Vorbereitende Gedanken

Hallo! Ich freue mich, dass du vorbeischaust!

Ich werde die nächsten 6 Monate in Yaoundé in Kamerun verbringen. Dort arbeite ich im Goethe-Institut und wohne im Theaterlabor OTHNI. Meine Ausreise verschiebt sich leider noch etwas nach Hinten, weil mich momentan eine Grippe daran hindert loszufliegen.

Ich beginne meine Blog mit einigen der Fragen und Gedanken mit denen ich bzw. wir uns auf dem Vorbereitungsseminar auseinandergesetzt haben. Ich bin sehr froh einige Denkanstöße bekommen zu haben und mich tiefergehend mit Themen die mich beschäftigen auseinandergesetzt haben zu können. Hier einfach mal ein paar Notizen, die ich mir während dem Seminar gemacht habe:

Wo stehe ich zwischen der Person, die ich wirklich bin und der Person, die ich präsentiere, als die ich wahrgenommen werden könnte, wenn ich ins Ausland gehe? Stehe ich automatisch für eine Gruppe von Menschen? Die Deutschen, Die ,,Kulturweit-Teilnehmer*innen“, Die verwöhnte Oberschicht, Die, die Denken sie könnten andere Länder belehren, ihnen helfen und sich ihnen überlegen fühlen.

Was ist ,,Kulturweit“ und kann ich mich mit dem Vorgehen der Organisation identifizieren? Komme ich selber damit klar, wenn ich für viele im ersten Moment nur als ein ,,Kulturweit“ in Miniaturform gesehen werden könnte?

In mir kommt Wut auf, weil ich zu vielen Gruppen gehöre, die aus gutem Grund (oder auch weniger begründet) nicht positiv wahrgenommen werden (könnten). Trotzdem begreife ich mich als weltoffenen, halbwegs reflektierten Mensch, der neugierig auf Neues ist und versucht allem eine Chance zu geben.

Wir stellten uns Fragen wie z.B. ob ,,Kulturweit“ , die moderne Art der Kolonialisierung ist. Ich gehe aber nicht in ein Land um dort die deutsche Kultur zu verbreiten damit das Land „deutscher“ wird. Ich gehe in ein Land um neues zu erfahren, neue Lebensentwürfe kennenlernen zu können, mir neue Arbeitsweisen anzueignen. Ich gehe aus einem sehr egoistischen Grund nach Kamerun. Eigentlich nur für mich. Aber muss ich mich dafür schämen wenn ich damit niemanden störe? Ich gebe sehr gerne Kultur und Erfahrungen weiter wenn sie jemand wissen will, aber ich versuche sie niemanden aufzuzwingen.

Ein großes Thema war der sehr umstrittene Begriff der ,,Entwicklungshilfe“ (mittlerweile ,,Entwicklungszusammenarbeit“). Grob umrissen habe ich das Problem so begriffen: Die überhebliche Art, in der ,,der reiche Deutsche“ dem ,,armen Schwarzen“ helfen muss, weil er rückständiger wäre. Hilft Deutschland sich damit nicht eher selber als den betroffenen Ländern? Hindert Deutschland nicht gleichzeitig die Länder daran sich tatsächlich weiterzuentwickeln? Kapitalismus, Politik, …MACHT. Die ganze Zeit geht es um Macht. Der Mächtigste ist in der Lage eine Imaginierte Welt zu erstellen. Dinge so darzustellen, wie er sie gerne sehen würde.

Es geht sehr viel um Darstellung. Wie stellt sich Deutschland dar? Institutionen, Filme, Theater, Presse – Medien im Allgemeinen. Leider hat nicht jedes Land diese Möglichkeiten der Selbstdarstellung.

 

Zwei Dinge machen mich sehr wütend:

Erst einmal, habe ich in der Schule viel zu wenig über die deutsche Kolonialisierung und die damit zusammenhängenden Massenmorde gelernt. Ich habe das Gefühl, wir haben uns unfassbar oft mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander gesetzt (und das finde ich auch sehr wichtig). Im Vergleich dazu wurden uns aber einfach viel zu wenig die Probleme, Folgen und die Geschichte der Kolonialisierung bewusst gemacht.

Außerdem schockiert es mich, welches Bild mir von Afrika seid Klein auf vermittelt wurde und mit welchen Vorurteilen ich selber immer noch zu kämpfen habe, weil sie einfach sehr tief in mir verankert sind. Die verschiedenen Länder in Afrika werden oft nicht als eigenständige wahrgenommen, vielmehr spricht man oft von Afrika als Einem.