Freiwilligenarbeit

Die Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula

Meine Arbeitsstelle während des FSJs befand sich zum einen in der zentralen Fußgängerzone, keine 200 m von dem Wahrzeichen Pulas und Kroatiens, dem römischen Amphitheaters entfernt, und zum anderen am Ort des ehemaligen Hotel Imperial zu Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie. Einige Male sah ich auch Besucher*innen einen genaueren Blick auf das „Partnerschule der Bundesrepublik Deutschland“-Logo an der Schule werfen. Neben diesem Hauptgebäude gibt es eine Schul-Küche in einem anderen Teil der Stadt. Ein Umzug in einen Neubau für die Schule ist geplant, doch das ist noch Zukunftsmusik und zur Zeit meines FSJs noch nicht Realität.

Die Schule ist eine Mittelschule, in die Schüler von 15 bis 18 Jahren nach der kroatischen Grundschule (8 Jahre lang) gehen. Sie bietet gleichzeitig eine Ausbildung in einem Beruf der Bereiche Tourismus, Gastgewerbe und Handel, sowie die Möglichkeit, das Staats-Abitur zu machen. Früher wurde in 2 Schichten bis in den Abend gelehrt, zum Jahr 2017 gab es dann nur noch ein Schicht von 8-14 Uhr. In die Schule kommen aus der ganzen Region Schülerinnen und Schüler (und auch Lehrer).

Seit 2008 ist die Schule Teil vom PASCH-Netzwerk, ist vom Goethe-Institut Kroatien unterstützt und da seit Jahren aktiv dabei und involviert. Im Mai 2018 fanden an der Schule Prüfungen für das Goethe-Zertifikat statt. Mit dem Treffpunkt Deutschland gibt es einen großen ausgestatteten Fachraum für den Deutsch-Unterricht dort. Dieser wird für den Deutsch-Unterricht und für diverse Veranstaltungen genutzt.

Auch unabhängig vom PASCH-Projekt nimmt die Schule an vielen Projekten teil, ist Teil des Netzwerks europäischer Hotelfachschulen (European Association of Hotel and Tourism Schools) und gewinnt auch schonmal Preise. Während ich an der Schule war, hat z.B. die Schul-Fußball-Mannschaft als kroatische Repräsentation bei der Schul-Hallenfußball-WM die Silber-Medaille gewonnen.

Pink Shirt Day 2018

Die Schule beteiligte sich am sogenannten Pink Shirt Day, einer globalen Aktion gegen Gewalt und Mobbing. An einem Tag zogen einige Schüler und Lehrer mit pinken T-Shirts zum Theater der Stadt. Dort fand eine Theateraufführung zu dem Thema und anschließende Besprechung mit einer Pädagogin. Ganz verstanden habe ich es leider nicht, doch ging es glaube ich darum, wie die Schauspieler anders hätten handeln können.

Zusammen mit zwei Praktikantinnen aus Deutschland drehte dann eine erste Klasse zu dem Thema einen Film, in dem zuerst das Maskottchen Treffi schikaniert wurde, dann Schüler kamen und sich gegen die Gewalt und auch gegen das Filmen dessen einsetzten.

Warum wir das Ergebnis der Fußball-WM schon vorher kannten

Ende Februar kommen zwei Studentinnen auf Lehramt von der Universität Bielefeld für ihr Praktikum an die Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula. Sie kamen für das Projekt „Didaktik ohne Grenzen“ an die Schule. Das war ein schönes Erlebnis und eine gute Erfahrung. Auch vor allem schön zu sehen, wie andere Menschen die Stadt für sich entdecken und erleben, für mich als jemanden, der zu dem Zeitpunkt vergleichsweise länger dort gelebt hat.

Die Studentinnen sammelten praktische Erfahrungen im Unterricht, halfen bei den Projekten an der Schule aus, reisten in der Umgebung und waren aktiver Teil einiger Schul-Ereignisse. Zum krönenden Abschluss machten wir an drei aufeinanderfolgenden Tagen in den istrischen Städten Pazin, Poreč und Rovinj Werbung für den Deutsch-Unterricht und die Goethe-Prüfungen. Hierzu präsentierten wir vor Klassen des Deutsch-Unterrichts.

Meine Ansprechpartnerinnen und Deutsch-Lehrerinnen der Schule stellten zuerst in einem Sketch die Schule und den Deutsch-Unterricht dort dar, dann stellten die Studentinnen ihre Stadt Bielefeld vor anhand von Bildern und Erzählungen. Danach fand eine Aufteilung in Kleingruppen statt, meine Ansprechpartnerinnen gingen näher auf die Möglichkeiten des Goethe-Instituts ein, die Studentinnen tauschten sich mit Schülern aus und ich stellte das kulturweit-Programm vor. Dieses Projekt hat viel Spaß gemacht und auch Früchte getragen, denn es haben sich gleich für die Prüfungen im Mai einige Schüler angemeldet.

Zum Tag der Schule Anfang März darf ich am Volleyball-Match Schüler gegen Lehrer teilnehmen, was viel Spaß gemacht hat. An jenem Tag hatten alle Schüler*innen frei, und in der Turnhalle der Schule fand ein großes Programm mit Singen, Tanzen und Aufführungen statt, mit dem Abschluss des Volleyball-Spieles Schüler gegen Lehrer. Da die Lehrer-Mannschaft schon voll war, wurde ich dann gebeten, bei den Schülern mitzuspielen. Mit der Zeit nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten kam ich immer besser ins Spiel, das ich keine handvoll Male in meinem Leben gespielt habe. Im Team waren sehr gute Spieler, ich gab als gefühlt schwächstes Glied mein Bestes. Es war ein knappes Match, wir waren beide ziemlich gut, verloren dann am Ende knapp. Im folgenden Revanche-Spiel gewannen wir dann relativ klar, kamen besser in Harmonie und ich persönlich leistete mir weniger Fehler. Doch zählen tut natürlich im Endeffekt nur das erste, das wahre Spiel der Schüler gegen Lehrer. Das Spiel hat einfach Spaß gemacht, mich zu bewegen, in dieses Spiel reinzukommen, das Fieber des Wettbewerbs, jeder Punkt zählt.

Recht bald nach dem Tag der Schule, noch im März, begeben sich die Fußballer der Schule zur Schul-Hallenfußball-WM nach Israel. Die Mannschaft der Schule hatte — für alle überraschend — die Auswahlspiele zur Repräsentation des kroatischen Nationalteams und damit die Qualifikation für die WM gewonnen. Hier spielten dann die Teams aus aller Herren Länder mit, wie es auch bei der echten Fußball-WM der Fall ist. Neben Gastgeber Israel waren z.B. Italien, die Türkei, Brasilien dabei. Deutschland war nicht dabei, sollte das schon ein Omen auf die Zukunft sein? Die Schüler hatten jedenfalls nichts zu verlieren, war es ja schon eine Sensation, überhaupt dabei zu sein.

