Zehntes Türchen – Obamas Liebe

Bestimmt kennst du die große Liebe vom vorherigen Präsidenten der USA: Michelle Obama.
Vielleicht magst du dich jetzt fragen, warum Sophie heute einen Blogeintrag über die ehemalige First Lady schreibt. Aber keine Sorge! Auch wenn der Titel dieses Türchens danach anmuten mag, soll es heute um eine andere Liebe Obamas gehen! Und um meine ebenfalls.

„bún chả“*

Als der damals amtierende Präsident der Vereinigten Staaten nämlich in Vietnam war, verliebte er sich durch ein ganz besonderes Gericht in die vietnamesische Küche. Du magst es schon vermuten, durch eben jene Bun Cha.

Als Sophie damals – naja, vor drei Monaten eben – in Vietnam war, verliebte sie sich unter anderem durch ein ganz besonderes Gericht in die vietnamesische Küche. Du magst es schon vermuten, durch eben jene Bun Cha.

Hanoi ist nicht nur eine Stadt besonderer Sehenswürdigkeiten und Landschaft, sondern auch bekannt als eine Gegend besonderer kulinarischer Genüsse in Vietnam. Dort kannst du so viele verschiedene, leckere Gerichte finden. Ein besonderes, wie du bestimmt schon anhand der ersten Sätze gemerkt hast, ist Bun Cha. Dieses einfache, aber einfach geniale Gericht ist eine tolle Mischung aus herzhaft und frisch. Es hat viele geschmackliche Besonderheiten und begeistert durch die Harmonie von frischem Gemüse und Fleisch.

So genau weiß niemand, wann und von wem Bun Cha „erfunden“ wurde, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass diese Person ziemlich genial war. Mit der Zeit wurde Bun Cha eines der berühmtesten Gerichte in Vietnam und das zu Recht!

Nun kommen wir aber erst mal dazu, was Bun Cha ist und später zu der Frage, warum sie sogar von Obama geliebt wird.

Was ist Bun Cha?

Auf dem Heimweg von der Schule entdeckt, probiert, geliebt: Bun Cha!
Und so sieht sie aus, lecker, oder?

Bun Cha ist ein lokales Gericht aus der Hauptstadt Vietnams, Hanoi. Man findet zwar über ganz Vietnam verteilt viele Gerichte, die in ihrer Zubereitung an Bun Cha erinnern, wie beispielsweise im Süden Vietnams Bun Thit Nuong. Dennoch muss ich sagen, dass Bun Cha einfach unschlagbar ist. Zumal ich ja in Hanoi lebe, wie könnte ich das dann nicht mögen!?

Das einfache Gericht kann man überall und das ganze Jahr über finden.
Egal, ob du in einem edlen Restaurant auf bequemen Stühlen oder an der Straße auf kleinen blauen, weniger bequemen Stühlchen Bun Cha genießt, sind die Zutaten stets die selben:
Serviert werden ein Teller mit Bun (die weißen dünnen Reisnudeln, du siehst, auch hier ist wieder Reis drin), eine Schüssel mit Brühe und gegrilltem Schweinefleisch und ein Schälchen mit frischen Kräutern.

Die Nudeln, Bun genannt, werden als großer Haufen auf einem Teller serviert. Die Hanoier/Hanoianer/Hanoies (ich hab so gar keine Ahnung, wie man sie nennt…) sind sehr anspruchsvoll beim Thema Essen. Das sieht man schon allein bei der Auswahl ihrer Nudeln für das jeweilige Gericht. Bei Bun Cha haben die Bun dünn, weich und kaufähig zu sein.

Der Fokus bei diesem Essen liegt auf Cha, also dem Fleisch. In einer Schüssel werden zwei verschiedene Kocharten von Schweinefleisch serviert: Cha Vien (eine Art Hackfleisch, das zu „Minifleischküchle“ geformt wird) und Cha Mieng (dünn aufgeschnittenes, gegrilltes Fleisch).

Das Highlight von Bun Cha bleibt jedoch die Brühe, welche das Gericht erst besonders macht. Um eine süße und gleichzeitig etwas sauere Brühe zu kreieren, verwendet der Koch Fischsauce, Essig und braunen Zucker. Obwohl die Zutaten simpel sind, schmeckt jede Sauce verschieden. Das Verhältnis der Elemente macht jede Bun Cha anders. Ob eine Bun Cha gut oder schlecht ist, wird also anhand der Brühe bewertet.
In der Brühe sind meist noch hauchdünn geschnittene Karotten- und Papaya-Stückchen, welche die Geschmacksvielfalt nochmals erweitern.

Ohne ein weiteres Schälchen wären vietnamesische Gerichte nicht komplett. Zu finden darin sind frischer Salat, Thai Basilikum, eine besondere Art Minze, Bananenblume und Koriander.

