprobleme. Am Ende entsprach die Zimmereinteilung nicht wirklich ganz unseren Vorstellungen. 20 er Zimmer für die Mädchen (sehr gute Zimmergröße, um Ruhe in einen wahren Hühnerhaufen reinzubekommen: TOP!), 13 er Zimmer bestehend aus 5 Amerikanerrinnen, 4 Mädels aus Puerto Rico, Corinna, mir und einem AmerikanER (was mir aber erst, nachdem ich mich im Zimmer um/ausgezogen hatte, bewusst wurde, weil die rarrgesähten Bäder natürlich von unseren Mädchen belegt waren (die alle natürlich erstmal duschen mussten an dem Abend)). Dazu kam noch ein 6 er Zimmer mit Lehrerrinnen, Olga und dem Sohn einer Betreuerin. Durch dieses Zimmer mussten allerdings unsere Jungs durchstiefeln, wenn sie mal für kleine Königstieger mussten! Alles lief also voll nach Plan! 😀

Kopfkissen gab es auch keine mehr und ich wurde langsam ein wenig ungemütlich, wenn mich jemand fragte, warum er denn jetzt mit fremden Menschen das Zimmer teilen müsste, warum es denn auf dem 20 er Zimmer nur EINE Dusche gäbe, wieso er/sie sich denn nicht direkt duschen dürfte, wo er denn Handtücher herbekommen könnte, was wir denn jetzt eigentlich machen würden, wo er/sie denn heißes Wasser für seinen Mate herbekommen könnte, ob es denn nun wirklich keine Kissen mehr gibt, und noch einmal mehr was denn überhaupt nochmal der Plan des ganzen Wochenendes sei. Zwischen dem Ganzen, eine kleine gestresste Alina, die versuchte Ansagen zu machen. Und so kam es, dass wir alle (ungeduscht) um 5 Uhr nach einem (wie es meine Mutter sagen würde) Einlauf meinerseits zusammen mit Finja ins Zentrum Asuncions marschierten. Ich kam mir vor, wie ein Hirte, der seine Schafe eintreiben muss, als wir Asuncions stark befahrenen Straßen überquerten und ich jedes mal drei Kreuze machte, wenn wir alle heil am anderen Ende ankamen.

Nach einem kleinen Bummel über den Artesaniamarkt (ich habe mir endlich eine wunderschöne Matethermoskanne gekauft!) und einem kurzen Abstecher zum Supermarkt ging es für die ganze Gruppe zur Fiesta San Juan in dem Colegio Iberoamericano in Asuncion. Dort gab es Spiele und typisches paraguayisches Essen.. Mit Finja sprinntete ich dann noch rüber zu meinem Lieblinsempanadasplace und gönnte mir eine riesige Chilena (Fleisch-Rosinen-Oliven) Empandas nach dem stressigen Tag. Die Schüler hatten sehr viel Spaß und 7 Betreuer schauten zu, saßen erledigt am Nebentisch und probierten das typische Essen 😀 Jetzt dürft ihr raten welcher Gruppe ich angehörte… 😉

Lange ging es an dem Abend nicht mehr. Um 12 (eigentlich erst 11, aber ich hatte meine Theatergruppe überredet die argentinische Zeit zu nehmen, so am Ende war ich :D) feierten wir gemeinsam noch in den 18. von Matias, einem Theaterchico von mir rein.

Danach duschte ich mich, zum großen Erstaunen war das Wasser sogar halbwegs warm, nachdem gefühlt 2 Stunden nachdem wir wieder im Hostel waren auch wirklich alle geduscht waren, und schlief bis zum nächsten Morgen, zwar ohne Kopfkissen, aber wenigstens holte ich in 9 Stunden meinen Schlafmangel wieder nach. Auf der Hinfahrt war nämlich nicht viel an Schlafen zu denken.

Um 7 wurde ich dann von meinen Theaterchicas aus dem Schlaf geholt, es wäre ja zu schön gewesen weiterzuschlafen, weil sie so aufgeregt waren und nicht mehr weiterschlafen konnten. Um 10 brachen wir alle gemeinsam für eine Stadtführung auf, die einige Schüler aus Asuncion für uns organisiert hatten. Wir lernten die Kultur Paraguays kennen, sahen die Costa Nera und die Kathedrale. Falls jetzt jemand diesem Blogeintrag lesen sollte, der mit mir in Rom war: Meine Mitmenschen haben generell in großen Städten die Eigenschaft mich allein zu lassen:D oder sagen wir ich habe die Eigenschaft mich oft zu verlieren… Aber diesmal war es anders:D Finja und ich sollten auf den Rest, der noch in der Kathedrale war, warten und nachkommen. Nach einer Viertelstunde wurde uns aber allerdings klar, dass da keiner mehr war. An der Costa Nera war auch keine Menschenseele. Nun hieß es für mich, allein wieder ins Hostel stiefeln und auf die Gruppe warten :D.

Um 13 Uhr, naja mit argentinischer Unpünktlichkeit eher viertel vor 2 gab es im Colegio nun Empanadas (von meinem Lieblingsempanadasplace jupiiii) und nach einem kurzen Energizer von Olga mit der ganzen Gruppe begann die Generalprobe. Wir sollten dieses Mal als Erstes spielen. Natürlich war die Probe wie immer sehr chaotisch, doch ich war sehr zuversichtlich, was die Aufführung anging.

Am Nachmittag machten wir noch Einkäufe für die Rückfahrt und die Kids schauten das Endspiel Argentinien- Chile der Copa America. Argentinien verlor leider, aber das tat an ihrer Vorfreude nichts.

Um viertel vor 8 begann dann die Aufführung. Alles lief sogar halbwegs nach Plan. Meine chicos dachten sogar daran die Chipa diesmal wirklich fliegen zu lassen und Sergio wieder zum leben zu erwecken!:D

Nach der Aufführung gab es noch einen kleinen Umtrunk im Deutschraum (ohne Alkohol natürlich) und dann ging es auch bald wieder ins Hostel zurück , weil die Schule um 22 Uhr ihre Türen schloss.

Wir ließen den Abend mit Musik und Billard spielen (und einer erneuten Duschzeremonie) ausklingen. Am nächsten Morgen ging es um 6:30 Uhr nach dem Frühstück wieder heimwärts. Ich hatte mir am Abend davor noch zwei Empanadas in meinem- ja richtig geraten- Lieblingsempanadasplace geholt (Spinat und Käse!) und so ging es für mich diesmal nicht empanadalos nach Hause 😉

Es war zwar wirklich anstrengend für so viele Schüler die Verantwortung zu haben, doch es hat auch unglaublichen Spaß gemacht.

Am Ende gab es viele Tränen, die Schüler wollten sich von ihren neugewonnenen Freunden nicht mehr verabschieden. Wir hatten es geschafft, nicht nur zwei tolle Theateraufführungen und zwei Reisen auf die Beine zu stellen, wir hatten es geschafft Menschen zusammenzuführen, die viel Spaß miteinander hatten und eine tolle Zeit zusammen erlebt hatten.

Das Lächeln im Gesicht meiner Chicos und Chicas und das Schimmern in ihren Augen sprach Bände und war für mich Bestätigung genug, dass hier doch vielleicht etwas richtig gemacht habe.

Das war es erst mal!

Hasta luegoo:)

 

Zur Werkzeugleiste springen