Doch die Qualifikation war ihnen nicht genug und sollte wahrhaftig nicht das Ende der Fahnenstange sein. Sie gewannen gleich ihr erstes Spiel, und von da an entstand eine Euphorie für das Team an der Schule. Ein mitgefahrener Religionslehrer machte zu jedem Spiel einen Facebook-Livestream, dessen Zuschauerzahlen ins Dreifache gingen. Hier verfolgten Schüler, Lehrer und Alumni der Schule gespannt die Spiele inklusive Live-Kommentar. Mehrfach haben wir auf Leinwand über den Beamer das Spiel übertragen, und auch andere Klassen mit in den Treffpunkt Deutschland, den größten Raum der Schule, zum Public Viewing eingeladen. Und das alles nicht umsonst, denn dem Team gelang Sieg um Sieg, sie waren hungrig auf den Titel, und machten sich mit jedem Spiel mehr und mehr zu Legenden an der Schule. Und sie erreichten tatsächlich das Finale! Sollte ihnen jetzt auch noch der allesentscheidende Sieg gelingen? Nun, sie gaben alles, doch stießen sie im Finale erstmals auf einen Gegner, der ihnen eindeutig überlegen war. Störte die Final-Niederlage an der Schule jemanden? Nun, nicht allzu sehr, im Fokus stand der unglaubliche Einzug ins Finale. Bei der Rückkehr wurde dem Team, dem Trainer und den Funktionären drumherum ein Riesen-Empfang gegeben, es gab eine große Festlichkeit mit Riesen-Kuchen und Getränken, die Schüler wurden als Sieger gefeiert.

Fußball ist in Kroatien ähnlich wie in Deutschland Volks-Sport, auch wenn die Dimensionen bei 4 Millionen Einwohnern Kroatiens gegenüber 80 Millionen in Deutschland natürlich ganz andere sind. Das moderne Nationalteam gibt es wie den Staat seit Anfang der 90er-Jahre, hat bei der WM 1998 den dritten Platz erreicht, auf dem Weg den damaligen Europameister Deutschland besiegt und ist am Gastgeber und späteren Weltmeister Frankreich im Halbfinale gescheitert. Ein Schüler erzählte mir, dass seine Eltern davon noch heute reden würden.

Drei Monate später sollte dann die Weltmeisterschaft der professionellen Fußballer folgen, an denen das kroatische Team auch teilnahm. Unserer Schule kam die Aufgabe und das Privileg zu, für PASCH-Net einen Beitrag zu Fußball in Kroatien zu schreiben, in dem ein Schüler vom Team folgendes erwartete:

Ich denke, dass Kroatien die Weltmeisterschaft gewinnen wird. Wir haben viele gute Spieler, die das schaffen können. Ich kann es kaum erwarten, bis es losgeht! (http://www.pasch-net.de/de/pas/cls/sch/jus/spo/21261655.html#bodyTyp4)

Und mit dem Beginn der Weltmeisterschaft entwickelte sich hier auch ein Fußball-Fieber, Cafés haben Fernseher aufgestellt, die sämtliche Spiele zeigten. Spätestens ab dem Viertelfinale war vom Gefühl her alles möglich, die Sensation lag hier schon in der Luft. Gerade an Spieltagen war es hier nicht unüblich, in Cafés oder auch Supermärkten das gesamte Personal in den Nationalfarben, dem rot-weißen Schachmuster, gekleidet zu sehen. Supermärkte und kleinere Läden hatten ab einer Stunde vor Spielbeginn geschlossen. Und ich erinnere mich an eine Werbeanzeige von Coca-Cola vor dem Halbfinale am Hauptplatz Pulas, die sagte „Für uns seid ihr schon Weltmeister [wörtlich: die Ersten]!“ (Za nas ste već prvaci). Zu dem Zeitpunkt an einer Hauptverkehrsstraße lebend bin ich Zeuge davon geworden, wie nach jedem Sieg Hup-Konzerte von vielen Autos stattfanden.

Das Lied Igraj moja Hrvatska (übersetzt: Spiel, mein Kroatien) der Band Zaprešić Boys habe ich vielerorts gehört und nach einer Weile wiedererkannt. Hier eben eine Hör-Probe dieses Liedes:

Als der Final-Einzug feststand, wurde kurzfristig ein Public Viewing in der Pulaer Arena, dem Wahrzeichen der Stadt und eines der Wahrzeichen Kroatiens, eingerichtet.

Im Gedächtnis blieb mir ein Dialog zwischen dem Kellner eines Cafés und eines Touristen am Tag vor dem Finale:

Tourist: Where can I see the final tomorrow?

Kellner: Everywhere.

Tourist: Do you show it, too?

Kellner: Yes.

Am Tag des Finals fühlte ich mich recht schlapp, fühlte mich nicht fit und wohl für die Massen eines stadionartigen Amphitheaters und schaute es in einem Café um die Ecke. Ich bin kein Typ, der groß Entscheidungen bereut, doch wenn ich es tun würde, dann wohl hier, denn da soll es ziemlich abgegangen sein. Beeindruckend fand ich, wie viele Leute direkt nach dem Spiel, trotz Niederlage, applaudierten, und wie mir schien die Niederlage gar nicht allzu traurig nahmen. Der Empfang der Nationalmannschaft auf dem zentralen Platz der Hauptstadt Zagreb war ein Riesen-Ereignis und die Mannschaft als Helden bezeichnet. Immer wieder mal seit dem Turnier komme ich mit dem Nationalteam in Berührung, sei es über ein aufgehangenes Plakat in einem Café, über Bier-Werbung, die sich „Zweite in der Welt, Erste in unseren Herzen“ liest (Drugi na svijetu, prvaci u našim srcima), über Cola-Flaschen mit aufgedruckten Spiel-Ergebnis drauf.

Valentinstag 2018 an der Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula

Zum Valentinstag 2018 haben einige Schüler*innen des Deutsch-Unterrichts an meiner Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula, Kroatien ihren Liebeskummer an den Juliet Club in Verona (Italien) geschrieben.

Dies ist ein Verein in Verona, an den Menschen im Fall von Problemen schreiben können. Man adressiert dazu einen Brief an die fiktive Julia aus Shakespeares Tragödie und Liebesgeschichte Romeo und Julia, welche in der Stadt Verona spielt. Die Stadt Verona und die Stadt Pula sind in einer Städtepartnerschaft, und eine Straße in Pula ist nach Verona benannt, sodass hier eine konkrete Verbindung existiert.

In einem Brief wird der Kummer, der einen plagt, beschrieben, und Julia um Hilfe gebeten. Dann wird der Brief an den Juliet Club versandt oder vor Ort in deren Briefkasten eingeworfen. Wer eine schnelle Antwort braucht, kann auch eine Mail versenden. Im Juliet Club lesen sich dann Freiwillige die Briefe durch und senden der Person eine hoffentlich nützliche Antwort. Die schönsten Briefe werden dabei jährlich mit einem Preis gekürt. Die Gewinner von 2018 können hier eingesehen werden.

