Flucht aus dem Großstadtdschungel

    „Zeit hat man nicht, die nimmt man sich einfach für das, was einem wichtig ist“

Da ich mir für diesen Monat jegliche Ideen für einen neuen Blog fehlen, schreibe ich heute einfach mal über meine bisherigen Reisen. In einer Stadt, die mit keinen Reizen spart, voll ist, laut ist, chaotisch ist und allem in allem einfach zu viel zu sein erscheint, war es mir von Anfang an klar, dass ich regelmäßig eine Auszeit brauchen werde. Einfach mal rauskommen, auch wenn es nur für einen oder zwei Tage ist. Und da es hier in Vietnam außer den Sommer- und den Tet-Ferien (Neujahrsfest nach dem Mondkalender) keine anderen mehr gibt, müssen halt meine Wochenenden und ein paar Urlaubstage dafür herhalten.

Meine erste Reise ging mit familiärer Verstärkung nach Phu Quoc, eine Insel südlich von Saigon. Ruhe, Zeit zum Abschalten und vor allem paradiesische Strände. So stellte ich mir es jedenfalls vor… Weiße Strände im Süden der Insel, ja, aber übersät von Müll. Es war ziemlich erschreckend, wie viel Plastik hier, genau wie in vielen anderen Teilen Vietnams, im Wasser schwamm. Zum Glück fanden wir gleich am zweiten Tag ein Resort an einem Strand mit klarem, sauberem Wasser, das uns das müllige Drumherum für einen Moment vergessen ließ.

Die zweite Station war Hoi An, eine kleine Küstenstadt in Zentralvietnam, in die ich mit der deutschen Praktikantin Lena geflogen bin. Wir verbrachten vier Tage in der beschaulichen Stadt, die mit all ihren kleinen Lädchen und Gässchen vollkommen auf Tourismus setzt. Wir haben die Zeit dort für einen Kochkurs genutzt, denn die Hoi Anner sind sehr stolz auf ihre Kochkünste. „Viel besser als die Saigonesen, das werdet ihr nach dem Kochkurs sehen“, versicherte uns unsere Rezeptionistin. Das Essen war tatsächlich super lecker und einfach nur zum Genießen. Für die weiteren Tage standen Touren nach My Son, eine kleine Tempelanlage, die an Ankor Wat erinnert hat, und zum Strand an. Hoi An ist eine unglaublich süße kleine Stadt, die auf jeden Fall einen Besuch wert ist (nicht zuletzt um sich etwas von den unzähligen Schneidern etwas schneidern zu lassen).

Anschließend an Hoi An ging es mit drei anderen Freiwilligen nach Hanoi bzw. Cat Ba, eine Insel im Norden Vietnams. Für mich war das ein komplettes Kontrastprogramm zu Hoi An. Die Stadt hat nichts von Beschaulichen und Ruhe. Es war voll und ungemütlich. Zum Glück gibt es einen nahe gelegenen Strand, der zwar auch überfüllt ist, mit dem schönen kühlen Wasser jedoch einiges gut gemacht hat. Am letzten Tag ging es auf eine Bootstour durch die Ha Long Bucht, die wir zum Teil auch mit dem Kajak erkunden durften.

Außerdem war ich in zwei Nationalparks in der Nähe Saigons, die ich zum Einen mit einigen Schülern und Lehrern meiner Schule wegen eines Deutschsprachcamps und zum Anderen mit 18 anderen kulturweit Freiwilligen im Rahmen des nach drei Monaten stattfindenden Zwischenseminars besuchte.

Anfang Juni ging es mit sechs Anderen für ein verlängertes Wochenende nach Dalat, eine Stadt etwa fünf Stunden Busfahrt von Saigon entfernt. Nach den bisherigen Urlauben, die wir ein kleinen 5 Dollar Hostels verbracht haben, gönnten wir uns dieses Mal einen „Luxusurlaub“ in einem ruhiggelegenen Hotel an einem abgelegenen See. Dieser Urlaub war einfach fantastisch, was nicht zuletzt an der unfassbar schönen Umgebung und dem tollen Hotel lag. Das Klima war endlich mal wirklich angenehm, wenn nicht sogar schon zu kalt, wenn man das überhaupt sagen kann. Ich konnte mich mit bestem Gewissen in eine Daunendecke einkuscheln und in die wundervolle Natur schauen. Mit geliehenen Mofas haben wir eine Tour zu den Elephant Waterfalls gemacht, die man über glitschige Stufen mit rostigen Geländern erkraxeln konnte. Den Tag mit tollen Eindrücken und abenteuerlichen Wasserfallerkundungen haben wir mit einer Besichtigung einer Seidenfarm und einer Wieselkaffeeplantage abschließen. Unseren Urlaub haben wir am letzten Tag mit einer dreistündigen Wanderung auf den Lang Biang Berg beendet. Völlig erschöpft, aber voll mit positiven Erfahrungen und Erinnerungen ging es dann wieder nach Saigon zurück. Am liebsten wäre ich noch eine Woche länger in Dalat geblieben und das tolle Wetter und die Natur genossen.

Zuletzt konnte ich noch einen letzten gemeinsamen Spontanurlaub mit Lena verbringen. Von Saigon ging es mit dem Bus nach Vung Tau im Südosten Vietnams, von wo wir direkt nach Long Hai, eine kleine Stadt an der Ostküste. Dort gefiel es mir sehr gut, besonders weil die Menschen, die uns dort begegneten super aufgeschlossen und begeistert waren, uns „Ausländer“ zu sehen. Gleich am nächsten Tag sind wir mit einem kleinen vietnamesischen Klapperbus weiter nördlich nach Phan Thiet gefahren, wo wir uns ein Mofa mieteten und eine kleine Tour an der Küste machten. Wie jeder Urlaub, ging auch dieser mal wieder viel zu schnell vorbei und ich würde am liebsten noch viel länger auf Reisen sein. Andererseits ist Saigon jetzt zu meinem Zuhause geworden.

Nach gut vier Monaten hier und einer gefühlten halben Ewigkeit, habe ich es tatsächlich hier in Saigon gefunden. Nach meinen Reisen, fühlt es sich wirklich wie Heimat an, in die ich zurückkehre. Ich fühle mich geborgen, so bekannt, wie mir die Stadt langsam wird. Zwar werde ich mich hier wahrscheinlich immer ein wenig fremd fühlen, aber ist es nicht gerade das, was es spannend macht?!

 

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