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Warum bin ich so gemein?

Sucre, die wunderschöne kleine Stadt mit den hübschen kleinen Häusern im Kolonialstil und den vielen modernen Geschäften. Hier bekam ich schnell Lust, einfach durch die Straßen zu flanieren und es mir so richtig gut gehen zu lassen. So schön die Stadt auch auf der einen Seite sein mag, desto unübersehbarer und bitterer ist die Armut auf der anderen Seite. Ich hätte mir gewünscht, dass mir während meines Aufenthaltes gleich jemand die rosarote Brille abgenommen hätte, sodass ich nicht solange über diese Tatsache hätte hinwegschauen können.

Ich muss nämlich gestehen, dass ich nicht lange gezögert habe, in die „Luxusblase“ einzutreten. Rückblickend gab es dann allerdings ein Ereignis, das mir ein bisschen die Augen geöffnet hat und bei dem ich ganz anders reagiert habe, als ich es von mir selbst erwartet hätte. Davon möchte ich gerne erzählen.

Während meiner Fahrt von La Paz nach Sucre hatte ich mir im Nachtbus leider eine dicke Erkältung eingefangen, sodass sich um meine „Luxus-“ zusätzlich noch eine „Krankheitsblase“ schloss.

Eines nachmittags hatte ich nach einem schönem Mittagsschläfchen und einer heißen Suppe noch Lust auf ein Eis und stellte mich geduldig in die lange Schlange einer Eisdiele. Gedankenverloren schwelgte ich in meinen zwei Blasen und in der Eisauswahl, bis mich plötzlich eine ungewohnte Berührung gegen mein Bein aus meinen Träumereien riss. Als ich nachschauen wollte, welcher Hund mich angreifen oder anknabbern wollte (ich habe panische Angst vor Hunden und gehe leider immer vom Schlimmsten aus), sah ich zu meiner Verblüffung eine ältere Dame unter mir auf den Stufen des Eisladens sitzen. Sie hatte mich offenbar mit ihrer Hutkrempe berührt und bat um ein bisschen Geld. Ich weiß noch, dass ich es im ersten Moment ziemlich unangebracht fand, mich so zu erschrecken und mich dann auch noch nach Geld zu fragen. Noch bevor ich überhaupt einen klaren Gedanken fassen konnte, hörte ich schon ein “NO“ aus meinem Mund schießen. Die leisen Gewissensbisse, die sich in meinem Hinterkopf meldeten, ließ ich völlig außer Acht.

Nachdem ich mit meiner riesigen Kugel Eis etwas unbeholfen versucht hatte, mein Portmonee wieder in die Bauchtasche zu friemeln, fragte mich die Dame auf den Stufen abermals nach Geld. Ich war so gestresst und genervt, dass ich anfing mit den Augen zu rollen und ihr erneut ein “NO“ zuwarf, diesmal etwas ungeduldiger, weil sie das erste Nein aus meinen Augen heraus einfach ignorierte hatte. Während ich hastig aus dem Laden stolperte, sah ich aus den Augenwinkeln einen älteren Herren, der selber so aussah, als hätte er nicht viel. Er drückte ihr einen 10-BS-Schein in die Hand.

Und so saß ich anschließend mit meinem riesigen teuren Eis und einem noch riesigeren schlechten Gewissen auf einer Parkbank, Engelchen und Teufelchen auf meinen Schultern.

Da gab es die Stimme in mir, die versuchte, mein Handeln zu rechtfertigen, mit Sätzen wie: „ Hätte die Frau dich nicht so erschreckt und hätte sie freundlicher gefragt, hättest du ihr sicher etwas gegeben! Wenn du jeder Person, die dich nach Geld fragt, etwas geben würdest, hättest du am Ende ja selbst nichts mehr. Außerdem kannst du nicht allen helfen! Vielleicht steckt hinter ihrer Bettelei ja auch die Mafia, die hättest du dann am Ende sogar noch unterstützt!“

Glücklicherweise kam aber auch eine andere Stimme in mir hoch, die diese argwöhnischen Sätze und meine krude Einstellung völlig in Frage zu stellen schien, vermutlich, um mich wachzurütteln: „Du kennst diese Frau nicht und du weißt auch nicht, was sie vielleicht schon durchgemacht hat, aber was du weißt, ist, dass keine Person, egal welchen Alters, freiwillig auf den Stufen eines Eisladens sitzt, um nach Geld zu fragen. Nach Geld zu fragen ist doch immer unangenehm, selbst für dich! Die Dame kam mir doch eher verzweifelt als ruppig und unfreundlich vor. Was ist das für eine Einstellung ‚Du kannst nicht jedem helfen‘, aus welcher Motivation heraus bist du dann Vegetarier? Wie wäre es, wenn du, anstatt niemandem was zu geben, anfängst, ein oder zwei Personen am Tag etwas zu geben. Und auch, wenn es dir aufwändig erscheint, dein Portmonee rauszukramen und nach Kleingeld zu suchen, überleg mal, wie oft kramst du dein Handy raus und lenkst dich auf Whatsapp oder Instagram ab?“

