Zu diesem Blogeintrag passt das Sprichwort: „Besser spät als nie“
So denken, ohne irgendjemand zu nahe zu treten, doch einige Deutsche die ich kenne. Beziehungsweise, eigentlich spielt es für die meisten keine Rollen, denn direkt nach der östlichen deutschen Grenze beginnt für viele eine wilde unerforschte Einöde. Serbien? Sibirien? Pah, alles das gleiche. In meinen ersten Blogeinträgen klang bei mir ja auch noch etwas von „wildem Osten“ und den verrückten ungarischen Begebenheiten durch. Inzwischen weiß ich nicht, ob ich über meine naive Nichtahnung lachen oder weinen soll. Ungarn liegt zwar hinter Wien, aber definitiv nicht auf dem Balkan.
Deswegen machte ich mich in meinen letzten Ferien vor inzwischen zwei Wochen auf, ein weiteres Stück dieses relativ undefinierten, aber oft zitierten Landstrichs zu erkunden. Mit von der Partie war Mascha. Gleich zweimal. Einmal kulturweit Pécsi Mascha und einmal EFD Budapest Mascha. Zwei Mitreisende zu haben, die denselben Namen und dazu auch noch beide harte Kontaktlinsen haben, bringt wirklich einige Vorteile, aber stiftete auch bei jedem, dem wir unsere kleine aber feine Reisegruppe auf unserem Weg vorstellten, großes Verwirren.
Doch Verwirren passte ganz gut zu unserem Reisestart und der gesamten Tour, auf der eine Skurrilität die Nächste jagte. Lange beschlossen, wenig geplant, ging es nach einigem hin und her diverser Maschas am Freitag von Budapest/Pécs los in Richtung Ljubljana. Eine Stadt, deren Namen ich nur bei jedem zweiten Versuch richtig zu buchstabieren vermag. Warum soviel Chaos vor Abreise in eine so kleine, gepflegte Stadt? Naja, pünktlich vor unserem Reiseantritt war alles voll mit Nachrichten über das extreme Schneechaos, das halb Slowenien im Griff hatte. Für uns kein Grund die Reise abzubrechen, aber zugegeben, jedenfalls ich rechnete mit Pleiten, Pech, Pannen und der geringen Möglichkeit es nicht mal bis nach Ljubljana zu schaffen. Aber d zeigte sich wieder einmal der alte Pessimist in mir, denn angekommen in der putzigen Hauptstadt, hatte sich der Schnee bereits vollständig in Matsch und Regen verwandelt, der allerdings leider auch die nächsten Tage nicht aufhörte. Ein Regenschirm war indes nicht aufzutreiben, da samstags der slowenische Nationalfeier- und oder Tag der Dichter war, wie uns der Free Walking Tour Guide ja nur an die 30 Mal erklärte. Doch man sollte nicht zu hart mit dem netten Mann sein, der während unserer Stadterkundung nicht nur die Stadt, sondern gefühlt jeden Einwohner kannte. (Inklusive dem Ungarischem Botschafter, der gerade vom Metzger kam) Nach der Tour bannten wir uns trotz Regen und Unwetterschäden unseren Weg über Stock & Stein und so machen entwurzelten Baum zur Burg. Auf dem Turm, unter dem Banner der wahrscheinlich größten Flagge, die ich in meinem Leben gesehen habe, hatten wir trotzdem eine wundervolle Aussicht auf die Stadt. Während dem Erklimmen der zweiten Ebene veränderte sich das Bild vollkommen: Der Nebel, der bisher dicht über der Stadt gelegen und den Blick auf das Umland versperrt hatte, zog sich zurück. An sich eigentlich schon ein wundervoller Anblick, standen wir nun plötzlich Umgeben von aus dem Nebel auftauchenden schneebedeckten Alpenspitzen. Ja, es hatte sich gelohnt trotz Warnungen hierher zu fahren, in das Land zwischen Adria und Alpen. Dieser Satz fiel auch abends des Öfteren, allerdings auch in einem anderen Stadium der Intoxikation. Nach einem so lala Essen auf erschreckend hohem, fast deutschem Preisniveau in einem Restaurant mit skurrilem Inventar und Kühen die von der Decke hingen (also so wie ich es mag), hatten wir uns zu später Stunde in die Künstlersiedlung Metelkova, auf einer alten verlassenen Militärbasis aufgemacht. Diesen Ort zu beschreiben, macht wenig Sinn, da einem das sowieso mal wieder niemand glaubt, wenn er es nicht gesehen hat. (Wie ständig auf unserem Trip eigentlich) Nach langem suchen und einer leichten Odyssee durch diverse Ruinen fanden wir zwei Slowenen, die uns aufklärten, dass viele der Bars aus unerklärlichen Gründen heute zu wären und uns doch schließlich die einzig offene, dafür aber einfach megacoole lustige Bar zeigten und sich unserer auch noch gleich annahmen. Wie irgendwie alle Einheimischen dort. Wir waren die einzigen Touris und deswegen furchtbar interessant für die ….ähm Kreaturen aus dem Künstlerviertel. Zu dem 1 Euro Dosenbier gab es deshalb auch noch ungefragt Lebensweisheiten von Menschen, die es wissen müssen. Danach irrten wir nochmal eine ganze gefühlte Nacht durch die Innenstadt, um eine berühmte andere Bar zu finden, die es aber anscheinend überhaupt nicht mehr gibt. Naja.