Wann isst man Bun Cha?

In der Vergangenheit wurde dieses Gericht nur zu Mittag gegessen. Heutzutage, nachdem Läden oft von früh morgens bis spät abends geöffnet haben, kann man Bun Cha zu welcher Mahlzeit auch immer essen.

Wie isst man Bun Cha?

Es gibt eigentlich keinen falschen Weg, das zu essen. Hauptsache ist, dass man Bun Cha isst!
Wie auch immer, es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten, das Gericht zu verspeisen: die nördliche und die südliche Variante.

Im Süden Vietnams wird generell alles und zwar wirklich so gut wie alles gerollt und „eingepackt“ wie bei einem Wrap.
Wenn du es also magst, dein Essen kompakt einzurollen, nimmst du ein großes Salatblatt, packst das Fleisch, die Nudeln und die Kräuter darauf und rollst das ganze. Jetzt dippst du das Ganze in die Brühe und nimmst einen großen Bissen.
Der größte Vorteil davon ist definitiv, dass du mit deinen Händen essen kannst und es so egal ist, wie gut du mit Essstäbchen umgehen kannst.

Falls du aber zeigen möchtest, welche Essstäbchen-Ess-Fähigkeiten du (entwickelt) hast, solltest du die Hanoier Variante wählen! Die nördliche Art, Bun Cha zu verzehren ist wesentlich einfacher. Alles, was du zu tun hast, ist, Fleisch, Nudeln und Kräuter in die Brühe zu befördern, ordentlich zu mischen und es dann wie eine Schüssel Pho zu essen.
Nachdem die Nudeln in Kombination mit der Brühe glitschig werden, kann dieser Weg sowohl lustig als auch herausfordernd sein, wenn man kein Esstäbchen-Meister ist.
Nun weißt du, wie Profis also Bun Cha essen.
Das kannst du jetzt gleich machen!
Vorausgesetzt du hast gerade eine Portion Bun Cha vor die stehen…

Warum liebt Obama dieses Gericht?

Bun Cha ist ein sehr simples Essen, das man recht schnell zubereiten kann und auch an Straßenküchen und in Restaurants fix serviert bekommt. Schon allein der Geruch der gegrillten Fleischs und der Brühe lassen mir und mit großer Wahrscheinlichkeit Obama das Wasser im Mund zusammenlaufen. Vermutlich genau so sehr, wie wenn er seine Michelle sieht.
Und dann der Geschmack! Unschlagbar, göttlich und so vielfältig.
Ach je, ich komme ins Schwärmen und unter der Annahme, dass du nicht die Möglichkeit hast, jetzt zu einem Restaurant oder einer Straßenküche zu gehen und eine frische Bun Cha zu genießen, beende ich nun mein Plädoyer für dieses Essen.

Zu sagen bleibt nur noch: Wenn du nach Vietnam und (am besten für Bun Cha) Hanoi kommst, führt kein Weg daran vorbei, das Gericht zu probieren!

Ich habe es gemacht und geliebt.
Obama hat es gemacht und geliebt.
Du wirst es (hoffentlich) machen und lieben!

Alles Liebe von Sophie mit Liebe zu Bun Cha

*Eins darf bei Bun Cha nicht unerwähnt bleiben: Obwohl die Rechtschreibung und das komplette Schriftbild mit den Haken und den Tönen, wie ich es einmal oben verwendet habe, sehr kompliziert aussieht, ist das nicht der Fall. Wenn ich also in der Starßenküche „Bun Tscha“ bestelle, versteht man mich ohne Problem. Wie könnte ich Bun Cha dann nicht lieben!?

Fünftes Türchen – Home Sweet Home

„Wann kommst du denn nach Hause?“
„Sollen wir uns Zuhause treffen?“
„Ach, das brauchen wir jetzt nicht zu kaufen, haben wir doch schon daheim“

Das sind einige der Whatsappnachrichten, die ich mit meinen beiden Mitbewohnerinnen Nour und Theresa geschrieben habe.

Ungefähr 3 Monate – ja, es ist schon Halbzeit und ich kann es selbst nicht fassen – bin ich hier und spreche von „meiner“ Wohnung als „Zuhause“. Als mir das zum ersten Mal aufgefallen ist, war ich richtig schockiert.
Mein Zuhause ist doch in Lehrberg, im schönen Frankenland und nirgends sonst!

Irgendwie stimmt das aber doch nicht so ganz. Klar, Lehrberg ist und bleibt mein Zuhause Nummer eins, aber die Wohnung in Hanoi ist ja doch mein temporäres Zuhause.

