Die mündlichen KCSC-Deutschprüfungen der Form 4 (vergleichbar mit dem deutschen Abitur) sind bereits geschafft. Ich habe in den letzten Wochen viel mit den Schülerinnen geübt, viel gesprochen, gelesen und wiederholt. Und es hat sich gelohnt! Die Noten bekommen sie zwar erst in ein paar Monaten, aber die meisten hatten ein gutes Gefühl, was mich sehr freut. Die schriftlichen Prüfungen finden erst Mitte November statt, sodass genug Zeit war, meine Schwester Sina zu besuchen. Sie ist über „Weltwärts“ auch in Kenia, genauer gesagt in Sega, ca. 2h Busfahrt von Kisumu entfernt, in einem Parish, wo sie u.a. in einem Kindergarten, einer Gehörlosenschule und einem Krankenhaus mitarbeitet.
Am Mittwochmorgen ging es für mich sehr früh in Meru los, denn die Fahrt hatte es echt in sich. Einmal quer durch Kenia, viele neue Eindrücke, 527 Kilometer, drei Mal umsteigen und 14 Stunden unterwegs. Ziemlich kaputt von der anstrengenden Fahrt kam ich um 20 Uhr in Sega an und wurde sogar von einem kleinen „Komitee“ empfangen. Die beiden Father Dan und Shadrack, die andere Freiwillige Cathrin und natürlich Sina waren zur Bushaltestelle gekommen, um mich abzuholen. Das Wiedersehen war wunderschön und es ist irgendwie toll, so weit entfernt von Zuhause, ein vertrautes Gesicht zu sehen. Wir fuhren zum Parish, aßen gemeinsam zu Abend und tauschten uns über unsere bisherigen Erfahrungen in Kenia aus. Anschließend zeigten Sina und Cathrin mir das Freiwilligenhaus und das Gästezimmer, in dem ich schlafen sollte. Es war sehr gemütlich, allerdings gibt es hier in Sega sehr oft Probleme mit dem Wasser und auch der Strom ist lange nicht so zuverlässig, wie ich es aus Meru kenne. Aber das ist Gewöhnungssache! Müde von der Fahrt fiel ich schließlich ins Bett und schlief sofort ein.
Am Donnerstagmorgen ging ich mit Sina und Cathrin zum Kindergarten. Es war der letzte Tag vor den Ferien, sodass die Kinder keinen Unterricht mehr hatten und frei spielen durften. Ja, ihr habt richtig gehӧrt/gelesen. Selbst die Kindergartenkinder haben schon Unterricht und lernen u.a. Swahili, Englisch, schreiben und lesen. Dafür gibt es sogar Noten, aus denen dann eine Rangliste erstellt wird. So fragen die Kinder nicht nach ihren eigenen Noten, sondern nach ihrem Rang in der Klasse. Das finde ich schade, da es den Kindern meiner Meinung nach schon in jungem Alter ein Konkurrenzdenken vermittelt. Sina, Cathrin und ich überlegten, wie wir den Kindern eine Freude machen konnten und kehrten kurzerhand mit einer Dose Seifenlauge und einer improvisierten Schlaufe zurück. Die nächsten zwei Stunden verbrachten wir damit, abwechselnd Seifenblasen zu machen, während die Kinder nicht müde wurden, ihnen hinterherzujagen und sie zu zerplatzen. Es war sehr schӧn zu sehen, wie viel Spaß sie daran hatten. Anschließend ging es zurück zum Mittagessen ins Parishhaus. Den Nachmittag ließen wir eher ruhig angehen, packten unsere Sachen fürs Wochenende, spielten Quixx (ein echt cooles Würfelspiel) und lasen ein bisschen. Nach dem Abendessen sahen wir uns – als Vorbereitung aufs Wochenende
– den Film „Dschungelkind“ an, denn am Samstag sollte es zum letzten Stück tropischen Regenwald in Kenia gehen, dem Kakamega Forrest.
Am Freitagmorgen begleitete ich Sina dann ins Krankenhaus, wo sie drei Mal die Woche Neugeborene und Babys wiegt und misst und deren Impfungen dokumentiert. Es war echt interessant zu sehen und ich durfte auch direkt mithelfen. Außerdem trafen wir dort einige Leute aus Malta, die in einer Nachbarstadt ein „Small Home“ für Kinder mit Behinderung betreuten und sogar ein bisschen Deutsch sprachen. Dank reichlich Arbeit ging die Zeit bis zum Mittag wie im Flug vorbei, sodass wir uns dann auf den Weg zurück zum Freiwilligenhaus machten, unsere Rucksäcke nahmen und mit Cathrin zum „Highway“ liefen, wo wir auch Johannna und Julia, zwei weitere Freiwillige aus einem Nachbarparish, trafen. Mit ihnen hielten wir ein Matatu an und fuhren nach Bumala, wo wir einen Bus nach Kakamega Town nahmen, oder zumindest dachten, einen Bus nach Kakamega Town zu nehmen. Denn in Wirklichkeit fuhr der Bus lediglich Richtung Kakamega Country, aber nicht in die Stadt, wo wir unser Hotel gebucht hatten. Zum Glück half uns ein freundlicher Fahrgast, in einem kleinen Dorf in ein weiteres Matatu nach Kakamega Town umzusteigen. Und so kamen wir schließlich in Kakamega Town an. Auch eine Sache, die ich hier in Kenia gelernt habe: Alles klappt irgendwie, man braucht nur Geduld.
