Die richtigen Schuhe machens aus

Es ist halb 3 nachmittags im Winter. Ich habe noch eine Stunde bevor ich mich zur Schule aufmachen muss. Es dämmert schon.

Ja, dieses Szenario kam schon manchmal bei mir vor, glücklicherweise aber nur für einen kurzen Zeitraum von vielleicht zwei Wochen. Aber das war wohl auch die frühste Zeit, zu der es angefangen hat dunkel zu werden. Normal ist eine Zeit so um 16 Uhr herum. Aber ja, die Winterzeit hier bot mir schon so manche Überraschung.

Zum Beispiel sieht meine Stadt wirklich traumhaft schön aus im Schnee. Und nachts ist das Zentrum beleuchtet mit wirklich sehr, sehr  vielen Lichterketten und dergleichen. Tagsüber, wenn bei Schnee noch die Sonne scheint ist es wunderbar! Aber schneit es einmal hört es auch erstmal nicht mehr auf. Tagelang. Was kein Problem ist, nur wenn es dann aufhört, beginnt alles zu gefrieren und dann muss man wirklich aufpassen welchen Weg man nimmt, um nach unten in die Stadtmitte zu gelangen. Vor allem mit meinen „Winterschuhen“, die ich anfänglich immer anhatte, war es klüger einen großen Umweg, anstatt meinen üblichen 10 Minuten-Weg zu nehmen. Natürlich war ich nicht so klug und ging auch immer zu spät los, sodass ich immer meinen kurzen Weg nahm und dann schonmal… ausrutschte und liegend (zum Glück nur wenige Meter) nach unten schlitterte bis mich ein parkendes Auto aufhalten konnte. Natürlich hatte ich in dem Moment auch eine entsetzte Zuschauerin, aber ich machte ihr klar, dass alles okay sei. Peinlich war es trotzdem.

Seither fing ich an so gut es ging kleine Pinguinschritte zu machen und mich an allem festzuhalten bis ich endlich nach meinem kurzen Deutschlandurlaub meine richtigen Winterstiefel dabeihatte. Sie erleichterten mir meine Fortbewegung ungemein, beschützten mich aber nie vor Beinahe-Hinfällen. Trotzdem würde ich meine Wohnung weiter oben in den Bergen für nichts hergeben, man hat einfach einen fantastischen Ausblick! Dafür riskiere ich lieber öfter den unvorhersehbaren Schock, wenn mein Fuß plötzlich keinen richtigen Halt mehr auf dem Boden findet.

 

 

Es weihnachtet

Srećan badnji dan! Am 6. Januar beginnt das christlich-orthodoxe Weihnachtsfest. Für halb neun abends bin ich bei meinen Vermietern zum Essen eingeladen. Alle (meine Vermieter und ihre Tochter) begrüßen mich fröhlich mit einem „Srećan badnji dan!“. Das „badnji“ steht für die Blätter einer Eiche. Die sind ganz wichtig für das Weihnachten hier. Und schon ehe ich richtig angekommen bin, geht es an die Traditionen. Mein Vermieter zündet in einer, bezeichnen wir es als „kleine Tasse“ Weihrauch an und beginnt damit in jeden Winkel des Hauses zu gehen, um alles zu heiligen, auch mich.

Dann soll ich mir eine Handvoll Korn aus einer Schale nehmen, während mein Vermieter das Haus verlässt. Er kommt daraufhin wieder herein mit einem einzigen Eichenblatt in der Hand und geht zu uns. Wir müssen uns dann gegenseitig „Srećan bandji dan!“ wünschen und ihn dabei mit dem Korn bewerfen. Das wird dann noch zweimal wiederholt und ich muss sagen, dass das unglaublich viel Spaß macht!  Die drei Blätter verbrennt meine Vermieterin dann in der Pfanne so, dass sie irgendwann durch die Wärme hochfliegen. Ich glaube sie macht das einfach nur, weil es lustig ist.

Nach dem die Tochter das serbische Vaterunser aufgesagt hat, geht es ans Essen. Aber natürlich nicht ohne einen Rakija, den mir mein Vermieter noch vor dem Essen andreht. Darauf folgt ein Glas Wein und so beginnt schon ein wenig beschwipst das Essen mit noch mehr Wein. Alles, was jetzt auf dem Tisch steht ist vegan. Keine tierischen Produkte, nur Fisch, der darf natürlich nicht fehlen. Später gehen Milica (die Tochter) und ich noch aus, ins Café ihres Onkels, ein unglaublich schönes Café, ich glaube sogar mein Lieblingscafé in der Stadt.

7. Januar: „Srećan Božić!“ bdt. „Frohe Weihnachten!“ Aber genau das sagt man heute nicht. Man sagt „Christos se rodi“ , was bdt. „Christus ist geboren“ und man antwortet darauf „Vaistinu se rodi“, was so viel bdt. wie „Natürlich wurde er heute geboren“.

