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Irgendwo bei Gori in den Bergen

Hallo ihr,

noch ein kurzer Nachtrag, denn letzte Woche waren wir endlich ein bisschen wandern!

Unser eigentliches Ziel war Uplistsikhe, eine alte Fels- und Höhlenstadt. Also sind wir los, mit der Marshrutka nach Gori, die nächste größere Stadt von dort. Außerdem zweitwichtigste Stadt nach Tbilisi, Geburtsstadt von Stalin und knappe eineinhalb Stunden Fahrt entfernt. Dort angekommen, ging’s durch menschenleeere Straßen (wegen Ostern) zur mittelalterlichen Festung auf dem Hügel, die der Stadt ihren Namen gibt. Als wir Gori von oben betrachteten, schien die Sonne und der Wind fegte über die Wiese durch unser Haar.

 

Mit dem Taxi fuhren wir dann weiter nach Uplistsikhe – unsere erste Landfahrt! Mit 100 km/h durch die Dörfer, die auf der Strecke liegen. Manchmal langsamer, wenn tiefe Löcher die Spur ausbremsen. Wiesen und Häuser ziehen vorbei, leuchtende Bäume und Rinder. Ein junger Mann, der rauchend an seinem Auto lehnt, die Motorhaube geöffnet. Ein alter Mann, der an einer Bushaltestelle sitzt und wartet. Eine Frau, die an einer staubigen Straßenkreuzung steht und unserem Taxi nachguckt, dem einzigen Auto weit und breit. Ein Zeichen, dass Dinge in Bewegung sind. Nicht unbedingt heute und in diesem Dorf. Aber weit weg in der Stadt. Und manchmal führt der Impuls, der vom Zentrum ausgeht, durch diese ihre holprigen Straßen.

Dann kommen wir an, doch die Attraktion ist heute geschlossen. Der Taxifahrer fährt uns also woandershin, in die Berge, zu einer Kirche, dort soll es schön sein und setzt uns schließlich ab. Auf einer staubigen Bergstraße steigen wir aus und sehen direkt besagte Kirche. Ansonsten sind wir mitten in der Natur, nur die Dörfer, die wir bei der Fahrt hier hoch gesehen haben, verraten uns, dass Zivilisation nicht weit entfernt ist. Und der Mann, der extra für uns die Kirchtore aufsperrt und innen alle Kerzen anzündet. Wir bedanken uns und treten nach einiger Zeit wieder aus dem hohen, kalten und finsteren Raum aus in die warme Luft und auf den sonnenbeschienenen Weg. Wir gehen los und in der Abwesenheit des Windes spüren wir die volle Kraft der Sonne. Als wir gerade den Fluss über eine kleine Brücke überqueren wollen, kommt ein Jeep des Weges und bleibt im Wasser stecken. Den Fahrer scheint das allerdings nicht aus der Ruhe zu bringen und als wir Hilfe anbieten, winkt er müde lächelnd ab. Abwarten und aussitzen, heute spielt Zeit keine Rolle.

Bald kommen wir zu einem wunderschönen Anwesen, wine cellar steht auf einem Schild. Dabei ist es kein Keller, sondern eine wahnsinnig hübsche überdachte Terrasse umgeben von einem netten Garten inmitten der bewachsenen Felder entlang der Berge. Verlassen liegt es da, trotzdem treten wir zögerlich ein, setzen uns in die Sonne und streicheln den Hund mit den bernsteinfarbenen Augen. Irgendwann kommt ein Mann von oben aus dem Haus, ganz entspannt und wir unterhalten uns. Zu meiner Freude kann er sehr gut Deutsch, ich mag ihn auf Anhieb. Als seine Frau uns Essen kocht (wahnsinnig lecker), holt er uns Wein und Tschatscha und setzt sich zu uns. Für mich ist er ein typischer Landmensch: mit seinem ganzen Wesen strahlt er Ruhe und Zufriedenheit aus, denkt oft länger über Sachen nach, bevor er antwortet, redet ruhig und bedacht, lässt Gesprächspausen zu, lächelt gern und ehrlich. So erfrischend und ruhebringend!

Glücklich ob dieses tollen Geschenks, das uns dieser Tag so unerwartet gebracht hat, brechen wir nach dem Essen auf und wandern noch ein bisschen zwischen den Bergen, Bäumen und Wiesen umher.

 

Tatsächlich fährt von der Kirche später ein Bus nach Gori, wir kommen genau zur rechten Zeit und steigen ein. Zurück in Tbilisi treffen wir uns abends mit Lina, Léonie und Paul und stoßen auf unseren Tag an. Wo wir waren? Wissen wir nicht. Aber schön war’s!

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