Tag 18 – Alltag

Seit zweieinhalb Wochen lebe ich nun in Belarus. Vieles, was am Anfang noch neu und aufregend war, wird so langsam alltäglich. Im Supermarkt komme ich inzwischen sehr gut klar und mit der neuen Währung habe ich mich arrangierte, so dass ich jetzt nicht mehr bei jedem Bezahlen überlege: „Was ist das nochmal in Euro?“ Im Zweifel frage ich ohnehin eine_n Einheimische_n, die/der mir sofort die Preise in US-Dollar und Euro nennen kann. Ich habe es nun auch akzeptiert, dass man sich hier einfach in den Bus setzt und dann jemand vorbeikommt und einem das Ticket verkauft. Nur im Privatbus, der sogenannten Marschrutka (маршрутка), muss man tatsächlich noch selber vorne beim Fahrer zahlen.

Und so erobert der Alltag mein Leben hier in Belarus. Jeden Morgen steht man auf, schlendert zum Bus und fährt zur Schule. Habe ich anfangs zwar auch gemacht, aber inzwischen habe ich keine Angst mehr, wo ich landen könnte. Gefährlich waren vor allem die Marschrutkas, denn hier muss man seinen Haltewunsch rufenderweise bekanntgeben. 😮 Aber auch das klappt inzwischen, so dass ich inzwischen auch mal freiwillig die Marschrutka nehme, anstatt lange zu warten, was ich zuvor nur gemacht habe, wenn ich unter Zeitdruck stand. Tatsächlich habe ich mich sogar schon dabei erwischt, wie ich zu Hause sagte und meine Wohnung meinte. 😀 Ich bin also angekommen, habe mich eingelebt und komme gut zurecht.

Tage 14&15 – Vitebsk

Heute ist der Titel zwar nicht sonderlich kreativ, gibt aber sehr gut wieder, worum es gehen soll. Ich war dieses Wochenende in Vitebsk (Витебск  бел.: Вицебск). Das ist die von mir aus gesehen nächsgelegene Großstadt. Sie ist 1169 Jahre alt und Hauptstadt der Oblast in der ich im Moment wohne, so weit die Fakten. Vitebsk ist eine sehr schöne Stadt, besonders die orthodoxen Kirchen sind sehr sehenswert. Simon, Miriam, sie ist wie ich Kulturweit-Freiwillige wie ich und ich wurden von drei Studenten der örtlichen Universität, Mascha, Gleb und Albert, herumgeführt. Es sei nochmal hervorgehoben, dass die drei ihr Wochenende dafür geopfert haben. 

Vitebsk ist die Heimatstadt Marc Chagalls, dessen Geburtshaus nun ein Museum ist. Zusätzlich gibt es ein weiteres Marc Chagall-Museum. Leider gibt es im Marc Chagall-Museum keine Originale, dennoch war es eine Besichtigung wert. Des Weiteren hat der russische Dichter Alexander Puschkin hier für kurze Zeit gewirkt. Auf beides war Gleb merklich Stolz. Sowohl für Puschkin als auch Chagall gibt es in Vitebsk Monumente. Außerdem gibt es ein, sehr großzügig angelegtes, monument zum Sieg im (Großen) Vaterländischen Krieg (Zweiter Weltkrieg).

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Es handelt sich um wunderschöne Bauwerke, von innen wie von außen. Die orthodoxen Kirchen sind innen mit Ikonen geschmückt. Im Kasaner Dom durfte man leider keine Fotos machen und in der Sophia-Kathedrale fand gerade eine Taufe statt, so dass ich aus Respekt auf Fotos verzichtet habe. Ich hoffe mal, ihr glaubt mir auch so, dass die Kirchen wunderschön waren.

Alles in allem habe ich zwei sehr schöne Tage in Vitebsk verbracht.

Zu guter letzt der Wisent ist ja zusammen mit dem Storch das Nationaltier von Belarus, daher auch der Titel meines Blogs und heute endlich habe ich meinen ersten Storch in Belarus gesehen. Leider ist er abgehauen bevor ich ihn fotografieren konnte, aber irgendwann kriege ich noch mal einen vor die Linse.

Tag 7 – Nur Bares ist Wahres

Eine Woche ist also schon um, mir kommt es vor, als wäre ich gestern erst gelandet. 🙂 Wie dem auch sei. Nach einer Woche habe ich endlich die meisten Formalia klären können (ein Langzeitmultivisum gilt es noch zu beantragen), und ich habe nun die Möglichkeit mich auf meinen Freiwilligeneinsatz zu konzentrieren. Aber erstmal Wochenende. Nachdem ich heute den Tag mit Simon „abgehangen“ habe, werden Simon und ich uns Morgen mit ein paar Schülern zum Bowlen treffen. Das wird bestimmt lustig.