Es ist 8 Uhr morgens. Ich tauche wie bestellt bei meinen Vermietern oben auf. Zlata und Milica sind genauso verschlafen wie ich, als ich ins Wohnzimmer komme. Dort sitzt noch jemand. Er war heute Morgen der erste Mensch, der als Gast das Haus betreten hat. Von meinem Vermieter wird er mir stolz als sein „lucky man“ vorgestellt. Denn weil er der erste heute war, bringt er der Familie Glück für das kommende Jahr ins Haus. Außerdem muss er noch einen Toast (schreibt man das so?) ausbringen. Dafür gibt uns mein Vermieter ein schönes großes Glas vollgefüllt mit heißem Rakija. Das ist warmer, süßer (durch Honig) Rakija, der noch vieeel mehr Prozent an Alkohol enthält, als normaler Rakija (Normaler Rakija ist schon stärker als Vodka), wie er mir stolz erklärt. Ehm ja.. cool, wieso das alles aber auf leeren Magen??? Also nippe ich nur daran und dann geht es zum Glück schon ans üppige Frühstück, bei dem an Weihnachten niemals der russische Salat fehlen darf! Der eigentlich gar nicht russisch ist, aber einfach so genannt wird. Ab heute darf man wieder alles tierische essen und deshalb steht davon gaaanz viel auf dem Tisch, wir mussten ja schon sehr lang darauf verzichten in letzter Zeit (gestern). Ach ja, davor wird das Haus nochmal mit Weihrauch geheiligt, weil’s so toll ist! (Es ist in der Tat echt witzig dabei zuzusehen, nur falls das von meiner Schreibart nicht so rüberkommt)

Um 10 Uhr treffe ich mich dann mit Iva, einer Freundin von mir hier und wir fahren zu ihren Großeltern zu meinem 2. Weihnachtsessen. Ich bin sooooo voll, ach du meine Güte… Aber hier bekomme ich weitere Traditionen mit, z.B. drehen wir so ein spezielles Brot, d.h. wir stehen alle im Kreis und drehen es gemeinsam und hören irgendwann auf.(Sicherlich gibt es eine bestimmte Drehzahl, aber ich hab jetzt nicht mitgezählt). Das Brot besteht praktisch aus mehreren Knoten. Einer in der Mitte, umringt von den Restlichen um ihn herum, steht der Mittlere für Liebe und dir anderen für Gesundheit oder andersrum. Jedenfalls ist dort ein Stück Holz, eine goldene Kugel und ein Sonnenblumenkern versteckt. Ich finde bei mir den Kern, was heißt, ich werde dieses Jahr wohl total busy sein bzw. dass eben dieses Jahr viel ansteht für mich. Wir werden sehen.

Vor dem Essen war ich schon satt. Nach dem Essen bin ich einfach nur überfüllt. Was tut man nicht alles aus Höflichkeit… Jedenfalls müssen Iva und ich jetzt Eichenzweige in den Ofen werfen und dabei sagen: „Koliko iskreca, toliko parica!“ Das heißt: „Wie viele Funken, so viel Geld.“ Also so viele Funken bzw. Knistern die Zweige beim Verbrennen von sich geben, so viel Geld bekomme ich dieses Jahr. Das wird mir dann erst erklärt, nachdem ich meine Zweige schon reingeworfen habe, also habe ich nicht darauf geachtet, wie sehr es geknistert hat.

Ich komme später am Nachmittag jedenfalls total erschöpft nach Hause und muss erst einmal einen Nap halten. Das war viel Neues auf einmal, aber es war auch unfassbar toll das alles miterleben zu können.

 

Die Stadt schwimmt

Es ist ein  sonniger Frühnachmittag und wir, meine Deutschlehrerin und ich, sitzen in einem Restaurant. „Kann es sein, dass es anfängt zu regnen?“ Und ja es nieselt leicht. Und während wir essen, regnet es dann schon etwas deutlicher. Aber als … Weiterlesen

Wenn man an der falschen Deutschen Botschaft steht…ups

Anlässlich zum Tag der Deutschen Einheit wurden wir Freiwillige aus Serbien von der Deutschen Botschaft für den 3.Oktober nach Belgrad zu einem Empfang eingeladen. Es erschienen zahlreiche, sicherlich sehr wichtige Menschen. Nur ich erstmal nicht.

Denn ich stand pünktlich zu Empfangsbeginn vorbildlich vor der falschen Botschaft. Also das ist jetzt ein wenig schlecht ausgedrückt muss ich zugeben, denn es gibt natürlich nur eine Deutsche Botschaft in Belgrad, allerdings fand der Empfang nicht dort statt, sondern in der Residenz der Deutschen Botschaft. Die Adresse der Residenz stand auch auf der Einladung, nur so schlau wie ich bin habe ich es für irgendeinen serbischen Namen gehalten, also dass es z.B. der Name der Person war, die diese Einladung ausgestellt hat, also ein serbischer Angestellter der Deutschen Botschaft. Die Zahl dahinter hielt ich wohl auch nicht für sonderlich relevant.