Wen also eine ernsthafte Schwierigkeit plagt und seit längerem damit auf dem Schlauch steht, der kann sich an den Juliet Club wenden. Sie schrieben mir jedoch, dass es wirklich ernste Probleme sein sollten und kein Spam, da der Club enorm viele Briefe erhält. So viele zu beantworten braucht seine Zeit.

Habt ihr dem Juliet Club schonmal geschrieben? An wen wendet ihr euch bei Problemen?

Puno pozdrav iz Pule! (viele Grüße aus Pula)

Schritt für Schritt durch einen erlebnisreichen Dezember

Leuten, die mich fragen „wie geht’s? was machst du so?“ antworte ich gerne „es ist viel los bei mir“, weil wirklich viel geschieht und sich das kaum in einem kurzen Antwort-Satz zusammenfassen lässt.

Hier also beschreibe ich detailierter, was ich mit diesem „es ist viel los bei mir“ meine, am Beispiel des erlebnisreichen Dezembers in meinem Freiwilligendienst.

1. Dezember 2017:

Besuche zum Mittagessen auf Empfehlung mein erstes Vegan-Raw-Restaurant. Nicht in Berlin, sondern in Pula, Kroatien.

Später auf der Buchmesse Istriens zu Besuch. Leider sind fast alle Titel auf kroatisch, was ich kaum spreche. Frage meine Ansprechpartnerinnen, ob der Bücher-Klau in Kroatien wie in Deutschland ebenfalls de facto akzeptiert ist. Sie rieten mir von derartigen Aktionen ab.

2. Dezember 2017:

‚Wage‘ es einmal, den Franck-Kaffee [kroatischer Kult-Kaffee] anstelle der mir bekannten Marken zu kaufen.

5. Dezember 2017:

In einem Jugendzentrum der Stadt findet ein Tag der Freiwilligen statt. Mit einer Schülergruppe besuche ich diesen, komme in Kontakt mit lokalen NGOs. Wie sich herausstellen sollte, war ich nicht zum letzten Mal dort.

Auf dem Weihnachtsmarkt von Pula probiere und genieße ich die kroatische Weihnachts-Spezialität Fritule, in Öl gebratene süße Teigbällchen, die üblicherweise mit süßer Soße serviert werden. Es gab in Pula auf einem zentralen Platz der Stadt einen Weihnachtsmarkt von ca. 10 Ständen. Der Markt schien mir tendenziell gering besucht, Schüler*innen erzählten mir, das sei für sie keine solche Tradition, auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen. Das Gefühl habe ich auch, der Markt wirkt wie eine importierte Tradition. Mehr Anklang finden die über den ganzen Dezember stattfindenden Konzerte, von denen ich auch einige besuchte und wo der Platz gut gefüllt war.

8. Dezember 2017:

Die Schule besucht eine ihrer Partnerschulen, die Schule für Gastronomie und Tourismus in Celje (Slowenien). Ich werde eingeladen mitzukommen und nehme das Angebot gerne an. Um 6:30 Uhr, noch in der Dunkelheit, fahren wir als Schüler, einige Lehrer und ich mit dem Bus über die Grenze nach Slowenien. Werden bei Ankunft in der Schule in einem Hörsaal empfangen, wir machen ein kleines Weihnachts-Quiz, kriegen dann ein leckeres Mittagsessen und Kaffee in dem Schul-Restaurant serviert. Dann ging es weiter in das archäologische Museum der Stadt, weiter zu einer kleinen Stadtführung durch Schüler zu Freizeit in der Shopping-Mall von Celje. Wieder in der Dunkelheit kommen wir dann wieder in Pula an nach einem schönen Tagesausflug.

10. Dezember 2017:

Mit einer nun in Kroatien lebenden kulturweit-Alumni treffe ich mich in der Ortschaft Lovran zum Wandern. Wir wollen in den umliegenden Bergen im Naturpark Učka wandern, vielleicht gar bis auf den höchsten Berg Vojak (1400 m) ? Treffen uns morgens in einem Café vor Ort zur Stärkung, wandern dann los fast vom Meer aus. Zuerst einmal suchen wir den Startpunkt des Wanderwegs in einer nahegelegenen Gemeinde, ihn gut gefunden, dort treffen wir auf eine Familie, die ebenfalls an diesem Tag den Berg hochsteigen möchte.

Dies war ein Glück für uns, da diese professionelle Wanderer waren, und uns in den schwierigen Schnee-Bedingungen halfen, wer weiß, ob wir es sonst (so weit) gewagt hätten. Es ist eine herausfordernde Wanderung, es liegt teils tiefer Schnee, mit jedem Meter wird es kälter, der Sonnenuntergang im Winter schon recht früh, und wenn es zu spät wird, kriege ich keinen Bus mehr zurück nach Pula.

Der Familienvater erzählt mir, der Berg sei eigentlich sehr leicht, im Sommer würden die Leute da in kurzer Hose hochwandern, bloß mit Schnee im Winter sieht es anders aus. Das Gefühl habe ich auch, alles nicht allzu schwer, einzig enorm rutschiger Schnee.

Zugleich wird mit jedem Meter die Aussicht spektakulärer, Blick aufs Meer mit Inseln dadrin, die Bucht und die Stadt Rijeka, sowie im Hintergrund ein weiteres Gebirge. Ich verstehe schon, warum es Urlauber hierherzieht. Auf einem Plateau von 1300 m Höhe erschließt sich uns dann der Blick auf die Region Istrien. An sonnigen Tagen könne man hier sogar bis nach Venedig schauen, erzählt der Vater. Da auf dem Gipfel ein starker, hörbarer und sehbarer Sturm weht, fangen wir von diesem Plateau aus den Abstieg an.

Es verläuft alles gut, wir kommen zeitig zum Sonnenuntergang wieder unten an, ich kriege pünktlich meinen Bus zurück nach Pula.

Ein geiler, spektakulärer Berg-Anstieg war das, für mich bisher der höchste Berg, denn in Nordrhein-Westfalen, wo ich aufwuchs, gibt es keine so hohen Berge.

13. Dezember 2017:

3 Schülerinnen erzählen mir jeweils 5 Minuten, ob Auslandaufenthalte sinnvoll sind. Passte irgendwie zu der Zeit damals, da ich die Verlängerung des Freiwilligendienstes beantragt hatte.

Um die 35 Grundschüler aus einer Schule in der Region kommen in den Treffpunkt Deutschland, den Fachraum für Deutsch an der Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula. Hier besuchen sie eine Ausstellung zu Weihnachten. Als Teil dieser Ausstellung bin ich als Weihnachtsmann verkleidet. Das zieht natürlich einige Aufmerksamkeit auf sich.

