NEU, Teil 2 28/09/2019

NEU, Teil 2

… oder wie ich es in diesem Moment nennen würde: Wie ich lerne zu akzeptieren, dass alles seine Zeit braucht.

Ich denke, dass ich noch mitten in dem Prozess des Ankommens und Einlebens stecke, aber trotzdem habe ich nun an meinem 7. Tag hier in Eldorado immer mehr das Gefühl, dass ich langsam sagen kann: „Ich fühle mich wohl in meiner kleinen, sehr einfachen Wohnung. Ich weiß, wo ich Dinge käuflich erwerben kann und abgesehen davon weiß ich durch tägliche Bestätigung, dass egal welchen Menschen ich hier vor Ort treffe, ich immer mit offenen Armen empfangen werde.“ Und weshalb kann ich das sagen? Übertreibe ich nicht gerade etwas und bin gerade nur in so einer Hochphase, weil die ersten 2 Tage hier eine totale Umstellung waren und ich damit etwas überfordert war? Vielleicht und wenn ja, na und. Der kitschige Spruch, nach jedem Down kommt ein Up, könnte nicht besser passen.

Eine lange Einleitung, ich weiß. Ich muss mich noch etwas darin üben, alles etwas kürzer zu fassen, doch ich im Endeffekt gibt es nun mal so viel zu erzählen.

Ich kam am Mittwoch an. Donnerstag ging es das erste Mal in die Schule. Ich habe sehr viele Informationen bekommen, hauptsächlich zu ganz vielen festlichen Ereignissen, denn hier in Eldorado wird viel und gerne gefeiert und alles wird natürlich vom lokalen Fernsehsender mit übertragen (Ich wurde sogar schon interviewed und war im Fernsehen von Misiones zu sehen, so weit habe ich es in Deutschland nicht gebracht): es gäbe da den Schülertag, den Tag des Frühlingsanfangs, das Wiedervereinigungsfest , den Muttertagstee und so weiter… Ebenfalls bekam ich verschiedenste Stundenpläne der Deutschlehrer ausgehändigt, aus welchen ich mir dann einen eigenen erstellt habe. Die Schule geht von 7-12 Uhr. Dann ist 3 Stunden Siesta. Und nicht nur an der Schule, sondern überall. Dadurch, dass ich in einer ziemlich kleinen Stadt lebe, diese gerade mal 50.000 Einwohner hat, sind von ca. 13 Uhr bis 16:30 Uhr alle Geschäfte, Restaurants und Institutionen geschlossen. Umkehrschluss daraus ist, dass die Menschen hier einen ganz anderen Tagesrhytmus besitzen. Durch die ausgiebige Siesta wird dann erst um 22 Uhr Abend gegessen. Die Bars füllen sich erst ca. um 1 Uhr nachts. Ganz nach dem Motto tranqui, was eine Abkürzung von tranquilo ist und so viel bedeutet wie ruhig, wird hier sowieso gelebt. Eine ganz lange Schlange im Supermarkt wird beispielsweise nicht dazu genutzt, sich darüber zu beschweren, wie viel zu lang diese Schlange denn ist, sondern zum Plaudern mit dem Gegenüber. Es ist diese Herzlichkeit und Offenheit mit der ich ebenfalls in der Schule empfangen wurde. Nach meinem ersten „Schultag“ war jedoch direkt am Freitag schulfrei und am Anfang des Tages wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen soll. Die Stadt war mir unbekannt und meine eigene Wohnung auch. Der Fakt, dass ich dachte, ich kenne noch niemanden hat mich außerdem etwas runtergezogen. Doch in der Schule hatte ich nette Schülerinnen aus der 12. Klasse kennengelernt und so offen und nett wie sie sind, haben sie mich mit zu einer elección de la Reina mitgenommen, was im Endeffekt so wie eine Misswahl funktioniert. Zu diesem Thema werde ich einen eigenen Eintrag schreiben, denn das Thema finde ich äußerst interessant und etwas kontrovers. Samstag wurde von der fundación Wachnitz eine Müllsammelaktion organisiert und es war schön zu sehen, dass auch hier auf der anderen Seite der Welt sich zum Schutz der eigenen Umwelt Leute engagieren. An dem Abend ging es in einen Club und lasst mich eins sagen: dass der Club erst um 2:30 Uhr richtig gefüllt ist, ist der kleinste Unterschied. So wie beim Matebecher, welcher immer in einer Runde rumgereicht wird, funktioniert es auch mit den Drinks im Club. Niemand hat einen eigenen Becher und als ich erzählte, dass wir in Deutschland alle unser eigenes Glas haben, wurde ich verblüfft angeschaut. Die Musik war genau mein Fall: REGGAETON. Dadurch habe ich es sehr genossen mal wieder so richtig abzudancen. Naja es lässt sich raushören, dass ich doch etwas am Wochenende unternommen habe. Dies hat mich wirklich nach meiner kleinen Down-Phase wieder hochgezogen und ich kann aus tiefstem Herzen sagen, dass ich wirklich glücklich und gespannt auf die kommende Zeit bin.

Hasta luego,

eure Patri (so wurde ich nun hier getauft und gefühlt von jedem so genannt)

P.S.: Es handelt sich bei diesen Einträgen um keine Live-Übertreibung meines Lebens hier im wundervollen Argentinien. Deshalb sind die Einträge auch immer ziemlich lang. Es gibt so unendlich viel zu erzählen, chicos!!

 

Die Sonne hier und ihre Kraft ist einfach etwas ganz besonderes
Meine Wenigkeit im Zentrum Eldorados