Wie dem auch sei, ich war nicht die Einzige! Eine andere junge serbische Dame war schon seit 15 Minuten dabei ein Taxi zu bestellen, um zur Residenz zu kommen. Allerdings war gerade Stoßzeit in Belgrad und somit waren alle Taxianbieter, die sie bisher angerufen hatte, nicht verfügbar. Schlecht für sie, gut für mich, denn so konnten wir gemeinsam ein Taxi von der Straße herwinken. Und weil gerade Stoßzeit war, war die Ausfahrt, die wir in einem Kreisverkehr nehmen mussten, zu und es ging nichts voran, sodass es besser war mitten im Verkehr auszusteigen und uns bis zur Residenz durchzufragen. Ein paar nette Polizisten und Passanten später waren wir dann aber auch mal endlich da!

Der Abend verlief sonst wunderbar! Ich fand sofort die anderen Freiwilligen, der Botschafter hielt eine Rede und es gab Life-Musik und deutsches Essen. Auf letzteres hatte mich besonders gefreut! Außerdem gab es eine Fotobox, in der viele super tolle Fotos entstanden sind:

Und zum Schluss konnten wir uns sogar für ein Weilchen mit dem Botschafter unterhalten!

Also alles in Allem, ein sehr gelungener und ereignisreicher Abend!

Unterricht und Hochzeitsklänge

Donnerstag Nachmittag. Es ist meine erste Woche hier und ich sitze im Deutschunterricht, um mir anzuschauen, wie das alles so abläuft. Ja, was soll ich sagen, es ist ein ganz normaler Fremdsprachenunterricht, allerdings mit einem einzigen entscheidenden Unterschied zu dem … Weiterlesen

Ich grüße Dich Serbien

Das Erste, was einem zu Serbien einfällt, ist der weite russische Norden mit seiner extremen Eiseskälte.

Ach nein warte, das war Sibirien.

Ja, nicht allzu selten ist dieser Fauxpas meinen mir trotzdem sehr am Herzen liegenden Mitmenschen unterlaufen, als ich ihnen erzählt habe, ich würde für ein halbes Jahr nach Serbien gehen. Es gab aber glücklicherweise auch Diejenigen, die nicht instinktiv an Sibirien gedacht haben. Diese wussten dann aber leider nichts mit Serbien an sich anzufangen, geschweige denn, wo es überhaupt liegt.

Zugegebenermaßen, ich selbst hatte, bevor ich es gegoogelt habe, nur ungefähr Osteuropa im Kopf, mehr aber auch nicht. Keinen Schimmer, wie die Hauptstadt heißt, keine Ahnung über die Menschen dort oder was man überhaupt für eine Sprache in Serbien spricht

Deshalb hier eine kurze Einführung:

Serbien liegt in Süd-Osteuropa. Die Hauptstadt heißt Belgrad. Zu Beginn des 21.Jahrhunderts, kurz nachdem die Jugoslawienkriege und der Kosovokrieg vorbei waren, wurde die Demokratie eingeführt. Seit 2006 ist es eine unabhängige Republik. Davor war es ein Teil Jugoslawiens.

Unterteilt wird es heutzutage in Belgrad, Vojvodina und das restliche Serbien. In wie weit der Kosovo zu Serbien gehört, ist völkerrechtlich umstritten und führte in der näheren Vergangenheit oftmals zu Unruhen. Allerdings rief das Parlament Kosovos im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit aus. Auch die Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen erkannte diese an. Die serbische Regierung hingegen hielt sie für unzulässig.

Serbien hat seine eigene Sprache: serbisch. Allerdings, um es für Neuankömmlinge wie mich zu verkomplizieren, ist es möglich serbisch sowohl mit der kyrillischen Schrift zu schreiben, als auch mit der Lateinischen ( hier kommen dann die schönen Z’s, S’s und C’s mit den umgedrehten Dächern und Akzenten vor). Und wenn man schon Ehrfurcht vor dem Deutschen mit seinen 4 Fällen hat, dann kann man sich vor dem Serbischen nur noch ehrerbietungswürdig auf die Knie werfen. Hier unterscheidet man nämlich 7 Fälle. Aber wie sagt man so schön:

Xлеб са седам кора!

Hleb sa sedam kora!

Was das heißt? Ja genau: ,,Brot mit sieben Krusten!“ Was denn sonst.

Aber gut, um Dich nicht zu verwirren, es ist ein Sprichwort und bedeutet sinngemäß:

Ohne Fleiß, kein Preis!

In diesem Sinne verabschiede ich mich nun vorerst, widme mich weiter meinen Vorbereitungen und lasse bald wieder von mit hören.

Hoch die Füße, schöne Grüße!

Anna