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„Ausganssituation“: Der 30 Stock hohe Kulturpalast – Wahrzeichen Warschaus und Handlungsort einer kleinen Geschichte. Der Geschichte einer kulturweit-Freiwilligen in Warschau, die mit ihren verschiedenen Gefühlen während des 6-monatigen Auslandsaufenthalts zu kämpfen hat. Stockwerk für Stockwerk wird sie sich im Aufzug der Plattform in 231 Meter Höhe nähern – und hoffentlich dem Ziel Warschau/Polen in all seinen Facetten kennen zu lernen. Für sich selbst und in erster Linie für alle, die sich mehr Austausch zwischen Polen und Deutschland wünschen. Begleitest du sie?

„Besetzung“

Bärbel/Björn:Nörgler*in/Pessimist*in

Sabine/Dimitri:Freude/Optimist*in

Sarah/Sven:Wut

Veronika/Vincent:Träumer*in/Naiv

Lara/Lars:Perfektionist*in,Besserwisser*in

Sandy/Andy:Mut

Candy/Danny:Angst

Martha/Matthäus: Trauer

 

Das Kribbeln in deinem Bauch erstirbt in dem Moment, in dem der Aufzug zum Stillstand kommt. Du reibst dir die letzte Müdigkeit aus den Augen und streckst dich. Die Anzeige gegenüber dir blendet die Zahl 5 ein. Du seufzt. Deine Begleiter*innen sind bereits wach. Auf dem Rücken liegend, Händchenhalten, irgendwie Otter mäßig. Darauf aus nie wieder in die Traumwelt wegzutreiben, denkst du dir.  Doch das werden sie nicht schaffen. Dafür dauert eure Reise noch viel zu lange. Denselben Gedanken scheint eine*r der Insassen mit dir zu teilen und erhebt das Wort.

Sarah/Sven >> Nächstes Mal buchen wir bitte einen Kran, einen Hubschrauber oder gar King Kong. Mit diesem alten Aufzug brauchen wir ja ein ganzes halbes Jahr um in den 30. Stock zu kommen. <<

Lara/Lars >> Ein halbes Jahr…das sind 262800 Minuten. Davon könnten wir 3 Minuten ohne Sauerstoff, 4320 Minuten ohne Wasser und 30. 240 Minuten ohne Nahrung auskommen. Wahnsinn oder? <<

Veronika/Vincent >> Wahnsinn ist eigentlich, dass es mich nur etwa 2 Tage…

Lara/Lars >> …2.550 Minuten… <<

Veronika/Vincent >> …gekostet hat mein Herz zu verlieren. <<

Alle Insassen spitzen die Ohren. Nur Candy/Danny reißt zusätzlich schockiert die Augen auf und wird bleich.

Candy/Danny >> An wen oder was denn? <<

In dem Wissen, die gesamte Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben, lehnt sich Veronika/Vincent zurück.

Veronika/Vincent >> Ratet. <<

Sandy/Andy >> Ok, ok. Letztes Wochenende warst du in Lublin. Hat es etwas mit diesem Trip zu tun? <<

Veronika/Vincent >> Ja auch. <<

Bärbel/Björn >> Boah. Ich erinnere mich noch genau an den Abfahrtstag. Unterrichtsschluss war gewohnt um 17 Uhr. Dein Bus ging aber bereits um 18 Uhr. Eine halbe Stunde früher solltest du an der Haltestelle sein, um noch sicher ein Ticket zu bekommen. Du warst letztlich kurz vor Punkt dort. Großartig! Die Schlange vor der Bustür war ein Alptraum –und <<

Sabine/Dimitri >> Doch was passierte dann? Ein Wunder und der Busfahrer verkaufte doch noch ein Ticket an dich – auch wenn das bedeutete, dass vier weitere Reisende und du, die letzte Sitzreihe (ausgelegt für vier Personen) teilen musstet. – 3 Stunden lang. <<

