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Mein Heimatland

Keine weiteren Bären und Berge mehr (für jetzt)

Wie viele wahrscheinlich schon wissen oder erahnt haben, bin ich inzwischen schon längst nicht mehr an meiner Einsatzstelle in Brașov tätig, sondern sitze nun seit beinahe vier Wochen bereits wieder in Deutschland. Am 16.03. ereilte alle Kulturweitfreiwilligen, die noch in der großen, weiten Welt verstreut waren, die dringende Bitte, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Angesichts der immer unübersichtlicher werdenden Lage auf der ganzen Welt war dies die Schutzmaßnahme, die die UNESCO-Kommission und das Auswärtige Amt für angemessen hielten.

Und auch wenn das im ersten Moment nicht leicht hinzunehmen war, so zeigt sich spätestens jetzt, dass es die einzig verantwortliche Option war. Denn nun, fast vier Wochen nachdem ich so übereilt Abschied nehmen musste von einem Ort, der mir im vergangenen halben Jahr ans Herz gewachsen und zu einer zweiten Heimat geworden ist, ist die Lage in Rumänien wie in Deutschland und wie im Rest der Welt angespannter denn je. Dort herrscht weiterhin der Nationale Notstand, die Schulen werden (nach dem was ich gehört habe) frühestens im Juni wieder geöffnet und es wird wohl noch viel Zeit und leider Gottes auch viele Kranke und Tote fordern, bis in diesem Land, das gerade auf so einem vielversprechenden Weg war, wieder so etwas wie Normalität einkehren kann.

Ich habe einige Zeit seit meiner Abreise ins Land ziehen lassen, sodass ich nun mit einem etwas klareren Blick auf das Geschehene zurückschauen kann. Denn meine ersten Reaktionen waren beherrscht von Unverständnis und Trotz, angesichts dieser scheinbar überharten und übervorsichtigen Order. Ich hatte doch gerade einmal die Hälfte des eigentlich vorgesehenen Jahres hinter mir – und noch dazu die kalte! Für Frühling und Sommer waren so viele tolle Dinge geplant: Ich wollte Städte besichtigen, bei angenehmem Wetter durch die Karpaten wandern, ja – wir hatten sogar Karten für ein EM-Achtelfinale in Bukarest! Doch nun sollte dies alles mit einem Schlag nicht mehr sein. Einfach so, wegen einer Gefahr, die (zu diesem Zeitpunkt) noch nicht einmal wirklich sicht- oder greifbar war. Doch bekanntlich heilt die Zeit alle Wunden und auch meine Wut und Enttäuschung wurden gedämpft durch die Anwesenheit eines anderen Freiwilligen, der bei mir in Brașov war, als uns die Hiobsbotschaft erreichte und schwollen so langsam ab. Schließlich hatten wir bereits in unserem ersten halben Jahr so viel Neues kennen- und schätzen gelernt, wie vermutlich noch nie zuvor. Wir kamen mit neu gewonnen Fähigkeiten und Erfahrungen zurück, die unseren Blick auf die Welt verändert und geschärft hatten. Ja, wir hatten sogar eine neue Sprache gelernt. Und auch wenn die Zeit nun doch schneller als gedacht vorbei war, ist doch eines sicher: Es war eine unvergessliche Zeit und das war sicherlich nicht mein letzter Aufenthalt in diesem wundervollen Land! Dies wissend, konnte ich Rumänien – wie man so schön sagt – mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen; wobei es bei der Abreise aus Brașov vielleicht doch eher zwei weinende waren.

So kommt wohl auch dieser Blog nun langsam zur Ruhe. Auch wenn ich nicht so häufig geschrieben habe, wie geplant (jetzt, wo ich ja mehr Zeit habe, kommen vielleicht nochmal ein oder zwei Beiträge zu Themen, die ich unbedingt noch behandeln wollte), so hoffe ich doch, dass ich einen bescheidenen Teil dazu beitragen konnte, dass ihr mehr über dieses wunderbare Land, das kulturell wie naturell so viel zu bieten hat, erfahren konntet. Vielleicht stattet ihr ihm ja eines Tages, wenn das Reisen wieder so möglich ist, wie wir es gewohnt sind, selbst mal einen Besuch ab. Denn das ist immernoch der beste Weg, sich von Vorurteilen zu befreien und seine eigene Sicht der Dinge zu erlangen.

Falls ihr noch Fragen zu Rumänien, diesem Blog oder irgendetwas anderem habt, so lasst sie mir doch gerne per Kommentar oder E-Mail (ulrichinbrasov@web.de) zukommen. Zeit genug hab ich ja 😉