Am Abend besuche ich das Theater der Stadt zu Tanz-Aufführungen diverser Gruppen der Stadt, von ganz jung bis mittel-alt.

15. Dezember 2017:

Nach langem Warten die erste Stunde Kroatisch-Kurs. Hatte vor den Kurs an der lokalen Uni zu besuchen, doch wurde der im November wegen zu wenig interessierten Teilnehmern abgesagt. Zum Glück kannten mein Vorgänger und meine Ansprechpartner eine private Lehrerin hier vor Ort, die auch Zeit für den Kurs hat. So also nun endlich nach drei Monaten hier die erste offizielle Stunde kroatisch.

Pula ist in den Sommermonaten ein großer Urlaubs-Ort, vor allem für deutschsprachige Touristen. Das bedeutet, viele Leute sprechen hier englisch, teils sogar deutsch, sodass die Versuchung natürlich groß ist, einfach auf englisch zu reden. Ich halte die Gespräche soweit ich kann auf kroatisch, doch vor allem wenn mein Kroatisch nicht sonderlich gut ist, wechseln die Leute meist auf englisch.

16. und 17. Dezember 2017:

Ich entschloss mich, für das Wochenende in die nahegelegene Stadt Trieste in Italien zu fahren. Mit nahegelegen meine ich 2 Stunden mit dem Fernbus. Da ich nur einmal in Italien gewesen war in meinem Leben, und ich so viel Gutes davon gehört habe, wollte ich diese Gelegenheit ausnutzen und dahinfahren. Fuhr morgens früh los, schaue mir zuerst selbstständig die Stadt und ein berühmtes Kaffee-Haus mit eigenem Wikipedia-Artikel an, dann treffe ich mich mit einem Couchsurfer, der mich für die Nacht auch beherbergt, wir kommen schnell in Unterhaltung und er führt mich zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, trennen uns dann, weil ich am Schloss und einer Foto-Ausstellung Interesse habe, er jedoch weniger, da sei er schon zigfach drin gewesen. Treffen uns dann am Abend wieder, nachdem wir uns zeitweise verloren hatten, führen noch schöne Unterhaltungen am Abend und beim Frühstück am nächsten Morgen. Gegen Mittag geht für mich dann auch der Bus zurück nach Pula nach einer kleinen, feinen Zeit in Trieste.

21. Dezember 2017:

Ich besuche ein Chor-Konzert der Musikakademie Pula in der Kirche St. Anton. Eine Nachbarin, selbst talentierte Pianistin, hat mich dazu eingeladen und sang mit.

22. Dezember 2017:

Es ist der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien, und ich erhalte die offizielle Bestätigung, dass meine Verlängerung des Freiwilligendienstes offiziell ist!

24.-26. Dezember 2017:

Entschließe mich, an Weihnachten an meinem Ort Pula zu bleiben. Denn möchte ich jetzt dieses Jahr komplett in allen Facetten mitnehmen. Würde ich über Weihnachten/Neujahr nach Deutschland zurückfahren, würde es mich zu sehr rausbringen aus allem, was ich bisher erlebt hatte.

Ich mache mir die Tage über eine ruhige Zeit, keinen Stress mit einer Tip-Top-Feier, mit Geschenken oder was andere wohl von mir denken. Meiner Meinung und Erfahrung nach entsteht an dieser eigentlich schönen Zeit so viel Stress und Streit in dem Ziel, ein wunderschönes, perfektes Weihnachtsfest, leckeres Essen in mehreren Gängen natürlich, perfekte Harmonie untereinander und die exakt passenden Geschenke zu haben. Das sind durchaus erstrebenswerte Ziele, und doch ist es meines Erachtens nicht im Sinne des Weihnachts-Geistes, sich deshalb stressen zu lassen, sich verrückt zu machen oder sich zu überarbeiten.

Es herrscht an den Tagen schönes, wenn auch kaltes Wetter, das ich dazu nutze, hier einen größeren Wald am Stadtrand auf langen Spaziergängen zu erkunden und zu genießen.

31. Dezember 2017:

Mitte Dezember lese ich eine Annonce für Silvester in Pula auf Couchsurfing. Entscheide mich, sie zu kontaktieren, die Couchsurferin sagt zu, und so feiere ich dann mit ihr den Abschied vom alten und den Beginn des neuen Jahres. Hole sie mittags ab, zeige ihr die Stadt, wir richten uns ein, lernen uns kennen, essen und ziehen dann los in die Stadt.

Wir begeben uns ins Zentrum. Auf dem zentralen Forums-Platz in Pula spielt ein DJ und eine Band namens Prljavo Kazalište.

Ich hatte erst vermutet, das sei so eine Veranstaltung für Touristen, da jetzt um Neujahr wieder einige Besucher hierher kamen. Nicht falscher hätte ich legen können.

Ok, beim DJ hätte das so sein können. Er hat so den Standard aus den 80ern und 90ern gespielt. Doch die Band ist weder Standard noch für Touristen.

Prljavo Kazalište (kroatisch für ’schmutziges Theater‘) ist eine legendäre kroatische Rock-Band aus der Hauptstadt Zagreb, die 1977 — damals noch in Jugoslawien — gegründet wurde. Die Band und das Publikum gingen ab bei diesem Konzert, Texte wurden mitgesungen, die Band hat das Forum abgerissen und es in die Geschichts-Bücher überführt.

Hier eine kleine Hör-Probe:

Den ganzen Dezember über

Das Haus, in dem ich in einer Untergeschoss-Wohnung lebe, wird mit einem Holzofen beheizt.

Nun fährt der Vermieter Anfang Dezember für über einen Monat in Urlaub. Üblicherweise hat stets der Vermieter für alle Bewohner des Hauses den Holzofen angezündet und warm gehalten. Nun, da er in Urlaub fährt, habe ich für mich selbst zu heizen. Er hinterlässt mir für den Monat, in dem er weg ist, einen Stapel Holz, viele Baumstämme, Feuerzeuge, Grill-Anzünder, eine Axt zum Hacken, feuerfeste Handschuhe.

Leider ist mir völlig unklar, wie ich dieses Teil in Gang setze. In der ersten Zeit wickele ich mich pragmatisch in Decken ein, versuche die Kälte auszuhalten.

Irgendwann fällt mir ein, dass mein Opa früher lange Zeit selbst Holzofen genutzt hat. Ich schreibe ihn per Mail/Facebook an, er hat in der Tat Ahnung, bittet um konkrete Informationen und Bilder des Ofens, schicke ihm diese, und mit seinen Tipps und ein wenig Experimentieren kriege ich es tatsächlich hin, das Feuer am Brennen zu halten.

Hätte nicht gedacht, dass ich sowas hier auf diesem Austausch erlebe.

