Gastfamilie (Woche 12)

Ich lebe ja nun seit mittlerweile drei Monaten bei einer Gastfamilie. Und um es in einem Wort zusammenzufassen: komisch.

Komisch wie ungewohnt. Es hat sich zwar inzwischen gelegt, aber vor allem zu Beginn ist der „Familien“-Teil von Gastfamilie wesentlich schwächer ausgeprägt als der „Gast“-Teil. Es fühlte sich seltsam an, einfach mal ins Wohnzimmer zu kommen und dort zu was-auch-immern, weil ich gerade nicht allein sein wollte. Denn letztendlich waren es eben erstmal Fremde, mit denen ich mich da umgab. Dieses Gefühl wurde schwächer – ich traue mich jetzt sogar, einfach Sachen aus dem Kühlschrank zu nehmen – aber es ist nicht ganz verschwunden. Und ich bezweifle, dass es das noch wird.

Komisch wie lustig. Stichpunkt Sprachbarriere: meine Gastmutter spricht deutsch, aber eher schlecht; mein Gastbruder deutsch (schlecht) und englisch (ziemlich gut), aber allgemein eher wenig; und mein Gastvater kann weder deutsch noch englisch wirklich, bemüht sich jedoch, in einem fröhlichen Mix der beiden mit mir zu kommunizieren. Manchmal auch einfach auf ungarisch, denn dazu kommt, dass meine Gastfamilie zur ungarischen Minderheit gehört, ich aber rumänisch lerne. Das ganze ist mal lustig (zum Beispiel als mein Gastvater sich entschuldigen wollte, dass er auf ungarisch geflucht hatte, nachdem ich aus Versehen das Licht auf dem Dachboden ausgeschaltet hatte), mal ein bisschen frustrierend. Zum Glück öfter lustig.

Komisch wie seltsam. Das hängt wahrscheinlich mit diesem halbgaren Gastdasein zusammen, dass ich hier führe, aber ich fühle mich in dieser Familie manchmal wieder wie ein Kind. Während meine Mutter und ich den Haushalt zu Hause in Deutschland mehr oder weniger gemeinsam schmissen, wird meine Hilfe hier weder erwartet noch gewünscht. Ich wasche nicht, ich koche nicht, ich sauge gerade mal mein eigenes Zimmer und wechsle die Bettwäsche. So wie damals, als Mama mir nach und nach die Verantwortung für mein eigenes Zimmer übertrug. Wie alt war ich da? Auf jeden Fall jung. Wenn man bedenkt, dass der Freiwilligendienst zum Teil auch ein Schritt in die Unabhängigkeit sein sollte, fühlt sich das lächerlich an.

Ich weiß noch nicht, ob ich froh bin, in einer Gastfamilie anstatt alleine hier zu leben; wahrscheinlich werde ich es auch am Ende dieser sechs Monate nicht wissen. An dieser Stelle fällt mir gerade kein guter, abschließender Satz ein, also:

ENDE