“Wisst ihr, was ich mir manchmal vorstelle? Dass man so eine schöne Zeit einfach in ein Marmeladenglas stecken könnte. Und wenn man unglücklich ist, dreht man einfach den Deckel auf und schnuppert ein bisschen daran.”
– Die Wilden Hühner
Seit einem Jahr bin ich wieder in Deutschland. Der deutsche Alltag hat mich eingeholt, das Studium ist im vollen Gange und verzweifelt versuche ich ein bisschen ungarische Mentalität in mir drin zu behalten.
Nachdem ich am 25. August.2014 gegen frühen Abend unversehrt wieder vor unserer Haustür stand, ist viel passiert. Oder auch nicht?
Ganze fünf Tage wurde am Werbellinsee reflektiert, seminariert, gelacht, erzählt, getrunken und – angekommen. „Ankommen“ verbinde ich persönlich eher mit einem zeitlichen Aufwand, langsam sich auf den Weg zu machen und irgendwann völlig dazusein. In der Realität sieht das aber ganz anders aus – auf einmal wirst du aus deinem Traum gerissen und knallst mit dem Kopf direkt auf den harten Boden Deutschlands. Und es schmerzt, sehr sogar.
Dass dieses „Wieder in Deutschland sein“ einem überhaupt nicht leicht fällt, man sich lieber wieder in seine „gefühlte Heimat“ wünscht, will hier niemand so recht verstehen. Viele geben einem das Gefühl, als wäre die Zeit stillgestanden, ich wäre immer noch die Alte. Doch in mir sieht es doch ganz anders aus? Du willst rebellieren, protestieren, doch prallst nur gegen Steinwände. Wie soll man jemanden ein Gefühl beschreiben, dass man selber nicht erklären kann? Die völlige Leere in einem, das Gefühl fehl am Platz zu sein. Denn obwohl ich seit einem Jahr wieder „in der Heimat“ bin, fühlt sich doch vieles so gar nicht mehr „heimisch“ an.
In diesem einen Jahr in Ungarn hat sich meinerseits viel getan. Momente, Ereignisse, Erinnerungen, Kulturen, Menschen, die mich tief geprägt haben. Der deutsche stressige Alltag und die Hektik machen mich fertig, wo doch in Ungarn alles so luftig leicht schien. Ich habe während meiner Reisen mehr über Geschichte gelernt, als in meiner gesamten Schulkarriere – denn alles war so greifbar, so nah. Auch Politik ist mir viel näher gegangen. Ich durfte viel über die ungarische Kultur erfahren und miterleben. Früher verabscheute Tomaten sind nun aus meiner Ernährung nicht mehr weg zu denken. Auch Tejföl (Schmand), Knoblauch und Paprikapulver dürfen in keinem Gericht fehlen, die ungarische Küche hat mich inspiriert.
Dass mich das Fernweh jemals so zerreißt, hätte ich nicht erwartet. Ich vermisse meine kleine Wohnung, mit der blauen Küche. Dem Blick vom Balkon auf die bunten Häuserreihen. Die Weinfeste. Fröccs. Die ungarische Sprache und den Ungarischkurs samt Ungarischlehrerin Erika, die immer so herzlich zu uns war. Das Schlendern durch die schmalen, etwas heruntergekommenen Gassen der Stadt. Entspannte Abende im Csinos mit wahlweise erfrischender Limonade oder doch lieber Pécsi Sör. Die weltbeste Pizza im Lezser und dem netten Kellner, der stets wusste, was es denn heute sein durfte. Wilde Partynächte im Est Café bis in die frühen Morgenstunden und die belustigten Blicke der Schüler am Montagmorgen in der Schule, weil ich mich am Wochenende mal wieder von meiner besten Seite gezeigt hatte. Ungarische Musik, bei der ich mittlerweile ziemlich textsicher bin. Spontane Wochenendausflüge, bei denen man einfach die Seelen baumeln lassen konnte. Die Schule. Die Schüler. Das Korrigieren von Tests und Aufsätzen, trotz tausender Fehler, die ich bereits drölfzig Mal erklärt hatte. Die herzliche Art der Ungarn, ihre Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Meine Kollegen und Freunde, die mir bei jeder Kleinigkeit zur Seite standen und ganz besonders dazu beigetragen haben, dass dieses Auslandsjahr so perfekt war!
Auch hier möchte mich mich noch einmal bei allen bedanken, die mich durch das Jahr begleitet haben. Ob Familie und Freunde in Deutschland, euch Bloglesern, Bekanntschaften auf diversen Reisen, Kulturweit-Freunde oder meinen Schülern und Kollegen. Vor allen Dingen gilt ein großes Dankeschön aber auch meiner geliebten Pécs Gang! Köszönök szépen mindent! ♥
Doch irgendwann endet alles mal..und so bleibt mir nur übrig, das Beste aus der Situation zu machen, versuchen ganz viel Ungarn stets bei mir zu behalten und mich so oft wie möglich ins Flugzeug Richtung Südosten zu begeben. Bis hoffentlich ganz ganz bald geliebtes Pécs.
Hamarosan találkozunk!

















Liebe Ann-Kathrin,
ich bin gerade zufällig über diesen Blogeintrag gestolpert und dachte: Huch, wer schreibt denn da aus „meinem“ Ausreisejahrgang? Ist da etwa jemand „hängen geblieben“ im Gastland?
Und tatsächlich, es geht wirklich ums „Hängengebliebensein“, wenn auch eher im übertragenen Sinne. Ich kann total gut nachvollziehen, was du schreibst. Ich war zwar nur ein halbes Jahr auf dem Balkan, aber ich kenne dieses Gefühl sich zurückzuwünschen ins Gastland. Vor allem wenn einem der deutsche Alltag mit voller Wucht entgegenschlägt (bei mir zwar kein Studium, aber Referendariat:-(). Ich glaub, dein Ansatz, dir ganz viel Ungarn im Herzen und der Küche und im Leben allgemein zu bewahren, ist super. Das versuche ich hier auch immer mal wieder….serbisches Moze, moze im hektischen Refileben:-D
Und wie wärs denn mit einem Auslandsstudium in Ungarn? Vielleicht hast du so die Chance, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden?
Ich wünsch dir auf jeden Fall viel Erfolg beim Immer-Wieder-In-Deutschland-Ankommen und Immer-Wieder-Ungarn-Feiern! Liebe Grüße Hannah Marie
Ich war auch im Februar schon wieder in Ungarn und mein nächster Besuch ist gerade in der Planung :) Im nächsten Sommer werde ich ein Auslandsjahr in Frankreich machen, mal sehen, was mich dort erwartet. Liebe Grüße!
Super beschrieben, das Gefühl :-) Wenn es dich beruhigt: Du bist nicht allein damit, mir geht’s ganz genauso! Das Fernweh wird wohl noch eine Weile bleiben… Liebe Grüße!
Danke für deine lieben Worte Daniela :)