Heute möchte ich dir vorstellen, wo ich in Hanoi wohne.
Auf Vietnamesisch heißt das: „Toi song o dau Nguyen Thai Hoc“. Ich wohne in der Nguyen Thai Hoc Straße.

Früher haben wir in der Schule oft Traumreisen gemacht, dass man sich entspannt und danach motivierter weiterlernen kann. Ich möchte mit dir heute eine Traumreise durch das Haus, in dem ich wohne, machen:

Du wirst ganz still und entspannst dich. Du atmest tief durch und beginnst deine Reise, indem du deine Augen schließt. Nein Stopp, das ist mit Lesen etwas blöd! Also mach deine Augen bitte wieder auf! Jetzt kann deine Reise beginnen…

Stell dir vor, du bist in Hanoi. Du bist nach einem anstrengenden Arbeitstag 40 Minuten zu (d)einer Wohnung gelaufen (so lang ist mein Arbeitsweg jeden Tag), über holprige Gehwege, hast verschiedene gefährliche Straßen erfolgreich passiert und kommst dann in die Nguyen Thai Hoc Straße kurz vor dein Ziel.

Wenn du vom Gehweg der Nguyen Thai an einer Straßenküche vorbei in eine schmale Gasse einbiegst, kommst du zu einem dreistöckigen Haus. Jeden Tag läufst du an der Straßenküche vorbei. Du grüßt die Leute, die dort arbeiten mit einem freundlichen „xin chao“ und hast dort auch schon einige Male gut gegessen. Trotzdem fühlst du dich etwas schlecht, weil du doch meistens keine My Van Tan Suppe bei deinen Nachbarn isst.

Verriegelt mit einem Eisenvorhang, für den du eine Fernbedienung brauchst, erkennst du den Eingang zu diesem dreistöckigen Haus fast gar nicht.

Da du eine eben solche Fernbedienung hast, rattert der Eisenvorgang langsam nach oben und du kannst nach dem Öffnen der Tür in den Eingangsbereich treten, der zugleich die Küche ist.

Du ziehst deine Schuhe aus und siehst dir die Küche an. Auf der linken Seite direkt neben der Tür steht ein moderner Kühlschrank. Leider ist er meist nicht so toll bis gar nicht gefüllt, wie man sich das wünschen würde. Die Bewohner dieses Hauses, drei kulturweit-Freiwillige namens Nour, Theresa und Sophie, essen einfach zu gern vietnamesisches Essen und dieses selbst zu kochen, wäre mit Sicherheit nicht so lecker wie von einem der vielen Straßenstände in Vietnams Hauptstadt.
Rechts neben dem Kühlschrank befindet sich ein kleiner Raum mit Toilette, die aber nur in den dringendsten Fällen benutzt wird.
Daneben ist die große Küchenanlage in dunkelbraunem Holz. Sie sieht zwar gut aus, aber leider ist sie nicht sonderlich gut bestückt. Hättest du zum Beispiel dran gedacht, zuerst in der nach Aussagen unserer Vermieterin „Fully Equiped Kitchen“ nach Gabeln und Löffeln zu suchen, wenn du spontan für eine ganze Gruppe von Leuten kurz nach dem Einzug Spaghetti kochst? Erstaunlicher- und glücklicherweise lassen sich diese auch gut mit Essstäbchen essen…
Ein großer Esstisch mit Glasplatte und sechs Stühlen lädt dazu ein, sich für einen Filmeabend mit Snacks zu setzen und gemeinsam über die gleichen Witze zu lachen.

Du willst aber nicht in der Küche bleiben, denn du willst weiter in eines der Zimmer. Nachdem du die engen Stufen zum ersten Stock erklommen hast, stehst du vor der Tür zu Theresas Zimmer.
Meiner Meinung nach ist das Zimmer von Sophie aber irgendwie interessanter, also laufe nochmal einige Stufen nach oben.
Im zweiten Stockwerk zu linker Hand siehst du noch eine Tür, die zu Nours Zimmer führt.