Nun aber zum Titel dieses Eintrages, seit heute bin ich stolzer Besitzer einer belarussischen SIM-Karte, zu meinem erstaunen musste ich feststellen, dass ein extra Terminal bereitsteht, um sein Mobilfunkvertrag bar zu bezahlen. Insgesamt fiel mir in meiner ersten Woche auf, dass hier vieles, wenn nicht sogar das meiste bar bezahlt wird. Das soll nicht heißen, dass es hier keine Kreditkarten gibt, die gibt es sehr wohl, auch eine sogenannte БЕЛКАРТ, die mit der deutschen girocard (früher ec-Karte) vergleichbar zu sein scheint, ist weit verbreitet. Dennoch haben die meisten Menschen, die ich bislang getroffen habe, lieber zum Bargeld gegriffen. Das kommt mir als passioniertem Barzahler natürlich zu Gute, aber selbst für mich war es zunächst ungewöhnlich, die Miete meiner Wohnung bar zu zahlen. Aber genung vom Bezahlen.

Nach einer Woche Belarus, stell ich fest, dass ich anfange mich hier einzugewöhnen, ich fühle mich sehr wohl hier in Belarus, was nicht zuletzt an der wirklich ausgezeichneten Betreuung seitens meiner Einseitzstelle, insbesondere meiner Ansprechpartnerin liegt.

Im Augenblick freue ich mich sehr auf die nächste Woche, da dann mein Einsatz so richtig Fahrt aufnimmt, während ich mich die letzten zwei Tage noch orientieren musste. Und falls ihr euch das fragt, ich weiß auch nicht, wo ich um 23:52 Ortszeit diese Motivation hernehme. 😉

Tag 5 – Neue Schule

Heute war mein erster Tag an der neuen Mittelschule 20. Ich war sehr aufgeregt und durfte feststellen, dass ich vom Deutschkollegium und der Direktorin sehr freundlich empfangen worden bin. Es ist dadurch wesentlich einfacher und ich freue mich schon dort ein Jahr lang arbeiten zu dürfen. Was die Schüler angeht, so war ich doch überrascht, wenn ich an meine Schulzeit zurück denke, kann ich mich nicht daran erinnern, wann meine Klasse mal so ruhig und diszipliniert gearbeitet hätte. Die Kursgröße im Fremdsprachenunterricht ist mit etwa 8 Leuten geradezu ideal. Es kann nun also richtig losgehen.

Neben der Unterstützung des Deutschunterrichts durch Aussprachebeispiele, Gespräche und landeskundliche Informationen, wird es zu meinen Aufgaben gehören die zur Schule gehenden auf die Deutschprüfungen A1 und A2 vorzubereiten. Es ist weiterhin geplant, dass ich bei dem Team für die Spracholympiade mitwirke, langweilig wird mir also nicht werden und ich kann mich auf ein Jahr voller interessanter und spannender Aufgaben freuen.

Falls das jetzt so wirkt, als müsste ich nur arbeiten und würde von Belarus nichts als den Deutschunterricht sehen, kann ich das jetzt richtig stellen, denn ich habe bereits für das übernächste Wochenende eine Führung durch Vitebsk, die Heimatstadt Marc Chagalls, angeboten gekriegt und dass soll nur der erste von vielen Ausflügen in Belarus werden, so dass ich wenn ich nach Deutschland zurückkehre möglichst viel von Belarus gesehen habe.

Tag 3 – Neue Stadt, neue Wohnung

Nach nur drei Tagen verließ ich heute Minsk, ich werde der Stadt zwar auf jeden Fall noch mal einen Besuch abstatten, aber heute ging es für mich erst einmal zu meiner Einsatzstelle. Nach dem Ende der Vorbereitung am Goethe-Institut nahmen mich Irina, ihre Kollegin Julia und Simon, Lehramtsstudent aus München, der gerade ein Praktikum in Belarus macht, mit nach Orscha.

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Ein letzter Eindruck von Minsk

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Ein erster Eindruck von Orscha

In Orscha habe ich dann auch Olga meine Vermieterin kennengelernt und meine eigene Wohnung gezeigt bekommen. Und jetzt wo ich meine Sachen komplett ausgepackt und verstaut habe und der Koffer aus dem Blickfeld verschwunden ist, ist es endlich da, dieses Gefühl angekommen zu sein.

 

Tag 2 – Warum Eine, wenn man auch Zwei haben kann?