Je mehr ich mich mit der Situation beschäftigte, desto klarer wurde mir, wie einfach es ist, etwas zu behaupten. Wie viel Überwindung und Disziplin kostet es dagegen, seine Vorhaben in die Tat umzusetzen! Ich hatte zuvor gedacht, dass ich mir meiner Einstellungen und Taten ziemlich bewusst bin, aber das war ich offenbar ganz und gar nicht! Es gab noch andere, ähnliche Situationen wie diese mit der Dame auf den Stufen, in denen ich einfach weggeschaut oder mich abgelenkt habe, anstatt mich mich aktiv mit der Situation und dem Gefühl dahinter zu beschäftigen. Ich glaube, weil es einfacher war, denn wegschauen und nichts tun, ist ja fast immer einfacher.

Ich bin am Ende des Tages zwar nicht stolz auf das, was geschehen ist, aber es hat mich zum Nachdenken gebracht und ich konnte mich glücklicherweise mit unterschiedlichen Menschen darüber unterhalten, und noch einmal andere Perspektiven betrachten. Und vielleicht geht es dem einen oder anderen ja ähnlich oder genauso und er bzw. sie wurde durch diese Geschichte zum Nachdenken angeregt.

Liebe Grüße

Martha 🙂

Der anstrengendste Tag meines bisherigen Lebens

 

 

 

 

Es ist noch nicht lange her, dass ich den sowohl psychisch als auch physisch wirklich anstrengendsten Tag meines Lebens durchstehen musste. Obendrein wurde meine Haut ziemlich in Mitleidenschaft gerissen, aber dazu später mehr.

Was passiert ist, geschah aufgrund eines Missverständnisses. Meine Spanischkenntnisse sind nämlich leider noch recht spärlich – ¡Hola! und ¡Ciao! sind die Worte, die ich am häufigsten verwende, und meist verständige ich mich auf „Spinglisch“ (einer Mischung aus Spanisch und Englisch).

Mein Mitbewohner fragte mich also, ob ich nicht Lust hätte, mit auf einen „Ausflug“ zu kommen (so hatte ich das zumindest verstanden). Für mich war klar: Super! Das wird ein entspannter Tag, mit ein bisschen rumlaufen und einen Viewpoint sehen, da sagte ich natürlich gern zu.

Als ich am Abend darauf in lauschiger Kinoatmosphäre gerade immer müder werdend in meinen Sessel versank, trafen mich die Nachrichten meines Mitbewohners wie Fäuste in die Magengrube: „Hola, where are you? (…) Tomorrow at 6 in the morning we will leave to go Condoriri Mountain (…) I’ve already booked and bought food (…)!“ Für einen Moment starrte ich wie versteinert auf die Nachricht. Dann tat ich etwas, was ich lieber hätte sein lassen sollen, denn danach spürte ich tausend Kilo Gewicht auf meinen Schultern, die mich noch stärker in den Kinositz drückten. Es war ein bisschen so, als wenn man im Internet nach Krankheitssymptomen sucht und am Ende total panisch denkt, man hätte irgendeine schlimme Krankheit. So ungefähr fühlte ich mich, als ich die Informationen über den Condoriri Mountain recherchiert hatte:

Die Condoriri oder Condoririgruppe zählt zu den bekanntesten Bergregionen der Cordillera. Der höchste Gipfel ist der 5648 hohe (…)“

Ich hörte nur noch eine jämmerliche Stimme meines Unterbewusstseins schreien“: 5648m?! Neeeeeeeeiiiiiiiinnn!!!“ Doch das half nichts, der zweite Gedanke, der mir kam, war der, einfach abzuspringen. Da aber der Guide bereits gebucht und der Proviant eingekauft war, musste ich diesen wohl verwerfen und mich meinem Schicksal beugen.

Bersch hoch

 

Nach einer zu kurzen Nacht also fiel pünktlich um 6 Uhr morgens die Tür ins Schloss und wir machten uns auf den Weg, um die die Freundin meiner Mitbewohnerin (Magda ist ihr Name) und unseren Guide zu treffen. Nach ca. zwei Stunden Fahrt in mehreren Minibussen gelangten wir an unsere Einstiegsstelle, an die wir am Ende auch wieder zurückkehren sollten. Ich hatte nach einem kleinen Frühstück mittlerweile wieder erstaunlich gute Laune bekommen. Leider sollte diese nicht lange anhalten.

