Ein spontaner Ausflug nach „M“

(Fortsetzung 07. Oktober)

Mit „M“ meine ich die Stadt, die auf Russisch могилёв und auf Belarussisch магилёў heißt. Der Name ist nicht ganz einfach – ausgesprochen wird er in etwa als Magiljow bzw. Mahiljou, doch häufige Transkriptionen sind auch Mogiljew, Mogilev, Mogiljow usw. Deswegen schreibe ich im Folgenden einfach „M“, setzt gedanklich einfach das entsprechende Wort ein.

Ein kleiner Teil des monumentalen „Platz des Ruhms“

Zuerst erwartete ich am Wochenende zwei Tage zuhause, doch auf Nachfrage, was ich unternehmen könnte, antwortet mir Irina gegen 18:15 Uhr „Du kannst vielleicht nach M“… Zwei Stunden später ist alles geklärt. Über zwei Ecken kennt Irina eine junge Frau, die auch gerade in M ist und spontan bereit ist, mir das Zentrum der drittgrößten Stadt in Belarus zu zeigen.

„Wir machen hier alles spontan“, sagt Irina. Es stimmt irgendwie.

Am Samstag fahre ich also per Zug nach M und treffe am Bahnhof E., die mit mir den Nachmittag verbringt. Ihr Deutsch ist ausgezeichnet, aber das Sprechen ist nicht ganz einfach für sie, da sie gerade mit vier Fremdsprachen jongliert (eine lange Geschichte). Macht aber nichts, wir verstehen uns gut. Wir spazieren quer durch das Zentrum von M, das gar nicht übermäßig groß erscheint – die Wohngebiete liegen außerhalb – besuchen ein Museum und essen in einem Café.

Auch „M“ liegt am Dnjepr

Das „ethnografische“ Museum ist de facto ein Heimatmuseum. In der unteren Etage werden zahlreiche Bräuche und Traditionen vorgestellt, die mit Puppen usw. dargestellt werden. Die Begleittexte sind auf Belarussisch, sodass ich absolut nichts verstehe, aber E. erklärt für mich die Bedeutung und gleichzeitig auch, wie verbreitet die Traditionen noch sind, dadurch wird es doch sehr interessant. In der oberen Etage geht es eher um die Stadtgeschichte. In M sind kaum noch historische Gebäude vorhanden, was für viele belarussische Städte gilt und an der „bewegten“ belarussischen Geschichte liegt (an der die Deutschen auch einen großen Anteil haben). Ich kann einen Teil meines Geschichtswissen über das russische Zarenreich reaktivieren, sodass E. froh ist, mir die Dekabristen nicht erklären zu müssen.

Ein Raum im Museum

Das moderne Zentrum entspricht dem alten kaum

An diesem Nachmittag genieße ich vor allem die „Kulturgespräche“ mit E. Damit meine ich die Gespräche, in denen man tatsächlich kulturellen Austausch betreibt, sich fragt, wie sind die Dinge hier, wie sind sie woanders, und woran liegt das. Dadurch wird mein Blick auf Belarus immer vielschichtiger und ich lerne noch mehr dazu. Vor allem lerne ich es direkt von Belarussen und kann ihre Sicht kennenlernen. Mir gefällt der Nachmittag sehr und ich freue mich vor allem, dass es noch so spontan geklappt hat.

Zuletzt das Wetter: Insgesamt ist das Wetter wechselhaft, wie das im Herbst eben so ist. An diesem Wochenende soll es allerdings schön bleiben: Sonnenschein bei 10 – 17°.

Liebe Grüße und всего хорошего,

Jonathan