Aber wie gesagt – da möchtest du gerade nicht hin. Du nimmst also die Tür geradeaus und trittst in ein ziemlich kleines, aber durchaus nettes Zimmer.
Die Wände sind weiß gestrichen und auch sonst ist das Zimmer schlicht gehalten. Ein großes Kingsizebett, dessen Matratze nicht mal 10 Zentimeter dick ist und by the way dadurch ziemlich unbequem, steht in der einen Ecke des Zimmers. Ein weisses Moskitonetz hängt darüber und wie es da so hängt, denkst du dir, dass es ein bisschen an einen Baldachin oder ein Himmelbett erinnert.
Ein großer weisser Schrank mit aufgedruckten grünen und blauen Fischchen nimmt sehr viel Platz im Zimmer ein, es beinhaltet aber auch einige Kleidung, von daher ist das okay. Dieser Stoffschrank soll dagegen helfen, dass die Kleidung während der feuchten Jahreszeit nicht anfängt zu schimmeln. Ob das so klappt, mal sehen.
Auf dem Schreibtisch steht ein Laptop, der nur darauf wartet, einen neuen Blogartikel eingetippt zu bekommen, Nachrichten zu recherchieren oder E-Mails zu versenden.
Die drei Vietnam-Reiseführer auf dem Schreibtisch sind bereit, dass sie aufgeschlagen werden und das nächste Reiseziel gewählt wird.
Der meist unordentliche Schreibtisch wimmelt außerdem von Erinnerungen an ein Musik-Festival, einen Ausflug nach Ninh Bin, nach Sapa, Saigon oder einen Kochkurs.
Dir fällt eine kleine, unscheinbare Tür auf. Du öffnest sie und stehst in einem kleinen Räumchen. Ein Schritt und du bist bei der Toilette. Ein Waschbecken fehlt. Die Dusche lässt sich nur nach langem Hinsehen definieren, indem du den Duschkopf erkennst. Wenn du dich hier duschst, ist danach der ganze Raum nass, aber so groß ist er ja schließlich nicht.
An der Wand hängt eine Art Plastik Regal, welches verschiedene Hygieneartikel wie Shampoo, Zahnpasta, Lippenpflegestifte und vieles mehr trägt.

Du gehst zurück in den größeren Raum und von diesem aus wieder ins Treppenhaus, wo du nochmal einige Treppenstufen hinaufsteigst. Oben findest du eine Waschmaschine, die zwar wohl Heißwasser haben soll, aber dennoch nicht gut wäscht, und zwei Metalltüren. Hinter jeder Tür verbirgt sich eine Dachterrasse, auf der man gut und gerne entspannen könnte – würde man sich die Zeit dafür nehmen. Praktisch sind die Terrassen aber allenfalls, da man dort die nasse Wäsche aufhängen kann.

Nun kennst du die Räume in dem Haus, in dem ich mit Theresa und Nour wohne.

Aber halt! Das sind noch nicht alle Mitbewohner. Nour und Theresa habe ich ja schon erwähnt. Wir haben in unserem Haus aber noch einige andere unerwünschte Kameraden. Wie wahrscheinlich in jedem südostasiatischen Land dürfen wir eine hohe Zahl von Stechmücken vermelden. Fast noch schlimmer finde ich jedoch Kakerlaken. Bis jetzt war es nur eine und ich wäre froh, wenn es auch bei dieser einen bleiben würde. Theresa hat sie eines Morgens auf dem Rücken liegend entdeckt und todesmutig – wie ich finde – in einem Essschälchen gefangen. Mit einem speziellen Mittel und viel Ekel haben wir das Tier erfolgreich bekämpft und aus dem Haus befördert. Obwohl das Vieh so winzig ist und eigentlich nichts fatales machen kann, war die Furcht unsererseits bestimmt genau so groß wie ihrerseits.
Die aber wohl unangenehmste Mitbewohnerin ist unsere Vermieterin, die trotz ihres stetigen Abstreitens im Gebäudeteil direkt neben uns wohnt und unsere Küche und sogar die Waschmaschine fleißig mitverwendet. Natürlich auf unsere Kosten.

Und doch – so ekelhaft und nervenaufreibend diese Mitbewohner auch sind – fühlt es sich wie mein „Zuhause“ auf Zeit an. Ich bin mir sicher, ich will hier nicht für immer bleiben. Bestimmt nicht. Aber für die Zeit ist es perfekt. Perfekt mit all seinen Besonderheiten, perfekt mit dem leeren Kühlschrank, mit der unausgestatteten Küche, mit dem winzigen Bad ohne Waschbecken, mit den vielen Mitbewohnern und der schlecht waschenden Waschmaschine.
Perfekt für die nächsten knapp drei Monate.

Aber ich kann jetzt schon sagen. Auf mein richtiges Zuhause freue ich mich viel mehr!

Viele Grüße nach Hause sendet
Sophie

Viertes Türchen – Mein Lieblingsplatz in Hanoi

Heute möchte ich dir meinen Lieblingsort in Hanoi vorstellen. Er gilt für die Einwohner Hanois als Seele der Stadt und auch für mich wäre er nicht wegzudenken aus der Altstadt Hanois. Hanoi wäre einfach nicht das selbe ohne diesen Ort.

Die Rede ist vom Hoan Kiem-See. Hier erst mal einige allgemeine Infos zum See:

Früher war er ein Rückstausee, der an den Roten Fluss (Song Hong) anschloss. Im Laufe der Zeit verlagerte der Fluss sich und so trennte sich der Fluss vom See.