Als wir aus dem Auto ausstiegen, warf ich mir erstmal alle Klamotten über, die ich in meinem Rucksack finden konnte, denn wegen des Höhenunterschiedes war es bereits empfindlich kälter geworden. Um uns herum waren Berge und außer ein paar vereinzelten Hütten, und ab und zu ein paar Alpakas und Eseln, schien es, als wären wir die einzigen Menschen weit und breit. Irgendwie ganz schön ungewohnt.

Die erste Stunde liefen wir nur über Hügel, mit jedem Meter wurde es zunehmend kälter. Die Höhe und die dünner werdende Luft machten mir allerdings viel mehr zu schaffen und so war ich froh, als wir endlich unsere erste Rast einlegten. Der Ort, an dem wir uns ausruhten, lag an einer blauen Lagune, umschlossen von Bergen. Traumhaft eigentlich. Es hatte aber mittlerweile angefangen zu stürmen und zu regnen und wurde irgendwann recht unangenehm, so dass wir ziemlich schnell einpackten und weiterliefen.

Was mir bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst war, machte mir der Guide in einem kurzem Satz klar (er sprach auf englisch): “Dieser Berg da, links neben uns, auf den werden wir jetzt raufklettern“. Ich brachte zunächst nur einen hysterischen Gluckser heraus und dachte, ich hätte ihn falsch verstanden, was mir ja leider öfters passiert. Als mir dann aber bewusst wurde, dass er wirklich vorhatte, mit uns auf besagten Berg zu klettern, konnte ich es nicht fassen, und hätte mich am liebsten zum zweiten Mal einfach in Luft aufgelöst.

Ich frage mich im Nachhinein, wie ich es geschafft habe, solch höchst relevante Informationen nicht mitbekommen zu haben, das grenzt ja schon an einem Talent…

Nachdem ich mich berappelt hatte, fragte ich den Guide, wie lange es denn dauern würde, dort hinaufzuklettern. Einsilbig sagte er: „Tres horas.“ jaja, denk ich mir jetzt im Nachhinein.

Es ging gleich zur Sache, die Anstrengung nahm, aufgrund der Steigung und der immer knapper werden Luft einen so großen Raum ein, dass ich richtig wütend wurde. Wütend auf meinen Mitbewohner, der mir scheinbar falsche Informationen vermittelt hat, wütend auf den Guide, der ja wusste, dass ich erst 2 Wochen in La Paz war und Probleme mit der Höhe hatte, wütend darauf, dass ich nicht mithalten konnte und der Abstand zwischen mir und der Gruppe immer größer wurde. Vor allem aber war ich wütend auf mich selbst, weil ich ein konstantes Brett vorm Kopf habe, und wütend war ich obendrein auf das Universum!

Rückblickend weiß ich, dass alle negativen Gedanken auf die Anstrengung zurückzuführen und natürlich völliger Blödsinn waren! Ich frage mich aber trotzdem, warum es Leute gibt, die sich freiwillig solch einer derben Anstrengung hingeben, denn „einfach Spaß“ macht das nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich momentan nicht wirklich fit bin und das deswegen nicht nachvollziehen kann, wer weiß das schon…

Jedenfalls war nicht alles schlecht, ich verstand mich mit Magda erstaunlich gut, was auch daran lag, dass wir ungefähr das gleiche Schritttempo hatten und dass unser Abstand zur Gruppe zwar weiter wuchs, wir aber trotzdem zusammenblieben. Am meisten unterhielten wir uns natürlich über die Anstrengung und wie es wohl sein würde, wenn wir das alles überlebt hätten. Wir redeten auch über viele andere Dinge, was das Drumherum ein bisschen erträglicher machte. Wegen der Erschöpfung, die sich mit jedem Schritt immer breiter in mir machte, bekam ich von der Landschaft leider nicht so viel mit wie erhofft. Größtenteils passierten wir schroffe Schotterpisten oder Bergsplitter. Die Umgebung war abwechslungsreich, da wir beispielsweise Täler durchquerten, dann wieder über Wiesen oder Felsen liefen, trotzdem verspürte ich ein starkes Gefühl der Einsamkeit, und das lag nicht nur daran, dass wir nur vereinzelt auf andere (wahnsinnige) Wanderer trafen, es lag eher an der Tristheit, die die schroffe Landschaft ausstrahlte. In meiner Erinnerung war jedenfalls alles ziemlich grau und farblos.