Sonntags trafen wir uns mit Patricia, Freiwilligen des Goethe Instituts auf einen Kaffee und besichtigten noch das Museum für moderne Kunst, das doch sehenswert war, aber, wie alles in dem Städtchen, etwas verblasst durch die Größe und Pracht, die ich inzwischen aus Budapest gewöhnt bin. Andererseits, ist auch das Maß an Zerfall in Budapest deutlich höher. Sowieso, dass muss noch festgehalten werden. Slowenien schmückt sich nicht nur mit ganz viel „Alpe-Adria“ Image, teilweise fühlte es sich eher an wie Österreich. Da konnten wir Ungarn auch nur lächeln über den neu eingetroffenen, etwas überfordert scheinenden deutschen Erasmus Studenten, der meinte „es ist hier ja alles schon sehr sozialistisch“. Viel Spaß, solltest er jemals nach Rumänien oder Bulgarien kommen, aber wie bereits gesagt, für einige fängt der Balkan eben hinter Wien an. Da für uns Slowenien eher wie das Musterkind der EU vorkam, das es bis zur Krise 2008, sogar offiziell war, ging es für uns (nach etwas FAST FOOD im ursprünglichen Sinn des Begriffes), mit dem Bus, nach Zagreb.
Was noch wichtig wäre, während wir uns so gemütlich unseren Weg über die jüngste EU Grenze machten (zu Fuß aber ohne Stempel), überschlugen sich die deutschen und internationalen Medien. Nur nicht mehr über den Zusammenbruch der slowenischen Infrastruktur, sondern über Unruhen in Bosnien, in deren Zuge das Präsidialamt gebrannt hatte und in einige Städten, darunter auch unserem Hauptziel Sarajevo, Menschen bei Auseinandersetzungen verletzt worden waren. In Zagreb selber war ich fürchterlicher Angsthase dann auf einmal doch etwas aufgeregt, was so alles passieren könnte. Beim Essen meines ansonsten einwandfreien Salates, war ich emotional etwas verwirrt und unschlüssig. Aber nach einer netten whatsapp Nachricht von Mama, Maschas unbeirrbarer Meinung „Aaach das finde ich doch sooo aufregend!“ und dem Kommentar der Sarajevo Freiwilligen „Gestern hat es gebrannt, aber ist inzwischen alles wieder gelöscht“! war der weitere Reiseverlauf gesetzt und wurde bei einem unverschämt guten Cocktail besiegelt. Von Zagreb sahen wir also nicht viel, obwohl alles ganz interessant schien und irgendwann sehr für einen kurzen Wochenendausflug in Frage kommen würde. Kuna haben allerdings den blödesten Umrechnungskurs, den ich bisher angetroffen habe. Eins zu sieben. Wer soll denn so schnell mitkommen, das macht nicht mal die Tatsache, dass auf manchen Kuna TUNAfische drauf sind irgendwas besser. (Trotzdem freute mich dieses Wortspiel so sehr, dass ich es Mascha mindestens 15-mal erzählte. Also jeder der beiden.) Das sind mir meine 300 Forint doch eindeutig lieber! Doch obwohl auch Kroatien, wie könnte es anders sein, einmal Teil von Ungarn war, musste mit den letzten zusammengekratzten Tuna äh Kuna noch schnell ein bisschen Proviant für die lange Fahrt durch Bosnien besorgt werden.
Pünktlich aber unglaublich langsam rollte der Zug um 9.20 Uhr in Zagreb los, Richtung Sarajevo. Doch die Eindrücke von dort und aus Serbien sprengen fürs Erste den Rahmen des Eintrages und die Konzentrationsfähigkeit jeglicher Leser. So viel darf verraten werden, jetzt fing der Balkan wirklich an. Aber wie schon an Weihnachten und wie Mascha W. baue ich hier jetzt mal einen Cliffhanger ein. Man soll aufhören wenn es am schönsten ist. Vielleicht das Motto meines gesamten Freiwiligendienstes?
Rubrik: Was-ich-noch-so-gemacht-hab-aber-nicht-so-toll-verpacken-konnte II:
- Eine Schulung zu Jugend debattiert International am Goethe Institut Budapest, auf dem es reichlich Badges und Kullis gab und wir supercoole Leute kennengelernt haben.
- Mein Freiwilligenprojekt begonnen
- Den wirklich schlimmsten vietnamesischen Imbiss der Stadt gefunden