Wie ich das Zwischenseminar erlebt habe

Für den 13.-17. November 2017 stand für mich das kulturweit-Zwischenseminar in der Ortschaft Sremski Karlovci bei Belgrad (Serbien) an. Recht früh entschied ich mich, das unter der Woche stattfindende Seminar mit zwei Wochenenden in der berühmten Stadt Belgrad zu umrahmen. Schließlich musste ich die Stadt für die Anfahrt eh passieren, und war ich da noch nie gewesen. Also Bus-Tickets gebucht, ebenfalls günstigste Hostels im Zentrum.

Die Tage vor der Abfahrt irgendwie keinen Bock, fühle mich so wohl in meinem aktuellen Wohnort Pula (Kroatien), will nicht raus von da, und die Idee einer 12-Stunden-Busfahrt, womöglich wieder mit Kopfschmerzen währenddessen missfällt mir. Aber gut, ich habe hier gerade keine große Wahl, wenn ich diesen Vertrag erfüllen möchte. Und wer weiß, was mir diese Zeit, dieser Ort bringt und möglich macht. Schließlich war ich noch nie in Serbien, ich kenne da auch einige Kumpels, die mich dorthin mal eingeladen haben, ich komme zum ersten Mal an die berühmte Donau, treffe die anderen Freiwilligen erneut, erhalte einen serbischen Stempel in meinem Pass, und wer weiß, was ich auf dem Seminar lerne.

Fahre also am 11.11. morgens früh um 7 Uhr los, zuerst einmal nach Zagreb, für einen Zwischenstopp auf halbem Weg. Gönne mir dort in einem auf TripAdvisor empfohlenen Café einen köstlichen Kuchen und Kaffee, gehe nochmal kurz durch die Stadt und in den zentral gelegenen Josip-Juraj-Strossmayer-Park. Leider war das Wetter im November nicht ganz so sonnig wie beim letzten Mal.

Alsbald fahre ich dann weiter nach Serbien und Belgrad, passiere die Grenze schon in der Dunkelheit und erhalte den serbischen Stempel in meinen Pass, tausche an der ersten Tankstelle in Serbien meine kroatischen Kuna in serbische Dinar um, erreiche eine leuchtende Szene in Belgrad, bin beeindruckt, Gedanke „hier mache ich meinen nächsten Austausch“.

Beim Ausstieg aus dem Bus wird mir gleich von mehreren Leuten ein Taxi angeboten. Ich entscheide mich aber, zu Fuß zum Hostel zu gehen, zum einen um gleich die Stadt kennenzulernen, und um etwaige potentielle Abzocker-Taxis zu vermeiden. Laufe dann eine gewaltige Straße entlang auf einen kleineren Hügel, um dann alsbald in einem zentral gelegenen Hostel anzukommen.

Am nächsten Morgen besuche ich sogleich einmal das Nikola-Tesla-Museum, das zufälligerweise gleich um die Ecke meines Hostels liegt. Der berühmte Erfinder ist sowohl in Serbien als auch Kroatien eine Legende, und viele Straßen sind nach ihm benannt. Kam noch zeitig für eine Führung, Highlight die von Tesla gebauten Maschinen und die Möglichkeit, selbst kleine Stromschläge zu erhalten.

Am Nachmittag Treffen mit einem Belgrader Freund, versuche danach die Mündung des Flusses Save in die Donau zu finden, lande in irgendeinem verlassenen Teil von Belgrad, fragt mich nicht wo, und als es dann langsam dunkel wird, wird mir das zu unheimlich und ich kehre ins Hostel zurück.

Am nächsten Tag gegen Mittag geht es dann mit dem Bus nach Sremski Karlovci. Am Busbahnhof Belgrad treffe ich auf ein Novum für mich: ich werde gebeten, für den Zugang zum Busbahnhof einen Eintritt zu bezahlen. Der Betrag war mit umgerechnet ca. 1,50 € irrelevant, doch hatte ich das noch nie erlebt. Im Bus ein wenig nervös gewesen, da es keinen Indikator gibt, wo ich mich gerade befinde, und ich die in Serbien verwendete kyrillische Schrift nicht entziffern kann. So frage ich dann in jeder größeren Stadt jemanden „Sremski Karlovci?“ Am Seminar-Ort gab es jedoch ein eindeutiges Schild, sodass ich wohlauf ankam.

Treffe bald auf die anderen Freiwilligen und die Trainerinnen, erste Gespräche finden statt. Mir gefällt der deutlich, deutlich kleinere Rahmen des Zwischenseminars besser als das Riesen-Vorbereitungsseminar, fühle mich hier die ganze Zeit über wohl. Darauf die ersten Sitzungen, Kennenlern-Spiele, wir teilen den Blick aus unserem Fenster, beantworten die Fragen „was vermisse ich in Deutschland?“, „welche Person fasziniert mich in den letzten 60 Tagen am meisten?“, „was war das Highlight?“, „was ist mein Lieblings-Ort?“, „wie habe ich das Wochenende verbracht?“

Am Abend gehen wir in ein wunderschön künstlerisch gestaltetes Restaurant an der Donau gelegen, und genießen hier ein Festmahl. Zum Ausklang des Abends spielen wir noch einige Partien Werwolf.

Gefühlt noch im Stress am zweiten Tag, noch nicht so richtig da am neuen Ort Serbien. Wir beschreiben uns in unserer Arbeitsstelle anhand eines Standbildes, das eine typische Situation darstellt, schauen uns die Zeitaufteilung unserer Aufgaben in der Arbeitsstelle an und sprechen über konkrete Herausforderungen. Sehr amüsant waren am Morgen die Aufgabe, zwei wahre und eine falsche Geschichte zu erzählen, und die Runde erraten zu lassen, welche die falsche ist. In der Mittagspause gönne ich mir noch einen Kaffee im gestrigen Restaurant, so schön fand ich es dort.

Am Tag dann eine Reflektion ‚Was habe ich bisher gelernt? Was hat mir der FSJ bisher gebracht‘, ‚Wofür schlägt mein Herz? Wo finde ich Inspiration‘, ‚Was liegt mir im Magen? Welche Schwierigkeiten fühle ich, wie kann ich diese bekämpfen?‘, ‚Wo will ich hin? Was will ich in der verbleibenden Zeit noch erreichen/ändern?‘ Am Abend dann eine Einführung in das Projekt. Spaziere noch durch den Ort, entdecke dort ein Gugelhupf-Museum.

Am dritten Tag stand dann eine Exkursion nach Belgrad inklusive Besuches zweier NGOs an. Auf dem Weg im Bus genieße ich den Blick auf die Landschaft, kommen dann am Studentski trg (serbisch für Studenten-Platz) an der Uni in Belgrad an. Machen uns dann auf zur NGO Civil Rights Defenders, wo in einer Fragerunde vier Personen über die Organisation, über Sinti und Roma, Schwierigkeiten von Flüchtlingen in Serbien, LGBT-Rechte und -Herausforderungen sprechen. Sie haben Gay Prides in Belgrad organisiert, eine Ausstellung zu dem Thema gemacht, auch von Pink Washing gesprochen, dass Politiker sich freundlich geben, doch essentiell dagegen sind.

