„Hä, wieso rumänische? Ich dachte die ist in Ungarn?“ – Ja schon, aber es hat mich mal wieder das Reisefieber gepackt. Anlass gaben die Osterferien, die ich mit Hilfe von Urlaubstagen noch ein wenig verlängerte.
Am Freitagmorgen ging es seeeeeeeeeeeeeeeeehr früh los mit dem Zug nach Budapest. Nachdem eine weitere Runde „Jugend debattiert international“ im Goethe-Institut statt gefunden hatte, bei der Mascha und ich erneut jurieren durften, machten wir uns am späten Abend mit Kribbeln im Bauch vor Aufregung und dem Nachtzug Richtung Rumänien auf. Zehn Tage und vier Städte standen uns bevor.
Unseren ersten Stop Sighișoara erreichten wir Samstagmittag, eine kleine, historische Stadt im Herzen von Transsylvanien. Das altertümliche Stadtzentrum mit den niedlichen bunten Häuschen verzauberte uns sofort. Hier sei einst Vlad III. Drăculea geboren worden. Es wird einem sofort klar, warum Bram Stoker sich Transsylvanien als Schauplatz für seinen berühmten Roman „Dracula“ ausgesucht hatte. Nicht zuletzt trägt der „Deutsche Friedhof auf dem Schulberg“ dazu bei, dass eine geheimnisvolle Stimmung in der Stadt herrscht. Durch viele Touristen leider ein wenig zerstört.
Am späten Abend verabschiedete sich leider unsere Gute-Wetter-Glückssträhne von uns und es begann in Strömen zu regnen. Gegen halb eins nachts setzten wir unsere Reise, diesmal mit Bus, fort. Constanța lautete unser nächstes Ziel. Während der neunstündigen Fahrt fiel es mir schwer zu schlafen. Es war stickig, es gab wenig Platz und trotzdem war mir arschkalt. Was ’ne Kombi?
Ziemlich erschöpft kamen wir also gegen neun Uhr in der früh am Sonntagmorgen am Busbahnhof in Constanța an. Von dort aus holte uns unser Host-Typi, Ovidiu, ab. Mascha und ich hatten in der Stadt kein Hostel oder ähnliches gefunden, also versuchten wir es mit Couchsurfing. Premiere! Während wir auf ihn warteten, war ich sooo nervös, wie noch nicht mal bei meiner mündlichen Abi- oder Führerscheinprüfung! Ovidiu war so lieb extra für uns auf seiner viel zu kleinen Couch zu schlafen, damit wir sein Bett für uns allein hatten. Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, gingen Mascha und ich los, die Stadt und den Strand zu erkunden.
Never have I ever in meinem Leben so ein „Stadtzentrum“ gesehen. Ehrlich gesagt, waren wir uns zunächst nicht mal sicher, ob wir es wirklich gefunden hatten. Die Eindrücke kann man gar nicht in Worte fassen: Diverse angefangen Hotelbauprojekte, komplett aufgerissene und durch den Regen zu Schlammbäder verwandelte Straßen, riesige unabgesperrte tiefe Löcher im Boden, freiliegende Kabel und Rohre und an jeder Ecke große Plakatwände, die aufzeigen, wie viel Geld die EU in diese Stadt gesteckt hat. Nach vorankommender Arbeit sah es auf jeden Fall nirgends aus. Na ja, es war aber eben auch Sonntag.. Nachdem wir uns schon um neun Uhr ins Reich der Träume verabschiedet hatten, um unseren Schlafmangel zu kompensieren, schien am nächsten Morgen glücklicherweise wieder die Sonne und wir konnten den immerhin recht schönen Strand noch etwas genießen. Unser Plan, im Schwarzen Meer schwimmen zu gehen, ging leider trotzdem nicht auf und so machten Mascha und ich uns schon zwei Tage eher als geplant weiter auf nach Bukarest.
