Zitronenlimonade und die Stimme aus dem Off

Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, mach’ Limonade draus. Meine Limonadenproduktion steigt. Kürzlich exportierte das Endprodukt auf Facebook in Form von glücklichen Fotos.

Die Anfangszeit ist nicht leicht. Manchmal möchte man sich Scheuklappen anbinden und in die eigenen 4 Wände einsperren. Man träumt sich nach Hause und erwischt sich dabei, wie man den besten Freunden davon berichtet, wie schwer hier alles gerade ist. Das ist falsch, denn Probleme vor Ort löst man am besten vor Ort und nicht am Laptop. Oder um zu den Zitronen zurück zu kommen: Man kann sich die saure Zitrone beim telefonieren wieder und wieder durch den Kopf gehen lassen. Oder man geht raus und sucht nach Zucker und Wasser.

Windhoek ist jeden Tag wie eine Wuntertüte. Mal freut man sich, und mal nicht. Doch wenn einem das Wasser bis zum Hals steht, soll man ja bekanntlich den Kopf nicht hängen lassen, sondern schwimmen. So trieb es uns am Wochenende aus der Stadt. Aufmerksame Blogleser wissen, dass es am vergangenen Dienstag Anlass für eine VisumsPARTEY gab, ich also die Stadt verlassen konnte ohne Angst habe zu müssen, an der nächsten Roadblock verhaftet zu werden.

Aber hier gibt es nicht nur die großen Highlights, die Natur und den ganzen Kram, den sich jeder eh unter Namibia vorstellt. Denn was zählt, ist der Alltag in der „fremden Welt“. Vielleicht mal eine kleine Liste.

 

  • Freunde. Und damit meine ich, Verzeihung, Freunde vor Ort. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid und Glück ist bekanntlich das einzige Gut, das sich vervielfacht, wenn man es teilt.
  • Herauszufinden, wie es hier mit den Taxis funktioniert. Steht man nämlich auf der falschen Straßenseite, nimmt einen niemand mit. Man steht bis zur Verzweiflung.
  • Der Vogelstrauß, der am Flughafen spazieren ging, als ich gelandet bin. Und die Affen, die an der Autobahn am Rand ihre Faxen machen.
  • So langsam die Absurditäten dieses Landes zu verstehen. Im Club fragt jemand: „Gibt es hier Pfand?“ Brüllendes Gelächter allerseits.
  • Die Zucker-Zimt-Pancakes von den beiden Ladies am Pick’n’Pay. Dieser Geschmack – ein Traum. Ein Stück kostet 3 Dollar, etwa 25 Cent. Die Rettung, wann immer der Hunger nicht bis nach dem Einkauf warten kann.
  • MEIN VISUM MEIN VISUM MEIN VISUM
  • Zu merken, wie ich hier immer weniger Zeit daheim verbringe.
  • Avocado-Toast.
  • Meine ersten Interviews allein führen zu dürfen.
  • Lieblingsplätze in Windhoek zu entdecken, herauszufinden: Hier gibt es sogar manchmal Poetry Slams.
  • Ein Kompliment bei der Arbeit zu bekommen, etwas gut gemacht zu haben.
  • Karaoke-Night. One of my best nights here so far.
  • Englisch und Deutsch vermischen sich in meinem Kopf immer mehr, es fällt mir leicht zu switchen und flüssig zu sprechen. Diese Blockade ist also weg.

 

Und natürlich gibt es die großen, fetten, klischee-esquen Highlights. Unser Roadtrip am Wochenende nach Swakopmund war so ein Highlight. Ein weiteres Highlight war aber auch der heutige Tag: Hannah und ich haben den Arbeitsplatz gewechselt. Heute gings zum Fernsehen. Denn jemand musste die deutschen Fernsehnachrichten für morgen früh, 09:15 machen. Zuerst dachte ich ja ehrlich gesagt, das sei ein Witz, dass die damit jetzt zwei Praktis betrauen, aber nö. Hier hat niemand Probleme mit unserem „Rang“, wenn wir es gut machen, langt das.

Also haben wir heute die englischen Nachrichten übersetzt – das war ehrlich gesagt ganz schön schwierig. Meist erfasst man zwar sehr genau den Sinn eines Satzes, aber leading chief productive executor und ähnliche Begriffe gelingen dann doch nicht so schnell in tadellosem Deutsch. Dann mussten wir uns noch teilen, eine von uns Voicer und eine Presenter. Wer meine panische Vortragsangst kennt, weiß, dass ich mich liebend gerne für die Stimme aus dem Off entschieden hab. Ab gings in die nicht wirklich schalldichte Kabine zum einlesen. Das Voiceover ist der Text, den man in den Nachichte hört, während das Video zu einer Meldung abläuft. Hannah war dann Presenterin und wurde im Studio gefilmt, wie sie die einzelnen Meldungen anmoderiert hat.

Eigenlob stinkt zwar, aber ich denke, dass wir das gut gemacht haben. Keine Versprecher und nach meinem Ermessen gute Sprechstimmen und keine Übersetzungsfehler. Ich bin gespannt, ob ich an ein Video der Sendung gelange, denn bei der NBC wird noch auf Band aufgenommen. So hoffe ich, das ganze zumindest morgen von der Arbeit aus live verfolgen zu können.

 

Und Swakopmund. Ehrlich gesagt, der Roadtrip war ein so reichhaltiges Erlebnis mit so vielen Facetten und Erlebnissen, dass ich mich schwer tun werde, hier alles zusammen zu fassen. Vieles kann man auch einfach nicht beschreiben, es ist dieses Gefühl, die Stadt zu verlassen, bis an den Horizont blicken zu können, das Radio auf der Straße laut zu drehen und singend in den Sonnenuntergang zu fahren. Zu wissen, dass man alles tun kann wozu man Lust hat, zum Beispiel auf der Autobahn tanzen, weil das einfach geht. In Swakopmund kann man nachts einfach rumlaufen als Mädels, das fühlt sich großartig an. Menschen zu treffen, sympathische und merkwürdige. Will man es als Kommerz-Opfer mit der Fantawerbung ausdrücken, könnte man sagen, dass ich an dem Wochenende das Leben mit dem großen Löffel gegessen habe. Ich war essen und feiern, am Cape Cross eine Robbenkolonie von 2000 Robben bestaunen, bin nachts am und im Atlantik herum geklettert und spaziert, war Sandboarden in der Namib-Wüste und habe verdammt wenig geschlafen. Vom ganzen Singen während des Autofahrens war ich etwas heiser. Und ich habe so viel gelacht. Deswegen an dieser Stelle einfach ein paar Fotos. Das sind aber nur sekundenschnelle Eindrücke.

 

Sandboarden in der Namib. Und ich kann das auch noch.

Sandboarden in der Namib. Und ich kann das auch noch auf Anhieb.

Ausgesetzt :P

Ausgesetzt 😛

Schiffswrack um Schiffswrack Richtung Norden

Schiffswrack um Schiffswrack Richtung Norden

Robbenfamilie

Robbenfamilie

Ein paar der unendlich vielen Robben

Ein paar der unendlich vielen Robben

Jetzt ist es schon zehn nach acht, für mich fast Bettchenzeit. Gute Nacht!

2 Kommentare

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