Weihnachten auf Chilenisch

Ganz schön anders. Dank der Temperaturskala, die seit Anfang Dezember täglich 30 Grad anzeigte und der fehlenden Lebkuchenportion bzw. Omas Anis-Plätzchen wollte sich trotz meterhohen Kunsttannen und penetrantem „Last Christmas…“-Gebimmel in den Einkaufszentren keine richtige Weihnachtsstimmung einstellen.

Wie bereits berichtet, durfte ich Weihnachten mit meiner chilenischen Gastfamilie verbringen und das stürzte mich dann so kurz vorher nochmal richtig in den gewohnten Weihnachtsstress. Ich war für den Nachtisch zuständig und wollte für die Familienfeier einen Kuchen backen und auch ein paar Geschenke mussten wohl überlegt besorgt werden. So ging es für mich an den zwei Tagen vor Heiligabend auf die Jagd in Chilláns Zentrum. Dumm nur, dass die Chilenen, die absoluten Last-Minute-Weihnachtsgeschenk-Käufer zu sein scheinen, denn wirklich überall war es brechend voll und auf den Bürgersteigen ging es noch schleppender voran als sonst. Zu Weihnachten scheint es, als würden die Chilenen ihre eh schon sehr langsame Fortbewegung, noch langsamer gestalten und mehr als einmal musste ich Rücksichtslosen ausweichen um nicht umgetrottet zu werden. Aber um das Ganze zum Thema zurück zu bringen: Ich habe erfolgreich alle meine Einkäufe erledigen können und konnte die Taschen, gefüllt mit Mandeln für den Kuchen, einer Strumpfhose und den fehlenden Geschenken, froh nach Hause tragen.

An Heiligabend stand ich dann morgens früh in der Küche um die Mandeln klein zu hacken, denn zum besten Willen konnte ich nirgends Mandelblättchen für einen Bienenstich auftreiben. Einige Stunden später und mit schmerzenden Händen, waren sie zwar nicht ganz so wie ich sie haben wollte, aber mehr ließ meine Motivation wirklich nicht mehr zu (Ihr glaubt es nicht: ein paar Tage später habe ich doch tatsächlich diese blöden Mandelblättchen in einem Supermarkt entdeckt). Dazu muss man sagen, dass meine Gasteltern äußerst amüsiert von meinem wilden Rumgehacke auf den Nüssen waren. Heiligabend hieß für mich übrigens auch, dass ich endlich das Nutella-Glas öffnen durfte, das ich bereits im Oktober als absolutes Schnäppchen ergattert hatte und das ich seitdem eisern nicht angerührt habe. Ich glaube so sehr, habe ich noch nie ein Nutellabrot genossen! Nachdem ich mich dann von meinem Abtaucher ins Schokoladen-Paradies erholt hatte, machte ich mich an den Kuchen und den Nachtisch und auch die letzten Geschenke waren schnell schick in Geschenkpapier verpackt. Wenn auch erst Nachmittag war, machte ich mich bereits festlich zurecht um mit der Familie zu Hause zu telefonieren. Statt mir am Tisch, lag dieses Jahr das Handy mit meinem Gesicht auf dem Bildschirm an meinem Platz. Ich quatschte mit meinen Eltern und meinem Bruder während sie das Weihnachtsessen genüsslich verschlungen und begleitete sie auf den Weg zur Christmette. Auch bei der Bescherung danach war ich dabei. (An dieser Stelle: ein Dankeschön an meine Weihnachtsengel, die Geschenke eingepackt und weitergegeben haben! <3)

Gegen neun Uhr am Abend versammelten auch wir uns zum Weihnachtsessen.

Vorspeise: gefüllte Avokado mit Thunfisch und Salat

Hauptspeise: Kroketten mit Palmito-Salat und Lachsfilet bzw. für mich hat meine Gastmutter extra Hähnchen mit Ananas gemacht (und das obwohl ihr eigentlich kein Fleisch ins Haus kommt!!!)

Nachspeise: Paradiescreme Schokolade mit Lebkuchensplittern

Anschließend gab es dann eine Bescherung hauptsächlich für meine beiden Gastschwestern. Die beiden freuten sich tierisch über mein Geschenk. Denn passend zum Pool der am Weihnachtsabend im Garten stand, hatte ich für die beiden ein aufblasbares Einhorn ausgesucht (insgeheim auch ein Kindheitstraum von mir). Auch ich konnte überraschenderweise ein Geschenk in der Hand halten und bin nun stolzer Besitzer einer neuen Handtasche, nachdem meine Alte den Geist aufgegeben hat. Im Anschluss gegen 24 Uhr!!! ging es dann noch mit dem Kuchen im Gepäck zu den Großeltern, wo auf meine ältere jüngere Gastschwester eine Überraschung wartete: ein Hundewelpe. Ja, ihr habt richtig gehört, Marie der Tierliebhaber lebt jetzt nicht nur mit einem Hund zusammen, sondern auch mit einem kleinen äußerst aufgedrehten, aber trotzdem liebenswerten Welpen mit dem Namen Cappuccino.

Unter den Erwachsenen hatten wir verabredet uns gegenseitig nichts zu schenken, sondern stattdessen um kleine Geschenke zu spielen. Hierzu hatte jeder im vorhinein 3 Geschenke im Wert von umgerechnet 27€ besorgt um die dann gespielt und gefeilscht werden sollte. Zu Beginn durfte sich jeder fairerweise ein Präsent aussuchen um sicher zu gehen, dass wirklich jeder zumindest Eines erhält. Vor jeder Runde wurde eine Regel festgelegt und anschließend wurde nach absteigendem bzw. zunehmendem Alter gewürfelt und jeder der die Regel erfüllt, durfte sich ein weiteres Geschenk vom Geschenketisch nehmen. Regeln waren zum Beispiel ein Pasch, eine bestimmt Augenzahl oder eine bestimmte Zahl. Als dann alle kleinen Pakete verteilt waren, wurden die Geschenke immer abwechselnd geöffnet und bestaunt. Zum Schluss konnte man noch untereinander tauschen. Ich war allerdings ziemlich zufrieden und machte hier nicht mehr mit. Meins kann ich jetzt ein kleines Kosmetikpaket, ein Mikrofaser-Reisehandtuch und ein neues Nackenkissen nennen, was mir ziemlich gelegen kam, da ich Meines bereits auf der Hinreise nach Chile verloren hatte.

Den Abend/Die Nacht ließen wir dann bei meinem selbstgebackenen Bienenstich und Cola de Mono (Übersetzung: Affenschwanz), dem typischen Weihnachtsgetränk der Chilenen, ausklingen. Müde und vollgepackt mit den neuen Errungenschaften und dem neuen Hausbewohner ging es dann Richtung Bett. Anders als in Deutschland wird nur an Heiligabend gefeiert und so war das Frohe Fest auch schon wieder vorbei.

Am 1. und 2. Weihnachtstag telefonierte ich nochmals mit dem anderen Teil der Familie und versuchte zumindest ein bisschen Teil an den Feiern zu haben. Ich muss schon sagen es ist ganz schön seltsam zu sehen, wie zu Hause alles so traditionell wie immer abläuft, aber man selber nichts so wirklich dabei ist.

Ich kann mich sehr froh und dankbar schätzen das Weihnachtsfest nicht alleine verbracht zu haben, sondern mit meiner unheimlich tollen Gastfamilie, aber trotzdem freue ich schon auf das nächste wieder ganz gewöhnliche Weihnachten mit der Family zu Hause in Deutschland.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachten allerseits, denn in 289 Tagen ist es schon wieder soweit…