Dann ziehen wir an den nächsten Ort weiter, die NGO Atina. Diese hilft Opfern von Menschenhandel, sich (wieder) ins Leben zu integrieren. Sie haben recht detailliert erklärt, was sie tun, wie sie vorgehen, wie all sowas abläuft. Viele dieser Opfer sind jung, ohne Bildung und müssen überhaupt in die Gesellschaft integriert werden. Sind dann in deren Bäckerei weitergezogen, welche als Social Business die NGO finanziert. Sie verkaufen Bagels, denn sie sind innovativ, aber auch nicht zu neu für die Belgrader (die laut Aussage der Führerin nicht gut für neue Essens-Trends zu haben sind). Wir probieren die Bagels, ich persönlich empfand meinen veganen Bagel mit Humus und gegrilltem Gemüse vorzüglich.

Danach Freizeit bis zur Abfahrt des Busses, schließe mich zuerst zwei Freiwilligen an, trenne mich dann nahe der Mündung von Donau und Save, um dies nun nachzuholen, finde diesmal den Ort und die spektakuläre Sicht auf diese Mündung. Kehre dann in die Stadt zurück, sehe das Goethe-Institut dort, schaue es mir kurz an. Als ich dann darausgehe, treffe ich zufällig auf eine andere Gruppe von Freiwilligen, die von den Belgrader Freiwilligen angeführt sich an die Mündung von Donau und Save begibt. So schließe ich mich dem nochmal an und erfahre interessantes Hintergrundwissen über Belgrad. Mir blieb hängen, dass die Stadt 33-mal zerstört wurde. Am Abend zurück vom Ausflug stellen wir Mitbringsel aus unseren aktuellen Orten vor und erzählen eine Hintergrundgeschichte dazu, zum Ende des Tages wieder einige Runden Werwolf.

Am nächsten Tag beschäftigen wir uns mit dem Projekt, ich sammele Ideen hierfür. Dann ein Memory-Spiel, in dem mit den Bildern Zusammenhänge zur Kultur unseres Gastlandes knüpfen. Am Nachmittag Austausch über Roma und LGBTQ+ am Arbeits-Ort, sowie über den Balkan-Krieg. Komme an dem Tag mit ganz neuen Facetten dieses Austausches in Kontakt; zuvor war mein Fokus mehr auf der Arbeit, dem Ankommen, der Eingewöhnung, Urlaub machen und mir selbst gewesen. Bin an dem Tag sehr k.o., daher spare ich mir die Weinprobe, schließe mich später schon kurz vor dem Schlafen noch dem Wichteln an. Ich erhalte hier einen köstlichen Honig vom Belgrader Markt, den ich noch im November verputzt habe.

Am Freitag und dem letzten Tag mit meinem Zimmerpartner das Frühstück gedeckt. Tauschen uns über unser Deutsch-Sein im Ausland aus. Ich lebe schon recht ‚deutsch‘, auch weil die Versuchung hier mit identischen Supermärkten (Kaufland, Lidl, Spar, dm, …) enorm groß ist, habe auch (zu dem Zeitpunkt) noch kaum Kontakt zu Leuten dort. Im Anschluss planen dann viele schon ihre Freiwilligendienste durch, mir wird das zu viel, gehe lieber Schritt für Schritt vor, oder ‚prozessorientiert‘, wie die Trainerin es schön professionell nannte. Dann erstellen wir eine Dankbarkeits-Liste über den Freiwilligendienst, auf der wir 15-20 Dinge nennen, für die wir während des Freiwilligendienstes dankbar sind, am Ende verabschieden wir uns von jedem einzelnen.

Ich bleibe noch einige Stunden bis ca. 19 Uhr in der Stadt, gehe auf den Berg der Stadt spazieren, an die Donau. Sremski Karlovci ist eine wunderschöne Stadt, es gefällt mir dort sehr gut. Schaue mir noch das Gugelhupf-Museum an, kaufe mir ein Stück Gugelhupf, das göttlich schmeckt, hätte mir einen ganzen Kuchen kaufen sollen. Als ich wieder in Belgrad ankomme ein Déjà-Vu, mir werden Taxis angeboten. Lege mich schlafen.

Am nächsten Tag noch ein schöner Ausklang in Belgrad. Zeige einer Belgrader Freundin das Bagel-Restaurant vom Mittwoch, das sie nicht kannte. Denn Belgrad ist groß, und dieser Ort am anderen Ende der Stadt war ihr unbekannt. Ziehe dann weiter in das neue Museum für zeitgenössische Kunst, schaue mir ein legendäres, mir empfohlenes Pfannkuchen-Restaurant in der Nähe an, genieße das vorzügliche Essen dort, am Abend treffe ich mich mit einigen Freiwilligen zum lockeren Billard-Spiel und einem schönen Abend im Zentrum Belgrads.

Am nächsten Morgen schon früh raus, der Rückweg nach Pula steht an. Diesmal ohne Zwischenhalt in ca. 12 Stunden Fahrt. War dann auf der Rückfahrt doch ganz froh, dass ich durch kulturweit inspiriert diese Reise gemacht habe. Ich will ehrlich sein, von mir aus wäre ich sie wohl nicht angetreten, da Großstädte wie Belgrad mir da zu viel und zu intensiv sind, und ich von Sremski Karlovci nie gehört hatte.

Danke für die diese vielen besonderen Erlebnisse und die neuen Impulse, die mir diese Zeit gegeben hat!

Besuch des Pädagogik-Leistungskurses des Arnoldinums im Treffpunkt Deutschland

Zum europäischen Tag der Sprachen, am 26. September 2017, hatte der Treffpunkt Deutschland an der Partner-Schule des Goethe-Instituts Kroatien, der Schule für Gastgewerbe, Tourismus und Handel aus Pula, eine Klasse aus Deutschland zu Besuch.

Der Pädagogik-Leistungskurs der Abitur-Klasse des Arnoldinums, begleitet von zwei Lehrer*innen, entschied sich für eine Abschluss-Fahrt auf einem Camping-Platz in Medulin an der Küste von Istrien in Kroatien. Von dort aus fuhren sie täglich an unterschiedlichste Orte der Region.

In Deutschland gehen die Gäste auf das seit 1588 existierende Arnoldinum. Das ist ein Gymnasium in Steinfurt nahe von Münster. Die Schule hat eine reiche Geschichte mit berühmten Alumni und Lehrern. Heute ist die Schule eine vom Land Nordrhein-Westfalen zertifizierte Europaschule.

Was ist eine Europaschule? Folgende Beschreibung steht in den Kriterien:

Europaschulen vermitteln ihren Schülerinnen und Schülern ein umfassen­des Wissen über Europa und befähigen sie unter anderem durch Steige­rung ihrer sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen zum Handeln als mündige Bürgerinnen und Bürger Europas.

