Dieses kleine Dorn im Auge

19/01/2021

Die globale Situation hat sich verschärft, so steht es überall in den Medien und die Fallzahlen von Covid-19 steigen in Deutschland wieder drastisch an, sodass heute entschieden wurde, den Lockdown bis zum 15.Februar zu verlängern. Letzte Woche noch bin ich mit einem zuversichtlichen Gefühl zur UNESCO-Kommission nach Kreuzberg geradelt, um den ersten Stapel an Dokumenten einzuwerfen. Meine Wohnung konnte ich auch weitervermitteln und in der Uni habe ich mich weit zurückgelehnt in dem Wissen, dass ich weder Prüfungen noch Hausarbeiten schrieben muss, wenn ich im nächsten Semester gar nicht mehr immatrikuliert bin. Gestern dann hat sich mein Unsicherheitspegel eine erschreckende Bewegung gemacht. In einer E-Mail informierte kulturweit alle Freiwilligen, dass es kurzfristig (!) Also noch bis zum letzten Tag vor der Ausreise entschieden wird, ob wir ausreisen werden oder nicht. Eine ellenlange Mail mit Berücksichtigungen, möglichen Alternativen und einem Anhang in dem wir uns entscheiden sollen, zu welcher Option wir uns verpflichten.. Von einem Moment auf den nächsten scheint mir die Realität wieder wie ein Schlag ins Gesicht und meine Zuversicht in die Medizin und die Gesellschaft ein wenig verschoben. Ich frage mich, ob es mir besser ginge, wenn höhere Instanzen Entscheidungen für mich träfen und auch wenn meine Antwort im ersten Augenblick „Ja” wäre, weil die Entscheidung außerhalb der eigenen Kraft und Gefühlsmäßigkeit liegt,  dennoch wäre meine Antwort Nein, einfach, weil ich gerade diese Entscheidung selbst in die Hand nehmen wollen würde. 

Was ich aber eigentlich dachte, noch bevor ich an moralische Instanzen philosophierte, war die Tatsache, dass ich keine griechischen Oliven essen würde. Vor dem Einschlafen hatte ich mir schon vorgestellt all die leckeren schwarzen und grünen und violetten Oliven zu naschen und in den Bergen darüber nachzudenken, was ich mit meinem Leben anfangen möchte. Aber ich dachte mehr an die Oliven, um ehrlich zu sein. Auch, wenn es im Nachhinein sehr egoistisch ist, denn kurze Zeit später, stellte ich mir vor, wie Millionen Menschen mit den wirtschaftlichen Folgen der Krise kämpften, geschweige denn mit den akut Betroffenen – und ich dachte daran, keine griechischen Oliven essen zu können. Dafür gab es erstmal eine gedankliche Schelle meinerseits. 

Nun hat mein Companion Carl mich zu beruhigen versucht, denn auch die Freiwilligen vor uns hatten mit derselben Situation zu tun gehabt, mit den selben Problemen und letztendlich sind sie den Freiwilligendienst angetreten. Wir wissen mehr über die Pandemie, jedenfalls Wissenschaftler, denn ich schließe mich da aus. So verbleibe ich mit der Hoffnung, obwohl ich weiß, dass Hoffnung weder etwas verändert, noch etwas auslöst und doch ist sie wichtig für unsere Mentalität.