Übersetzt bedeutet der Name des 70o Meter langen Sees so viel wie

„Der See des zurückgegebenen Schwertes“.

Dieser Begriff geht auf eine alte Legende zurück. Zur Zeit der chinesischen Belagerung – Mitte des 15. Jahrhunderts – soll der vietnamesische Held Le Loi mit einem magischen Schwert die Chinesen in Vietnam besiegt haben. Dieses Schwert hat er beim Fischen im Hoan Kiem-See in seinem Netz gefunden und damit konnte er einge erfolgreiche Schlachten schlagen. Manch einer mag sogar behaupten, dass dieser Held die Chinesen komplett aus Vietnam vertrieben hat.
Nach zehn Jahren kam er zum See zurück, um den Geist des Sees zu ehren. Als er nun die Dankeszeremonie vorbereitete, erschien ihm unter Blitz und Donner unverhofft eine riesige goldene Schildkröte, wohl eine Verleiblichung der Götter, und nahm das magische Schwert wieder an sich.
Aus Dankbarkeit über den Sieg und als Erinnerung an dieses besondere Ereignis mit der Schildkröte ließ Le Loi einen dreistöckigen Schildkröten-Pavillion (Thap Rua) im Süden des Sees auf einer kleinen Insel errichten. Dieser gilt bis heute als Wahrzeichen der Stadt.

Der dreistöckige Schildkröten-Pavillion bei Nacht

Am 19.01.2016 wurde tatsächlich eine riesige Schildkröte tot aus dem See gezogen. Wer weiß, vielleicht war es ja eben diese magische Schildkröte…

Ein Denkmal von jenem Volkshelden, der später als Herrscher Ly Thai To genannt wurde, findet man am Südufer des Sees. In einem kleinen Skulpturenpark thront eben dieser als Denkmal über den Köpfen der Menschen.

Das Denkmal von Ly Thai To

Auf dem See befindet sich eine weitere Sehenswürdigkeit Hanois. Über eine rote, geschwungene Brücke, die The Huc-Brücke („Brücke der aufgehenden Sonne“), die 1875 errichtet wurde, kommt man zum Jadeberg-Tempel.

Die The Huc-Brücke und der Hoan Kiem-See haben mir am Tag meiner Ankunft in Vietnam bei schönstem Wetter gleich den Atem verschlagen. Verständlich, dass ich den See so sehr mag, oder?

Am Ufer neben der Brücke befindet sich ein 9m hoher Turm, der Thap But. Einheimische nennen ihn den „Schreibpinsel-Turm“. Wie auch der Jadeberg-Tempel werden hier Literatur und Dichter verehrt. Besonders dem taoistische Autor Van Xuong wird hier gedacht.

So, jetzt weg von historischen Fakten hin zum „echten Leben“!

Der Hoan Kiem-See ist ein Ort, an dem man flanieren kann, sich auf ein Eis treffen, ein ganz besonderes Spiel spielen (eine Art Federball wird mit dem Fuß hin und hergekickt und soll in der Luft gehalten werden, wobei das nochmal schwieriger als Fußball ist, weil die Auftrefffläche dieses Spielgeräts viel kleiner ist), als Pärchen verliebt auf den See schauen, Englisch lernen oder in meinem Fall Vietnamesisch kann und so vieles mehr.

Besonders am Wochenende ist viel am See los, weil hier die Straßen um den See für die sogenannte „Walking Street“ gesperrt sind. Am Abend sind hier Musiker und präsentieren ihr Können, Künstler und malen Henna-Tatoos, Kinder und fahren in Autoscootern, Hochzeitspaare und lassen sich ablichten, Touristen und bestaunen den Trubel, alte vietnamesische Frauen und tanzen Zumba und andere Tänze (eine etwas längere Anmerkung: an einem Abend habe ich spontan beschlossen mitzutanzen, irgendwie habe ich mich aber nicht so toll angestellt, weil ich den Tanz einfach nicht verstanden habe. Eine vietnamesische Frau hat für mich dann „mot, hai, ba…“ extra mitgezählt und so konnten wir gemeinsam tanzen. Das war für mich ein wirklich schönes Erlebnis, an das ich sehr gerne zurückdenke.)