Bärbel/Björn >> Also hast du dort aufgrund des Platzmangels Freunde gefunden und sie so schon ins Herz geschlossen, oder was? <<

Veronika/Vincent >> Nein. <<

Sandy/Andy >> Nun, gut… ist es während der ersten Nacht bei Anne und Johanna passiert? <<

    

Sabine/Dimitri >> Bei eurer „Leuchtbrunnen-Swingsession“? <<

Veronika/Vincent schüttelt energisch den Kopf

Lara/Lars >> Gut, also den Morgen darauf. Ah das Frühstück. Die selbstgemachten Pancakes, oder?<<

Veronika/Vincent >> Es fällt mir schwer das zu sagen aber nein. <<

Sarah/Sven >> Oh lass die Spielchen, sag´s schon. Hat es etwas mit der Altstadtexkursion zu tun? <<

Sabine/Dimitri >> Die Altstadt mit seinen Farben, den Straßenmusikern und Katzencafes? <<

Candy/Danny >> Genau in jenem Katzencafe, in dem du statt dem Badezimmer die Katzenklostube gefunden hast und dachtest, dass sei ihr Ernst und alleine warst und…<<

Schweren Herzens schüttelt Veronika/Vincent wieder den Kopf.

Martha/Matthäus >> Halt, Stopp. Sag nichts. <<

Martha/Matthäus nimmt Veronika/Vincent in den Arm. Diese*r scheint verstört.

Martha/Matthäuse >> Es geht um Josef oder Pepe, kurz PJ, die Mitbewohner von Anne und Johanna, oder mein armes Liebes? <<

Veronika/Vincent entzieht seine/ihre Hand.

Sandy/Andy >> Zur späteren Stunde, als du zusammen mit deinen Gastgeberinnen und einer Nichtkulturweit-Freiwilligen durch die Stadt gezogen seid? <<

Veronika/Vincent >> Nope. <<

Sabine/Dimitri >> Während des Friseurbesuchs, bei dem du mal passiv warst, während sich Johanna einen neuen, wunderschönen Look hat machen lassen?<<

Veronika/Vincent >> Du hast es doch selbst gesagt: Ich war passiv. Also nein. <<

Bärbel/Björn >> Nun, aber wegen des ungemütlichen Wetters, warst du so oder so nicht dermaßen aktiv <<

Veronika/Vincent >> Wie wahr. Tagsüber, jedenfalls. Aber spät nachts, als ihr in die WG zurückgekehrt seid und du nicht schlafen konntest, bin ich in Aktion gekommen. Ich hab ein Reise und Fototagebuch begonnen. <<

Sarah/Sven verdreht die Augen

Sarah/Sven >> Oh wirklich, an so etwas dummes DIY-Dings hast du dein Herz nun verloren? <<

Veronika/Vincent >> Nun ja, an den Inhalt. Bislang zählt es genau 7 Sachen. <<

In der Erwartung es handele sich um sie werden die Pupillen der Begleiter*innen plötzlich groß. Veronika/Vincent räuspert sich, bevor diese*r zum Sprechen ansetzt.

Veronika/Vincent >> Johanna, Anne, Rosi, Lublin, polnische Versionen von Disneyliedern, Weiße Karamellschokolade von E. Wedel und Erinnerungsstücke aus meiner zweiten Heimat Warschau, die ich trotz nur 2 Tagen Abwesenheit bereits vermisst habe. <<

 

Rosi: Meine Begleiterin für eine geplante Reise nach Ungarn.

 

Offensichtlich zeigen die anderen Begleiter*innen ihre Unzufriedenheit über Veronika/Vincent Antwort. Während jene das Gesicht verziehen, schnauben, eine Träne vergießen oder mit den Schultern zucken, lehnst du dich nachdenklich an die Aufzugswand. In deinem Kopf kreisen nun all die Dinge, an die du in deinem bisherigen Leben dein Herz verloren hast. Zusammen mit deinem Gedankenkarusell setzt sich der Lift wieder in Bewegung.

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