Die Challenge. Diskriminierung 1/2. Update.

Piece 2/8

Ich hab mir vorgenommen bis zum Ende meines Freiwilligendienstes jetzt jede Woche am Freitag [Funktioniert ja ganz supi.^^] einen Blogbeitrag zu posten. Ich möchte auf mein freiwilliges und soziales Jahr in Tschechien zurückblicken und es reflektieren sowie Abschied nehmen. Schreiben werde ich über alles Mögliche, denke ich. Erwartet nichts spezifisches,- einfach nur unterhaltende, traurig und lustige sowie Gedankenprozesse anregende Texte.

Für alle, die es juckt, gibt es sogar noch ein Update über meine letzten Wochen bis zum Nachbereitungsseminar.

 

Diskriminierung. Sollte nicht sein, ist aber allgegenwärtig. Zumindest für die Betroffenen.

Dieses Jahr habe ich mich viel mit Rassismus und Homophobie beschäftigt. Das liegt daran, dass sie mich beide direkt betreffen. Zerstörend frustrierende und gleichzeitig hoffnungsvolle Gefühle begleiteten mich auf diesem Weg.

Warum schreibe ich jetzt über Rassismus? Zum einen, weil ich meine Meinung/Gedanken zu diesem Thema endlich mal sortieren und festhalten möchte und zum anderen, weil ich letztens ein Panel zum Thema Blackface gesehen habe. Wenn mensch sich mit diesem Thema beschäftigt und selbst betroffen ist, fühlt mensch sich leider schnell als Opfer des Systems,- Zumindest ich.

Um eins klar zu stellen: Ich spreche für mich, und nur für mich, und nicht für eine undefinierte Gruppe von Menschen. Es ist am Ende ein Kommentar aus meinem Blickwinkel.

Fühlt euch zum Mitdenken und -diskutieren eingeladen!

Confession.

Fuck it! Ich bin noch nicht dort angekommen, wo ich fried- und hoffungsvoll demonstriere, um eine bessere Welt zu schaffen. Ich bin wütend, verletzt und super pissed. Ich habe noch nicht meine goldene Mitte gefunden, um der ganzen Thematik mit Ruhe und Verständnis zu begegnen. Wenn du das liest, haben bestimmt schon 4 Menschen diesen Beitrag gelesen, korrigiert und meine Wut sowie Aggression zensiert. Und das ist gut,- Zumindest für jetzt.

Ich habe das Gefühl, dass Rassismus in Deutschland wenig, und wenn, nicht differenziert genug zur Sprache kommt. Wenn ich jemandem mitteile, dass eine Aussage, Aktion oder Tatsache (institutionell, beziehungsweise strukturell) rassistisch ist, wird das oft eiskalt zurückgewiesen. Mensch möchte ja kein Nazi oder kein*e Rassist*in sein. Aber diese Angst, als weit Rechte*r betrachtet zu werden, sollte keine Diskussion, beziehungsweise den Meinungsaustausch stoppen. Keine*r ist in unserer Gesellschaft nicht an rassistischen Strukturen beteiligt. Also lasst uns doch bitte darüber reden.

#1 Wenn ich mir Pflaster kaufe und ich gar nicht erst die neutralen kaufen muss, weil ich weiß, dass ich genauso gut auch pinke Pflaster kaufen könnte. Wenn mich die Kassierer*in aus heiterem Himmel auf Englisch anspricht. Wenn ich die einzige Person im Zug bin, von der die Polizei einen Ausweis sehen möchte. Dann fühle ich mich nicht gut. Ich fühle mich kümmerlich, verwirrt und verärgert. Und diese ständige Frage nach der Herkunft. Boi! — Ich will mit dir nur eine nette Zeit haben und ficken, nicht über meine Eltern nachdenken oder daran erinnert werden, dass ich „exotisch“ oder vielleicht „aufregend“ aussehe. Das sind keine Komplimente! Keine akzeptablen Komplimente. Keine akzeptable Smalltalk-Frage. Spreche ich euch allen nicht gut genug Deutsch oder ist eine PoC mit einer deutschen Staatsbürgerschaft so schwer vorzustellen?

Wenn ich jemanden meinen Eltern vorstelle und dann die Frage kommt, wäre es vielleicht okay. Aber sonst hat die Herkunft meiner Eltern nichts mit meiner Identität zu tun. Ich bin Deutscher, egal welche Hautfarbe ich habe oder woher meine Eltern kommen.

#2 Nigger beziehungsweise das deutsche Äquivalent Neger, Mohr oder -[An dieser Stelle sind mir nicht weitere, ähnlich diskriminierende, Ausdrücke eingefallen und ich habe gegoogelt. Ficken, wie viele dumme, gleichzeitig diskriminierende „Synonyme“ es gibt.]- sind von weißen Menschen einfach nicht zu benutzen. Und Haltestellen wie Mohrenstraße sind halt einfach nicht akzeptabel. In der Theorie sollten PoC diese Begriffe auch nicht benutzen. Denn wenn wir sie benutzen und proklamieren, dass wir sie dadurch entmachten wollen, müssten, meiner Meinung nach, auch weiße Menschen diese Begriffe nutzen dürfen und das wird nur über mein kaltes, totes Bewusstsein passieren. Also lasst uns die Umgangssprache gemeinsam davon befreien!