Für mich macht keine alte Legende oder bestimmte Denkmäler und Gebäude den See zu dem, was er ist, sondern viel mehr die Begegnungen dort. Zu unterscheiden ist dabei in drei verschiedene Arten von Begegnungen:

  • die eher belanglosen Gespräche, die mit „May I practice my English with you?“ beginnen. Weil man eben nicht wie ein Vietnamese oder eine Vietnamesin aussieht und einem so unterstellt wird, dass man gut Englisch spricht, wird man meist Löcher in den Bauch gefragt. Gegenfragen werden kurzerhand ignoriert und dementsprechend nicht beantwortet.
    Nachdem der Interviewer also meinen Namen, meine Geschichte und fast schon meinen Kontostand erfragt hat, wird mit „Thanks for your praciticing English with me!“ gesagt und die nächste Person fünf Meter weiter befragt.
    Auch belanglos, aber sehr nett war an einem Abend eine Gruppe kleiner Vietnamesinen, bestimmt noch keine zehn Jahre alt, die mit Mappen in den Händen zu uns kamen und uns in die Geschichte des Hoan Kiem-Sees eingeführt haben, indem sie einen recht anspruchsvollen englischen Text aus ihren Mappen vorgelesen haben. Mal besser, mal schlechter. Der Gedanke des gemeinsamen Englischsprechens hat dabei gefehlt, aber die Mädchen waren wirklich sehr süß und die Geschichte und die besondere Legende des Sees ist ja auch sehr interessant, wie du jetzt bestimmt auch gemerkt hast 😉
  • die ziemlich seltsamen Begegnungen: Ein vielleicht 30-Jähriger Vietnamese, der kein Englisch sprechen konnte und mir mit Zeichen, dem Kaufen von Essen und Trinken (was ich höflich abgelehnt habe) und schließlich dem Anlehnen seines Kopfes an meine Schulter zeigen wollte, dass er mich wohl gut findet. Das war dann doch zu viel des Guten und ich habe mich verabschiedet und bin gegangen. Später hat mir jemand erklärt, dies wäre das für ihn einzig mögliche Zeichen der Zuneigung, zumal er meine Sprache nicht beherrscht. An sich nett, aber schon ziemlich seltsam.
  • die Begegnungen der besonderen Art: Ich könnte nun viele dieser Begegnungen nacherzählen, aber das wäre wohl für dich nich sonderlich spannend. Aus diesem Grund beschränke ich mich auf eine davon.
    An einem sonnigen Tag saß ich am See und habe Tagebuch geschrieben. Ein Taxifahrer hat mir „angeboten“, mir Hanoi auf dem Moped zu zeigen. Als ich ihm erklärte, ich wäre schon seit zwei Monaten hier und würde mich in Hanoi recht gut auskennen, weshalb ich keine Tour mehr bräuchte, hat er nicht etwa beleidigt reagiert. Ganz im Gegenteil, er hat mich zu meiner Arbeit und vielen anderen Dingen befragt und am Ende gemeint, dass er sich freut, mich kennen gelernt zu haben und hofft, mich nochmal zu treffen.
    Einige Wochen später habe ich gerade beim Laufen um den See an ihn gedacht, als er mir plötzlich freudig entgegengewunken hat und nach einem weiteren netten Gespräch meinte, dass ich heute nochmal viel hübscher als beim letzten Mal aussehen würde. Nach dieser Begegnung – es war schon wirklich ein toller Zufall, ihn genau dann nochmal zu treffen, als ich an ihn dachte – bin ich lächelnd durch die Straßen gelaufen und habe bei mir gedacht

„Der Hoan Kiem-See ist einfach doch die Seele der Stadt und mein absoluter Lieblingsplatz in Hanoi.“

Die wohl schönste Aussicht auf den See. Man kommt durch ein Seidengeschäft über viele Treppen auf eine Dachterasse und kann über den ganzen See blicken, einen Egg-Coffee genießen und den Menschen am See zusehen.

Viele Grüße und alles Liebe,

deine gerade-vom-Hoan-Kiem-See-gekommene Sophie

Meine Sammlung kleiner Glücksmomente

Hallo da draußen!

Vor ein paar Tagen bin ich lächelnd durch die Straßen Hanois getänzelt, habe mich über den Sonnenschein und die letzten Wochen (morgen ist es ein Monat, irgendwie kann ich es gar nicht fassen!?) in Hanoi gefreut. Inzwischen regnet es jeden Tag, aber das mit dem Lächeln und Tanzen wird so beibehalten.

„Ich bin wirklich glücklich!“

Man mag es nicht glauben, aber es stimmt. Ich bin glücklich.

In den letzten vier Wochen habe ich so viel erlebt, was ich hier alles gar nicht niederschreiben kann oder will. Ich hoffe mal, ihr verzeiht mir das; aber alles ausführlich zu schildern würde für mich Ewigkeiten zum schreiben dauern und für euch mindestens genau so lang zum Lesen. Also hier ein kurzer Überblick über mein Leben in Hanoi, meine Erfahrungen und vor allem meine Sammlung kleiner Glücksmomente:

Gerade denke ich an meine ersten Studen in Hanoi:

Die Freude, durch die Pass- und noch viel spannender – die Visumskontrolle gekommen zu sein.