Dort angekommen, steigerte sich meine Laune auch wieder. Unser Hostel war wirklich gemütlich, die Hosteler super nett und die relativ angenehmen Temperaturen erlaubten es sich noch ein paar Ursus und Ciuc in der Altstadt zu gönnen. Am nächsten Morgen nahmen wir an einer Free Walking Tour teil und erfuhren so viele interessante Dinge über die Stadt und auch das Land. In den 90er Jahren z. B. wurde die rumänische Wirtschaft genauer untersucht und empfohlen mehr „plastic money“ zu benutzen, natürlich bezogen auf Kreditkarten. Der kluge Rumäne hat sich da jedoch was ganz fuchsiges ausgedacht: „Na klar, ersetzen wir einfach mal unser Papiergeld durch Geldscheine aus Plastik“ – klingt natürlich auch logisch.. Außerdem fielen viele schöne Gebäude Ceaușescus Größenwahnsinn zum Opfer. Glücklicherweise wurden aber eine Reihe von Kirchen verschont, indem sie einfach um platziert wurden.
Der Parlamentspalast – ein Auftrag Ceaușescus, ein Ungetüm von Gebäude: so groß, so teuer, so sinnfrei, so ineffektiv, so viele Opfer mit sich bringend. Denn für den Bau musste eine komplette Siedlung abgerissen werden, natürlich hat er Unmengen gekostet und tut es immer noch, um ihn in Stand zu halten. Während der einstündigen Führung durch das Regierungsgebäude, bei der wir laut Guide nur 5% der Räumlichkeiten besichtigt hatten, häuften sich die ungläubigen Fragezeichen in meinem Kopf. Fragen, dessen Antworten wohl niemand so richtig weiß..
Auch die Umgebung des Parlamentshügels macht’s nicht besser: Ebenfalls riesige Häuser im selben Baustil und gefühlt 20-spürige Straßen. Ampeln sind eher überbewertet. Da braucht es schon Polizisten, die den Verkehr regeln. Aber im Notfall immer hupen. Ist sowieso die Allzweckwaffe beim Autofahren, haben wir notiert.
Nach Museumsbesuchen, Parkspaziergängen, Weltuntergangswetter, Geburtstagsfeierei, Stromausfall und Schach-Lernerei steuerten wir Samstagmorgen unser letztes Ziel, Timișoara, an.
Dort wurde mir erst richtig bewusst, wie anstrengend und wie ohrenbetäubend der Lärm in Bukarest gewesen war. So langsam war meine Energie am Ende und ich fing an, mich wieder riesig auf Pécs zu freuen. Nicht zuletzt auch, weil ich mir durch das ekelige Wetter und den gänzlich wettertechnisch falsch gepackten Rucksack eine Erkältung zugezogen hatte. Deshalb verbrachten wir unsere beiden letzten Tage in der freundlichen, angenehmen Atmosphäre der Stadt damit in Cafés oder dem gemütlichen Hostel mit den anderen Gästen und Bewohnern rumzuhängen. Dabei lernten wir eine Deutsche kennen, die ebenfalls an »kulturweit« teilgenommen hatte, aus Neuenkirchen-Bramsche kommt und nun ein Praktikum beim Deutschen Radio in Timișoara absolviert.
Während unserer Reise haben wir viele, ganz verschiedene Eindrücke von einem, für mich doch immer noch, sehr fremden Land bekommen. Wir lernten unterschiedliche Menschen aus/von diversen Ländern und Kontinenten kennen, mit interessanten und absolut individuellen Erfahrungen und Geschichten. Eine Reise, die sich definitiv voll und ganz gelohnt hat.
Glücklich wieder in Pécs-Paradise angekommen zu sein, strahlte die Sonne wunderschön und es war sogar ziemlich warm. Danke Wetter, von dir fühl‘ ich mich völlig verarscht. But maybe that’s the best part of going away for a vacation – coming home again :)


















