Wie ihr vielleicht/ hoffentlich gelesen habt, war ich am vergangenen Wochenende in Vilnius, der Hauptstadt Litauens. Dabei hatten Sophie und ich auch Gelegenheit, zu überlegen, was an Lettland wir nach unserer Rückkehr definitiv vermissen werden. Da diese Liste Aufschluss darüber gibt, was hier anders ist als in Deutschland, will ich sie euch nicht vorenthalten und im Laufe der Zeit ergänzen. Erste Gedanken zu dem Thema findet ihr auch hier: https://kulturweit.blog/921km/2014/09/11/wenn-die-oberleitung-funkt/
Cider. Dass ich mein Lieblingsbier, „Jever“, hier nicht finden würde, damit hatte ich gerechnet. Damit, dass ich so lange brauche, einen Ersatz zu finden, nicht. Ich probiere mich noch immer durch die lettischen Biersorten auf der Suche nach einem eher herben Geschmack. Es gibt zwar 1-2 nette Biere, aber nichts, das „Jever“ wirklich nahe käme. Normalerweise würde ich dann auf Wein umsteigen – nur ist der leider eher teuer in Lettland. Daher ist Cider der perfekte Kompromiss: Apfelschaumwein aus der Flasche oder dem Zapfhahn, in den Sorten Brombeere, Apfel oder Birne. Gibt es in süß oder etwas herber – und ist bezahlbar. Natürlich gibt es das auch in Deutschland. Hier ist es nur einfach wirklich verbreitet, die Vielfalt ist ebenfalls größer.
Secondhandläden. Natürlich gibt es auch diese in Deutschland. Hier hat das Ganze aber System: Es gibt auch H&M, Zara, Mango und viele andere Marken. Dieselben Klamotten in sehr guter Qualität zu unschlagbaren Preisen gibt es aber eben auch in den vielen Secondhandläden in Riga. Hier gibt es ganze Ketten, mein Favorit ist „Humana“. Jetzt mal von den Preisen abgesehen bin ich ja ohnehin ein Fan von Secondhand – ich finde es einfach viel nachhaltiger und mag diese westeuropäische Wegwerfmentalität nicht.
Zentralmarkt. Auch Wochenmärkte gibt es in Deutschland. Aber glaubt mir, das ist NICHTS im Vergleich zu diesem absolut großartigen, riesigen Zentralmarkt in Riga. Hier gibt es zwar auch nicht alles, aber eine unglaubliche Vielfalt an Dingen. Und: Er ist jeden Tag die Woche geöffnet. Verpasst man den Markt, gibt es noch den Nachtmarkt von 19 Uhr bis 5 Uhr früh. Die Lebensmittel auf beiden Märkten sind größtenteils frisch – man muss nur ab und zu genauer hinsehen.
Öffnungszeiten. Schon mal sonntags festgestellt, dass kein Wasser/ Bier/ Joghurt etc. mehr im Haus ist und an der Tankstelle den dreifachen Preis gezahlt? Ich erinnere mich vage. Hier ist sonntags zwar kein normaler Arbeitstag, Büros und kleinere Läden sind in der Regel geschlossen, aber Supermärkte oder Einkaufszentren haben selbstverständlich geöffnet. Für mich und ich denke auch für viele andere Berufstätige ist das eine große Erleichterung.
Türcodes oder „das Gefühl der Macht“. Im Ernst, Haustürschlüssel erfüllen natürlich denselben Zweck. Ich hatte aber immer Angst, meine Schlüssel zu verlieren, insbesondere den für die Haustür. Stellt euch nur mal die Kosten vor, diesen für alle Parteien im Haus nachmachen zu müssen. Gruselig. Da sind mir die Zahlenpads vor den Toren und Türen deutlich lieber.
Plombir und Pelmeni. Lettische und erst recht russische Küche halten für Vegetarier_innen relativ wenig bereit. Aber es gibt sie, diese Kleinigkeiten, die man dennoch gut essen kann. Aus der auch in Riga weit verbreiteten russischen Küche liebe ich nach wie vor Plombir und Pelmeni. Plombir ist Eis in der Waffel. Nur läuft diese Waffel nicht spitz zu, sondern hat die Form eines Bechers. Unglaublich praktisch! Pelmeni sind Teigtaschen, die in der Regel mit Schweinefleisch gefüllt werden. Damals, als ich noch Schweinefleisch gegessen habe, habe ich sie geliebt, später habe ich sie durch Geflügel ersetzt. Seit ich Vegetarierin bin verzichte ich. Und, um das bei dieser Gelegenheit anzuführen, Fleisch fehlt mir auch nicht. Aber ich liebe Teigtaschen gefüllt mit igendwas und war deshalb glücklich, als ich hier einen Laden entdeckt habe, der Pelmeni mit Käse überbacken und Pelmeni gefüllt mit Gemüse anbietet. Mittagessen gerettet!
Musik in Kneipen. Ob Folkmusik-Konzert im „Ala“ oder Nick Cave vom Band im KKC – ich habe den Eindruck, die Musik in Kneipen ist hier viel weniger nervig als in Deutschland. Ich kann mich aber auch täuschen, da ich ohnehin keine typische Club-Gängerin bin, sondern wirklich lieber gemütlich mit Freunden zusammensitze.
Kino. Natürlich ist es angenehm, dass in Deutschland so gut wie alle Filme synchronisiert werden. Hier lohnt sich das aber offensichtlich nicht, daher ist es normal, dass Filme im O-Ton im Kino laufen. Mit Untertiteln. Faszinierend finde ich dabei, dass die Untertitel auf Russisch und Lettisch sind. In welchem Land kann man schon dreisprachig ins Kino gehen?!
E-Talons. Nachdem ich die letzten zwei Jahre ohne Semesterticket durch Hamburg gegondelt bin, habe ich nicht nur festgestellt, wie teuer Busfahren sein kann, sondern auch, wie nervig es ist, jedes Mal vorn einzusteigen, sich in die Schlange zu stellen und möglichst passende Cents aus der Tasche zu kramen. Hamburg, blicke mal gen Osten! In Riga kauft man am Kiosk ein Papierticket, die E-Talons. Entweder für 5 oder 10 oder 20 Fahrten. Damit steigt man in den Bus oder die Tram, scant das Ticket am Automaten ab und setzt sich hin. Fertig. Es ist dabei egal, wie lange man fährt, ob nun 40 Minuten oder 5. Und das Beste: Eine Fahrt kostet etwa 0,60€.
Brötchen. Nachdem ich bisher ja nur Positives geschrieben habe, von dem Jever-Problem einmal abgesehen, kommt nun eine erste kleine Kritik an Riga: Ich vermisse Brötchen! Richtige, echte Vollkornbrötchen, belegte Brötchen, Franzbrötchen – Bäckereien?! Wie ich in einem älteren Beitrag bereits geschrieben habe, gibt es hier natürlich auch Bäcker. Jedoch verkaufen diese eher süße Teilchen und belegte Brötchen maximal mit Fleisch – das ich ja nicht esse, da ich Vegetarierin bin. Die wirklich genialen und kreativen Torten entschädigen mich zwar ein wenig dafür, aber ich weiß definitiv, was ich bei meinem nächsten Deutschlandbesuch zuerst tun werde ;).