Der Moment, mit dem zum Glück heil angekommenen Gepäck aus dem Flughafengebäude zu treten und von einem Schwall feucht-warmer Luft erschlagen zu werden.

Die erste Fahrt durch die Straßen dieser summenden, surrenden und hupenden Stadt.

Das erste vietnamesische Essen in einem kleinen Lokal auf einem Balkon, bis ein heftiger Regenschauer unsere sehr leckere Mahlzeit störte und wir innen weiteressen mussten. Und übrigens später auch durch diesen strömenden Regen zurück zum Hostel rennen mussten.

 

Die nächsten Tage habe ich mit der Wohnungssuche verbracht:

Nach gefühlten 30.000 Besichtigungen haben Nour, Theresa und ich doch noch ein ganz akzeptables Haus gefunden. Jede von uns drei Mädels hat ein Schlafzimmer und ein kleines Badezimmer. Wir haben eine schöne Küche und zu allem Luxus sogar zwei Dachterrassen. So kann man es sich gut gehen lassen. Bedenklich sind die Vermieterin und die Eidechsen, die sich als Mitbewohner herausgestellt haben. Mal sehen, wie sich das entwickeln wird.

Das Haus ist in einer kleine Gasse und in einem Hof mit verschiedenen anderen Häusern und Mitbewohnern. Diese grüße ich jeden Morgen und Abend mit einem Lächeln und einem „xin chao“. Sehr viel mehr als diese Standardfloskeln und bis 10 zählen kann ich in Vietnamesisch leider noch nicht. Trotz dem Interesse an dieser Sprache, hält mich die Intonation schon wirklich ab… hoffentlich, ändert sich das bald. Mit Englisch kommt man nämlich in den Nicht-Touri-Gegenden nicht sonderlich gut weiter.

Nicht ganz so toll ist höchstens die Entfernung zur Altstadt und meiner Schule, weshalb ich jeden Tag mindestens 7 km Strecke zurücklege. Mein Rekord waren 17,2 km. Das Fitnessstudio kann ich mir so auf jeden Fall schenken.

 

Ich denke zurück an viele Glücksmomente:

Die erste Fahrt auf einem Moped. Zugegeben, selbst gefahren bin ich nicht. Das würde ich mich bei dem verrückten Verkehr in Hanoi aber ehrlich gesagt auch nicht trauen. In meinem Reiseführer steht bei den Tipps für den Aufenthalt in Vietnam beispielsweise: „Auf den chaotischen Verkehr samt Motorradschwärmen biblischen Ausmaßes muss man sich einstellen. Ruhe bewahren und tief durchatmen!“. Zuerst habe ich das nicht geglaubt, aber inzwischen habe ich wirklich sehr großen Respekt vor den vielen Mopeds und Autos, die über die oft engen, aber definitiv immer vollgestopften Straßen sausen. Meine Taktik: nicht auf die Ampeln vertrauen, sondern lieber auf erfahrene Vietnamesen, die mit die die Straße überqueren und hoffen, dass sie sich besser mit dem Verkehr auskennen. Und sich nach jeder geglückten Straßen-Überquerungs-Mission wie eine Schneekönigin freuen.
Bei einer Wohnungsbesichtigung fand also unsere erste Mopedfahrt statt. Eine Maklerin wollte uns an einer bestimmten Adresse treffen. Wir haben diese Adresse trotz einiger Hilfe durch diverse Apps nicht finden können. Zum Glück hat uns dann die Maklerin gefunden. Kurzerhand saßen wir dann zu dritt auf dem Moped und sind durch sehr enge Gassen einer etwas abgelegenen Siedlung gedüst. Vor jeder Kreuzung hat die Dame gehupt und so signalisiert, dass ihr niemand einfach so entgegenkommen darf. In dieser Siedlung waren aber wirklich viele Schlaglöcher und Beulen, wodurch das Fahrterlebnis nochmal gesteigert wurde. Die Angst, dass etwas passiert jedoch auch.
Inzwischen gehört das Moped-Beifahrer-Sein zu meinem Alltag. Wenn man etwas spät dran ist oder sehr weite Entfernungen zu bewältigen hat, helfen Uber oder Grab super. Trotz großer Verständigungsschwierigkeiten – die wenigsten Fahrer verstehen Englisch – bin ich immer am gewünschten Ziel angekommen. Mal früher, mal später.