Leider wird der Begriff Nigger in amerikanischer Musik verwendet. Was die Durchsetzung meiner Auffassung äußerst erschwert, aber nicht erschweren sollte. Sing es einfach nicht mit, Conny. Aber das nimmt mir dieses befreiende Gefühl. „I ain’t sorry, nigga, nah!“ -Beyoncé

Meine Hautfarbe sollte auch nicht als Essen oder ähnliches bezeichnet oder damit verglichen werden. Genauso wenig wie Menschen nach Käsekuchen, Vanilleeis und Kreide eingeteilt werden wollen, will ich nicht als Mocha, Karamell oder Milchschokolade bezeichnet werden. Falls ihr mich doch in eine Gruppe stecken wollt, „Categorize me, I defy every label!“ -Janelle Monáe

Sonst fragt doch die Menschen bitte einfach wie sie bezeichnet werden wollen und gebt ihnen nicht einfach allmächtig einen Stempel.

#3 „You have to be twice as good as them to get half of what they have.“ Diese Weisheit trichtert Papa Pope seiner Tochter Olivia in der US-Amerikanischen Fernsehserie Scandal ein. Olivia Pope ist eine Powerhouse-Krisenmanagerin und -Problemlöserin. Sie ist eine WoC. Also besitzt sie zwei unveränderbare Eigenschaften, die sie eigentlich als Serienlead disqualifiziert hätten. Aber es ist eine Shondaland-Serie und deshalb war es möglich, dass eine WoC den Serienlead übernimmt. Shonda Rhimes ist eine Storytellerin, Producerin und WoC, die unter anderem Grey’s Anatomy kreiert hat. Sie kämpft für eine Fernsehlandschaft, in der PoC-Charaktere nicht in der ersten Folge sterben, nur die besten Freunde des Helden sind oder eindimensional und stereotypbelastet über den Fernseher flimmern. Sie kämpft für die Normalisierung des amerikanischen Fernsehens. Repräsentation ist wichtig,- Und das heißt nicht nur als Klischee-Beste-Freundin, sondern auch als dreidimensionaler Charakter, um den sich der Haupterzählstrang der Geschichte dreht.

Während meiner Jugend habe ich jemanden gesucht, zu dem ich aufschauen kann. Jemanden, der so aussieht wie ich. Ein vergeblicher Versuch in der deutschen Film- und Fernsehlandschaft. Zeigt mir doch bitte eine deutsche Olivia Pope oder einen deutschen Lionel Higgins. Auch in der deutschen Bundespolitik ist die Suche nach PoC erfolglos. Die Tagesschau wurde meines Wissens nach auch noch nicht von einer PoC moderiert. Warum muss ich mir im Ausland Vorbilder und Idole in Film und Fernsehen suchen?

„The goal is that everyone should get to turn on the TV and see someone who looks like them and loves like them.” -Shonda Rhimes

#4 Für alle Leute, die sich immer noch fragen, warum ich jetzt so anders, so exotisch aussehe, ist das jetzt die Offenbarung! Mein Vater kommt aus Cuba und ist eine PoC.

Und nur, um das klarzustellen: Ich war noch nie auf Cuba und fühle mich eher Deutsch als Cubanisch. Mein lieber Papa hat es lediglich geschafft einige Verhaltensweisen und Ansichten von mir zu prägen. Meine Mutter war aufgrund ihrer kontinuierlichen Erziehungsarbeit allerdings erfolgreicher. Der Punkt ist: Ich bin Deutscher,- Ja.

Vielleicht reagiere ich deshalb so allergisch auf auch das subtilste In-Frage-Stellen meines  Deutschseins.

Hautfarbe war nie ein Thema für mich während meiner Kindheit. Meine Freunde waren alle weiß. Noch nicht mal, als meine Grundschule mit „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ um die Ecke kam, ging bei mir ein Licht an. Als das einzige PoC Kind in jeder Klasse, mit der Erziehung die ich genossen habe, hatte ich nie etwas anderes wahrgenommen, noch fühlte ich mich anders.

 

17.07.2018 Ich war letzte Woche auf der Insel Rügen, genauer gesagt in der Nähe von Sellin. Ich habe mich auf ca. 7 Tage Sonnenschein und Strand gefreut. Bekommen habe ich Nieselregen und eine graue, demotivierende Wolkendecke. Viel ist dadurch halt echt nicht passiert. Ich habe meine Pilotfolge fertig gebeatsheetet [Für all die Leute, die wissen, was ich tue.] und wenn die Sonne schien, durfte ich meiner kleinen Schwester beim Inlineskater fahren lernen helfen. Weil das Wetter einfach hundsgemein ist, schien die Sonne am vorletzten Tag 24/7 und der Wetterbericht kündete für die folgende Woche strahlenden Sonnenschein und blauen Himmel an. So konnte ich, Gosh sei Dank, zu meiner großen Freude, doch noch einmal in die Ostsee,- aber nur bis zu den Knien.

Nach dem Family-Ostsee-Adventure war ich wieder für zwei Tage zu Hause und habe mich auf die nächste Reise vorbereitet. Am Montag fuhr ich wieder zurück nach Prag. Diesmal mit zwei Freundinnen im Schlepptau. Also passt auf, wir machen Prag jetzt unsicher!

Liebe Grüße aus der sehr liebgewonnenen Stadt.

Conny