Kurz nach uns kamen auch noch vier Jungs (Simon, Marvin, Gustav und Florian) aus zwei weiteren Parishs an. (Mal zur Übersicht: Insgesamt gibt es acht Freiwillige in der Region, die jeweils zu zweit in einem Parish sind.) So waren wir also zu neunt – zumindest vorübergehend, denn am Abend sollten noch zwei weitere Freiwillige (aus der Nähe von Kisumu) zu uns stoßen.
Nachdem wir uns alle im Hotel eingerichtet hatten, trafen wir uns in einem kleinen Konferenzraum mit Benjamin, unserem Guide, der uns am Samstag früh morgens durch den Regenwald führen sollte. Ja, früh morgens, denn wir hatten uns für die so genannte „Sunrise Tour“ entschieden. Benjamin war sehr freundlich, hatte mit Abstand die lustigste Lache, der ich bisher begegnet bin und schon beim „kurzen“ Briefing am Freitagnachmittag merkten wir, dass er sich bestens mit dem Kakamega Forest auskannte. Den Abend verbrachten wir damit, uns im Supermarkt ein Lunchpaket für den kommenden Tag zusammenzustellen und in ganz Kakamega ein Restaurant zu suchen, das nicht nur noch Chicken und Ugali im Repertoire hatte. Schließlich sahen wir ein, dass wir mit unserer Suche wenig Erfolg haben werden und setzen uns deshalb ins hoteleigene Restaurant, das wir zuvor als äußerst ungemütlich empfunden haben. Das Essen dort machte die eher ungemütliche Atmosphäre aber bei Weitem wieder gut! Ich bestellte mir Chicken mit Chapati und ein Tusker (kenianisches Bier) und es war echt köstlich! Am späten Abend setzten wir uns noch ein wenig auf den Balkon und gingen dann schlafen, da der Wecker am frühen Samstagmorgen bereits um 3:45 Uhr klingeln sollte.
Überraschend fit packte ich nach der kurzen Nacht die nötigsten Sachen zusammen, aß das trockenste Vortags-Mandazi, das ich je gegessen habe, und ging mit den anderen nach draußen, wo ein Matatu darauf wartete, uns Elf und Benjamin zum Kakamega Forest zu bringen.
Gegen halb sechs erreichten wir schließlich den Wald. Benjamin erzählte uns, dass der Wald noch schläft, aber bald erwachen wird. Tatsächlich hӧrte man lediglich ein paar Grillen am Wegesrand. Wir liefen auf der breiten Straße immer tiefer in den Wald hinein, als Benjamin plӧtzlich anhielt. Er hatte einen bestimmten Vogel (die genaue Bezeichnung habe ich wieder vergessen) gehӧrt, der jeden Morgen gegen sechs Uhr einen typischen Ruf von sich gibt, vergleichbar mit unserem Hahn. Wie auf ein Zeichen, hӧrten wir danach immer mehr Vӧgel und Frӧsche (Benjamin kannte sie alle und konnte sie auch immitieren). Besonders beeindruckend waren kurze Zeit später die Laute der Affen, die in Kämpfen ihr Revier verteidigten. Immer wieder warfen wir besorgte Blicke gen Osten, wo sich der Himmel bereits leicht rӧtlich färbte. Schließlich wollten wir den Sonnenaufgang auf einem Hügel oberhalb des Waldes sehen und hatten noch keine Hӧhenmeter zurückgelegt. Doch dann Benjamin bog mit dem Satz „Don`t worry, we are still in time.“ rechts in einen schmaleren Weg ein, wo es nun auch endlich bergauf ging. Und dann, nach wenigen Minuten, erreichten wir den Hügel. Die Aussicht war einfach atemberaubend! Wir konnten den ganzen Wald von oben überblicken und die Sonne langsam aufgehen sehen. Über den Flüssen, die sich ihren Weg durch den Regenwald bahnten, sammelte sich der Nebel. Eine tolle Atmosphäre für ein kleines Picknick. Während wir uns unsere Erdnussbuttertoasts schmecken ließen und eine Menge Fotos machten, wurde es immer heller und die Fülle an Grüntӧnen immer beeindruckender.