Ein Basketballspiel von Hanoi gegen Saigon: Ein Vietnamese, den ich durch ein Inserat auf Facebook kennengelernt habe, hat mich und meine Mitbewohnerinnen kurzerhand zu einem Basketballspiel eingeladen. Er hat Freikarten bekommen und wollte uns mitnehmen. Es war ein Spiel wie im Bilderbuch. Hanoi lag das ganze Spiel knapp vorm Rivalen Saigon. 14 Sekunden vorm Spielende hat Saigon dann die Führung erlangen könne. Innerhalb der letzten 13 Sekunden hätte Hanoi also einen Korb für den Sieg werfen müssen. Alle Hanoier – inklusive uns neuen Hanoiern – haben so mitgefiebert und fast wäre der Sieg geglückt. Leider hat sich der entscheidende Spieler zu viel Zeit gelassen und so hat Hanoi verloren. 72:73, denkbar knapp. Dennoch war es ein Spiel voll von Energie und Begeisterung. Ich muss sagen, ich habe zuvor noch nie ein Basketballspiel erleben können und dachte auch nicht, dass mich sowas interessieren würde. Nach den ersten Sekunden war ich aber Feuer und Flamme für die Hanoi Buffallos, habe „Let’s Go, Hanoi, let’s go!“ mitgeschrien und bei jedem Korb mitgejubelt.
Erstaunt bei diesem Spiel hat mich einfach, wie verbunden ich mich dabei mit Hanoi gefühlt habe. Noch keinen Monat in der Stadt und schon vollauf begeistert.

Ein Taxifahrer. Während meiner Zeit im Hostel, bin ich jeden Morgen an der gleichen Kreuzung kurz vor der Viet Duc Schule vorbeigelaufen. Nach einer Straßenüberquerung und circa vierzig Metern war ich dann bei der Schule. An jener Kreuzung lag jedoch nun jeden Tag ein Taxifahrer auf seinem Moped und hat mich gefragt „Taxi!?“. Ich habe ihm beim ersten Mal erklärt, dass mein Arbeitsplatz nicht mal eine Minute zu Fuß entfernt sei. Das hat er dann eingesehen und mich weitergehen lassen.
Am nächsten Morgen bin ich wieder an die Kreuzung gekommen und er hat erneut „Taxi!?“ gefragt. Ich wollte ihm wieder erklären, dass die Schule nur wenige Schritte weiter sei. Er hat mich aber wiedererkannt und wissend gelächelt.
Den Morgen danach musste ich das gar nicht mehr erklären, was mir sein lustiges Lächeln schon gezeigt. hat.

Mein Alltag in Hanoi wird genau durch solche tollen Erfahrungen und Begegnungen bereichert.

Sei es ein anderer Taxifahrer, der mir trotz meines „No, thank you“ zum Angebot für eine Taxifahrt ein „I love you“ hinterherruft. Sei es ein Schüler, der mit mir eine Brieffreundschaft begonnen hat, bei der ich seine Briefe korrigiere und ihm dann mit einem eigenen Brief antworte. Sei es ein Schüler, der mir stolz seine Tanzgruppe in der Schule zeigt und mir mit eben dieser eine Privataufführung liefert. Sei es ein Abend im Open-Air-Jazz-Club, der wegen strömenden Regens zu einer nassen Angelegenheit wurde, bei der wir im bis zu unseren Knöcheln reichenden Wasser getanzt haben. Sei es ein Mann am Hoan-Kiem-See, der mich wegen einer Mopedtour durch Hanoi anspricht, ich wegen der Arbeit ablehnen muss und er mir trotzdem eine wundervolle Zeit und einen vietnamesischen Freund wünscht, weil ich ja „so beautiful“ sei. Seien es zwei vietnamesische Studenten, die sich mit mir in der Mittagspause nett unterhalten, um ihre Englisch-Kenntnisse zu vebessern. Sei es ein Treffen mit einem Vietnamesen, der mich mit dem Moped durch Hanoi fährt und zu einem leckeren kleinen Restaurant mit Pho, welche im Wohnzimmer der Familie serviert wird, einlädt und mir danach sein Lieblings-Cafe zeigt. Sei es eine vietnamesische Lehrerin, die mir von ihren Plänen, nach Deutschland auszuwandern, erzählt und mir ihre Hilfe bei allen Problemen anbietet. Sei es der Geburtstag eines Schülers, der eine Torte geschenkt bekommen hat, diese mit allen geteilt hat und sich sehr über meinen deutschen Glückwunsch „Alles Gute zum Geburtstag“ sehr gefreut hat. Sei es ein Schüler, der mir erklärt hat, ich sei eine Berühmtheit in der Viet Duc Schule und sogar seine Literaturlehrerin hätte gesagt, ich sei so hübsch.

Ihr seht schon, so könnte es noch ewig weitergehen. Ich möchte jetzt aber niemandes Zeit weiter in Anspruch nehmen und werde mich (hoffentlich) bald wieder melden.

Bis dahin sage ich „Tam Biet“ und wünsche euch eine genau so aufregende Zeit, wie ich sie erleben darf.

Eure Sophie

 

Zur Werkzeugleiste springen