G’schichtn über Höflichkeit und Umweltschutz

Einen wunderschönen guten Abend! (17:23 Uhr in Khujand – 27.09.16)

Long time, no see! Offiziell melde ich mich erst so spät, (bin jetzt schon 2 Wochen hier) weil ich erst seit ein paar Tagen einen Internetstick für den Laptop besitze; inoffiziell, weil ich schon so unfassbar viel erlebt habe und nicht wusste wo ich anfangen soll zu berichten. Dieses Mal also eher informativ als unterhaltend.

So, los geht’s. Eine neue Folge von G’schichtn aus Tadschikistan. Was bisher geschah…

Nachdem ich den Flug von Moskau nach Khujand, eingequetscht zwischen zwei tadschikischen Englischlehrerinnen mit meinem Lieblingshobby „Smalltalk um 4 Uhr nachts“ überstanden hatte, kam ich endlich bei meiner Gastfamilie an.

Meine Family ist überragend! Die Mutter (Malika) spricht großartig Englisch, führt mich ganz behutsam und mit viel Verständnis durch die Tadschikische Küche, kocht jeden Tropfen Wasser für mich vorher ab, um Magenverstimmungen vorzubeugen und bemuttert mich jetzt schon so, dass sie auch mal ihre ganzen Bankkolleginnen und -kollegen in der Gegend umherschickt, bis ich endlich Geld abheben kann. Der Vater (Jamshed) besitzt große Felder mit allerlei Obst und Gemüse und ist die ruhige Seele der Familie. Er ist der Beweis dafür, dass es nicht immer vieler Worte bedarf, um sich zu verständigen; genauer gesagt brauchen wir überhaupt keine Sprache. Ansonsten besteht die Familie noch aus der kleinen Schwester Sitora, dem fast 2 Jahre alten Baby Jahon und Khurshed. Khurshed ist mein Gastbruder, aber wir verstehen uns so gut, dass wir das „Gast-“ schon gestrichen haben.

Die Arbeit am Goethe-Gymnasium macht großen Spaß! Meinen Kolleginnen sind super nett; sie haben mich sogar schon als ihren Adoptivsohn angenommen. Die Schule hat einen wunderschönen Innenhof mit vielen Blumen und Bäumen. Sie ist relativ klein, aber das macht den Unterricht direkter und das Verhältnis zwischen Schüler und Lehrer persönlicher.

Jeden Morgen um 6 Uhr klingelt der Wecker – boa hab ich DAS vermisst <3. Dann geht es mit dem Schulbus zur Schule. Gemeinsam mit den anderen Lehrerinnen bereiten wir die zwei 11.ten Klassen auf ihr Deutschexamen vor. Gerade haben wir die Projektwoche „Umweltschutz“ ausgerufen. Die Schüler bereiten Projekte vor, debattieren und haben bereits einen Film gedreht. Ansonsten bin ich auch oft in jüngeren Klassen und spiele beispielsweise „Stille Post“, „Galgenmännchen“ oder lasse sich die Kinder gegenseitig vorstellen, um ihr Deutsch-Repertoire zu erweitern und die Aussprache zu verbessern.

Mir begegnet eine extreme Höflichkeit hier. Im Schulbus wird mir ein Sitzplatz angeboten, ich werde von wirklich jeder/m persönlich gegrüßt und manchmal wird auch meine Tasche getragen. Ich habe das Gefühl, dass es hier eine andere Auffassung von Höflichkeit und Respekt gegenüber Erwachsenen gibt.

Nächste Woche geht’s für mich für 4 Tage in die Hauptstadt Duschanbe. Zum einen um die Stadt ein wenig zu erkunden, zum anderen weil ich bezüglich der Wiedervereinigung Deutschlands am 03. Oktober zu einer Feier in die Deutsche Botschaft eingeladen wurde. Eine echte offizielle Einladung zu einer echten offiziellen Botschaft!!!!

Weitere Fun-Facts:

  • – Ich habe angefangen russisch zu lernen, bin aber absolut talentfrei und habe mein Maximalziel auf „das Erklären eines Taxifahrers wo ich wohne“ beschränkt
  • – Die Busse hier heißen Marschrutkas (keine Ahnung wie man das schreibt, man spricht es zumindest so) und ihre Decke liegt ungefähr auf der Höhe meiner Schulter
  • – Der Reflex sich im Auto anschnallen zu wollen hat sich als überflüssig und „fahrerbeleidigend“ erwiesen – keine Sorge Mama, hier fahren alle sehr vorsichtig und rücksichtsvoll 😉
  • – Chunchukaral ist nicht etwa ein Tadschikisches Schimpfwort, sondern ist der Name einer Art Freizeitpark hier, der erschreckende Ähnlichkeit mit dem Cannstatter Wasen hat
  • – Der kleine Jahon kann meinen Namen „Tim“ nicht aussprechen und hat mich auf den einfacheren Namen „But“ getauft
  • – Der Hund der Familie „Sultan“ sieht mich selbst nach 2 Wochen Aufenthalt immer noch als extreme Bedrohung für die Familie an und teilt dies auch lautstark mit
  • – Nach jeder Busfahrt zur Schule vollzieht sich folgendes Ritual: Die Lehrerinnen im Bus rufen auf Tadschikisch: „Was sagt man?“. Die Schüler antworten in einem lauten Chorgesang: „Vielen Dank Busfahrer!!“

So genug der Worte. Für alle Interessenten meines Blogs, die entweder der Deutschen Sprache nicht mächtig, oder einfach zu faul sind zu Lesen folgen wieder einige Bilder.

Abschließend bleibt noch zu sagen: Vielen Dank für’s Lesen und eure Rückmeldungen. See You

Das Haus liegt in einem sehr schönen Vorort der Stadt Khujand

Das Haus liegt in einem sehr schönen Vorort der Stadt Khujand

 

Meine unfassbar sympathische (Gast-)Family

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DIe Zitadelle in der sich das Historical Museum of Sughd Region befindet

DIe Zitadelle in der sich das Historical Museum of Sughd Region befindet

Who's about to drop the most crazy Mixtape of the year?

Who’s about to drop the most crazy Mixtape of the year?

Der Schulhof des Goethe-Gymnasiums

Der Schulhof des Goethe-Gymnasiums

 

3 thoughts on “G’schichtn über Höflichkeit und Umweltschutz

  1. Hallo Tim,
    Marion hat mir Deine Geschichten über Höflichkeit und Umweltschutz geschickt.
    Marlene und ich haben alles sehr aufmerksam gelesen.
    Du hast alles sehr genau und gut verständlich geschildert. Besonders freut es uns, daß Du es so gut getroffen, und eine so tolle Gastfamilie bekommen hast.
    Wir wünschen Dir noch eine schöne und Erlebnisreiche Zeit in Duschanbe und würden uns freuen, bald wieder von Dir zu hören.
    Liebe Grüße aus Grafenau-Dätzingen.

  2. sehr amüsant geschrieben und schön, von dir zu hören, Tim – weiter so, bin gespannt auf Fortsetzungen….liebe Grüße aus Grafenau

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