Als wir nach fünfeinhalb Stunden, also nicht nach drei, am höchsten Punkt angelangten, hatten wir wirklich eine tolle Sicht. Ich fühlte mich ein bisschen so wie auf dem Mond, was sicherlich auch damit zusammenhing, dass ich mich von der Überanstrengung bereits in einem sehr seltsamen Zustand befand. Die braunen und türkisen Farbtöne hier oben verstärkten mein Gefühl, auf einem ganz anderen Planeten zu sein. Wir waren so hoch, dass wir auf die anderen Berge herunterschauen konnten, wie aus der Vogelperspektive, was ein unglaubliches Gefühl war.

Da wir zurück sein mussten, bevor es dunkel wurde, machten wir uns nach einer kurzen Rast, wieder auf den Weg nach unten, wobei ich wundersamerweise wieder neue Energie tankte und in einen Redesingfluss verfiel. Mit jedem Schritt während des Abstiegs nahmen wir immer mehr Sauerstoff auf, und mit der Aussicht, das Schlimmste überstanden zu haben und bald endlich am Ende der Wanderung zu sein, war ich zusätzlich motivierter. Als wir endlich im Auto saßen, redeten wir alle kein Wort mehr miteinander, außerdem wurden das derbe Hämmern in in meinem Kopf und die leichte Übelkeit immer stärker. Als wir zuhause ankamen, schaufelten wir uns erstmal alle einen großen Berg Nudeln rein, und nach der lang ersehnten Dusche erblickte ich eine Person mit hochrotem Gesicht im Spiegel: Ich hatte mir dummerweise einen fetten Sonnenbrand an Gesicht und Kopfhaut zugezogen, sodass ich ein paar Tage wie eine Pellkartoffel durch die Gegend laufen musste. Danach kaufte ich mir erst ein mal eine fette Flasche Sonnencreme mit Stärkefaktor 50, die für Sportler geeignet ist, aber nach dieser anstrengenden Wanderung bin ich das ja irgendwie auch und wer weiß, welche Wanderung als nächstes ansteht. (Übrigens sind wir gar nicht auf den Condoriri, sondern auf den Nachbarberg, den Pico Austria, mit 5320m geklettert. Was ich erst später erfuhr.)

Mein Mitbewohner hat mich seitdem noch nicht wieder gefragt, ob ich mit auf eine Wanderung kommen möchte, schade eigentlich. Ich habe viele Fotos gemacht, die ich aber wahrscheinlich gar nicht hochladen werde, da ich es viel schöner finde, sich das einfach nur vorzustellen. Falls jemand vorhat, die Wanderung selbst einmal zu machen, möchte ich mit meinen Bildern auch nichts spoilern.

Danke fürs Durchlesen 🙂

Das Vorwörtchen

Moinsen, ich habe(um ganz ehrlich zu sein) ganz lange überlegt einen Blog zu schreiben oder nicht. Ich hab das auch noch nie gemacht. Und wer liest sich schon durch was in meinen kleinen grauen Zellen so abgeht? Na gut meine Familie, aber das zählt irgendwie nicht so ganz. Und außerdem, wenn ich einen Blog schreibe, wie krieg ich es hin, dass er spannend und individuell wird, „anders“ als alle andern Blogs die man sonst so kennt. Aber im Prinzip ist „anders“(sein) ja auch wieder das, was alle „andern“ machen/sind, also auch wieder Mainstream. Ey Kopf halt einfach mal die Klappe! Wenn ich mir durchlese, was ich da gerade geschrieben habe, kann ich mir noch weniger vorstellen, dass sich das jemand durchlesen wird. Schon wieder tausend Gedanken in meinem Kopf. Woher kommen denn all diese Ansprüche und Erwartungen? Und woher diese ständigen Verallgermeinerungen, „anders“ als alle andern Blogs“ als ob ich jeden Blog kennen würde und den Menschen dahinter persönlich. Schwachsinn! Ich hab doch, wie gesagt, noch nie einen Blog geschrieben, woher soll ich denn auch wissen wie es funktioniert? Kann ja sein, dass ich nach ein zwei mal schreiben die Lust daran verliere und dann hat sich das Thema eh gegessen. Und ob sich das jemand durchließt ist, wenn ich noch nicht mal reichtig angefangen habe, ist jetzt vielleicht eh die falsche Frage.

„Nun frage ich mich „Warum schreibst das denn überhaupt auf?“

„…gute Frage, weil meine Gedanken, wie Mücken in einer Sommernacht, nur so herumschwirren und irgendwo müssen die ja hin!…“

„Und das mit dem Blog, was denkste dir dabei?“

„…nich so viel, ich möchte gerne meine Wahrnehmungen und Eindrücke festhalten und vielleicht interessiert das ja sogar jemanden…“

„…Najoa, geht doch!“

Wenn ihr jetzt noch da seid und nicht verwirrt weggescrollt habt, lade ich euch herzlich dazu ein ab und zu auf meinem Blog vorbeizuschauen!

Ich würde mich freuen!

Liebe Grüße

Martha