Meine ersten vier Wochen

 

Sonntag, 14. Oktober. Jetzt sind tatsächlich schon vier Wochen rum seit ich hier in Pula angekommen bin. Oder müsste ich eher sagen, jetzt sind tatsächlich erst vier Wochen rum, dafür wie viel ich schon erlebt habe? Jedenfalls so viel, dass ich unmöglich alles in diesem Blogeintrag erzählen kann. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, kommt es mir nicht so vor, als hätte ich meine Familie und meine Freunde das letzte Mal vor vier Wochen gesehen. Als hätte ich zum letzten Mal vor vier Wochen in meinem eigenen Bett geschlafen. Das muss mindestens drei Monate her sein.

Im Moment sitze ich im Bikini auf meiner Strandmatte am Meer. Die Küste hier ist felsig, unterbrochen von Kiesstränden und umsäumt von wunderbar riechenden Pinien- (oder was auch immer…) wäldern. Klares, türkisenes Wasser, genau so wie man sich es wünscht. Mittlerweile ist es hier am Strand ruhig, denn die Strandurlauber sind größtenteils abgereist. Zu dieser Jahreszeit ist eher Sightseeing in der Altstadt von Pula angesagt. Mit ihrer langen Geschichte hat die Stadt viele historische Bauten zu bieten. Ein großes und gut erhaltenes römisches Amphitheater, das Wahrzeichen von Pula, wo heute vor allem im Sommer Events stattfinden. Generell wird in der Stadt viel geboten! Außerdem gibt es ein kleines römisches Amphitheater, den Forumsplatz mit dem Augustus-Tempel, ehemalige Stadttore und Reste der Stadtmauer, prächtige, jedoch zum Teil etwas vernachlässigte Gebäude aus Zeiten der österreichisch-ungarischen Monarchie und vieles mehr, was ich selbst noch nicht gesehen habe. Aus dem Zentrum heraus gibt es auch einige weniger schöne Stadtteile.

Ich selbst wohne in einem der Hochhäuser des Stadtteils Šijana. Es ist zwar nicht gerade die schönste Gegend Pulas, doch das macht mir weniger aus, als ich dachte. Meine Wohnung ist groß und gemütlich. Ich habe mir es ganz schön hergerichtet und fühle mich darin wohl. Die Momente in denen ich alleine in der Wohnung bin, sind jedoch meistens die, in denen ich es unglaublich vermisse, in meinem vertrauten Zuhause zu sein, umgeben von den Menschen, die ich liebe. Mir war zwar schon vor Pula bewusst, wie viel Glück ich mit meinem Zuhause habe, doch wie es leider bei vielem so ist, kann man Dinge erst so richtig oder noch viel mehr schätzen, wenn man plötzlich darauf verzichten muss. Doch das ist seit meiner Ankunft auch schon weniger geworden.

Und außerdem gibt es hier zum Glück auch all die anderen Momente, in denen ich einfach nur glücklich und zuversichtlich, dankbar und stolz auf mich bin. Denn ich finde es nicht selbstverständlich, mit welcher Offenheit und Freundlichkeit die Menschen mir hier begegnen. Sowohl einige von den Schülern, als auch die beiden Deutschlehrerinnen, mit denen ich zusammenarbeite oder ein Freund meines Vorgängers. Ich war schon zu diversen Mittagessen eingeladen, durfte bei der Olivenernte mithelfen und wurde von Schülern zum Kaffe trinken eingeladen. Das wird hier übrigens sehr gerne gemacht. Mir ist es noch fast nie gelungen, die anderen einzuladen, denn immer wollen alle mich einladen. Ich bin sehr dankbar, dass die Menschen, denen ich bisher begegnet bin, mich so ohne zu zögern willkommen heißen. Es ist toll, dass die Schule an der ich bin, ein Gymnasium ist (in Kroatien 9. bis 12. Klasse), denn somit gibt es auch einige Schüler in meinem Alter mit denen ich mich sehr gut verstehe. Wir haben uns schon einige Male getroffen, waren im Theater, im Club und im Café.

Was ich hier auf jeden Fall lerne, ist direkt auf Menschen zuzugehen und Kontakte zu knüpfen, Anschluss zu finden, geduldig zu bleiben und sich nicht davon frustrieren zu lassen, wenn etwas nicht sofort nach Plan verläuft. Das gilt auch für kleine Probleme im Alltag. Ein Paket, das nicht zugestellt wird, Probleme mit dem Geld abheben, eine kaputte Waschmaschine oder die Suche nach einem Fahrrad und einem Sportverein (ein Fahrrad habe ich mittlerweile gefunden, den Sportverein noch nicht). Das ist zwar nicht immer leicht, aber davon werde ich wohl mein ganzes Leben profitieren.

Doch nun zu meiner eigentlichen Aufgabe als Freiwillige hier. Die Schule, an der ich eingesetzt bin, ist eine Schule für Tourismus, Gastgewerbe und Handel. Die meisten Schüler planen, einmal in der Tourismusbranche zu arbeiten oder tun das während dem Sommer schon. Es ist einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren Kroatiens. Und da auch sehr viel deutschsprachige Touristen kommen ist es für die Schüler eine zusätzliche Qualifikation, wenn sie deutsch sprechen können. Neben dem regulären Deutschunterricht engagieren sich die beiden Deutschlehrerinnen der Schule in vielen anderen Deutschprojekten. Meine Aufgaben sind im Unterricht zu assistieren und zum Beispiel eine Aufgabe mit einer Kleingruppe zu machen oder den Unterricht sogar zu übernehmen, wenn die beiden etwas für eines der Projekte organisieren müssen. Außerdem übe ich mit einzelnen Schülern für die Sprachprüfungen. Abgesehen davon übernehme ich kleinere Erledigungen, die im Schulalltag anfallen. Ich durfte auch schon in die Hauptstadt Zagreb fahren, zur Feier des 10-jährigen Jubiläums von PASCH verkleidet als das Deutschmaskottchen der Schule. PASCH steht für die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“, welche weltweit Schulen vernetzt, an denen Deutsch eine besondere Rolle spielt.

Somit war ich bisher zum Großteil mit Menschen in Kontakt, die deutsch oder englisch sprechen. Trotzdem möchte ich natürlich auch kroatisch lernen. Einige Sätze kann ich schon sagen und demnächst werde ich einen Sprachkurs beginnen. Etwas gewöhnungsbedürftig finde ich die kroatische Sprache schon, aber es gibt auch Wörter, die dem Deutschen oder Italienischen ähneln. Die Cremeschnitte heißt auf kroatisch zum Beispiel kremšnita 🙂 Doch dann gibt es auch Wörter wie ugostiteljstvo (Gastgewerbe) oder četvrtkom (donnerstags), bei denen man sich fragt, wie es möglich sein soll, das auszusprechen. Aber glaubt mir, es geht 🙂

Ich hätte noch so viel mehr zu erzählen, aber das soll es für heute ist einmal gewesen sein. Liebe Grüße aus Pula!