Später gingen wir noch zur anderen Seite des Hügels, wo wir in der Ferne auch eine große Waldlichtung ausmachen konnten. Auf dem Weg begegnete uns eine Kuhherde. Diese hätte ich in einem Regenwald nun wirklich nicht vermutet, zumal wir ihre Hinterlassenschaften grӧßeren Affen zugeordet hatten. So kann man sich täuschen! 

Den nächsten Stopp legte Benjamin dann an einer Fledermaushӧhle ein. Diese war etwa fünfzig Meter lang und gut zugänglich. Schon nach kurzer Zeit sahen wir die ersten Fledermäuse und es wurden immer mehr. In einem Loch tummelten sich sogar ganz viele kleine Fledermäuse! So nah und in der Wildnis hatte ich sie zuvor noch nie gesehen!

Vor der Hӧhle machten wir noch schnell ein Gruppenfoto, bevor wir uns dann wieder auf den Abstieg begaben. Und nun begann der wirkliche Weg durch den Regenwald. Auf kleinen und zum Teil leicht zugewachsenen Pfaden folgten wir Benjamin durch den Wald und erfuhren eine Menge über die verschiedenen Baum-, Tier-, und Pflanzenarten und ihren Nutzen für den Menschen (fast jede Pflanze war gut für oder gegen irgendwas, sodass wir uns zeitweise wie in einer riesigen Freiluftapotheke vorkamen).
Und dann erreichten wir die Lichtung, die wir zuvor vom Hügel aus gesehen hatten. Es gab einige Blumen und hochgewachsenes Gras. Wir kletterten auf einen Aussichtsturm, von wo wir einen guten Blick über die Lichtung, aber auch auf die Affen in den Bäumen hatten.


Ein weiterer, sehr rutschiger und lehmiger Weg führte uns im Anschluss zu einer Stelle, wo sich besonders viele Affen in den Bäumen tummelten. Benjamin erzählte uns, dass sie nach einer Weile auch näher kommen würden, um die Besucher zu begutachten. Das taten sie bei uns allerdings nicht. Daher verließen wir den Teil des Waldes und kamen in ein kleines Dorf, wo auch das Büro des „Kenyan Wildlife Service“ lag. Dort machten wir eine kleine Pause, bevor wir dann ein besonders altes Stück Regenwald, den „Mother Forrest“ besichtigten. Besonders interessant war dort ein Baum, dessen mit Wasser gefüllte Lӧcher einer bestimmten Fliegenart als Brutplatz dienten. Diese Fliege frisst Moskitos, sodass man im gesamten Kakamega Forest keine Angst vor Mückenstichen haben muss. Benjamin sagte uns, dass man auf diese Art vielleicht die Malaria in Kenia ausrotten kӧnnte. Außerdem gab es in diesem Teil des Waldes eine Menge hohler Bäume, die so breit waren, dass Sina und ich uns problemlos hineinstellen konnten.

Danach ließen wir den Wald hinter uns und durchquerten eine Teeplantage. Dort trafen wir eine Gruppe von Menschen, die singend und tanzend in einer Art Prozession liefen, sowie einige Soldaten. Kurze Zeit später erreichten wir eine Reptilienfarm. Dort durften wir Chamäleons auf die Hand nehmen und sahen Wasserschildkrӧten und Krokodile. Das Schlangengehege war noch leer. Dort endete unsere Tour. Wir trugen uns in Benjamins Visitorsbook ein und bedankten uns herzlich für die interessante Tour und die vielen Informationen, die er uns gegeben hat. Danach ging es in einer Bodaboda Karawane zurück nach Kakamega Town. Ein gelungener Ausflug!

Und da wir so früh aufgestanden sind, war es erst 13 Uhr und der halbe Tag stand uns noch bevor. Also checkten wir im Hotel aus und nahmen ein Matatu nach Kisumu, was nur etwa eine Stunde dauerte. Dort suchten wir uns ein Hotel für die kommende Nacht, ruhten uns aus und machten uns dann im TucTuc auf den Weg zum Viktoriasee, um dort den Sonnenuntergang zu sehen.
Dort angekommen, setzte sich die Hälfte von uns in ein Restaurant, während Sina, Cathrin, Simon, Florian und ich den Sonnenuntergang vom Boot aus sehen wollten. Mit Vincent, unserem Guide, und dem Steuermann George fuhren wir also auf den Viktoriasee hinaus. Vincent erzählte uns von der Wasserhyazinthe, einer Wasserpflanze, die sich auf dem Viktoriasee rasant vermehrt und einige Teile des Sees unbefahrbar macht. Und dann guckten uns auf einmal zwei Augen aus dem Wasser an. Darauf nochmal zwei! Sie gehӧrten zu Flusspferden, die im Viktoriasee leben und nachts im Gras am Ufer übernachten. Wir konnten unseren Augen kaum trauen. George machte den Motor aus und wir trieben eine Weile neben den Flusspferden im Wasser. Da währendessen in unserem Rücken die Sonne unterging, wussten wir gar nicht, wo wir hingucken sollten. Es war wunderschӧn! George lenkte das Boot so, dass wir alle einen guten Blick auf die schnell untergehende Sonne hatten, die sich im Wasser spiegelte. Einfach traumhaft!