Am 26. September 2017, zum europäischen Tag der Sprachen, besuchten sie die Ausstellung „Erfinderland Deutschland“ im Treffpunkt Deutschland. Der Treffpunkt Deutschland ist ein vom Goethe-Institut Kroatien unterstützter Fachraum für den Deutsch-Unterricht an der Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel in Pula, Kroatien.

Zu Beginn wurden die Gäste mit einem amüsanten Sketch über den Schul-Alltag von den Lehrerinnen Marina Bojanić und Vesna Pavletić, der Schulleiterin Orhideja Petković und dem kulturweit-Freiwilligen Janko Hoener empfangen. Die Gäste brachten als Geschenk eine illustrierte Karte von Deutschland und ein Buch zu ihrer Region, dem Münsterland, mit.

Schließlich ging es weiter in die Ausstellung über die Erfindungen deutscher Wissenschaftler. Die Schüler und Lehrer lernten hier die Errungenschaften des Wissenschaftsstandortes Deutschland kennen.

Als Muttersprachler waren die zu lösenden Aufgaben für sie einfach, da sie keine Verständnis-Schwierigkeiten hatten. Doch war das Erlernen der deutschen Sprache heute nicht das Ziel – stattdessen lernten die Schüler an sich selbst, wie sie interaktiv über eine Ausstellung Wissen vermitteln können.

Nach der erfolgreich gelösten Ausstellung ging es über in einen Austausch mit kroatischen Schülern des Deutsch-Unterrichts. Die Schüler tauschten sich über die Unterschiede zwischen Deutschland und Kroatien, über ihren Alltag und die Schulen aus. Ebenfalls unterhielten sich die Lehrer über die Herausforderungen in ihrem täglichen Schul-Leben. Der kulturweit-Freiwillige Janko Hoener hat den Abiturienten aus Deutschland den Freiwilligendienst „kulturweit“ nahegebracht. Schüler und Lehrer brachten ein Stück Deutschland in den Treffpunkt und nahmen einen Eindruck von Kroatien mit. Ein lebendiger Austausch fand statt.

Ich selbst war Teil dieser Begegnung. Zum ersten Mal seit meinem eigenen Abitur vor 5 Jahren bin ich einmal wieder mit aktuellen Abiturienten in Kontakt gekommen. Einer meinte „Boah, 5 Jahre Studium, das ist echt lange“ – wahre Worte. Die Diskussionen über den Schulalltag waren für mich so eine Erinnerung an lange vergangene Zeiten. So was wie die Klausuren, die Abschlussprüfung, die Länge des Schultags, Freistunden, Freizeit, Hausaufgaben, Leistungskurse, Schwerpunkte sind mir zwar schon noch ein Begriff, doch völlig aus meinem Bewusstsein raus, müsste in meinen Erinnerungen graben, so viel ist seitdem passiert.

Fand’s schön, Teil davon zu sein, in Kontakt zu kommen mit Menschen, die ich in meinem Studium nie getroffen habe, diese Zeit und die Abschluss-Fahrt aus einer anderen Perspektive erneut zu erleben, und mittendrin vom Freiwilligendienst zu berichten. Die mitgebrachte Karte hängt nun als Erinnerung an diese Begegnung im Treffpunkt Deutschland. Sie führt die größeren Städte und diverse Attraktionen Deutschlands auf und mir fällt auf, von wie vielen dieser Attraktionen, seien es die Dülmener Wildpferde, die Völklinger Hütte, der Rote Turm, die Ruhmeshalle Walhalla, das Nordertor ich noch nie gehört habe, geschweige denn sie selbst gesehen habe.

Quint Buchholz zu Besuch im Treffpunkt Deutschland

Am 14. September 2017, meinem zweiten Arbeitstag, kam der Autor und Illustrator Quint Buchholz in Begleitung seiner Ehefrau zu Besuch nach Pula (Kroatien) und dabei speziell in den Treffpunkt Deutschland, den Fachraum des Deutsch-Unterrichts der Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel.

In einer Gruppe von sechs Schülern und mir holten wir die beiden von ihrem Besuch des berühmten römischen Amphit-Theaters in Pula ab, einer noch erhaltenen ehemaligen Gladiatoren-Arena und dem Wahrzeichen der Stadt.

Von dort aus zogen wir auf eine kleine Stadtführung zum Forums-Platz mit Augustus-Tempel. Dabei fand ein erster Austausch statt zwischen Quint Buchholz, seiner Frau, den Schülern und mir statt. Weiter ging es dann in den sogenannten Treffpunkt Deutschland – einen vom Goethe-Institut finanzierten Fachraum für den Deutsch-Unterricht an der Schule.

Dort gingen wir zum Interview über. Von den ca. 20 anwesenden Schülern stellten abwechselnd welche Fragen an Herrn Buchholz. Hier eine Auswahl der gestellten Fragen:

  • Wie gefällt Ihnen Istrien [die Region, in der Pula liegt]?
  • Sie sind gerade in Pazin [kroatische Stadt 50 km nördlich von Pula] zu Gast im Haus der Dichter. Was machen Sie dort konkret?
  • Reisen Sie gerne?
  • Haben Sie eine eigene Familie?
  • Wo bekommen Sie die Inspiration für Ihre Werke [her]?
  • Wie viele Bücher haben Sie schon illustriert? Welches war Ihr erfolgreichstes?
  • Was muss ein guter Bilderbuch-Illustrator können? Was ist das Schwierigste?
  • Haben Sie ein Lieblingsbuch?
  • Wie haben Sie sich als Schüler gefühlt?
  • Was würden Sie uns auf den Weg geben, was ist das Wichtigste im Leben?

Herr Buchholz hat die Fragen sehr detailliert und ausführlich beantwortet, und sie gelegentlich mit einer persönlichen Geschichte illustriert.

Was ist bei mir hängen geblieben von diesem Treffen?

Quint Buchholz malt sehr langsam, nimmt sich Zeit für seine Werke. Das Zeichnen eines Bildes kann dann schon mal etwas länger dauern. Zu seiner Studienzeit war er dadurch Außenseiter, weil damals grobes, schnelles Malen in der Kunst-Szene angesagt war. Erst mit der Zeit haben andere, u.a. auch Professoren, in ihm sein Talent im Malen erkannt.

Seine Philosophie ist es, Bilder zu malen, die über das Geschriebene hinaus gehen, und zugleich zum Text passen. Er findet es langweilig, wenn Bilder dasselbe sagen wie der Text. Sein vorrangiges Ziel ist es, Bilder zu malen oder Bücher zu schreiben, die Kindern gefallen. Zugleich muss er jedoch auch dafür sorgen, dass die Illustrationen Erwachsene ansprechen. Denn nur Erwachsene kaufen letztendlich Kinder-Bücher.

