Nahtlos geht es weiter mit Ereignissen aus dem letzten Jahr. Zwar hatte ich dank des gut durchdachten Pakets meiner lieben Eltern genug Lichterketten, sogar die ganz bunten, die ich schon seit ich klein bin sooooo kürbistoll finde, Kugeln und Sterne um meine Wohnung festlich zu gestalten und gut in Budapest zu überwintern, doch wider erwarten vieler in Deutschland, sahen meine Pläne dann doch etwas anders aus.
Zunächst mal habe ich mich glaube ich nicht mal in den Zeiten härtester Pubertät und des leichten einhergehenden Schulhasses so auf Ferien gefreut, wie dieses Jahr. Doch endlich mal wieder länger als 6 Stunden zu schlafen (7.02 Uhr muss ich jeden Morgen meine Tür abgeschlossen haben, um mit rennen die 7.05 Tram zu erreichen, um in den 7.16 Bus zu taumeln, damit ich um 7.35 ins Klassenzimmer stolpern kann), blieb mir trotz Ferienbeginn versagt. Der harte Preis eines aktiven Soziallebens und Integration ist eben Schlafverlust. Nachdem ich Freitagnacht um 5 Uhr morgens, nach einer sehr netten Erasmus WG Party auf der Pester Seite, in mein Bett in Buda fiel, blieben mir nur gefühlte 5 Sekunden, bevor ich wieder aufstehen musste um die Wohnung winterfest und abreisebereit zu machen. Denn um 11, als ich gerade mein selbstgekochtes Curry runtergewürgt hatte (wegschmeißen wäre ja gegen jede Regel der Nachhaltigkeit), kam der altvertraute Anblick eines Göppinger Autokennzeichens in Sicht. Und aus dem Auto meine jahrelange sehr gute Freundin Loui. Wie seit Monaten abgemacht und geplant wurde ich von ihrer Familie, die wie jede Ferien zur Oma nach Bratislava fährt, auf dem Weg in Budapest eingesammelt. Schnell wurde noch meine Wohnung in Augenschein genommen, bevor die Reise für uns alle möglichst schnell gemeinsam weiterging, denn wie mein eigener Vater, mag auch Louis’ Papa die Funktion von Autos einen Fahrtschnitt auszurechnen und dieser Schnitt darf nicht unter Wiedersehensfreude oder Pinkelpausen leiden. Also genauso schnell, die allgemeine Meinung der Familie Melichercik: Schöne Wohnung, wow zur Aussicht, „gruseliger“ aber interessanter Fahrstuhl. Besser könnte man es auch aus meiner Sicht nicht zusammenfassen.
Ungefähr 3 Stunden und 20.000 gequasselte Wörter später, nachdem wir Komárno und die slowakische Grenze hinter uns gelassen hatten, kam der mir seit 2011 bereits vertraute Anblick von Bratislava in Sicht. Sprich: es gab keine normalen Häuser mehr. So hatte Loui mich nämlich im besagten Jahr anno Domini 2011 auf Bratislava, meinen ersten Urlaub ohne Eltern und ersten Abstecher nach Osteuropa vorbereitet. „Bratislava ist sehr schön, hm es gibt halt nur…ähm keine normalen Häuser…sondern ähm Plattenbauten“. Naja, der Unterschied zu dem Stadtkern Budapest mit seinen k.u.k. Schmuckbauten ist natürlich schon offensichtlich, aber nicht negativ. Bratislava kam mir, obwohl Budapest ungefähr viermal so groß ist, irgendwie größer vor, oder eher konzentrierter durch die hohen Bauten und auch modernen Bürokomplexe, die man bei mir lange suchen muss. Auch anmerken will ich noch, dass mir auffiel wie renoviert alles war. Der Unterschied z.B. zu Rumänien oder auch strukturschwächeren Gebieten in Nordungarn die ich bisher erlebt habe, war sehr deutlich. Auf jeden Fall mag ich die kleine große Stadt, wie sie sich selber vermarktet, immer noch sehr und sogar noch mehr, als vor knapp 3 Jahren. Angekommen bei der slowakischen Babi, die mich ja auch schon kannte, gab es erstmal richtig Suppe, damit die armen Mädchen auch nicht vom Fleisch fallen.
Genau wie, Deutsche ihre Autos, Engländer ihren 5 Uhr Tee und Ungarn ihre große Vergangenheit lieben, hat auch das kleine Volk der Slowaken eine nationalverankerte Passion: Eishockey. Es scheint als werden Slowaken mit Schlittschuhen an den Füßen geboren. Als Nachmittagsprogramm in der Stadt, gab es darum keine Alternative, als sich aufs Eis zu begeben, über ungeschützte dreigleisige Bahnübergänge. Das macht man hier eben so. Zum ersten Mal in meinen Leben hatte ich weiße Eisprinzessin Schlittschuhe an meinen ungeschickten Füßen und torkelte so bisschen über die Eislaufbahn im Einkaufszentrum. Eigentlich kann ich ja schon etwas Schlittschuhlaufen, aber diese blöden weißen Tretter und die um mich herumwirbelnden 7- Jährigen führten zu großer Verwirrung, Unsicherheit und einem Sturz bei dem ich mal wieder so graziös aussah wie ein nasser Kartoffelsack. Der Anfang vom Ende, wie sich herausstellte.
Abends waren wir beide dann auf einem 18ten Geburtstags der besten slowakischen Freundin meiner Freundin eingeladen, die aber irgendwie auch meine Freundin ist, weil ich sie schon zweimal getroffen hab und sie ihre ungeborene erste Tochter mal nach mir benennen will. Sehr nett J! Da sich mein slowakischer Wortschatz auf Hallo, Danke, Nein, Prost und einige Beleidigungen beschränkt und es mit dem Englisch der meisten (sehr lieben) Partygäste nicht besser aussah, rückte eben tanzen in den Vordergrund. Wenn man mal Balkanbeatdiscos erlebt hat feiert man auch sehr gern zu slowakischer Popmusik ab. Nebenbei hatte ich in dieser Nacht ganz zufällig auch noch den besten Döner meines Lebens, direkt neben dem Michaelertor in der Altstadt und verdrehte mir endgültig mein Knie. Nach einer wiederrum sehr kurzen Nacht, vorzeitig beendet durch große, lautstarke Packhektik beim Rest meiner slowakischen Adoptivfamilie. Zum Glück blieben uns ja noch ein ganzes Stück fahrt um den Schlaf aufzuholen. Zu sehen gab es sowieso nicht fiel, der osteuropäische Nebel hatte sich scheinbar ausgebreitet und Österreich komplett verschluckt. Das Land war praktisch nicht mehr existent, so wenig sah man. Trotzdem kam etwas Landlust auf. Meine Augen öffneten sich erst wieder, als Sherlock Holmes im Hörspiel gerade seinen fünften Fall gelöst hatte und die A8 in der Kurve den Blick auf die Drei Kaiser Berge freigab. Noch wenige Minuten und ein Blogeintrag bis ich wieder zu Hause bin.