Nach etwa zehn Minuten war das Spektakel dann vorbei und wir fuhren zurück zum Ufer, wo wir den anderen von unseren Beobachtungen berichteten. Dort trafen wir dann noch vier andere Freiwillige aus Kisumu, unterhielten uns kurz mit ihnen und verabredeten uns für später. Dann ging es mit dem Bodaboda zurück in die Stadt, wo wir im „Green Garden“ Restaurant zu Abend aßen. Auch das war ein voller Erfolg! Auch wenn auf der Speisekarte auch eine Menge internationaler Gerichte wie Pizza, Nudeln und sogar Cordon Bleu zu finden waren, entschied ich mich für ein kenianisches Bohnengericht (Dengu) mit Samosas (mit Beef gefüllte Teigtaschen) und Chapati. Es war sehr lecker und gemütlich! Den Abend verbrachten wir zunächst auf der Dachterasse des Hotels, bis ich anschließend mit ein paar anderen noch einmal loszog, um das Nachtleben in Kisumu kennen zu lernen.
Am nächsten Morgen wurde dann erstmal ein wenig ausgeschlafen. Nach dem Check-out begaben wir uns auf den Weg zu einem kleinen Restaurant, wo es ein gutes Frühstücksangebot gab. Etwas seltsam war, dass die Inhaber während des Essens Fotos von und mit uns machen wollten. So etwas wird hier halt alles etwas lockerer gesehen als in Deutschland. Nach dem Frühstück verabschiedeten wir die ersten Freiwilligen, die sich wieder auf den Rückweg in ihre Parishs machen wollten, und gingen dann noch zur Mall, um uns Wasser für den Rückweg zu kaufen. Ein gelungener Abschluss war schließlich der Besuch des „Java House“ (quasi das kenianische „Starbucks“), wo ich mir einen leckeren Erdbeermilchshake bestellte. Anschließend verabschiedeten Sina, Cathrin und ich uns von den anderen Freiwilligen und nahmen einen Bus zurück nach Sega. Es war ein sehr ereignisreiches Wochenende und eine unglaublich nette Gruppe!
Den Nachmittag und Abend verbrachten wir dann eher ruhig und ruhten uns ein wenig aus.
Am Montagvormittag begleitete ich Sina erneut zur MCH ins Krankenhaus. Danach fuhren wir mit einem Bodaboda zum Parish in Ukwala, wo Johanna und Julia leben, um die Work Permits von Sina und Cathrin abzugeben. Bei dieser Gelegenheit konnte ich mir noch ein weiteres Parish angucken, was aber im Prinzip ähnlich aufgebaut ist wie das in Sega. Wir setzen uns gemeinsam ins Parishhaus, tranken Saft und Soda und vergaßen darüber die Zeit. Um kurz nach sechs nahmen Sina und ich uns schnell ein Bodaboda, um noch vor Anbruch der Dunkelheit zurück in Sega zu sein.
Der Dienstag war mein letzter Tag in Sega. Da Sina sich am Morgen das Labor des Krankenhauses ansehen wollte, ging ich ins „Silicon Valley“ (ein Internetcafe) und schrieb meinen längst überfälligen Blogeintrag zu Mombasa. Am Nachmittag fuhr ich dann mit Sina nach Yala, wo wir die Ndege Wasserfälle besichtigten. Anschließend unterhielten wir uns in einem Cafe mit den freundlichen Besitzern und schlenderten ein wenig über den großen Markt. Zurück im Parish wurden wir mit frischen Chapati und Green Grams begrüßt, eins meiner Lieblingsessen hier in Kenia! Später spielten wir noch eine Runde Quixx, ehe ich dann leider schon wieder meine Sachen packen musste.


Am nächsten Tag verabschiedete ich mich schon sehr früh von Sina und Cathrin, um mich wieder auf den Rückweg zu machen. Ich war dennoch ziemlich spät dran, da mir einige Leute falsche Auskünfte gegeben hatten, was mich ziemlich ärgerte. So musste ich die letzten Stunden meiner Reise im Dunkeln bewältigen, was hier ziemlich anstrengend ist. Erst drei Zebras, die in der Dämmerung, nicht weit von der Straße durchs Gras liefen, konnten meine Laune wieder bessern. Ziemlich geschafft kam ich schließlich wieder in Meru an. Es war eine wundervolle Woche!
Eure Lara 