Quint Buchholz kommt aus einer familiären Umgebung, in der Malen als Kind an der Tagesordnung war. So kam er mit seinem späterem Metier schon früh in Kontakt und ebenfalls wurde er von älteren Brüdern in seinem Talent fürs Malen bekräftigt, selbst in einem Moment, als er (ausgerechnet) im Kunstunterricht seine schlechteste Note erhielt.

Mittlerweile hat er eine eigene Familie mit Frau, Kindern und Enkelkindern und lebt in einem kleinen Haus nahe von München. Er verreist schon gerne, bleibt aber auch gerne mal zu Hause.

Ich empfand es als enorm inspirierend, Quint Buchholz zu treffen und seiner Denkweise und Vorgehensweise  zuzuhören. Er ist ebenfalls ein sehr guter Erzähler und mir sehr sympathisch. Ich bedanke mich für dieses Treffen und wünsche seiner Familie und ihm alles Gute und weiterhin viel Inspiration für seine Werke.

Zum Abschluss verweise ich auf seine Website sowie seinen Wikipedia-Eintrag.

Vorbereitungs-Seminar am Werbellinsee

Das Vorbereitungs-Seminar zu Beginn des Freiwilligendienstes war ein besonderes, beeindruckendes Ereignis. Da ich im Bereich Selbst-Entwicklung aktiv bin, war ich zuvor auf Konferenzen/Trainings von einer Woche, jedoch noch nie auf einer von 10 Tagen. Ebenfalls realisierte ich bei der Ankunft, wie viele Menschen hier auf einem Fleck sind, um die 400 hatte ich auch noch nie erlebt, und empfand ich als arg viel zu Beginn. Das war doch ein kleiner Schock als jemand, der sich in kleineren Gruppen wohler fühlt. Doch auch merkte ich, wie ich mich nach einigen Tagen daran gewöhnt hatte, und es nach den 10 Tagen gar kein Ding mehr war.

Ich merkte mir im Tagebuch einige Worte aus der Einleitung (‚wir stellen den Rahmen, Sie malen das Bild‘), am ersten Tag bin ich noch beim Einfinden, irgendwie ist es symbolisch, dass ich abends was joggen ging am See, den Weg lange nicht mehr zurückfand, bis es dunkel wurde und an einem Steg andere Freiwillige freundlicherweise mir den Weg zurück in die Herberge zeigten. Ich fühlte mich an meine Schulzeit und so Klassenfahrten erinnert, in die Jugend zurückversetzt, da ich anders als viele mein Abitur seit Jahren hinter mir habe, mich nur noch grob an meine Zeit in der Oberstufe erinnere, und da gar nicht mehr mitreden kann. In dem Zusammenhang finde ich es sehr schön, dass es einmal niemanden juckt, dass ich Informatik studiert habe. Wenn ich das sonst erzählte, war die Reaktion meist ein langgezogenes ‚Woooooooow‘, ‚das ist bestimmt voll kompliziert‘, ‚ich wünschte, ich könnte das auch‘. Hier haben Leute es bloß zur Kenntnis genommen, ‚cool‘, ‚alles klar‘. In der Gruppe haben mir die Prozesse recht viel Spaß gemacht.

Interessant ist, wie wir darauf zu sprechen kommen, dass wir in der Zeit als „Deutsche“ angesehen werden, was sich bei mir stark bewahrheiten sollte. Ich sehe mich selbst gar nicht als Deutschen, halte von einigem „Deutschen“ gar nicht viel, doch in der Sommer-Urlaubs-Region, wo ich bin, ist die Kategorisierung nach Nationalität absoluter Standard. Und sie ist doch akkurater als mir teilweise lieb ist, da ich doch in vielerlei Hinsicht sehr „deutsch“ bin. Mich in den Workshops mit für mich interessanten Themen beschäftigt, die auch einen persönlichen Bezug zu mir haben. Fand sie schon ganz schön, klar, teils große Themen werden und können nur angerissen werden, doch es ist ok so. Im Laufe des Dienstes habe ich mich mit einigem beschäftigt, was mir wichtig war.

In Berlin schließe ich mich dem FairVerbund an, wo wir zu einem Bio-Laden geführt werden, der seit 1989 in einem Frauen-Kollektiv geleitet wird, und wo uns eine der dortigen Mitarbeiterinnen davon erzählte und Fragen beantwortete. Der Laden wurde in den 70ern gegründet und war damals noch politischer als heute. Dann weiter in die Regenbogenfabrik, ein Kulturzentrum in Berlin-Kreuzberg, in einem 1981 besetzten Haus. Damals war Kreuzberg noch sehr arm, und ein Kulturzentrum gab es nicht. Heute ist es Hilfe zur Selbsthilfe, Fahrradwerkstatt, Hostel, Café, Kantine und Kita.

Bei den Sorgen vor dem Dienst fallen mir Geldsorgen ein, dass es vielleicht da knapp werden könnte. Bei allem anderen zuversichtlich, dass ich mit etwaigen Herausforderungen umgehen kann. Zum Glück sollte es mit dem Geld zu keinem Punkt eng werden, ich habe allerdings auch nach Möglichkeit gespart, vergleichsweise wenig Luxus gehabt und bin nur gelegentlich (weit) verreist. Und ich glaube, ich hatte auch keine Angst vor Herausforderungen, weil ich mir kaum vorstellen konnte, was da auf mich zukam. Den Workshop „Die Welt ist voller Lösungen“ fand ich toll, weil zu diesen vielen Problemen der Welt konkrete Lösungen gezeigt worden im Film Tomorrow, ich habe mir glatt gedacht, bei so einem Projekt kann ich mitarbeiten.

Das fair berichten habe ich angenommen, und hoffentlich hier im Blog und im Kontakt zu Familie und Verwandten korrekt angewandt. Im Gespräch kommt mir die Inspiration, den Dienst entspannt anzugehen, und für mich persönlich nicht zu viele Ziele neben der Arbeit zu haben, zu entspannen, da ich gefühlt schon zu viel beschäftigt war zu der Zeit. Das habe ich auch in der Tat so angegangen. Als introvertierter/schüchterner Mensch habe ich das „Haus der Stille“ sehr geschätzt.

Es war mein erstes Mal am Werbellinsee, der toll ist, und wo ich alleine wohl nicht hingekommen wäre. Bin auch ein paarmal schwimmen gegangen, Highlight war, als ich eines Morgens einen jungen Herrn und drei Damen traf, die ebenfalls auf dem Weg in den See waren, denen ich mich anschloss, und die mich inspirierten, weiter raus zu schwimmen, als ich alleine wohl geschwommen wäre. Einer erzählte, er habe vor, den See zu durchschwimmen, sowas habe er wohl schon häufiger gemacht, auf diesem Seminar sind beeindruckende Leute unterwegs! Ich habe es mich mit meinem „nur“ Seepferdchen jedenfalls nicht getraut.

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