Heute war ein zweiter Tag in Belarus und mein erster Tag am Goethe-Institut, hier gab es heute in erster Linie landeskundliche Informationen, aber auch einen Einblick in das Bildungssystem. Eine dieser Informationen ist, dass in Belarus im Augenblick die Währung umgestellt wird aus 10.000 alten Rubeln wird 1 neuer Rubel. Vorerst gelten beide Währungen parallel, dass klingt zwar zunächst praktisch stellt mich aber vor einige Herausforderungen, beispielsweise heißen beide Währungen gleich und ich muss anhand des Designs unterscheiden, ob es sich um Alte oder neue Rubel handelt. Wechselgeld gibt es meistens gemischt. Z.B. habe ich mir heute Schokolade gekauft, Kostenpunkt 1R 5K (neu) bzw. 10500R (alt), ich habe mit einem 10R-Schein (neu) bezahlt und als Wechselgeld habe ich 5400R (alt) und 3R 55K (neu) als Wechselgeld erhalten. So wird jedes bezahlen zu einer Denksportaufgabe. ^^

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Aber genug von de(r/n) lokalen Währung(en). Beim Goethe-Institut habe ich mich sehr willkommen gefühlt, man nimmt sich dort sehr viel Zeit für uns Freiwillige und ist sehr um unser Wohlergehen bemüht. Heute Abend wurden wir dann vom Goethe-Institut zum Essen eingeladen, dabei habe ich nachdem ich gestern Kwas getrunken habe, ein neues äußerst leckeres Getränk kennengelernt. Trommelwirbel. Birnen-Limonade! Ich weiß klingt nicht so lecker, ist es aber!

Ein weiteres Highlight des Tages war natürlich, dass ich heute meine Kontaktperson an der Mittelschule Nr. 20, Frau Beliakova, zum ersten mal persönlich getroffen habe. Leider hatten wir zwar nur sehr kurz Zeit einmal „Hallo“ zu sagen, aber sie wirkte sehr feundlich. Insgesamt habe ich feststellen dürfen, dass die Menschen hier sehr freundlich sind.

So viel zum heutigen Tag, morgen Abend werde ich meine erste Nacht in meiner eigenen Wohnung verbringen, darauf freue ich mich auch schon riesig.

Tag 1 – Vom Losfahren und Ankommen

Um 13:55 Mitteleuropäischer Sommerzeit ging es los Flug B2 892 der „BELAVIA“ startete. An Bord ein junger Mann aus dem Norden Deutschlands, ich. Nun ist es also wahr geworden,  um 16:35 dann Moskauer Zeit bin ich in Minsk gelandet. Ich bin angekommen. „Angekommen“, irgendwie verbinde ich dieses Gefühl mit einer Emotion, dieses schwer zu beschreibende Gefühl, dass aber irgendwie jeder zu kennen scheint. Dieses Gefühl habe ich (noch) nicht. Alles ist fremd und neu. Mein Auslandsjahr hat begonnen. Deutschland habe ich hinter mir gelassen, Belarus steht vor mir und ich fühle mich auch als läge ich zwischen beiden, einerseits freue ich mich sehr auf das was mich hier so erwartet, andererseits war/ist es bedrückend Familie und Freunde in der Heimat zurückzulassen, insbesondere der Abschied von der Familie war schwer.

Und nun bin ich hier, im Herzen der Republik Belarus; Minsk präsentierte sich mir als eine Stadt der Lichter, alles schien hell erleuchtet und überall waren Menschen.

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Am Abend dann, nachdem man sich sortiert hatte und versuchte sich, mit dem „angekommen“ sein, zu arrangieren, habe ich in einem kleinen Restaurant mit Blick auf die Swislatsch (Свислочь) gegessen. Hierbei habe ich gleich ein regionales Getränk, Kwas (квас), probiert.

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Mir fällt es im Augenblick schwer mehr zu schreiben, dieser erste Tag meines Auslandsjahrs stellt eine Zäsur in meinem bisherigen Leben dar und fühlt sich trotzdem eigenartig normal an, obwohl er das nicht ist. Ich bin erst einmal gespannt wie sich die nächsten Tage entwickeln und ob sich die Dinge für mich ordnen werden.

 

 

Prolog in Berlin

Der Koffer ist gepackt, das Flugticket ist ausgedruckt und alle Dokumente sortiert, es kann also losgehen und währenddessen neigt sich mein letzter vollständiger Tag in Deutschland seinem Ende entgegen. Noch wirkt die Vorstellung, dass ich Morgen um die selbe Zeit in Belarus sein werde merkwürdig. Allgemein stelle ich fest, dass ich meine Gefühle und Gedanken im Augenblick nicht wirklich einzuordnen vermag. Einerseits freue ich mich sehr darauf, dass es nun endlich losgeht, andererseits spüre ich nun die Endgültigkeit einer Entscheidung, die ich im April getroffen habe und dies scheint immer noch surreal. Im April war der Tag der Ausreise noch weit entfernt, meine Entscheidung schien die weit entfernte Zukunft zu beeinflussen und nun ist es soweit Morgen verlasse ich Deutschland für ein Jahr. Meine Heimat das beschauliche Schleswig-Holstein habe ich bereits am 1.September verlassen und nun also auch Deutschland.

 

 

Also, auf geht’s. Auf in ein Jahr voller neuer Bekanntschaften, Erfahrungen und Eindrücke.