Die ersten Monate

Es sind nun fast 2 Monate her, dass ich hier in Sucre, Bolivien angekommen bin. Die Eingewöhnungsphase habe ich, meiner Meinung nach, jetzt hinter mir.

Ich wohne mit einem älteren Ehepaar in einem großen Haus in Sucre. Mein Zimmer ist über die Dachterrasse erreichbar, was mir sehr gefällt. Ich habe einen phänomenalen Ausblick.

Am Sonntag vor dem ersten Arbeitstag lud mich eine der Deutschlehrerinnen  zum Kaffee ein. Leider gab es ein Kommunikationsdefizit. Man wusste nicht, dass ich als Freiwillige am Montag anfangen werde. Zum Glück ist man hier flexibel. Nach einem kleinen Kaffeeplausch konnte ich entspannt am Montag anfangen. Ich wurde von allen herzlich begrüßt und wie ein Familienmitglied behandelt. Ich fühle mich sehr willkommen und wohl. Eine Lehrerin hat mir sogar als Willkommensgeschenk ein paar Ohrringe gekauft.

In der Schule selbst hatte ich keine Kommunikationsschwierigkeiten. Durch jahrelangen Spanischunterricht kann ich mich gut mit den anderen Verständigen und lange Gespräche führen.

Der Deutschunterricht findet am Nachmittag, nach der Mittagspause, statt. Insgesamt gibt es vier Deutschlehrerinnen. Ich helfe in allen Kursen aus. Die Kurse sind gemischt nach Leistung und Level. Die Gruppen schwanken zwischen vier bis 15 Schülern. Dies ist für mich recht angenehm, da ich somit auch die Chance habe, persönlich mit den Schülern zu reden und bei Fragen zu unterstützen. Ich nehme im Unterricht nicht nur eine unterstützende Funktion ein, ich helfe Arbeitsblätter und Test zu korrigieren oder bespreche die Arbeitsergebnisse mit den einzelnen Schülern.

Vormittags bin ich momentan in der 2. Klasse eingesetzt. Mir wurde mitgeteilt, dass ich besonders in den Klassen 1 Bis 5 helfen soll. Da dort die Schüler noch jung sind und einige Lehrer bei der großen Schüleranzahl immer eine helfende Hand benötigen. Morgens gehe ich zu den Klassenräumen und frage, wer Hilfe benötigt. Hauptsächlich unterstütze ich den Lenguajeunterricht (Spanisch) in der 2. Klasse. Dies hilft auch mir insofern, dass die verschiedenen Zeitformen gelernt werden. Weshalb ich von der Lehrerin auch die Arbeitszettel mitgegeben bekomme. Einen Art kostenloser Spanischunterricht.

Im Unterricht selbst sorge ich dafür, dass die Schüler sich auf ihren Platz setzen und die Aufgaben bearbeiten. Mittlerweile darf ich auch die Aufgaben korrigieren.

In den Pausen entspanne ich nicht, sondern helfe im Kiosk aus. Maria, auch eine Deutschlehrerin, hat dort immer viel zu Tun und ich unterstütze immer gerne, wo ich kann. Dadurch dass die Schule mich nicht bezahlt, darf ich hier kostenlos essen und trinken. Diese Möglichkeit nutze ich aber nur selten.

Das Essen in Bolivien ist fantastisch. Es werden aber enorme Portionen aufgetischt, weshalb ich hier kein Abendessen esse. Meine Gastmutter hat früher  in der Küche gearbeitet und ihrer Kochkünste sind unglaublich. Anders als bei mir zu Hause, wird hier sehr kohlenhydrathaltig gegessen. Reis und Kartoffeln oder Nudeln und Kartoffeln. Nnormalerweise wird nur eins gegessen und nicht mehrere Kombiniert. Lecker ist es trotzdem.

Dazu wird Fleisch und ein Gemüse serviert. Bis jetzt war das Gemüse immer gekocht. Salate wurden noch nicht gemacht. Mir wurde aber versprochen, dass wir in Zukunft mehr Salat essen werden, mein Körper solle sich aber erstmal an die Bakterien im Wasser gewöhnen.

Wasser muss ich hier in Flaschen kaufen, da Leitungswasser nicht verträglich ist.

Ich wohne hier auf einem Hügel. Das Zentrum ist sehr nah, aber bergab. Am ersten Tag machte ich den Fehler und kaufte eine 5 Liter Wasserflasche im Zentrum. Diese musste ich 15 Minuten bergauf tragen. Ich habe daraus gelernt und mir eine Trinkflasche besorgt, die ich nun unten in der Küche auffülle. Das hat vieles vereinfacht.

Sucre ist eine Studentenstadt mit vielen Universitäten. Sucht man nach Unis in meinem Umkreis, werden 21 angezeigt. Dies bedeutet hier leben viele junge Leute. Es gibt hier ein Kultur Hostel Berlin, von einem Deutschen geführt, wo viele Veranstaltungen stattfinden. Es ist ein guter Ort, um neue Leute kennenzulernen.

Dadurch, dass ich oft dort Zeit verbringe, kennen mich die Angestellten sehr gut. Ich bin jetzt auch schon mit ihnen nach Ladenschluss ausgegangen.

Ich habe das Gefühl hier ist immer etwas los.

Als ich im September ankam, gab es in Sucre la Entrada de la Virgen Guadalupe. Eine Art Karneval bei dem unterschiedliche Tänze aufgeführt werden. Das Ganze findet auf einer Strecke von 6 Km statt. Begleitet werden die Tänzer von Kapellen. Zwischendurch fuhren auch Autos vorbei, welche bedeckt waren mit Tüchern und Geschirr, Bildern und Figuren. Für mich etwas ganz Besonderes, da wir in Hamburg so etwas nicht erleben.

Ich glaube ich hätte zu keinem besseren Zeitpunkt in Sucre ankommen können. Kaum 2 Wochen nach der Entrada wurde hier ein Kulturfestival veranstaltet. Mit meiner Gastmutter schaute ich mir Tänze, Museen und Filme an.

So schön auch die ersten Wochen waren, umso stressiger wurde es danach. Ich musste mich um mein Visum kümmern. Es ist eine Tortur hier ein Visum zu bekommen. Wochenlang ging ich mehrere Male am Tag in die Migration. Jedes Mal brauchte ich neue Dokumente oder Kopien. Nach knapp 200 € und vielem hin und her, habe ich es endlich geschafft. Dazu kam dann noch mein Carnet (Ausweis), welcher nochmal 100 € kostete. Es war zwar anstrengen, aber auch eine Erfahrung.

Vieles hier in Bolivien ist eine Umstellung und neue Erfahrung. Nach den Präsidentschaftswahlen wird hier seit Wochen gestreikt. Ich kann leider deshalb momentan nicht arbeiten. Die Straßen sind blockiert und alles muss zu Fuß erledigt werden, sollten Geschäfte geöffnet sein. Man hört aus der Ferne immer mal wieder Explosionen und Menschen, die demonstrieren. Dennoch würde ich sagen, dass Sucre, im Vergleich zu den anderen Städten, friedlich ist.

Nächste Woche geht es für mich zum Zwischenseminar nach Brasilien. Ich hoffe, dass sich die Lage bald verbessert und man dem normalen Leben wieder nachgehen kann. Es ist aber auch die Möglichkeit mal Südamerika in seiner Essenz zu erfahren. Denn oft ist es nicht immer nur Sonne und entspanntes Leben.

 

Bis Bald

 

Sophie