177 Tage. 25 Wochen. Solang liegt zwischen dem 30. August, dem Datum meiner Ankunft, und dem heutigen 23. Februar. Vom 30. August bis zum Tag meiner Abreise sind 49 Wochen.
Huch, wo ist die Zeit geblieben? Aber auch: Puh, nochmal fast genauso lang. Und: Oh jee, wann soll ich bloß noch [unendlich lange Liste von Dingen] machen?
Ich gebs gern zu, ich sehe das hier mit vollkommen gemischten Gefühlen. Ich erlaube mir eine gewisse Ambivalenz. Aber am liebsten möchte ich meine bisherige Zeit hier mithilfe von Janosch erklären.
Die Geschichte geht so:
Die zwei Freunde Tiger und Bär leben glücklich in einem Häuschen in der Nähe eines Flusses. Susa lebt glücklich in einem Studentenwohnheim in Südberlin. Eines Tages fischt der Bär eine leere Holzkiste mit der Aufschrift „Panama“ aus dem Fluss. Er schnuppert an der Kiste, und sie riecht nach Bananen, und er beschließt, dass Panama das Land seiner Träume sei. Sie stößt auf Kulturweit und beschließt dass sie unbedingt weg muss. Der Bär erzählt seinem Freund Tiger phantasievoll, dass Panama ein Ort sei, wo alles besser, größer und schöner als Zuhause sein soll und dass sie nun in dieses Land reisen sollen. Sie träumt monatelang, wohin es sie wohl verschlagen wird. Am nächsten Tag machen sich die beiden mit einem Kochtopf, einer Fischerrute, einem Hut und der Tigerente auf den Weg nach Panama.Zusage. Mit eineinhalb Koffern geht es 8000 Kilometer in die Ferne. Zuerst fertigen sie aus der Kiste einen Wegweiser und gehen in die gezeigte Richtung. Während ihrer Reise treffen sie auf die verschiedensten Tiere. (die verschiedensten Menschen. <3) Die meisten wissen nicht, wo Panama liegt, und einige geben ihnen falsche Richtungsangaben. Die beiden Freunde laufen durch diese Angaben im Kreis herum und kommen schließlich wieder in ihrem alten Zuhause an. (Sie reist tausende Kilometer durchs südliche Afrika, um letztendlich doch alle paar Monate Heimweh zu bekommen) Da in der Zwischenzeit ihr Haus durch die Witterung angegriffen worden ist, sowie die Bäume und Sträucher gewachsen sind und die Brücke nicht mehr vollständig intakt war, ist ihnen nicht bewusst, dass sie wieder in ihrem ursprünglichen Zuhause angekommen sind. Sie finden auf dem Boden vor ihrem Haus den Wegweiser mit der Aufschrift „Panama“ und glauben deshalb, dass sie tatsächlich an ihrem Ziel angekommen seien. Sie reparieren das Haus und sind glücklich, endlich im Land ihrer Träume zu sein. (Ich komme zurück und realisiere, wie schön es zuhause schon immer war. Ich ändere ein paar Dinge, von denen ich jetzt weiß, wie ich sie besser machen kann.)
Und nun zum absolut aller, aller wichtigsten an dieser kleinen Gleichung:
„Du meinst, dann hätten sie doch gleich zuhause bleiben können? Du meinst, dann hätten sie sich den weiten Weg gespart? Oh nein. Denn sie hätten den Fuchs nicht getroffen und die Krähe nicht und sie hätten den Hasen und den Igel nicht getroffen und sie hätten nie erfahren wie gemütlich so ein schönes weiches Sofa aus Plüsch ist.“
(Janosch – Oh, wie schön ist Panama)
Und ich hätte die Jungs nicht getroffen und die Mädels nicht, „Frau K.“ nicht und die Einhornprinzessin nicht, Miss Kathi nicht und auch all die zahllosen Menschen von denen es keine Fotos gibt nicht. Janosch wusste nämlich noch was:
„Wenn man einen Freund hat, … braucht man sich vor nichts zu fürchten.“
(Janosch)
Ich könnte jetzt zurück blicken oder voraus blicken oder so. Das tun Menschen wohl zu Halbzeiten. Leider habe ich immer noch nicht das Gefühl, annähernd alles bewusst erfasst zu haben, was ich in den letzten 5 einhalb Monaten hier gelernt habe. Ich bin nicht furchtbar selbstreflektiert was mein Hiersein angeht. Die meisten Veränderungen werden wohl wenn dann anderen und nicht mir auffallen. Mir passiert das hier alles einfach. Dennoch könnte ich den Anlass natürlich ein bisschen zum Denken nutzen. Blondie strengt ihr Gehirn an. Wie lang das gedauert hat, könnt ihr dann errechnen, indem ihr die Tage vom 23. Februar bis zum Erscheinen dieses Posts zählt.
- Die Klappe aufkriegen. Fragen, was ich wissen will. Sagen, was mir nicht passt.
- Mich öffnen. Auf Menschen zugehen.
- Es geht alles um die Menschen. Gute Gesellschaft, loyale, fürsorgliche und dem Leben zugewandte Freunde sind der beste Garant für Glück.
- In den Tag leben. Loslassen. Im hier und jetzt sein. Situationen genießen.
- Gelegenheiten nutzen. Wer weiß, wann die sich mal wieder bieten.
- Ich kann Menschen am Reden halten. Wenns sein muss, eine Stunde lang live. Darauf bin ich fast ein bisschen stolz.
- Die beste Art zu Reisen ist mit Rucksack, Zelt, Campingkocher, Autochen und guter Gesellschaft. Und ab und zu ein Fläschchen Wein und ne große Packung Doritochips.
- Mich von Menschen überraschen lassen.
- Was zuhause ist und was ich brauche um zuhause zu sein.
- Wo ich herkomme und was mir das bedeutet.
- There are no strangers,just friends that you haven’t met yet.
- Babberlash ist das bessere Wort für “Kater”.
- An mich selbst glauben. Ich schaffe das schon.
Habe ich mich also verändert? Natürlich. Aber nicht auf eine „Finde-dich-selbst-in-Indien“-Art und Weise und auch nicht auf eine „Ich gehe nach Afrika und sehe [füge beliebiges Klischee über den Kontinent ein (Elefanten/Hunger/Armut/Krieg/Wüsten/Weite/Gastfreundschaft)]“ Art und Weise, auch nicht auf die „Ich-hab-die-Welt-gesehen-ihr-Dummies“-Art oder die „Man-war-des-hart-da-unten-im-globalen-Süden“ Art. Es gab krasse Hochs und Tiefs und extreme Erlebnise und Ängste und pures Glück. Ich habe nicht nur über fremde Menschen, Kultur und Sprache gelernt sondern über mich selbst. Und natürlich hat mich das verändert, aber mal ehrlich, sonst wäre das Jahr hier auch irgendwie Verschwendung. Natürlich bin ich nicht wie ausgewechselt, aber doch hat das eine oder andere natürlich Spuren hinterlassen.
Was steht noch an?
Noch mehr Menschen treffen, noch mehr Oshivambo lernen, noch mehr reisen (Südnamibia, Kapstadt, Farmausflüge am Wochenende), das Kulturweit-Projekt, den namibischen Winter zu erleben, noch mehr Erlebnisse, die ich wohl nie vergessen werde.
Am Ende dieses Beitrags möchte ich noch T. danken, von der ich dieses ganz wunderbare Panama-Zitat habe.





3 Kommentare