Teil 1: Von dem, was ich sehe

Ich sehe mich im Gespräch mit Bekannten. Das Hauptgesprächsthema: mein neuer Kurzhaarschnitt. Ich weiß nicht mehr, wie wir darauf kommen, aber plötzlich höre ich eine Frau etwas von „Trans […]“ zu einer anderen sagen, und kurz darauf: meinen Namen. Verwirrt schaue ich die Beiden an, reiße intuitiv erschrocken meine Augen auf, als hätte ich das dringende Bedürfnis, mich von dem Wort zu distanzieren. Meinen Blick wahrnehmend oder nicht, erklärte mir die eine dann nüchtern, dass es um ironische Videos zu Transsexualität ging. „Aso“, nickte ich, ebenfalls nüchtern.

Jetzt frage ich mich: Warum der Blick zuvor? Warum hatte ich das intuitive Bedürfnis, mich mimisch von dem „Trans-Thema“ distanzieren zu müssen? Warum nehme ich „Trans“ als etwas Bedrohliches, Peinliches, Unnormales wahr? Was verursachte meine Sorge, selbst der Gefahr von Demütigung und Diffamierung ausgesetzt zu sein? 

Ich schäme mich für meinen Blick. Für meine Unreife. Und darüber, dass es dieser Reflektion bedarf, um zu realisieren, dass gerade solche Blicke, Gedanken, Gefühle die bestehende Machtstruktur zwischen der Heteronorm und der Homo-, Trans, Queer-Randgruppe aufrechterhalten, stärken. Ich schäme mich auch dafür, dass ich erst jetzt, wo sich mein Blick geweitet hat, das sehe, womit der Mensch, mit dem ich vor einigen Monaten sprach, sein Leben lang zu kämpfen hatte. Ich schäme mich für das, was ich sehe. Ich sehe viele, viele Menschen, denen es wichtiger ist, nicht als homophob zu erscheinen, als nicht homophob zu sein.